BGH, Beschluss vom 28. April 2011 - VZB 194/10 - zum Erwerb durch bestehende GbR

  • So rege ich bei allen Rechtspflegern, mit denen ich zu tun habe, an, wenn möglich vor Abfassung einer arbeits- und zeitaufwendigen Zwischenverfügung zum Telefon zu greifen und mich anzurufen - und selbstverständlich bin ich für Rechtspfleger jederzeit zu sprechen bzw. rufe zurück.



    Ist das so zwischen Grundbuchamt und Notariat nicht ohnehin meist ständige Übung? Eben schon aus arbeitsökonomischen Gründen.

    Die Entscheidung des BGH ist nunmehr in ZIP 2011, 1003 veröffentlicht.



    Sie schlägt allmählich Wellen: Legal Tribune



    Dass die GbR's und ihre anwaltlichen Vertreter "jubeln", war vorauszusehen, weil sie nur ergebnisbezogen denken und die Frage, ob sich dies alles mit dem geltenden Recht vereinbaren lässt, (fast) niemanden interessiert. Dazu passt dann auch vorzüglich, dass der anwaltliche Autor des Artikels in der "Legal Tribune" eine Entscheidung des OLG Celle zitiert, die in Wahrheit vom OLG Karlsruhe stammt. Aber weshalb als Autor auf den Inhalt achten, solange das "Ergebnis" stimmt ...

    Im übrigen: Auch derjenige, der ein "Machtwort" spricht, hat sich dabei an das geltende Recht zu halten. Die bloße Behauptung, dass es für die eigene Ansicht eine Rechtsgrundlage gebe, ist genauso wenig wert wie die bloße Behauptung der angeblichen Gesellschafter, dass sie angeblich die einzigen Gesellschafter einer angeblich existierenden GbR sind.

  • Da ich schon immer der Meinung war, dass eine bestehende BGB GEsellschaft Grundbesitz erwerben kann ( mit eidestattl. Versicherung) ; und ich jetzt auch kein Problem mit der Entscheidung des BGH habe - würde es mich interessieren, ob die anderen Grundbuchrechtler sich jetzt dem BGH angeschlossen haben oder weiter die strenge Meinung von manchen OLGs vertreten. Wie sieht es aus ?:)

  • Ich weiß es nicht. Ich hatte seitdem noch keine Eigentumsumschreibung auf eine GbR. Wahrscheinlich telefoniere ich dann mit dem OLG, wo die jetzt stehen, weil ich eigentlich auch keine Beschlüsse als Beschäftigungstherapie brauche (hoffe ich wenigstens). Aber nachdem ist die Begründung des BGH auch nach nun längerer Nachdenkphase immer noch ziemlich abseitig finde, täte ich mich schon schwer, die erwerbende GbR im Ergebnis im Verfahren nach § 19 GBO als Eigentümerin einzutragen.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Juristisch betrachtet sehe ich es nach wie vor so wie München, Köln, Hamm und Cromwell.

    Insofern ist mir aber auch nach wie vor ein Rätsel, weswegen noch kein Obergericht mit der strengen Haltung die Verfahren ausgesetzt und dem Verfassungsgericht vorgelegt hat.
    In meinen Augen ist es ein Unding, wenn der Gesetzgeber die Teilrechtsfähigkeit beschließt, aber dies durch Verweigerung der Schaffung geeigneten Verfahrensrechtes verweigert.

    Ob ich mich in meiner Sachbehandlung irgendwann doch anpasse und wie der BGH vom Gesetz abweiche, weil ich keinen Bock habe auf Dauer für den Papierkorb zu arbeiten, überlege ich mir noch in den kommenden Monaten bzw. im Zuge der nach und nach auf den Tisch kommenden Akten.
    Bislang sehe ich mich jedenfalls auch nicht dadurch aus der persönlichen Haftung befreit, nur weil der BGH meint, ein Gesetz sei für eine spezielle Personengruppe nicht so wichtig. Meine OLG-Verwaltung hat bislang jedensfalls nur die strenge Haltung im Bezirk bekannt gemacht.

  • Ich war schon bislang nicht Anhänger der nihilistischen GbR-Grundbuch-Theorien und freue mich deshalb über die BGH-Entscheidung.

    Im Übrigen halte ich es für abenteuerlich, als Grundbuchrechtspfleger konträr dem BGH zu arbeiten.

