Anhörung bei Bestellung Ergänzungspfleger

  • Wie handhabt ihr es, wenn Akten von der STA kommen zur Bestellung eines Ergpflegers zwecks Zeugnisverweigerungsrecht der Kinder (zB bei Kindesmisshandlung durch die Eltern). Hört ihr die Eltern vorher an? Meistens ist in den Akten ein Vermerk, dass diese unterbleiben soll, damit die Ermittlungen nicht gefährdet werden. Bisher haben wir das JA bestellt und den Beschluss dann an die Eltern zugestellt. Unser OLG hat uns aber aufgehoben. Wenn ich die beschuldigten Eltern aber im Vorfeld lade, wissen die doch bereits über die Ermittlungen Bescheid.

    Ich steh da irgendwie auf dem Schlauch.

  • Unser OLG hat uns aber aufgehoben.

    Mal interessehalber: Wie war denn Eure Begründung, warum die Eltern nicht angehört wurden und was waren die Gründe des OLG, Euch aufzuheben?

    P.S.: Bei mir scheitern die meisten Bestellungen ohnehin daran, dass von der StA (oder dem Richter, der das Kind vernehmen soll) nicht ordentlich ermittelt wurde, ob das Kind überhaupt aussagebereit ist und auch nicht geprüft wurde, dass es nicht die notwendige Verstandesreife besitzt.

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • Eben drum bedarf es der Anhörung der ges. Vertreter. Die können doch mit Fug und Recht darauf verweisen, dass genügende Verstandesreife und Aussagebereitschaft vorhanden seien.

    Sind diese nicht gegeben, höre ich dennoch an. Das mag zwar Formulismus sein, aber ich bin nicht der liebe Gott und kann diese Frage aus der Akte regelmäßig nicht entscheiden.

  • Ich höre auch an und sehe das so wie Gänseblümchen. Und es ist ja auch nicht Aufgabe des Familiengerichts die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Preis zu geben. Schließlich soll nur ermittelt werden, ob ein Ergänzungspfleger notwenig ist oder nicht. Und das FamFG schreibt nunmehr die Anhörung von Kind und Eltern vor...

  • samira, könntest du die OLG-Entscheidung bitte einstellen!
    Unsere StA versteht leider auch nicht, warum wir, insbesondere bei Anordnung einer Ergänzungspflegschaft erst nach Vertretungsmachtentzug, weil kein gesetzl. Vertretungsausschluss besteht, anhören bzw. eine Begründung fordern, warum nicht angehört werden soll.

  • Hilfeee ... habe gerade wieder eine Eilakte bekommen und das gleiche Problem. STA hat nur ganz allgemein einen Antrag auf Bestellung eines Ergänzungspflegers gestellt und Antrag, das Kind richterlich zu vernehmen. Es ist 13 Jahre, nach der Wertung des JA älter und reifer wirkend. Der Ermittlungsrichter hat ebenfalls in die Akte formuliert, es möge ein Ergänzungspfleger wegen § 52 II S. 2 StPO, 1693, 1629 II bestellt werden. Zur Aussagebereitschaft des Kindes ist nichts gesagt. (vgl. OLG Stuttgart)
    Ebenso nicht zur Frage der Verstandesreife. Die scheint mir nicht zu fehlen, aber nach der Rechtsprechung trifft die Entscheidung die Ermittlungsperson. Kann/muss ich das dann so hinnehmen ? Beschuldigt sind hier beide Eltern.

  • So sehe ich das.

    Den Schmarren, die Eltern könnten gewarnt werden durch die Anhörung, kann man sowieso vergessen. Schau mal in die rote Akte der StA, da sind schon Anhörungsprotokolle, zumindest aber Vorladungen zur Befragung drin.

  • Zu prüfen hast du die Voraussetzungen selber (von Amts wegen). Ist der Vortrag zu dünn, musst du eben nachhaken.

    Das OLG Bremen (vgl. #5) sieht dies z. B. allerdings anders:

    "Da die Bestellung eines Ergänzungspflegers einen Eingriff in das Elternrecht des sorgeberechtigten Elternteils bedeutet, darf sie nur erfolgen, wenn sie geboten ist. Sie ist grds. nicht geboten, solange seitens der die Zeugenvernehmung beabsichtigenden Person bzw. Stelle, hier der Staatsanwaltschaft, nicht das Vorliegen der genannten Voraussetzungen geprüft und festgestellt worden ist [...]"

