Besonderer Zuschlagsverkündungstermin (Meistgebot unter 3/10 des VW)

  • Hallo Zusammen,

    es entspricht der st. Rspr. des BGH (z.B. Urt. v. 5.11.2004, Az.: IXa ZB 27/04) und des BVerfG (z.B. Urt. v. 7.1977, Az.: 1 BvR 734/77), dass der Schuldner bei einem Meistgebot unter 3/10 des Verkehrswertes grds. angehört werden muss. Wortlaut des BGH, Az.: 1 BvR 734/77: „Aus der Verpflichtung der Gerichte, die Verhandlung fair zu führen und dem Eigentümer effektiven Rechtsschutz zu gewähren (Art. 14 Abs.1 und 19 Abs. 4 GG), ergibt sich, daß bei einem krassen Mißverhältnis zwischen Meistgebot und Grundstückswert dem Schuldner die Möglichkeit gegeben werden muß, vom Versteigerungsergebnis Kenntnis zu erhalten und Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen.“


    Mich interessiert Eure Meinung, ob die Anberaumung eines besonderen Verkündungstermin über den Zuschlagsbeschluß (§ 87 Abs. 2 ZVG) von „nur“ einer Woche nach Zwangsversteigerungstermin ausreichend ist, wenn der Schuldner im Zwangsversteigerungstermin nicht anwesend war und das Meistgebot weniger als 3/10 des Verkehrswertes beträgt. In welchen Fällen seht Ihr von einer Anhörung des Schuldners ab?

  • Ich mach bei solchen Anhörungen regelmäßig zwei Wochen, wenn der Schuldner wie üblich nicht im Termin war.
    Ich verzichte nur dann auf Anhörung, wenn z.B. 5. (oder noch weiterer) Termin stattgefunden hat und/oder vom Schuldner eigentlich nichts mehr zu erwarten ist (Inso-Verwalter, unbekannten Aufenthalts, solche Sachen halt). Ist aber immer Einzelfall-Entscheidung.

  • Ich gib dann dem Schuldner uU auch mal etwa 1 Monat Zeit.

    Je mehr Termine bereits ohne Zuschlag abgehalten worden sind, umso mehr fällt auch die Grenze, ab der ich einen VerkTermin ansetze.

    Ansonsten wie Anta: immer im Einzelfall zu enscheiden

  • Vielleicht noch ein Nachsatz:
    Ich finds immer sehr interessant, wenn behauptet wird, ab einer bestimmten Grenze ist immer anzuhören. Und noch schöner ist es wenn man dann hört, das Gericht würde auf jeden Fall den Zuschlag versagen, wenn ein Betrag von x (meist zwischen 20 bis 30 %) nicht erreicht würde. Ich frag mich dann immer, wie das begründet wird, wenn kein Antrag nach § 765 a ZPO gestellt wird.
    Und im übrigen hab ich keine Probleme damit, schon nach dem zweiten Termin für 20 % zuzuschlagen, wenn nichts stichhaltiges dagegen kommt. Mein bisher geringster Zuschlag: 9 %.


  • Ich finds immer sehr interessant, wenn behauptet wird, ab einer bestimmten Grenze ist immer anzuhören.



    Hallo Anta, ergbit sich das nicht aus folgenden Entscheidungsgründen des BGH, Az.: IXa ZB 27/04?

    "Führt der Zuschlag zu einer Verschleuderung des Grundstücks, so darf er allenfalls dann bereits in dem Versteigerungstermin erteilt werden, wenn ganz besondere Umstände vorliegen, die die Zuschlagserteilung auf das vorliegende Meistgebot als unausweichlich erscheinen lassen."

  • Verkündungstermin halte ich für angemessen, ebenso die Frist von einer Woche. Wie Anta schon geschrieben hat mache ich sowas natürlich nicht, wenn der Schuldner unbekannten Aufanthaltes ist.

    Aber bei uns in der Gegend ist das ohnehin glücklicherweise ein rein theoretisches Problem ;).

    Es stand alles in Büchern, die Alten lebten noch
    Wir haben nicht gelesen, nicht gesprochen, weggeschaut, uns verkrochen ...
    No!

  • Mein ganzes Versteigererleben hab ich noch nie unter 3/10 zugeschlagen.
    Wenn ich alle paar Jahre mal unter 5/10 komme, höre ich immer an.

    Aber ich glaube fast, ich lebe im Paradies.:D

  • Verkündungstermin halte ich für angemessen, ebenso die Frist von einer Woche.



    Reicht denn tatsächlich die Frist von einer Woche aus für eine Anhörung des Schuldners? Meine Erfahrung ist, daß von dem Tag des ZV-Termins an bis zum Tag des Zugangs des Terminprotokolls mind. vier Tage vergehen.

  • Verkündungstermin halte ich für angemessen, ebenso die Frist von einer Woche.



