Freigabe Unterhaltszahlung auf P-Konto

  • Ich habe einen Fall, der theoretisch eigentlich häufiger vorkommen müsste, aber bislang nie ein Thema war im Vollstreckungsgericht, weswegen wir hier gerade echt ein bisschen ratlos sind.

    Die Schuldnerin hat ein P-Konto und bekommt vom Kindesvater den Unterhalt für zwei Kinder auf ihr Konto überwiesen. Sie begehrt nunmehr die Erhöhung des unpfändbaren Betrages. Mein erster Instinkt war, dass das doch bestimmt per P-Konto Bescheinigung der Erhöhungsbetrag geltend gemacht werden kann, aber in der Bescheinigung passt nichts so richtig.

    Kann man das dann nach § 902 Nr. 1a ZPO freigeben? Es verwundert nur, dass so ein Antrag das erste Mal in 10 Jahren gestellt wird.

  • § 902 ZPO an sich ist keine Grundlage für die abweichende Festlegung des pfändungsfreien Betrages.

    Aus meiner Sicht kann die Schuldnerin nur mittels P-Konto Bescheinigung die gesetzlich festgelegten Erhöhungsbetrage wegen Leistung von Naturalunterhalt geltend machen.

    Sofern der Kindesvater tatsächlich mehr zahlt, steht der Betrag den Gläubigern zu. Es dürfte sich hinsichtlich der Höhe nämlich um nicht geschuldeten Unterhalt handeln. Der Bedarf des Kindes wird durch die wirtschaftlichen Verhältnisse der Eltern bestimmt, vgl. MüKoBGB/Langeheine, 9. Aufl. 2024, BGB § 1610 Rn. 20. Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Schuldnerin dürften wohl nicht dazu führen, dass diese mehr als 100 % des Mindesunterhalts beanspruchen kann.

  • Im Rahmen von Insolvenzverfahren hatte ich das Problem auch schon um kam zu dem Schluss, dass die Unterhaltszahlungen nicht bescheinigt werden können. Meine Idee dazu war, dass die Unterhaltszahlung keine Leistung an die Schuldnerin, sondern an das Kind/die Kinder ist. Daher würde ich das genauso handhaben, wie wenn das Einkommen des Ehepartners oder sonstige Geldleistungen für Dritte (mal ausgenommen die gesetzlich geregelten Fälle bzgl. Sozialhilfe/Asylbewerberleistungsgesetz) mit auf dem Schuldnerkonto eingehen: Auf Antrag für einen Monat nach § 765a ZPO einstellen/freigeben, für die Zeit danach sollte sich die Schuldnerin darum kümmern, dass der Unterhalt auf ein Konto des Kindes geht oder er kann eben gepfändet werden.

    quidquid agis prudenter agas et respice finem. (Was immer Du tust, tue klug und bedenke das Ende.) :akten

  • Der BGH hat einen speziellen Fall über eine besondere, treuhandähnliche Zweckbindung des Kindsesunterhalts, der auf das Konto des Schuldners überwiesen wurde entschieden, aus der folgt, dass die Zahlungen über § 851 ZPO i.Vm. § 399 BGB unpfändbar sind (BGH, Beschluß vom 29. 3. 2006 - VII ZB 31/05):

    "Die hier in Rede stehende Kontoforderung ist jedoch, soweit sie die Zahlung auf den Kindesunterhalt betrifft, entsprechend § 851 I ZPO i.V. mit § 399 BGB als unpfändbar zu erachten; diese Unpfändbarkeit kann im vorliegenden Verfahren geltend gemacht werden" (a.a.O. RN 10).

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Die P-Konto Bescheinigung ist für die Bedürfnisse der Kinder gedacht, diese sind ja darauf einzutragen- erhalten diese mehr als die dort aufgeführten Beträge könnte wohl eine Freigabe in Betracht kommen.

    Sollte man dies so sehen so wäre aber auf jeden Fall eine neuer Freibetrag zu bestimmen, der denjenigen der Bescheinigung ersetzt/ergänzt und auf keinen Fall einfach eine Freigabe des Unterhaltes durchzuführen, da ansonsten zuviel freigegeben wäre:

    1. durch Berücksichtigung der Kinder auf der P-Konto Bescheinigung

    2. durch Freigabe des Unterhaltes

    Diese doppelte Berücksichtigung darf aber nicht passieren, es ist hier maximal der Differenzbetrag zwischen Unterhalt und dem auf der P-KontoBescheinigung aufgeführten Betrag freizugeben.

  • Vielen Dank für diese Entscheidung, Tommy:thumbup: Da zeigt sich mal wieder, wie wertvoll dieses Forum ist:)

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  • Warum, der monatliche Unterhalt steht doch betragsmäßig fest.

    Es gibt leider Unterhaltsverpflichtete, die nicht jeden Monat zahlen. Bei einer pauschalen Erhöhung würde die Schuldnerin in den betroffenen Monaten einen höheren unpfändbaren Betrag erhalten als ihr zusteht.

    Wenn man die Unterhaltsfreigabe spezifiziert, was man allein aus Begründungsgründen tun sollte, dann ist der Unterhalt in Höhe x, der von y auf das Konto gezahlt wird freigegeben. Kommt der Unterhalt nicht oder in einer höheren Höhe, greift die Freigabe (insoweit) nicht.

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    (Heinz Becker)

  • Warum, der monatliche Unterhalt steht doch betragsmäßig fest.

    Es gibt leider Unterhaltsverpflichtete, die nicht jeden Monat zahlen. Bei einer pauschalen Erhöhung würde die Schuldnerin in den betroffenen Monaten einen höheren unpfändbaren Betrag erhalten als ihr zusteht.

    Wenn man die Unterhaltsfreigabe spezifiziert, was man allein aus Begründungsgründen tun sollte, dann ist der Unterhalt in Höhe x, der von y auf das Konto gezahlt wird freigegeben. Kommt der Unterhalt nicht oder in einer höheren Höhe, greift die Freigabe (insoweit) nicht.

    Das klang z. B. im Beitrag #6 nicht so:

    Zitat

    erhöhe den bisherigen Freibetrag nach §§ 906, 851 ZPO um die Unterhaltsleistung

  • ... ich kenne das Problem mit dem schwer lösbaren Zusatz-Thema, wenn der mit-sorgfebrechtigte Vater bei der Konteneröffnung für sein Kind nicht bereit ist zuzustimmen.

    Vater auf Zustimmung verklagen und so lange jeden Monat einen Antrag stellen ....

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