Reale Bäckereigerechtigkeit im BV. Wasn das?

  • Das ist - grob gesagt - ein Recht, das es dem Rechtsinhaber ermöglicht, eine Bäckerei zu betreiben. Heute ist das wegen des völlig anderen Gewerberechts meistens nicht mehr sehr aktuell (was nicht bedeutet, dass die Gerechtigkeit automatisch rechtlich gegenstandslos ist). Früher war es so, dass im Regelfall infolge der mit der Gerechtigkeit verbundenen so genannten Zwangs- und Bannrechte nur der Inhaber dieser Gerechtigkeit die Bäckerei ausüben durfte. Damit war Konkurrenz ziemlich ausgeschlossen und die Erwerbsquelle des Inhabers gesichert. Bekannt sind auch Apotheker-, Kaminkehrer, Tafern- (=Wirtschafts-, Gaststätten-) und noch andere Gerechtigkeiten.

    Eine solche Gerechtigkeit kann - zumindest in Bayern - dem jeweiligen Eigentümer eines Grundstücks zustehen (radizierte Gerechtsame) oder ein eigenständiges grundstücksgleiches Recht darstellen.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Zitat von Harald

    = Radiziertes Realrecht, das Bestandteil des Grundstückes ist, § 96 BGB (vgl. auch Demharter, GBO, 25.A., § 3 Rn 7, sowie die obigen Ausführungen von Andreas hierzu sowie die Ausführungen von juris2112 zum Thema "Kruggerechtigkeit" hier im Forum).

    Sachen gibts. :gruebel:

  • Hat denn eine solche Gerechtigkeit noch einen Wert?!

    Bei mir wurde diese nämlich irgendwie mal falsch gebucht - das wäre jetzt wohl ein Riesenaufmarsch mit Amtswiderspruch, etc.

    Für mich stellt sich nun die Frage, ob es das wirklich Wert ist?!

  • Das kommt auf die Gerechtigkeit an. Wirtschafts-, Tafern- oder Kruggerechtigkeiten können z. B. noch einen gewissen Wert haben.

    Was ist es denn in Eurem Fall (am liebsten wäre mir, Du schreibst einfach den Inhalt des Grundbuchs hierzu ab, auch mit der Sp. 1)? Und kannst Du dieses "irgendwie mal falsch gebucht" etwas genauer beschreiben?

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Es dürfte sich um eine Realgewerbeberechtigung im Sinne des Art. 74 EGBGB handeln. Mitunter bestehen sie nach der GewO nicht mehr. Säcker führt im MüKO, BGB, 4. Auflage 2006 zu Art 74 EGBGB u. a. aus:
    ….Die Realgewerbeberechtigungen sind zwar nicht allgemein aufgehoben oder für ablösbar erklärt worden, können aber seit Inkrafttreten der Gewerbeordnung ebenfalls nicht mehr neu begründet werden, § 10 Abs. 2 GewO. Sie haben ihre frühere Bedeutung bereits durch die Einführung der allgemeinen Gewerbefreiheit weitgehend verloren. Insbesondere wurde ihnen der Charakter der Ausschließlichkeit genommen; zur Fussnote [1] für das heutige Recht würde die Ausschließlichkeit idR gegen Art. 12 GG verstoßen. zur Fussnote [2] Zur Geltung können sie aber noch im Bereich der erlaubnispflichtigen Gewerbe gelangen, indem der Berechtigte keiner zusätzlichen Erlaubnis bedarf.
    Randnummer 3: 
    Die Aufhebungs-, Ablösungs- und Verbotsbestimmungen der §§ 7 bis 10 GewO gelten nicht für die in § 6 GewO genannten Tätigkeiten, insbesondere das Apothekenwesen. …..
    Randnummer 4: Zweifelhaft ist die Rechtslage hinsichtlich der Schornsteinfegerrealrechte. …….
    ..4. Landesrecht.
    Randnummer 6: 
    Baden-Württemberg: §§ 32, 51 Abs. 1 Nr. 14 AGBGB vom 26. 11. 1974 (GBl. S. 498) idF des Gesetzes vom 13. 12. 1977 (GBl. S. 670), zuletzt geändert durch Gesetz vom 28. 6. 2000 (GBl. S. 470); Bayern: Art. 76 AGBGB vom 20. 9. 1982 (GVBl. S. 803), aufgehoben durch Gesetz vom 7. 8. 2003 (GVBl. S. 497); Art. 40 Abs. 2 AGGVG vom 23. 6. 1981 (GVBl. S. 188), zuletzt geändert durch Gesetz vom 24. 12. 2002 (GVBl. S. 400); Gesetz über Realgewerbeberechtigungen und den Ausschank eigener Erzeugnisse vom 30. 1. 1868 (BS IV S. 6) mit Überschrift und idF des § 16 des Gesetzes vom 24. 7. 1974 (GVBl. S. 364); VO über Kaminkehrerrealrechte vom 6. 6. 1972 (GVBl. S. 201); Berlin: Art. 40 pr. AGBGB ist aufgehoben durch § 1 Abs. 1 des 1. RBerG vom 24. 11. 1961 iVm. Nr. 24 der Anlage (GVBl. S. 1647); Bremen: § 15a BGBAG vom 18. 7. 1899 (GBl. S. 61), zuletzt geändert durch Bek. vom 22. 6. 2004 (GBl. S. 313); Hessen: Art. 40 pr. AGBGB aufgehoben durch AGBGB vom 18. 12. 1984 (GVBl. I S. 344); Niedersachsen: Gesetz vom 4. 8. 1904 (GVBl. SB III S. 359); Gesetz vom 1. 6. 1982 (GVBl. S. 137); Saarland: AGBGB vom 5. 2. 1997 (ABl. S. 258), zuletzt geändert durch Gesetz vom 7. 11. 2001 (ABl. S. 2158).

