Vorbehaltsnießbrauch

  • Ich entschuldige mich für die vielleicht blöde Frage :oops:, aber ich tue mich gerade echt schwer mit dem Begriff des Vorbehaltsnießbrauchs.
    Hat dieser Wortteil "Vorbehalts" irgendwelche besonderen Auswirkungen? Gibt es Unterschiede zu einem "normalen" Nießbrauch §1030 BGB?

    "Man muss denken wie die wenigsten und reden wie die meisten."
    (Arthur Schopenhauer)

  • Schau mal unter Wikipedia:
    "
    Zuwendungsnießbrauch [Bearbeiten]

    Beim Zuwendungsnießbrauch bestellt der Eigentümer an seinem Grundstück einen Nießbrauch zugunsten des Berechtigten. Künftig erzielt der Nießbraucher und nicht mehr der Eigentümer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Allerdings kann der Nießbraucher im Fall des Zuwendungsnießbrauchs keine Abschreibungen geltend machen.
    Schenkungsteuerlich ist der kapitalisierte Wert des Nießbrauchs beim Empfänger zu versteuern.
    Vorbehaltsnießbrauch [Bearbeiten]

    Ein Vorbehaltsnießbrauch liegt vor, wenn bei der Übertragung z. B. eines Grundstücks zugleich ein Nießbrauchsrecht für den bisherigen Eigentümer an dem übertragenen Grundstück bestellt wird. Bei einem Mietwohngrundstück erzielt dann weiterhin der Schenker (z. B. die Eltern) die Vermietungseinkünfte, obwohl das beschenkte Kind als Eigentümer im Grundbuch steht. Der Schenker kann – wie bisher – von den Mieteinnahmen alle von ihm getragenen Grundstücksaufwendungen einschließlich der Gebäude-AfA als Werbungskosten steuermindernd abziehen. Solange der Nießbrauch besteht, erzielt der Beschenkte keine Einkünfte und kann mit dem Grundstück zusammenhängende Aufwendungen nicht steuerlich geltend machen.
    Die Nießbrauchsbelastung kann für Zwecke der Schenkungsbesteuerung nicht von der Bemessungsgrundlage abgezogen werden; die Schenkungsteuer ist jedoch insoweit zu stunden. Der Stundungsbetrag kann mit dem Kapitalwert abgelöst werden. (nicht mehr möglich seit 1. Januar 2009 wegen Wegfall §25 ErbStG)"
    ppp.............

    Es gehört oft mehr Mut dazu, seine Meinung zu ändern, als ihr treu zu bleiben.

  • Kurz zusamengefasst:

    Beim Zuwendungsnießbrauch räumt der Eigentümer einer anderen Person ein Nießbrauchrecht ein und beim Vorbehaltsnießbrauch überträgt der Eigentümer das Objekt auf eine andere Person und behält sich das Nießbrauchrecht vor.

  • Super, danke für die schnelle Hilfe an Euch beide :daumenrau.
    Den Unterschied hab ich jetzt verstanden, die Auswirkung (Umfassende Nutzung des Berechtigten) an sich ist doch aber dieselbe, oder? Lediglich die Ausgangslage ist anders...

    "Man muss denken wie die wenigsten und reden wie die meisten."
    (Arthur Schopenhauer)

  • Der Vorbehaltsnießbrauch ist ein normaler Nießbrauch, genauso wie die Rückauflassungsvormerkung eine normale Vormerkung ist. Das jeweilige Vorhängsel bezeichnet nur die Tatsache, dass der jeweilige Berechtigte der vormalige Eigentümer war. Das könnte man sich genauso gut schenken.

    Vorbehaltsnießbrauch und Rück-AV sind inhaltlich meist anders ausgestattet als die "normalen" Nießbrauchsrechte und Vormerkungen. So ist es beim Vorbehaltsnießbrauch etwa üblich, dass der vormalige Eigentümer weiterhin auch die außergewöhlichen Aufwendungen trägt, während es bei der Rück-AV Usus ist, dass lediglich bedingte Übereignungsansprüche gesichert werden. Aber auch diese jeweils inhaltlich andersartige Gestaltung ist dadurch bedingt, dass dem damit in Zusammenhang stehenden Eigentumsübergang typischerweise ein unentgeltliches Geschäft zugrunde liegt, bei welchem sich der auf der Veräußererseite stehende Beteiligte entsprechend abzusichern gedenkt.

  • Muss mich hier mal mit einer Frage ranhängen.

    Kann man in der Formulierung "Der Übergeber behält sich hiermit das Nießbrauchsrecht an dem Vertragsgegenstand vor" durch (wohlwollende) Auslegung die Bewilligung sehen? :confused:

    Danke schon mal :cool:

  • Nein. Es ist ja schon zweifelhaft, ob der Nießbrauch noch auf Bewilligung des Veräußerers hin (als Eigentümernießbrauch, zur Zulässigkeit siehe BGH, B. vom 14.07.2011, V ZB 271/10) oder erst auf Bewilligung des Erwerbers hin eingetragen werden soll. Darauf kommt es hinsichtlich des Rangverhältnisses jedenfalls dann an, wenn es auch Eintragungsbewilligungen des Erwerbers gibt, die erst nach Eigentumsumschreibung vorgenommen werden können, wie etwa die Eintragung einer Rückauflassungsvormerkung, bei der Anspruchsschuldner nur der Erwerber sein kann. Hat den Nießbrauch noch der Veräußerer zur Eintragung bewilligt, ist diese Eintragung vor EW, also mit Rang vor der Rück-AV, vorzunehmen.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Ich hänge mich hier mal an.

