Mögliche Urkundenfälschung anzeigen?

  • Ich habe zwar über die Suche schon Threads gefunden, die sich mit der dienstlichen Strafanzeige befassen. Da diese Threads m.E. aber kaum auf die rechtlichen Umstände eingehen, eröffne ich mit meinen Fragen hiermit einen neuen Thread.

    Zum Fall nur so viel:

    Mir sind aus einer Akte heraus Dinge bekannt geworden, nach denen eventuell mehrere Urkundenfälschungen begangen worden sein könnten.

    Ich frage mich, wie ich damit umzugehen habe. Muss ich die Sache zur Anzeige bringen? Dürfte ich die Sache bei der StA anzeigen?
    Oder schreibe ich die Akte evtl. der Verwaltung bzw. Behördenleitung zu, damit die ggf. irgendwas in die Wege leitet.

    Spontan hätte ich gedacht, dass ich selbst die StA einschalten könnte und vielleicht sogar müsste.
    In § 37 BeamtStG steht nun aber, dass ich zur Verschwiegenheit verpflichtet bin (Abs. 1) und dass die Verschwiegenheitspflicht u.a. nur dann nicht greift, wenn begründeter Verdacht auf Vorliegen einer Korruptionsstraftat besteht (trifft bei mir nicht zu) (Abs. 2 Nr. 3).

    Weiteres habe ich dazu weder im Bundesrecht noch im Landesrecht Nds. finden können.

    Wer kann helfen? Wer weiß, was zu machen ist?

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Ich bringe Sachen (meist möglicher Betrug bei PKH) selber zur anzeige.

    M.E. bin ich dazu auch verpflichtet, da gibts wohl in NRW einen Passus im LBG.

    Dat hat nix mit Verschwiegenheitspflicht zu tun, 61 Abs. IV LBG NRW.

    Wo unsere Fahne weht, ist es für jedes Schiff zu spät wir sind im Kampfe vereint. Gottes Feind und aller Welts Freund...

    Der Totenschädel lacht, die schwarzen Fahnen wehen... Viva St. Pauli !
    http://www.youtube.com/watch?v=0M2mCKVoBrQ

    Einmal editiert, zuletzt von Störtebecker (9. September 2010 um 13:38) aus folgendem Grund: Gesucht und Gefunden


  • Dat hat nix mit Verschwiegenheitspflicht zu tun.


    Dachte ich auch mal. Dann hab ich eben den § 37 BeamtStG gelesen und dachte mir:
    Hmm, das Gesetz macht bzgl. Starftaten nur in Fällen von Korruptionsstraftaten und bei geplanten Straftaten (§ 138 StGB) eine Ausnahme davon, dass Beamte Verschiegenheit zu bewahren haben.

    Umkehrschluss für mich daher:
    In allen anderen Fällen besteht eine Verschwiegenheitspflicht, die mich evtl. daran hindern könnte, Daten an die StA weiter zu geben.

    Mag in NRW wegen landesrechtlicher Vorschriften anders aussehen. In unserem NBG wurde ich dazu leider nicht fündig.

    Ulf

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  • Ich habe derlei (unrichtige Versicherung an Eides Statt; Beleidigung/Bedrohung; Unterschlagung) immer auf dem Dienstweg zur Anzeige gebracht. Ob das so sein musste - keine Ahnung. Aber jeglichen Verdacht eines Geheimnisverrats will ich von mir fernhalten.

    Für die Aussage vor Gericht brauchte ich dann eine Schweigepflichtentbindung - das ist wohl unstreitig.


  • Dat hat nix mit Verschwiegenheitspflicht zu tun, 61 Abs. IV LBG NRW.


    § 61 LBG NRW behandelt nach meiner Vorschriftensammlung das Thema "Mehrarbeit" und hat nur 2 Absätze. :gruebel:

    Eine andere passende Vorschrift konnte ich nicht entdecken.

    Ulf

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  • Wenn der Verdacht sich auf dienstliche Angelegenheiten bezieht, tendiere ich zur Verschwiegenheitspflicht, und würde den Weg über die Verwaltung gehen.
    Anders sehe ich dass bei den Beispielen wie unrichtige eV, hier befürworte ich die Weitergabe an die StA, ohne dass die Verschwiegenheitspflicht davon berührt würde.