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Hat denn eine solche Gerechtigkeit noch einen Wert?!

    Bei mir wurde diese nämlich irgendwie mal falsch gebucht - das wäre jetzt wohl ein Riesenaufmarsch mit Amtswiderspruch, etc.

    Für mich stellt sich nun die Frage, ob es das wirklich Wert ist?!




    Jedes Recht hat einen Wert.

    Einen positiven oder einen negativen oder einen Nullwert

  • Es handelt sich um eine Bäckereigerechtigkeit.

    Es ist folgendes:

    Es wurde ein Wohnungsei gegründet.

    Die einzelnen Blätter ergeben nun im BV folgende Eintragungen:

    1) 23/1000 MEA an der Wohnung...

    2) Bäckereigerechtigkeit.

    Die Bäckereigerechtigkeit war schon immer unter einer eigenen BVNr. gebucht, somit wohl Realgerechtigkeit?!

    Aber so wie oben kann es doch wohl nicht gebucht werden? Somit wäre ja jeder Miteigentümer Eigentümer der Gerechtigkeit zu 1/1? Ausserdem hätte es wohl in einem eigenen Blatt gebucht werden müssen?!

    Aber die Frage ist halt jetzt ob ich hierbei überhaupt was unternehmen soll?! Wenn sie keinen Wert mehr hat, kann man das wohl einfach so stehen lassen?!

  • Die Bäckereigerechtigkeit war schon immer unter einer eigenen BVNr. gebucht, somit wohl Realgerechtigkeit?!


    Wenn ich Dich richtig verstehe, war sie auch in dem Blatt so gebucht, aus dem heraus der Bestand in WE aufgeteilt wurde?

    BVNr. 1: Grundstück Flst. ...
    BVNr. 2: Reale Bäckereigerechtigkeit

    Oder etwa:

    BVNr. 2/zu 1 Bäckereigerechtigkeit

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • [FONT=Arial (W1)]Die Bäckereigerechtsame ist (wie Prinz schon sagte) eine Realgewerbeberechtigung, die gemäß Art. 74 EGBGB nach Einführung des BGB grundsätzlich fortbestanden hat. In der vorliegenden Ausprägung handelt es sich nach der Eintragung um eine reale Gerechtsame (im Gegensatz zur radizierten Gerechtsame, die Bestandteil des Grundstücks wäre und auch nicht überall eintragbar war).[/FONT]