    In meinem Fall sind als Eigentümer im Grundbuch eingetragen:

    A zu 1/2 Anteil
    B zu 1/2 Anteil (Belastet mit einem Nießbrauch für C)

    A ist gestorben und von C beerbt worden.

    C überträgt jetzt an B den 1/2 Anteil von A, damit B Alleineigentümer ist.
    Die Übertragung erfolgt unentgeltlich im Wege der vorweggenommenen Erbfolge.
    Die Voreintragung von C ist nicht beantragt.
    C lässt sich an dem nunmehr übergebenen 1/2 Anteil einen Nießbrauch eintragen.


    Die Formulierung lautet:
    "Der Veräußerer behält sich auf Lebenszeit einen Nießbrauch an dem vorbezeichneten Vertragsobjekt vor.
    ...
    Die Beteiligten bewilligen und beantragen, das vorstehende Nießbrauchrecht für den Veräußerer in das Grundbuch einzutragen mit dem Vermerk, dass zur Löschung des Rechts der Nachweis des Todes des Berechtigten genügt."


    I. Zuwendungsnießbrauch
    Gehe ich davon aus, dass der Eigentumswechsel zuerst eingetragen werden soll, dann trage ich ein:
    Nießbrauch zu einem Bruchteil von 1/2 MEA zugunsten des C

    II. Vorbehaltsnießbrauch
    Gehe ich davon aus, dass zuerst der Nießbrauch eingetragen werden soll und dann der Eigentumswechsel, dann trage ich ein:
    Nießbrauch auf dem ehemaligen 1/2 MEA (de facto als Eigentümernießbrauch) von C für C.

    Im Grunde geht es mir um die Voreintragung in diesem Fall.
    Soll ich jetzt die Voreintragung fordern und dann nach Punkt II eintragen?
    Oder kann ich davon ausgehen, dass es ein Zuwendungsnießbrauch ist und die Eintragung einfach nach Punkt I vollziehen?
    :gruebel:

    „Zwischen dem, was wir denken, was wir sagen wollen,was wir denken, zu sagen, was wir sagen, was wir hören wollen, was wir hören,was wir hören möchten, was wir denken, zu verstehen, und was wir wirklichverstehen, bestehen neun verschiedene Möglichkeiten, nicht verstanden zuwerden.“

  • Der Unterschied zwischen Vorbehalts- und Zuwendungsnießbrauch besteht doch aber darin, wem bei der Übergabe der Nießbrauch eingeräumt wird. Dem Übergeber oder einem Dritten. Ist aber unabhängig davon, wer die Eintragung bewilligt. Die Abgrenzung ist darüber hinaus auch nur eine steuerliche. Da Übergeber und Veräußerer bewilligen, steht einer Eintragung wie beantragt meiner Meinung nach nichts entgegen.

  • Aber mit welcher Formulierung?
    I oder II?

    Trage ich es auf dem ehemaligen 1/2 Anteil ein, dann brauche ich doch die Voreintragung.
    Soll ich einfach davon ausgehen, dass dann die Eintragung nach Punkt I gewünscht ist, weil die Voreintragung nicht gewollt ist?

    „Zwischen dem, was wir denken, was wir sagen wollen,was wir denken, zu sagen, was wir sagen, was wir hören wollen, was wir hören,was wir hören möchten, was wir denken, zu verstehen, und was wir wirklichverstehen, bestehen neun verschiedene Möglichkeiten, nicht verstanden zuwerden.“

  • Die Antragstellung bedingt wegen der fehlende Voreintragung des C zunächst die Eigentumsumschreibung auf B und danach die Eintragung des Nießbrauchs -> "... an einem Miteigentumsanteil zu 1/2 (bisheriger Anteil Abt. I/...)". Der Klammerzusatz wird wegen des sich daraus ergebenden fehlenden Rangverhältnisses zwischen den beiden Nießbrauchsrechten erforderlich sein (LG München I, Beschl. v. 7.4.2003 - 13 T 6461/03 = MittBayNot 2003, 492). Die Voreintragung des C und anschließende Eintragung des Nießbrauchs würde wegen der sich daran anschließenden Verschmelzung der beiden Anteile bei der Eigentumsaumschreibung auf B letztlich zum selben Ergebnis führen.

  • Die Antragstellung bedingt wegen der fehlende Voreintragung des C zunächst die Eigentumsumschreibung auf B und danach die Eintragung des Nießbrauchs ...

    Genau dieser Denkanstoß hat mir gefehlt, dass ich mich nicht so fühle, als ob ich beliebig mir eine Variante aussuchen kann und am Ende den Notar zur Voreintragung nötige, weil ich Vorbehaltsnießbrauch und Zuwendungsnießbrauch trenne.

    Danke

    „Zwischen dem, was wir denken, was wir sagen wollen,was wir denken, zu sagen, was wir sagen, was wir hören wollen, was wir hören,was wir hören möchten, was wir denken, zu verstehen, und was wir wirklichverstehen, bestehen neun verschiedene Möglichkeiten, nicht verstanden zuwerden.“

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