  • Ich habe auch noch nie davon gehört, dass eine Amtshaftung wegen Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit droht, wenn man der höchstrichterlichen Rechtsprechung folgt... :confused:

  • Es war ja auch schon abenteuerlich, dass der BGH den Zirkus mit einer Entscheidung contra legem begann, so gesehen wurde mich ein Abenteuer contra BGH nicht mehr schrecken (auch wenn ich das jetzt nicht unbedingt brauche, um mich selbst zu verwirklichen).

    Die Argumentation mit der drohenden oder nicht drohenden Amtshaftung sollte allerdings für uns nicht gerade der Entscheidungsmaßstab sein, finde ich.

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  • Die Argumentation mit der drohenden oder nicht drohenden Amtshaftung sollte allerdings für uns nicht gerade der Entscheidungsmaßstab sein, finde ich.



    Nein, aber ich finde, es kann nicht völlig falsch sein, wenn man einer BGH-Entscheidung folgt; auch wenn mir eine Entscheidung kurios oder abwegig erscheint, es ist ja nicht irgendein Gericht, das da entschieden hat.

  • Wir hatten uns kurz vor der Entscheidung hier geeinigt, dass wir der strengen Linie folgen aber falls der BGH abweichend entscheiden sollte, dann der BGH-Linie folgen werden. An dieses Übereinkommen mit den Kollegen werde ich mich halten, obwohl auch mich die Entscheidung nicht überzeugt.

    Ich muss auf der anderen Seite aber auch nicht den Kampf gegen Windmühlen aufnehmen und unser OLG war schon vor der Entscheidung der Auffassung, dass der strengen Linie nicht zu folgen sei.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Die Argumentation mit der drohenden oder nicht drohenden Amtshaftung sollte allerdings für uns nicht gerade der Entscheidungsmaßstab sein, finde ich.


    Es ist für diejenigen, die ihre Arbeit an Kulanz, schlankem Arbeitsstil und ähnlichen Kategorien ausrichten, aber ein Thema, das nicht von der Hand zu weisen ist. Potential für Regressfälle ist bei diesen kleinbürgerlichen, halb verarmten Familien-GbRs, in denen Streit ja auch nie (und schon gar nicht wenn Erbfälle auftreten) vorkommen kann, ja nun wirklich nicht undenkbar. Dies gilt zumindest für die Fälle, die bislang vom GBH unentschieden sind, für die aber nun ebenfalls munter versucht wird, herumzumediatisieren.
    Wobei diese Verwaltungsmitteilungen natürlich ohnehin erstaunlich sind. Wenn man vom Amtsgericht aus über den Verwaltungsweg den Obergerichten mitteilen lassen würde, was für Gesetze und Rechtsprechung es so gibt, die man gelegentlich vielleicht mal beachten sollte, wär der Bock aber ganz schön fett.

  • Das ist schon klar. Ich hatte allerdings letztens erst wieder eine Diskussion, wie gehalt- oder sinnvoll dieses Forum sei, und da kam auch das Argument, es komme ja ohnehin nie zu einem Regress gegen einen Rechtspfleger. Und das halte ich für eine völlig falsche Herangehensweise (aber vielleicht war das auch nur die Vorstufe zur Abschaffung der Kommentare etc.).

    Dass die nicht mögliche Amtshaftung ein Entscheidungskriterium sein kann, finde ich völlig in Ordnung. Aber wenn sie das Entscheidungskriterium wird, finde ich, läuft etwas grundfalsch.

    Abgesehen davon, dass es im vorliegenden Falle aufgrund der divergierenden OLG-Rechtsprechung und Aufsätze des BGH gar nicht mehr bedurft hätte, um einen Regress auszuschließen.

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  • Dass die nicht mögliche Amtshaftung ein Entscheidungskriterium sein kann, finde ich völlig in Ordnung. Aber wenn sie das Entscheidungskriterium wird, finde ich, läuft etwas grundfalsch.


    Deswegen läuft eine Personalpolitik, die solche Prozesse fördert, ja auch grundsätzlich falsch. Aber das nur am Rande.

  • Das OLG Zweibrücken hat sich am 30.05.2011 - 3 W 91/10 - dem BGH angeschlossen. Vgl. dazu u.a. hier.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
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  • Stellungnahme zu BGH, Beschluss vom 28.04.2011, Az. V ZB 194/10:

    Meine Stellungnahme zur BGH-Entscheidung liegt nun vor.

    Sie kann angefordert werden unter

    cromwell.forum@web.de

    Diese Mailadresse ist eigens und nur zum Zweck des Abrufs der Stellungnahme eingerichtet worden.

    Ich hoffe auf eine rege Diskussion - zweckmäßigerweise im vorliegenden Thread.

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