    [FONT=Arial (W1)]Danach wird die Gerechtsame von der Anlegung des Wohnungseigentums überhaupt nicht beeinflusst. Sie hätte richtig nur durch eigene Auflassung und Eintragung und dann auch nur auf eines der Wohnungsgrundbuchblätter übertragen werden dürfen (man könnte noch diskutieren, ob und inwieweit die Gerechtsame ins WE hätte einbezogen werden können, aber ich denke, diese Frage kann hier - wie die Gerichte immer so gern sagen - dahinstehen, da eine entsprechende Buchung jedenfalls nicht erfolgt ist). Wenn diese Auflassung fehlt, war die Buchung auf dem Wohnungsblatt bereits grundlegend falsch. Zusätzlich falsch war es ferner, in jedem Wohnungsblatt eine eigene Bäckereigerechtigkeit zu buchen. Am besten lässt sich das vielleicht mit einer Wegefläche vergleichen, die im Ursprungsblatt gebucht war und nunmehr in vollem Umfang auf jedem Wohnungsblatt gebucht ist.[/FONT]

    [FONT=Arial (W1)]Danach läge an fast allen und evtl. sogar an allen Blättern eine falsche Eintragung vor. In die Frage, wieweit ein gutgläubiger Erwerb möglich ist (vermutlich nicht, da das Grundbuch für den Bestand einer Realgewerbeberechtigung nicht haftet, BayObLGZ 7, 255), würde ich aus folgendem pragmatischen Grund jedoch nicht näher eingehen wollen:[/FONT]

    [FONT=Arial (W1)]Mit der Einführung der allgemeinen Gewerbefreiheit durch die Gewerbeordnung im Jahre 1869 haben die meisten Realgewerbeberechtigungen ihren Vorteil verloren und sind gegenstandslos geworden. Etwas anderes gilt nur, soweit aufgrund dieser Gerechsame noch irgendein Vorteil erlangt werden kann. Das ist z. B. der Fall bei Tafern-, Schank-, Krug- o. ä. Gerechtsamen, weil die Versagungsgründe des § 4 Abs. 1 Nr. 2 und 3 GaststättenG nach § 24 GaststättenG bei Vorliegen einer solchen Gerechtsame nicht geltend gemacht werden können; bei Apothekergerechtigkeiten und Kaminkehrergerechtigkeiten z. B. ist es bislang ungeklärt oder gar umstritten. Bezüglich einer Bäckereigerechtigkeit ist mir nichts bekannt, inwieweit sie einem Berechtigten noch einen Vorteil bringen soll. Die Neubegründung einer Realgewerbeberechtigung ist ohnehin (spätestens) seit Einführung der Gewerbeordnung ausgeschlossen.[/FONT]

    [FONT=Arial (W1)]Daher würde ich insgesamt vom Erlöschen der Bäckereigerechtigkeit ausgehen, in einem Verfahren nach §§ 84 ff GBO nach § 87 lit. a GBO sämtliche Wohnungseigentümer (als Buchberechtigte) und Berechtigte hieran dazu anhören und – falls nicht triftige Gründe gegen das Erlöschen vorgetragen werden, die dann noch zu überprüfen wären (gern auch mit mir) – die Gerechtsame sodann löschen.[/FONT]

    [FONT=Arial (W1)]Am Fortgang des Verfahrens wäre ich sehr interessiert.[/FONT]

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Ja aber ich müsste doch dann die ganzen Grundpfandrechtsgläubiger hierzu auch anhören, oder?!

    Würdest du denn hier wirklich überhaupt was machen?! Wenn es so und so bereits erloschen ist? Ich meine, ob es diesen Aufwand wirklich wert ist (so denken auch viele meiner Kollegen?)?

  • Wenn ein Recht gelöscht wird, höre ich die Berechtigten (oder auch nur scheinbar Berechtigten) vorher immer an, soweit sie am Verfahren bislang nicht beteiligt waren.

    Wirklich Aufwand ist es dann, wenn Du die Anhörungen förmlich zustellst, was wir hier aus Nachweisgründen gern tun, aber an sich nicht erforderlich ist.

    So lädst Du alle Beteiligten in einen Fall, markierst alle auf einmal, verfasst das Schreiben und druckst es dann an einen nach dem anderen aus. Natürlich ist es aufwändiger als der Entschluss im stillen Kämmerlein ohne Anhörung, aber erstens ist die Anhörung nach absolut herrschender Meinung (schon grundgesetzlich) geboten und zweitens kann dann hinterher keiner mehr mit irgendwas kommen, wenn vorher die Anhörung gelaufen ist und er innerhalb der Frist (wir nehmen regelmäßig vier Wochen) nichts zurückgeschrieben hat.

    Einmal Aufwand und hinterher Ruhe.

