Bedingte Auflassung?

  • Ein Fall eines Kollegen:

    Im Grundbuch ist FlNr. 1 mit einer Größe von 730 m² eingetragen.
    In Ziffer I des Kaufvertrages heisst es, dass der Eigentümer noch eine Grundstücksteilfläche von ca. 30 m² an die Gemeinde für den Ausbau des Erschließungsweges unentgeltlich abtreten wird. Der Käufer hat hiervon Kenntnis. Die Vertragsteile sind sich darüber einig, dass Vertragsobjekt endgültig die verbleibende Restfläche von ca. 700 m² ist.
    Gemäß Ziffer II. des Kaufvertrages verkauft der Eigentümer an den Käufer das FlNr. 1 im Ausmaß von ca. 700 m². Diesbezüglich ist auch eine Vormerkung im Grundbuch eingetragen worden.
    Ziffer V. des KV lautet wie folgt:
    "Die Vertragsteile sind über den Eigentumsübergang des ganzen Grundstücks FlNr. 1 auf den Käufer gemäß der Vereinbarung in Ziffer II. einig. Diese unbedingte Auflassung enthält ausdrücklich weder Eintragungsbewilligung noch -antrag.
    Die Vertragsteile erteilen für sich und ihre Erben dem beurkundenden Notar die Eintragung des Eigentumswechsels zu bewilligen und zu beantragen.
    Der Notar wird ferner beauftragt, das Vertragsobjekt nach Wegmessung der Wegefläche grundbuchmäßig näher zu beschreiben. Sollte die Wegmessung der Abtretungsfläche bei Auflassungsreife noch nicht erfolgen können, gilt folgendes:
    Die Auflassung soll dann bezüglich des ganzen Grundstücks durchgeführt werden. Der Käufer ist dann verpflichtet, sobald dies möglich ist, die Abtretungsfläche an die Gemeinde zu übereignen.
    Die Vertragsteile weisen den Notar gemeinsam an, die Eigentumsumschreibung erst zu bewilligen und zu beantragen, wenn der Verkäufer die Kaufpreiszahlung bestätigt oder der Käufer dies nachgewiesen hat."

    Vorgelegt wurde der Antrag auf Vollzug der Auflassung und Löschung der Vormerkung. Daraufhin erging Zwischenverfügung mit folgendem Inhalt:
    Zum Vollzug der Eigentumsumschreibung ist die notarielle Identitätsfeststellung des Vertragsobjekts nach erfolgter Vermessung vorzulegen.

    Die Antwort des Notars: Der Vollzug der Eigentumsumschreibung auf den Käufer soll bezüglich des ganzen Grundstücks FlNr. 1 durchgeführt werden. Eine Vermessung wurde bisher noch nicht beantragt. Der Käufer wird entsprechend den Vereinbarungen in der Urkunde die Abtretungsfläche an die Gemeinde übereignen.

    Kann die Eigentumsumschreibung bezüglich des ganzen Grundstücks erfolgen? Falls man den Passus so auslegt, dass er tatsächlich eine Auflassung enthält, würden dann nicht die Worte "sollte die Wegmessung der Abtretungsfläche bei Auflassungsreife noch nicht erfolgen können..." für eine Auflassung unter einer Bedingung sprechen, was ja nicht zulässig ist?

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Ich verstehe das so:
    Aufgelassen wird das ganze Grundstück. Vertraglich gibt es Einschränkungen. Dem Rechnung tragend, soll die Auflassung auch (alternativ!?) für die 700 qm erklärt sein. Eine Bedingung lese ich da spontan nicht hinein. Ich hätte wohl umgeschrieben.

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  • Da der betreffende Passus lautet: "Die Vertragsteile sind über den Eigentumsübergang des ganzen Grundstücks FlNr. 1 auf den Käufer gemäß der Vereinbarung in Ziffer II. einig. Diese unbedingte Auflassung enthält ausdrücklich weder Eintragungsbewilligung noch -antrag", würde ich von einer unbedingt erklärten Auflassung ausgehen. Der Erwerber hat lediglich die schuldrechtliche Verpflichtung übernommen, das Eigentum an der genannten Teilfläche auf die Gemeinde zu übertragen.

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  • Schon, aber in Ziff. II steht ja eben nur der Netto-Kaufgegenstand, also das endgültige Grundstück abzüglich des an die Gemeinde übergebenen Teils. Die ausdrückliche Auflassung ist zunächst nur hierüber erklärt.

    Soeben habe ich noch einen Schreibfehler ausgebessert: Grundstück sind derzeit 730 m², lt. Ziff. II sind dann letztlich 700 m² verkauft.

    Sodann folgt der Passus:
    "Sollte die Wegmessung der Abtretungsfläche bei Auflassungsreife noch nicht erfolgen können, gilt folgendes:
    Die Auflassung soll dann bezüglich des ganzen Grundstücks durchgeführt werden. Der Käufer ist dann verpflichtet, sobald dies möglich ist, die Abtretungsfläche an die Gemeinde zu übereignen."

    Hätten sie einfach die Auflassung bezüglich des ganzen Grundstücks erklärt, wäre das alles kein Problem. Haben sie aber nicht. Und da stellt sich uns schon die Frage, ob die Auflassung bezüglich des ganzen Grundstücks überhaupt erklärt ist und - falls ja - ob da nicht eine unzulässige und vom Grundbuchamt überhaupt nicht nachprüfbare Bedingung enthalten ist.