    Nach der Kommentierung zum BeamtStG ist mit der eingehenden matierellen Regelung zur Verschwiegenheitspflicht kein Raum mehr für Landesrecht gegeben.

  • Der Unterschied ist schon, ob man eine Anzeige erstattet oder den Vorgang zur Prüfung vorlegt.

    Wird eine Anzeige erstattet, ist die über den Dienstweg vorzulegen. D.h. auch, dass der Präsident / Direktor - so er es nicht delegiert hat - entscheidet, ob Anzeige erstattet wird oder nicht.

    Legt man den Vorgang der Staatsanwaltschaft zur Prüfung vor, nimmt die Akte den direkten Weg, d.h. der Präsident / Direktor ist gar nicht beteiligt. Die Staatsanwaltschaft prüft dann von sich aus, ob ein hinreichender Anfangsverdacht vorliegt und entscheidet von Amts wegen.

    Ich proktiziere grundsätzlich letzteres.

  • Ich kann mich noch erinnern dass es im Studium hieß, dass ich, wenn ich als Beamter dienstlich Kenntnis von einer möglichen Straftat erhalte, ich sogar verpflichtet bin diese anzuzeigen.
    Hinterfragt habe ich das allerdings nie. Andererseits: würde nicht ein Verzicht auf eine Strafanzeige wegen der Schweigepflicht kollidieren mit § 258 StGB?

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -



  • Aber am Ende von § 37 II BeamtStG heißt es doch:
    "Im Übrigen bleiben die gesetzlich begründeten Pflichten, geplante Straftaten anzuzeigen und für die Erhaltung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung einzutreten, von Absatz 1 unberührt."

    Insoweit hätte ich überhaupt keine Bedenken wegen der Verschwiegenheitspflicht. Wenn man von einer möglichen Straftat Kenntnis erlangt, muss man sogar Anzeige erstatten. Es könnte ja auch nicht richtig sein, dass die Verschwiegenheitspflicht einen Beamten daran hindert, eine Straftat anzuzeigen. Wir sind weder die Anwälte noch die Beichtväter unserer Kunden.

  • Ich habe diese Fälle immer direkt bei der StA angezeigt. Dieses Verfahren wurde zumindestens bei mir noch nicht beanstandet.
    Die StA hat dann nur zur Akte mitgeteilt, dass sie ein Verfahren eröffnet hat oder auch nicht.


  • Aber am Ende von § 37 II BeamtStG heißt es doch:
    "Im Übrigen bleiben die gesetzlich begründeten Pflichten, geplante Straftaten anzuzeigen und für die Erhaltung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung einzutreten, von Absatz 1 unberührt."


    Damit gemeint ist m.E. die Pflicht nach § 138 StGB, die jeden Staatsbrüger trifft. Dies gilt aber nur für bestimmte Straftatbestände und gilt ferner nur für geplante - also nicht für bereits begangene - Taten.


    Und in NRW gibts ein neues Beamtenrecht, bist du noch beim alten, oder ich ?


    Rechtsstand laut elektronischer Vorschriftensammlung April 2009 (gültig bis 31.03.2014).

    Ulf

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  • Straftaten, die z.B. gegen mich oder das Gericht verübt werden, würde ich auch auf dem Verwaltungsweg anzeigen.

    Straftaten aus der Akte, gehen direkt ab.

    Aber auch im neuen LBG dürfte da ein Passus drin stehen: Es kann ja nicht sein, dass ich hier was mitbekomme und es dann, grade als Beamter bei Gericht heißt: Das darfst du nun nicht sagen...

  • Wenn der Verdacht sich auf dienstliche Angelegenheiten bezieht, tendiere ich zur Verschwiegenheitspflicht, und würde den Weg über die Verwaltung gehen.

    Anders sehe ich dass bei den Beispielen wie unrichtige eV, hier befürworte ich die Weitergabe an die StA, ohne dass die Verschwiegenheitspflicht davon berührt würde.


    Die Differenzierung verstehe ich leider nicht. Betrifft der Verdacht z.B. im Erbscheinsverfahren evtl. falsch abgegebene eV nicht auch eine "dienstliche Angelegenheit"?

    Und wo würdest Du eine mögliche Urkundenfälschung (evtl. gefälschte Verfahrensunterlagen) einstufen? Alternative 1 oder 2?