    Da ich mich dieser Auffassung grundsätzlich anschließe, würde ich die Akte erstmal zurückschreiben.

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    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • Das OLG Bremen überlässt offensichtlich die Beurteilung, ob ein EPfleger notwendig ist oder nicht, der StA. Ich dachte bisher, dafür wäre das Familiengericht zuständig.
    Ich schlage vor, dass die StA dann auch der Einfachheit halber den EPfleger aussucht, bestellt und verpflichtet. Kleine Änderungen im Gesetz sind doch schnell vorgenommen.

  • Das OLG Bremen überlässt offensichtlich die Beurteilung, ob ein EPfleger notwendig ist oder nicht, der StA. Ich dachte bisher, dafür wäre das Familiengericht zuständig.
    Ich schlage vor, dass die StA dann auch der Einfachheit halber den EPfleger aussucht, bestellt und verpflichtet. Kleine Änderungen im Gesetz sind doch schnell vorgenommen.

    Eine Zuständigkeitsübertragung mag vielleicht angebracht sein, aber vor dem Familiengericht kommt nunmal der § 52 II StPO, und der ist nach Ansicht des OLG Bremen zunächst vom Staatsanwalt oder dem Vernehmungsrichter zu prüfen.

    BTW: Bei den polizeilichen Vernehmungen der Kinder scheint ja auch nie ein Ergänzungspfleger notwendig zu sein, wenn ich die Strafakten so lese... :gruebel: (habe aber die Vorschriften insoweit noch nicht in der gebotenen Tiefe geprüft)

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    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • Guten Morgen - und danke bis hierher - bin so froh, dass man in diesem Forum nie allein gelassen wird...

    Ich habe die betreffenden Entscheidungen gelesen. Dabei stellt sich für noch folgende Frage: Wenn die STA und der Ermittlungsrichter die Akte mit dem Antrag auf Bestellung eines Ergänzungspflegers herreichen, haben beide das Kind noch nicht gesehen. Wie sollen sie denn feststellen, ob Aussagebereitschaft besteht oder die erforderliche Verstandesreife besteht.

  • Die Bestellung des Ergänzungspflegers kommt doch nur in Betracht, wenn das Kind nicht die erforderliche Verstandsreife hat und aussagebereit ist.

    Grundsätzlich sollte das ja prüfen, wer den Antrag stellt. Aber wie ist es denn: Grundsätzlich sollten die gesetzlichen Vertreter auch prüfen, ob es im Interesse des Kindes ist, eine Erbschaft auszuschlagen. Und wie ist es in der Praxis: Die wenigsten machen das, also muss es das Familiengericht im Rahmen seiner Ermittlungen machen.

    Und letztlich macht es ja wenig Sinn, diese Prüfungen die StA machen zu lassen, wenn am Ende das Familiengericht darüber entscheidet. Es bleibt einem wohl nichts übrig: 1. mit der Strafakte beschäftigen 2. minderjähriges Kind persönlich anhören 3. Entscheidung, ob ein Ergänzungspfleger bestellt wird, und wer es ist.

  • Guten Morgen - und danke bis hierher - bin so froh, dass man in diesem Forum nie allein gelassen wird... Ich habe die betreffenden Entscheidungen gelesen. Dabei stellt sich für noch folgende Frage: Wenn die STA und der Ermittlungsrichter die Akte mit dem Antrag auf Bestellung eines Ergänzungspflegers herreichen, haben beide das Kind noch nicht gesehen. Wie sollen sie denn feststellen, ob Aussagebereitschaft besteht oder die erforderliche Verstandesreife besteht.


    Richtige Vorgehensweise m. E.:

    1. Kind ist vom StA oder dem vernehmenden Richter vorzuladen.

    2. StA/Richter macht sich im Termin ein Bild vom Kind und stellt fest, ob es aussagebereit ist und die nötige Verstandesreife hat.
    2.1. Wenn beides ja: Vernehmung des Kindes.
    2.2. Wenn ersteres nein: Ende, Fortführung des Verfahrens ohne Aussage des Kindes.
    2.3. Wenn ersteres ja und letzeres nein: Dann (und NUR dann) Vorlage an Familiengericht. Sodann der übliche Sums mit Anhörungen pp. nach FamFG.