    Nebenbei: Bei der Anhörung die Berechtigten von Reallasten, Nießbrauchsrechten, Vorkaufsrechten und Auflassungsvormerkungen nicht vergessen.
    Und ich lasse mir auch stets die Pfandrechtsbriefe vorlegen.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Und ich kann das Recht nach Anhörung - und natürlich kein Einwand vorausgesetzt dann einfach löschen?!

    Ich meine, ich kann ja jetzt nicht mit 100%iger Sicherheit sagen, dass die Gerechtigkeit "erloschen" ist, oder kann ich das?

    Wie würdest du denn ein solches Anschreiben sinngemäßg verfassen?!

  • [FONT=Arial (W1)]Wann haben wir schon 100%? Neben dem grundgesetzlichen Anspruch auf rechtliches Gehör haben wir genau dafür ebendiese Anhörungen.[/FONT]
    [FONT=Arial (W1)] [/FONT]
    [FONT=Arial (W1)]Hügel/Zeiser führt in Rn. 121 ff. nur noch die Apotheker-, Kaminkehrer-, Gaststätten- und Fergengerechtigkeiten als relevant oder zumindest möglicherweise relevant auf. Auch MünchKomm/Säcker Art. 74 EGBGB Rn. 2 ff. führt nur die Apotheker- und die Kaminkehrergerechtsamen als noch (möglicherweise) bedeutsam auf. Staudinger/Albrecht führt nur noch die Apotheken auf.[/FONT]
    [FONT=Arial (W1)] [/FONT]
    [FONT=Arial (W1)]Ich habe bislang nichts gefunden, womit sich irgendeine wirtschaftliche oder rechtliche Bedeutung einer Bäckereigerechtsamen begründen ließe. Ich traue mich wetten, dass Du auch nichts finden wirst. Und wenn ein Recht wirtschaftlich und rechtlich bedeutungslos ist, ist es m. M. nach nach §§ 84 ff. im Grundbuch löschbar.[/FONT]
    [FONT=Arial (W1)] [/FONT]
    [FONT=Arial (W1)]Deswegen würde ich die nach dem Grundbuch Berechtigten anschreiben, dass die eingetragene Bäckereigerechtsame wegen der allgemeinen Gewerbefreiheit seit 1869 wirtschaftlich und rechtlich bedeutungslos ist, weil es keine Rechtsnorm gibt, die dem (nominellen) Inhaber eines solchen Rechtes irgendeinen Vorteil gegenüber jemandem gibt, der ein solches Recht nicht innehat, und dass das Grundbuchamt daher beabsichtigt, diese Bäckereigerechtsame in den Grundbüchern Gemarkung X Bl. 1 – 100 gemäß §§ 84 ff. Grundbuchordnung zu löschen, wenn nicht bis DATUM begründete Einwände gegen die Löschung hier eingegangen sein werden.[/FONT]

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Gibt es hierfür auch eine Fundstelle, dass die Gerechtigkeit einer Wohnungseinheit zugeordnet werden muss?

    Die Philosophie für den Spieler Oliver Bierhoff, die musste noch erfunden werden. Brasilianische Spielweise einfordern mit Füßen aus Malta, das geht eben nicht. (Rudi Völler)

  • Ich bin hier bei der Suche nach umzuschreibenden Blättern auf ein Blatt gestoßen, in dem im BV eingetragen ist:

    1 Die reale Kaminkehrergerechtsame im Bezirk ...

    Ansonsten ist auf diesem Blatt im BV nichts gebucht. Die Gerechtsame wurde im Jahr 1971 an den derzeit eingetragenen Eigentümer (Jahrgang 1937) aufgelassen. Ansonsten ist in Abt. II noch eine Reallast (monatliche Leibrente) für die (mittlerweile verstorbenen, Todesnachweis liegt in anderer Akte vor) Übergeber eingetragen.

    Nach BeckOK GBO, 3. Kaminkehrergerechtsame Rn. 130 ist nach wie vor zweifelhaft und umstritten, ob solche Rechte noch existieren. Eine Löschung nach § 84 ff GBO kommt damit ja nicht in Frage.

    Kann ich die Gerechtsame dann auf Grund einer notariell beglaubigten Aufgabeerklärung des eingetragenen Eigentümers löschen oder braucht es dazu noch weiterer Unterlagen (wir befinden uns in Bayern)?

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