    Ulf

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  • :) Wohl unglücklich ausgedrückt.
    Ich meinte mit der Variante 1 die Sachen, die z.B. innerhalb der Behörde (zwischen den MA) auftreten - z.B. Beurteilungen, Annahme von Belohnung, unrichtiges Verhalten von MA und Vorgesetzten oder auch Urkundenfälschung (durch den MA z.B. in der Zahlstelle/Gerichtskasse).

    Eine mögliche Urkundenfälschung im Verfahren (durch den Bürger, RA) ist Alternative 2.

    Nach der Kommentierung wird (je nach Fall) die dienstliche Angelegenheit teilweise sehr weit gefasst. Eine Abschätzung nach den befreienden Tatbeständen (gegen freiheitlich demokratische Grundordnung etc.) wird im Einzelfall geprüft und nicht bei "jedem" Verstoß angenommen.

  • @Omega:

    Danke für die Erläuterung! Jetzt hab ich's zwar verstanden aber nachvollziehen kann ich's nicht:

    In den Fällen, in denen z.B. ein Kollege evtl. eine Straftat begangen hat, kann doch gar keine Schweigepflicht greifen, da die Schweigepflicht doch wohl nur Kenntnisse betrifft, die aus einem konkreten Verfahren stammen und die mittelbar oder unmittelbar Beteiligten betreffen.
    Wenn also der Kollege ständig Geldmittel an sich selbst anweist und ich davon Wind bekomme, würde ich hier eine Schweigepflicht von vorn herein verneinen.

    Besteht nun aber ein Verdacht gegen einen Verfahrensbeteiligten, muss ich bei Anzeige zwingend Dinge preisgeben, die das Verfahren betreffen und somit der grundsätzlich Schweigepflicht unterliegen.

    M.E. ist daher eher der letzte Fall eine "dienstliche Angelegenheit", weil ich die Kenntnis aus meiner dienstlichen Tätigkeit in dem konkreten Verfahren habe.

    Der erst genannte Fall betrifft zwar die Dienststelle aber sowas würde ich eher nicht als "dienstliche Angelegenheit" in diesem Sinne bezeichnen.

    Ich denke daher, dass es sich genau umgekehrt verhält und bei Verdacht gegen einen Verfahrensbeteiligten der Dienstweg über die Verwaltung zu gehen ist und im anderen Fall, der Kollegen betrifft, - entsprechend § 37 Abs. 2 Nr. 3 BeamtStG - der direkte Weg zur StA gegangen werden kann.

    Ulf

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  • Hier vllt nach §§ 12, 17 EGGVG? :gruebel:


    Ahh, ich wusste doch, dass ich irgendwo sowas mal gelesen hatte. :daumenrau

    Ich tendiere nach allem im Moment zu folgendem Vorgehen:

    Aktenvorlage an Behördenleitung m.d.B. um Prüfung und eventuellen Veranlassung einer Weitergabe an die StA (§ 17 EGGVG) wegen des Verdachts der Urkundenfälschung gegen unbekannt.

    Ulf

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    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.


  • Halte ich für vernünftig.
    Die Behördenleitung wird schon Laut geben, wenn sie sich für unzuständig hält.

  • @ Ulf zu Nr. 17:
    Zwei Juristen 3 Meinungen ;)
    Deine Argumentation kann ich auch nachvollziehen, bleibe aber (vorerst) bei meiner Meinung. Die im PLOG/Wiedow angegebenen Sachen (auch in Bezug auf das alte BBG) lassen mich zu meiner Ansicht kommen.

    Allerdings habe ich meine Schilderung auch näher am Ausgangsfall (Verdacht, das eventuell etc.) fest gemacht, und bei so was wäre ich mit einer direkten Weitergabe an die StA (gegen einen Kollegen) vorsichtig. Auch habe ich kurz was von einer Richtlinie/Verordnung gesehen, die bei Ermittlungen gegen eigene Bedienstete greift (Ermächtigungsverordnung?- Zu Hause habe ich den Kommentar ja nun nicht), wonach die Ermittlungen erst nach Rücksprache aufgenommen werden. Und da sieht es zumindest unglücklich aus, wenn die StA die Ermittlungen gegen einen Bediensteten aufnehmen will, die "Anzeige" aus der betreffenden Behörde kommt und der Chef nix weiß.

    Zu deinem letzgeschilderten Vorgehen :daumenrau

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