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  • Da das ganze Grundstück aufgelassen wurde (und nicht ein um 30 m² reduzierter Teil), würde ich dennoch diese Auflassung als unbedingt ansehen. Lediglich dann, wenn die Auflassung des Restgrundstücks vollzogen werden sollte, hätte ich Bedenken wegen der Bedingung. Teil II, auf den in der Erklärung verwiesen ist, hat m.E. nach nur die Bedeutung, dass der Gemeinde letztlich noch das Eigentum an der Teilfläche von 30 m² -nunmehr vom Erwerber- zu verschaffen ist.

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  • Andreas:
    Warum willst Du unbedingt die Auflassung mit dem schuldrechtlichen Teil vermengen?

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  • Will ich überhaupt nicht.

    Das Grundstück hat 730 m².

    Gemäß Ziffer II. des Kaufvertrages verkauft der Eigentümer an den Käufer das FlNr. 1 im Ausmaß von ca. 700 m².

    Ziffer V. des KV lautet wie folgt:
    "Die Vertragsteile sind über den Eigentumsübergang des ganzen Grundstücks FlNr. 1 auf den Käufer gemäß der Vereinbarung in Ziffer II. einig. Diese unbedingte Auflassung enthält ausdrücklich weder Eintragungsbewilligung noch -antrag.

    Sollte die Wegmessung der Abtretungsfläche bei Auflassungsreife noch nicht erfolgen können, gilt folgendes:
    Die Auflassung soll dann bezüglich des ganzen Grundstücks durchgeführt werden.

    ==> Die ausdrücklich erklärte Auflassung bezieht sich auf die nicht vermessene Restfläche. Die andere ist - wenn überhaupt - nicht einfach so erklärt, sondern soll nur gelten, wenn (*) ... - was ich ja nicht prüfen kann. Ich weiß nur, dass die Vermessung noch nicht einmal beantragt wurde.

    Wie gesagt: Hätten die Beteiligten einfach das Grundstück zu 730 m² aufgelassen, wäre uns das alles egal. Sie hätten einfach den von mir unterstrichenen Teil weglassen können. Haben sie aber eben nicht. Ergo: Aufgelassen ist Grundstück gem. II = 700 bislang unvermessene Quadratmeter.

    (*) Gegenüber dem hier vorliegenden Passus "Sollte die Wegmessung der Abtretungsfläche bei Auflassungsreife noch nicht erfolgen können, gilt folgendes:" kommt mir eine Auflassung in einem widerruflichen Vergleich irgendwie weniger bedingt vor.

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  • Und wenn Du statt Deiner Unterstreichung mein Rot betonst?

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  • ...dann komme ich an dem schwarzen und unterstrichenen Teil immer noch nicht vorbei, der halt leider da steht. Welchen Sinn soll denn der unterstrichene Zusatz haben, wenn mit der Auflassung nach ganze Grundstück zu 730 m² gemeint sein sollte?

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  • ....
    Sodann folgt der Passus:
    "Sollte die Wegmessung der Abtretungsfläche bei Auflassungsreife noch nicht erfolgen können, gilt folgendes:
    Die Auflassung soll dann bezüglich des ganzen Grundstücks durchgeführt werden. Der Käufer ist dann verpflichtet, sobald dies möglich ist, die Abtretungsfläche an die Gemeinde zu übereignen."

    ...


    Und welchen Sinn macht dann dieser Passus ?

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  • Das ist es ja eben! Wir schwanken zwischen einer rein schuldrechtlichen Abrede, da ja dort eine Auflassung nicht explizit erklärt ist, und einer Bedingung bei der Auflassung, zu wir kämen, wenn man dort eine Auflassung hineinlesen wollte. Aber u. E. macht eben auch dieser Absatz, der jetzt vollzogen werden soll, die obige Einschränkung "gemäß der Vereinbarung in Ziffer II." nicht ungeschrieben.

    Gerade der Passus zeigt doch, dass oben bei der Auflassung nur die 700 m² gemeint sein können.

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  • Ich teile Andreas' Bedenken. Meiner Meinung nach ist die Auflassung nur bzgl. der Teilfläche zu 700 m² erklärt worden. Über das gesamte Grundstück liegt m.E. gar keine Auflassung vor, noch nicht mal eine bedingte.

    In Ziffer II. ist die Teilfläche verkauft, die Auflassung wird "gemäß der Vereinbarung in Ziffer II" erklärt, also nur über die Teilfläche. Und bei dem Satz "Die Auflassung soll dann bezüglich des ganzen Grundstücks durchgeführt werden." fällt es mir schwer, eine Auflassung über das gesamte Grundstück hineinzulesen, eher eine Verpflichtung dazu.

    Ja ja wir reiten bis zum Horizont - anschlagen - und zurück!
    (Mike Lehmann)

  • Nach meiner Ansicht ist -alternativ und unbedingt- sowohl das gesamte Grundstück als auch die verkaufte Teilfläche aufgelassen. Anders macht die Bezugnahme auf das "ganze" Grundstück im ursprünglichen Auflassungstext keinen Sinn. Das Anhängsel "gemäß der Vereinbarung ..." bringt nur die alternativen Möglichkeiten zum Ausdruck. Damit wird auch der nachfolgende Urkundentext in sich stimmig.

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