    Aus den hier diskutierten Entscheidungen ist ja zu entnehmen, dass eine doppelte Vernehmung des Kindes hinzunehmen ist (einzige Ausnahme evtl. (darüber wurde aber nicht entschieden) bei Verdacht des sex. Mißbrauchs).

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    Einmal editiert, zuletzt von Noatalba (15. Juli 2013 um 12:41) aus folgendem Grund: Klarstellung.

  • Ich habe gerade auch so einen Fall vorliegen.

    Es geht um sexuellen Missbrauch durch den Vater. Betroffen sind 5 Kinder im Alter von 6, 8, 9, 11 und 13 Jahren.

    Das Ermittlungsverfahren ist schon voll im Gange und bis auf das 6-jährige Kind wurden auch schon alle Kinder verhört (das 8-jährige Kind mit Zustimmung der Mutter, die gemeinsam mit dem Vater die elterl. Sorge hat :eek:).

    Jetzt ist da mal irgendwem die Idee gekommen, dass ja evtl. ein Ergänzungspfleger bestellt werden müsste :daumenrau

    Die StA hat einen Antrag zur Bestellung eines Erg.pfl. für alle 5 Kinder beantragt.

    Auf meine Nachfrage zur Verstandesreife kommt nur die Antwort, dass aufgrund des Alters der Kinder daran zumindest Zweifel bestehen und zur endgültigen Klärung der Verstandesreife der Erg.pfl. notwendig ist, da die Eltern sonst die Befragung insgesamt verhindern könnten. :gruebel:

    Wie sehen solche Anträge bei euch aus? Der Staatsanwalt muss doch begründet für jedes Kind darlegen, warum die Verstandesreife nicht gegeben ist, oder? Hier wurden ja 4 der Kinder sogar schon befragt und haben teilweise seitenlang ausgesagt. Da kann ja jetzt nicht nachträglich einfach mal pauschal für alle Kinder ein Ergänzungspfleger bestellt werden?!

  • Hilft Dir z.B. das weiter?

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Tja, da haben wir mal wieder den Salat...

    Irgendjemand scheint ja - außer betreffend das 6-jährige Kind - schon beurteilt zu haben, dass die Kinder zwischen 8 und 13 Jahren die notwendige Verstandesreife besitzen und hat diese verhört bzw. aussagen lassen.
    Die StA geht fehl in ihrer Annahme, dass der Ergänzungspfleger dazu da ist zu beurteilen, ob die Kinder die notwendige Verstandesreife besitzen oder nicht. Dies ist VORAUSSETZUNG für seine Bestellung - wenn es hier, so nehme ich an, um die Frage der Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts geht.

    Das OLG Hamm hat vor gar nicht allzu langer Zeit eine Entscheidung erlassen, die an Klarheit nichts zu wünschen übrig lässt (Beschl. v. 08.02.2013, Az. 3 WF 176/12 - hier ging es übrigens auch um den Vorwurf des sex. Missbrauchs -):

    "[...]Nach § 52 Abs. 2 S. 1 uns 2 StPO bedarf es der Bestellung eines Ergänzungspflegers aber nur dann, wenn das [...] Kind überhaupt zur Aussage bereit ist, ihm aber die notwendige Verstandesreife [...] fehlt, und sich das Ermittlungsverfahren [...] gegen einen der beiden sorgeberechtigten Elternteile richtet.

    [...]Dabei obliegt die Prüfung sowohl der Frage der Aussagebereitschaft wie auch der fehlenden Verstandesreife nicht dem Familiengericht, sondern ist von den betreffenden bzw. in Aussicht genommenen Vernehmungspersonen (Polizei, Staatsanwaltschaft, Ermittlungsrichter, etc.) vorzunehmen [...]."

    Also Akte zurück an die StA zwecks weiterer Ermittlungen/Sachvortrags.

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    (Gotthold Ephraim Lessing)

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