Erb- und Pflichtteilsverzicht, Eröffnungsunterlagen dennoch an Verzichtenden?

  • Ein Abkömmling hat auf sein gesetzliches Erbrecht und auf sein Pflichtteilsrecht gegenüber dem verstorbenen Elternteil verzichtet. Nach Zorn in Prütting/Helms, FamFG, 6. Auflage 2023, § 348 FamFG, und nach Simon in: Erman BGB, Kommentar, 17. Auflage 2023, § 2346 BGB, ist er damit kein Beteiligter mehr (wenn die zu eröffnende Verfügung keine andere Betroffenheit auslöst). Danach dürfte der Verzichtende keine Testaments-Eröffnungsunterlagen erhalten. Ist das so richtig, ist das herrschende Meinung? Auch die Kommentierung zu § 2306 BGB (z.B Franz Wick in: Bahrenfuss, FamFG, § 348 FamFG) sagt: Wer auf sein gesetzliches Erbrecht verzichtet hat, ist nicht mehr Beteiligter. Oder haben eventuelle Rechtsfolgen weiterer Urkunden im Eröffnungsverfahren nichts zu suchen (früherer thread im Rechtspflegerforum). Ich bin da hin- und hergerissen. Was ist richtig oder zumindest herrschende Meinung?

    Vielen Dank für Eure Meinungen.

  • Ich habe die Unterlagen immer an den Verzichtenden übermittelt (auch mit Pflichtteilsbelehrung) und dabei darauf hingewiesen, dass der evtl. rechtliche Einfluss des Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrages vom ... (URNr. ... des Notars ...) zu beachten ist.

    Nach meiner Ansicht ist der Verzichtende trotz des Verzichts Beteiligter, weil die Beteiligtenstellung nur darauf abstellt, ob jemand in abstracto zum Kreis der gesetzlichen Erben gehört, ohne dass er in concreto zu ihnen gehören muss.

  • Zum Sachverhalt: Dem Erben, der verzichtet hat, ist in der Verfügung von Todes wegen (lediglich) ein Vermächtnis zuerkannt worden. Er bekommt also in jedem Fall das Eröffnungsprotokoll und eine teilweise Abschrift des ihn betreffenden Inhalts der letztwilligen Verfügung, also sein herauskopiertes Vermächtnis. Die Frage ist, ob ich ihm dennoch die gesamte Verfügung von Todes wegen zur Kenntnis zu bringen habe.

    Vielen Dank für Eure Antworten!

  • Zum Sachverhalt: Dem Erben, der verzichtet hat, ist in der Verfügung von Todes wegen (lediglich) ein Vermächtnis zuerkannt worden. Er bekommt also in jedem Fall das Eröffnungsprotokoll und eine teilweise Abschrift des ihn betreffenden Inhalts der letztwilligen Verfügung, also sein herauskopiertes Vermächtnis. Die Frage ist, ob ich ihm dennoch die gesamte Verfügung von Todes wegen zur Kenntnis zu bringen habe.

    Wieso herauskopiert? Muss der Vermächtnisnehmer nicht wissen, wer Erbe ist - denn von dem muss er die Erfüllung seines Vermächtnisses verlangen.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Vereinzelt gibt es hier in meinem Umkreis MitarbeiterInnen an den Amtsgerichten, die es auch so handhaben. Der Vermächtnisnehmer steht dann bei uns vor der Tür und bitte um Beurkundung des Erfüllungsvertrages. Regelmäßig müssen wir ihn dann erstmal wieder zum NG schicken, damit er bzw. wir eine "erweiterte" Abschrift erhalten um arbeiten zu können. Ein Unding.

  • Zum Sachverhalt: Dem Erben, der verzichtet hat, ist in der Verfügung von Todes wegen (lediglich) ein Vermächtnis zuerkannt worden. Er bekommt also in jedem Fall das Eröffnungsprotokoll und eine teilweise Abschrift des ihn betreffenden Inhalts der letztwilligen Verfügung, also sein herauskopiertes Vermächtnis. Die Frage ist, ob ich ihm dennoch die gesamte Verfügung von Todes wegen zur Kenntnis zu bringen habe.

    Vielen Dank für Eure Antworten!

    Aber damit beantwortest du die Eingangsfrage doch selbst.

    Dadurch dass er VN ist, ist er Beteiligter und natürlich ist die VVTW an ihn bekannt zu geben. Und zwar nicht nur den Teil mit dem Vermächtnis, sondern die gesamte VVTW. Wie sonst soll er wissen, gegenüber wem er sein Vermächtnis geltend machen kann.

  • In dieser Allgemeinheit ist das nicht zutreffend.

    Dem Vermächtnisnehmer ist nur der Inhalt der Verfügung bekanntzugeben, der ihn betrifft. Etwaige übrige Vermächtnisse gehen ihn beispielsweise in der Regel nichts an.