    Reicht denn tatsächlich die Frist von einer Woche aus für eine Anhörung des Schuldners? Meine Erfahrung ist, daß von dem Tag des ZV-Termins an bis zum Tag des Zugangs des Terminprotokolls mind. vier Tage vergehen.



    Die Frist für den Verkündungstermin ist immer eine Abwägung zwischen den Interessen des Meistbietenden (bekommt er das Objekt nun oder nicht, Sicherheit liegt so lange fest) und in diesem Fall des Schuldners.
    Dem ist durchaus zuzumuten, schnell zu reagieren. Wenn er wirklich einen Vollstreckungsschutzantrag stellen will, kann man ja ggfs. die Frist für die Begründung verlängern und um eine weitere Woche aussetzen.

    Es stand alles in Büchern, die Alten lebten noch
    Wir haben nicht gelesen, nicht gesprochen, weggeschaut, uns verkrochen ...
    No!

  • Mein ganzes Versteigererleben hab ich noch nie unter 3/10 zugeschlagen.
    Wenn ich alle paar Jahre mal unter 5/10 komme, höre ich immer an.

    Aber ich glaube fast, ich lebe im Paradies.:D



    Beneidenswert!!!!!

    Wir versteigern hier leider in einer Region, wo eigentlich fast alles unter 50 % des VW weggeht, nach untern gibts hier eigentlich fast keine Grenzen (ach ja, doch das geringste Gebot). Mit der Zuschlagsaussetzung das ist so eine absolute Einzelfallentscheidung, wieviele Termine, wie alt Verkehrswert, Risiko des Erstehers bei Zuschlagsaussetzung, unsere Erfahrung mit gleichartigen Objekten usw., konkrete Prozentgrenzen haben wir nicht.
    Ich kann nur so viel sagen, wenn Gebot sehr niedrig, z.B. 10 %, dann setzen wir Zuschlag für zwei Wochen aus und Schuldner bekommt ein kurzes Schreiben mit Hinweis auf Gebot und Zuschlagsverkündungstermin, wenn Gebot grenzwertig z.B. Eigentumswohnung 30 % im 2. Termin (hier eigentlich nicht schlecht), dann wird auch mal der Zuschlag ausgesetzt für eine Woche ohne den Schuldner konkret hierzu anzuhören, weil er auch ein bißchen mitarbeiten muss (oder auch gleich erteilt, weil hier keine Verschleuderung).
    Aber wie gesagt alles eine Abwägung vieler Umstände. Und aufgrund der wirtschaftlich in der Region nicht so rosigen Zeiten nicht auf alle Gebiete in der Republik zu übertragen.

  • Mein ganzes Versteigererleben hab ich noch nie unter 3/10 zugeschlagen.
    Wenn ich alle paar Jahre mal unter 5/10 komme, höre ich immer an.

    Aber ich glaube fast, ich lebe im Paradies.:D



    Wo liegt denn dieses Paradies ? Bei uns ist es bei Ostseeferienwohnungen und Grundstücken sicherlich nicht anders, meist mindestens 70 % oftmals auch mehr. Das ganze Hinterland kannst Du aber in dieser Hinsicht vergessen. Oftmals viele Termine und Zuschlag weit unter Wert. Vor Jahren war es den Banken oftmals egal und es ging auch für unter 30 % weg. In solchen Fällen Anhörung je nach Einzelfallage, im Zweifel aber schon durch Verkünderbestimmung für 2 Wochen später. Im Beschluß zur Verkünderbestimmung steht bei mir das Meistgebot drin, mit welchem der Termin endete. Ansonsten keine weiteren Belehrungen. Allein im Protokoll habe ich einen Passus warum ich Verkünder bestimme. Kommt dann kein § 765 a Antrag in Bezug auf Verschleuderung wird zugeschlagen, keine ZU-Versagung von Amts wegen.

    Mittlerweile ist es jedoch eher selten geworden, die Banken haben nichts mehr zu verschenken. Wo früher einfach im dritten oder vierten Termin für 20 oder 30 %durchgewunken wurde wird heute schon mal entweder selbst ersteigert (wenn es denn ein einigermaßen verwertbares Objekt ist) oder eben eingestellt und wenn alles verbraucht ist aufgehoben und neu beantragt.

  • Ich gib dann dem Schuldner uU auch mal etwa 1 Monat Zeit.

    Ansonsten wie Anta: immer im Einzelfall zu enscheiden



    Wenn die Grenzen schon weg sind, kann die Sache mit dem Monat aber unnötig heiß werden, da man nicht umsonst nach § 47 ZVG nur für weitere 2 Wochen die Zinsen berücksichtigt! Also - genau überlegen, bevor man mehr als 2 Wochen gibt.


  • Ich finds immer sehr interessant, wenn behauptet wird, ab einer bestimmten Grenze ist immer anzuhören.



