Karriere als Rechtspfleger im Justizministerium

  • Liebes Forum,

    ich bin derzeit Rechtspflegeranwärter und mache mir langsam konkretere Gedanken, wohin es mich - soweit ich es beeinflussen kann - denn nach der Rechtspflegerprüfung verschlagen sollte.

    Ich interessiere mich für verschiedene Tätigkeiten im Bereich der Justizverwaltung, vor allem für Personal- und Disziplinarsachen, und habe erfahren, dass es wohl auch die Möglichkeit geben soll, mit der Ausbildung (bzw. dem dualen Studium) zum Rechtspfleger beim Justizministerium meines Bundeslandes zu arbeiten.

    Über keine Laufbahn als Rechtspfleger habe ich bisher widersprüchlichere Aussagen gehört als über die Arbeit im Justizministerium - manche sind begeistert, manche raten eindringlichst davon ab. Schwierige Entscheidung.

    Ich habe hier einige Beiträge im Forum dazu gefunden, die allerdings größtenteils bereits über zehn Jahre alt sind. Da sich ja in dieser langen Zeit womöglich etwas geändert hat, würde ich das Thema gerne nochmal in den Raum werfen.

    Arbeitet jemand im gehobenen Dienst (3. Qualifikationsebene) in einem (Justiz-)Ministerium und kann berichten, wie es so ist?

    Vor allem die Weisungsgebundenheit wird ja immer als sehr negativ dargestellt. Ist es denn wirklich so, dass man nichts selbständig erledigen und entscheiden darf und quasi nur wie eine Art „Handlanger“ arbeitet oder ist das nicht richtig oder überholt?

    Vielen Dank!

  • Hi,

    als Person, die direkt nach dem Studium ins Justizministerium kam (ohne den Wunsch geäußert zu haben) kann ich gerne mal berichten:

    Weisungsgebunden bist du definitiv. Ich fand das persönlich allerdings auch nicht so schlimm. Ich denke es kommt einfach immer noch drauf an in welchem Referat du dann bist. Personalreferate dürften da eher weniger Freiheiten haben, würde ich jedenfalls denken.

    Im Ministerium arbeitest du jedoch auch nicht als Rechtspfleger sondern bist Sachbearbeiter. Ich habe zu der Laufbahn "gehobener Justizdienst" auch noch die Laufbahn "gehobener allgemeiner Verwaltungsdienst" noch mit dazubekommen.


    Falls noch Fragen sind, kannst du dich gerne melden :)

  • Wenn man direkt nach der Prüfung oder relativ kurz danach in die Verwaltung (egal ob AG, LG, OLG, Landes- oder Bundesministerium wechselt (oder auch in die freie Wirtschaft)) wirkt sich das mit § 9 RpflG nicht so aus, da man es schlicht nicht gewohnt war, weisungsfrei zu arbeiten. Wenn aber mal ein paar Jahre rum sind und du vielleicht DER Fachmann in deinem Sachgebiet bist, wird es eben schwierig, wenn dir jemand etwas sagen will, was du, mindestens nach deiner Meinung, besser weißt. Ist dann die Frage, inwieweit dich das stört. Du bist aber in jeder Verwaltung kein Rpfl.

    Fakt ist aber, dass man definitiv besser befördert wird und man auch nicht bei A13z aufhört.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Ich habe die Justiz schon vor mehreren Jahren verlassen, war dann im Landesministerium #1 tätig und habe letztes Jahr zum Landesministerium #2 gewechselt. Es handelt sich weder bei #1 noch #2 um das/ein Justizministerium.

    Bei den Aussagen zum Thema Weisungsgebundenheit in diesem und anderen Threads frage ich mich mitunter, welche Vorstellungen damit verbunden werden. Weisungsgebundenheit bedeutet nicht, dass Vorgesetzte ständig durch die Gegend laufen und Anweisungen erteilen oder Bearbeitungsvorgaben in Akten schreiben. ;)

    Im hiesigen BL gilt zum Beispiel auch, dass Bearbeiter ihren Schriftverkehr grundsätzlich selbst zeichnen. Das ist, glaube ich, nicht in allen BL üblich (zumindest auf ministerieller Ebene).

    Das in #4 genannte Beispiel mit Expertise in einem bestimmten Bereich bewerte ich aus meinen Erfahrungen heraus anders: Sowas kann man positiv für sich nutzen. Das gilt umso mehr, desto spezieller das Thema ist. Wenn sich dann Vermerke oder andere Ausarbeitungen auf übergeordneten Ebenen angeschaut werden, gibt es eher die Rückfrage "geht das vielleicht auch anders?", denn für die fachlichen Details ist die Verfasserebene da. Es kann auch Situationen geben, in denen zu viel Detailtiefe gar nicht gefragt ist, weil eine zusammenfassende Darstellung gewollt ist, die ohne Spezialkenntnisse aus sich heraus verständlich ist, insbesondere in Bezug auf das Ergebnis.

  • Überarbeiten, weil dem Unterzeichner der Stil nicht gefällt, ist unschön - keine Frage. Habe ich persönlich aber keine Erfahrungen mit gemacht, da bei uns, wie gesagt, grundsätzlich alles selbst unterzeichnet wird. Ausnahmen davon in den letzten Jahren kann ich mir an einer Hand abzählen.

    Dinge umsetzen, die man selbst für falsch hält:

    Wenn es nur um die subjektive Einschätzung geht, muss man diese halt ggf. zurückstellen. Sofern auch eine rechtliche Verantwortlichkeit für ein bestimmtes Tun ein Rolle spielt, kann und sollte man sich ggf. anweisen lassen, etwas Bestimmtes zu tun, weil damit die Verantwortlichkeit auf eine andere Ebene verlagert wird. Das klingt aus der Sichtweise sachliche Unabhängigkeit sicherlich erstmal schräg. Hierarchie in Behörden bedeutet ggf. eben auch die Übernahme von Verantwortung für Entscheidungen.

    Umsetzung von etwas, das man selbst für falsch hält, kann es meines Erachtens aber auch als Rechtspfleger geben. Dies insbesondere bei Entscheidungen ohne Ermessensspielraum, bei der man zum Ergebnis vielleicht eine andere persönliche Sichtweise hat.

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