    Dass dem Vermächtnisnehmer bei der Zuleitung der Unterlagen seitens des NachlG mitgeteilt wird, wer zum Erben eingesetzt ist, versteht sich von selbst.

  • In dieser Allgemeinheit ist das nicht zutreffend.

    Dem Vermächtnisnehmer ist nur der Inhalt der Verfügung bekanntzugeben, der ihn betrifft. Etwaige übrige Vermächtnisse gehen ihn beispielsweise in der Regel nichts an.

    Dass dem Vermächtnisnehmer bei der Zuleitung der Unterlagen seitens des NachlG mitgeteilt wird, wer zum Erben eingesetzt ist, versteht sich von selbst.

    So sehe ich das auch. Ich handhabe das so, dass alle Vermächtnisnehmer den Teil des Testaments ebenso erhalten, aus dem sich der/die Erbe/n ergibt und dann zusätzlich nur ihren Part hinsichtlich des eigenen Vermächtnisses. Damit ist er dann meines Erachtens nach genügend informiert.

  • In dieser Allgemeinheit ist das nicht zutreffend.

    Dem Vermächtnisnehmer ist nur der Inhalt der Verfügung bekanntzugeben, der ihn betrifft. Etwaige übrige Vermächtnisse gehen ihn beispielsweise in der Regel nichts an.

    Dass dem Vermächtnisnehmer bei der Zuleitung der Unterlagen seitens des NachlG mitgeteilt wird, wer zum Erben eingesetzt ist, versteht sich von selbst.

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  • Ich verfahre bei Vermächtnisnehmern so, wie Cromwell beschrieben hat.

    Es geht im Kern darum, ob ich dem gesetzlichen Erben, der auf das Erbrecht und Pflichtteilsrecht verzichtet hat, dennoch die gesamte Verfügung von Todes wegen übersende, weil er in abstracto (siehe Cromwell) zum Kreis der Erben gehört.

    Nach der von mir gefundenen Kommentierung (s.o.) sind die gesetzlichen Erben, die verzichtet haben, nicht mehr Verfahrensbeteiligte - also nicht in concreto (siehe Cromwell) beteiligt - und somit nicht mehr von den eröffenten Verfügungen in Kenntnis zu setzen.

    Hat ein Obergericht schon einmal darüber entschieden?

    Tendenziell würde ich mich der Meinung von Cromwell anschließen. Ich denke, es ist zulässig, dass ich den/m gewillkürten Erben ankündige - ggfls. durch Beschluss -, dass ich die eröffnete Verfügung von Todes wegen im gesamten Wortlaut den ausgeschlagen habenden Erben bekannt machen werde. Gegen einen solchen Beschluss kann dann Beschwerde eingelegt werden.

  • Die Erbausschlagung ist ein anderer Fall.

    Wer ausschlägt, hat vorher sowieso das gesamte Testament erhalten. Wahrscheinlich ist dieser Passus in der letzten Antwort des Threadstarters aber nur ein Versehen.

    Im Übrigen: Nur weil etwas so oder anders in den Kommentaren steht, muss es ja noch nicht richtig sein. Ich denke jedenfalls, dass sich die in-abstracto-Argumentation gut vertreten lässt. Insbesondere halte ich es für verfehlt, aus einer gewillkürt abgeänderten materiellen Rechtslage etwas für die verfahrensrechtliche Beteiligtenstellung abzuleiten.

    Ein vergleichbarer Fall besteht übrigens, wenn ein anderer als der Verzichtende zum Erben eingesetzt ist und es nun darum geht, ob der Verzichtende zu dessen Erbscheinsantrag anzuhören ist. Denn auch in diesem Fall müsste ihm natürlich die letztwillige Verfügung übersandt werden. Es ist also keineswegs so, dass sich diese Problematik nur im Eröffnungsverfahren stellt.

    Mit der Beantwortung der Frage, ob der Verzichtende in dem genannten Sinne zu beteiligen ist, ist die Prüfung übrigens noch nicht beendet. Es können auch - je nach inhaltlicher Ausgestaltung des Erbverzichts - auch Ersatzleute an die Stelle des Verzichtenden treten, so etwa, wenn sich der Verzicht eines Kindes ausdrücklich nicht auf die Abkömmlinge des Verzichtenden erstreckt.

  • Diese ganze auszugsweise Bekanntgabe führt nur zu Problemen. Viele Nachlassgerichte machen dabei Fehler. Was macht also der Beteiligte? Er verlangt einen Beschluss und legt dann Beschwerde zum OLG ein, weil er nicht wissen kann, ob das Nachlassgericht etwas abgedeckt hat, worauf es doch angekommen wäre. Das ist insbesondere spannend, wenn es um Auslegungsfragen geht.

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