    Hallo Anta, ergbit sich das nicht aus folgenden Entscheidungsgründen des BGH, Az.: IXa ZB 27/04?

    "Führt der Zuschlag zu einer Verschleuderung des Grundstücks, so darf er allenfalls dann bereits in dem Versteigerungstermin erteilt werden, wenn ganz besondere Umstände vorliegen, die die Zuschlagserteilung auf das vorliegende Meistgebot als unausweichlich erscheinen lassen."



    Vielleicht hab ich mich da unglücklich ausgedrückt. Ich meinte den Fall, das gern behauptet wird, unter 25 (30 oder andere) % als fester Grenze ist anzuhören. Eine festgelegte Grenze für Verschleuderung gibt es nicht.
    Deshalb sag ich im Termin an, ab welchem Betrag ich denn für diesen speziellen Einzelfall eine Anhörung für erforderlich halte. Und das kann dann zwischen 25 und 40 % Meistgebot liegen.

  • Vielleicht hab ich mich da unglücklich ausgedrückt. Ich meinte den Fall, das gern behauptet wird, unter 25 (30 oder andere) % als fester Grenze ist anzuhören. Eine festgelegte Grenze für Verschleuderung gibt es nicht.
    Deshalb sag ich im Termin an, ab welchem Betrag ich denn für diesen speziellen Einzelfall eine Anhörung für erforderlich halte. Und das kann dann zwischen 25 und 40 % Meistgebot liegen.



    Man sollte auch die Objektarten entsprechend unterscheiden (hinsichtlich der Prozente). Schutzbedürftigkeit des Schuldners kann durchaus bei einigen höher sein (sein bewohntes Eigenheim), als bei anderen (Abrisshaus, Industrieruine, Feld- und Wald). Grundsätzlich stört allerdings das deutlich gezeigte Desinteresse des Schuldners durch Abwesehenheit im Termin.

  • Ich gib dann dem Schuldner uU auch mal etwa 1 Monat Zeit.

    Ansonsten wie Anta: immer im Einzelfall zu enscheiden



    Wenn die Grenzen schon weg sind, kann die Sache mit dem Monat aber unnötig heiß werden, da man nicht umsonst nach § 47 ZVG nur für weitere 2 Wochen die Zinsen berücksichtigt! Also - genau überlegen, bevor man mehr als 2 Wochen gibt.




    Das mit § 47 ZVG ist schon klar. Aber hier ist der von der Rechtsprechung in den Vordergrund gestellte Schuldnerschutzaspekt m.E. sehr viel höher einzustufen als der durch § 47 ZVG geschützte Deckungsgrundsatz: § 47 ZVG schützt nur die im GerGebot berücksichtigen Gläübiger - bei einem Gebot von
    Ger.Gebot + x = 30 % des Grundstückswerts
    sind diese in den allermeisten Fällen aus dem Betrag x gedeckt; die anderen Gläubiger haben den Verlust sowieso wegen des geringen Erlöses.

  • Einen Monat halte ich in solchen Fällen definitv für zu lange.
    Wenn der Schuldner es nicht nötig hatte, zum Termin zu erscheinen, warum sollte man ihm dann so lange Zeit geben?

    Auch der Meistbietende hat ein schutzwürdiges Interesse und wenn seine Sicherheit einen Monat lang blockiert ist, guckt er ganz schön dumm.

    Es stand alles in Büchern, die Alten lebten noch
    Wir haben nicht gelesen, nicht gesprochen, weggeschaut, uns verkrochen ...
    No!

  • Ist das Meistgebot unter 30 % setze ich für eine Woche aus und weise auch darauf den Meistbietenden vor Ende der Bietzeit hin.
    Ich übersende dann das Protokoll formlos und ohne weiteren Hinweis zur Kenntnisnahme an den Schuldner. Einwände kamen noch nie.

    Einmal habe ich erst nach Zuschlagserteilung RM gegen diesen bekommen. Nichtabhilfe -> Entscheidung LG steht aus.

  • Wie hiro - ein Monat für die Anhörung ist zuviel.
    Eine Woche halte ich für die Untergrenze. Selbst wenn es - wie von Medicus behauptet - vier Tage dauert, bis der Schuldner Post vom Gericht bekommt, bleiben ihm dann noch drei Tage, ggf. anwaltlichen Rat einzuholen, und bis zum Zuschlagsverkündungstermin seine Einwendungen gegen eine Zuschlagserteilung vorzutragen. (Ich zweifle an den behaupteten vier Tagen, da so etwas der Geschäftsstelle als eilt vorgelegt wird und daher spätestens am nächsten Werktag zur Post gelangt, die inzwischen auch schneller arbeitet, als ihr nachgesagt wird.)
    Mehr als zwei Wochen würde ich dem Meistbietenden aber nicht zumuten wollen, wenn nicht ein ganz besonders gelagerter Fall gegeben ist.

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