weiterer Wahlverteidiger und Dolmetscherauslagen

  • Hallo,

    ich habe hier eine Strafakte, wo dem Besch. ein Pflichtverteidiger (Herbst 2010) nebst einem Dolmetscher beigeordnet wurden.

    Im Frühjahr 2011 (vor Anklageerhebung) bestellt sich ein weiterer Wahlverteidiger und reicht gleichzeitig eine Kostenrechnung eines Dolmetschers ein und bittet um Erstattung. Es wird gleichzeitig um Pflichtverteidigerbestellung gebeten. 3 Wochen später wird Mandatsniederlage angezeigt. Nach Anklageerhebung meldet sich der RA wieder und bittet erneut um Erstattung seiner Kosten. Eine Bestellung als Pflichtverteidiger ist bisher nicht erfolgt.

    Ich bin jetzt über den Beschluss des AG Rosenheim (26.01.2011, 8 Ds 280 Js 22311/10, juris) gestolpert, der die Erstattung der Dolmetscherauslagen für ein Anbahnungsgespräch unter bestimmten Voraussetzungen verneint. Dagegen wurde wohl Beschwerde eingelegt und die Sache dem LG Traunstein vorgelegt (B. v. 03.03.2011).

    Weiß vielleicht jemand, was daraus geworden ist? Würdet ihr hier ohne Probleme auszahlen?

    LG Grottenolm (Strafsachen mache ich noch nicht so lange :cool:)

    Don't turn your back, don't look away and don't blink! Dr. Who

  • Wieso sollte die Staatskasse dem Wahlverteidiger irgendwas erstatten, wenn der Beschuldigte doch schon einen Pflichtverteidiger nebst Dolmetscher beigeordnet bekommen hat? Das war dann ja wohl nicht notwendig, sondern dürfte eher in den Bereich "Privatvergnügen" des Beschuldigten fallen und deshalb auch von diesem zu zahlen sein. Wär ja noch schöner, wenn die Staatskasse neben dem Pflichtverteidiger auch noch dem Wahlverteidiger (bzw dessen Dolmetscher) was zu zahlen hat!

  • Einiges OLG sehen das wohl anders. Und das kann man auch wohl anders sehen. Jedenfalls trägt die o.a. Argumentation "wo kommen wir da denn hin?" die Ablehnung wohl nicht. :(

    Einmal editiert, zuletzt von Detlef Burhoff (18. September 2011 um 09:40) aus folgendem Grund: Schreibfehler

  • Das Problem ist, dass nach dem MRK und dem Bundesverfassungsgericht diese Kosten durch die Staatskasse grundsätzlich zu tragen sind. Das AG Rosenheim hat sich z.B. dagegen entschieden (mit einer für mich nachvollziehbaren Begründung).

    Wenn der Mensch keinen Pflichtverteidiger hätte, dann würde ich mir auch keine Gedanken machen und auszahlen. Aber bei mir gab es zu dem Entstehungszeitpunkt der Auslagen bereits 2 Pflichtverteidiger und da bin ich doch etwas "pro Staatskasse".

    Ich habe jetzt erstmal mit Hinweis auf die Rosenheimer Entscheidung den RA angeschrieben. Mal sehen, ob er den Antrag zurück nimmt. Wenn nicht, lege ich die Sache dem Bez.-Rev. zur Stellungnahme vor.

    LG Grottenolm (warum habe ich das Gefühl, dass die komischen Akten immer bei mir landen :gruebel:)

    Don't turn your back, don't look away and don't blink! Dr. Who

  • Warum denn nun gerade AG Rosenheim, wenn es auch einige OLG`s gibt, die die Frage anders entscheiden. Sollte man auf die nicht auch zumindest hinweisen?
    :)
    Die RSV machen es ähnlich. Die weisen auch häufig nur auf ein Urteil hin, das für sie günstig ist, "übersehen" dabei gelegentlich eine ganze Reihe anderer, die die Frage anders = gegen die RSV entschieden haben.:):):)

  • Einiges OLG sehen das wohl anders. Und das kann man auch wohl anders sehen. Jedenfalls trägt die o.a. Argumentation "wo kommen wir da denn hin?" die Ablehnung wohl nicht. :(

    Das Argument ist ja auch nicht "wo kommen wir da denn hin?", sondern "Der hat schon einen Pflichtverteidiger nebst Dolmetscher, deshalb ist die Verteidigung gewährleistet, so dass Kosten für einen weiteren Wahlverteidiger nebst Dolmetscher nicht notwendig und daher auch nicht von der Staatskasse zu erstatten sind." Ich muss gestehen, dass mir kein sinnvoller Grund einfällt, warum die Staatskasse da noch weitere Kosten übernehmen sollte. Der BezRev wird das sicherlich auch so sehen.....

  • Das Argument, der Beschuldigte hat einen Pflichtverteidiger, hinkt. Denn kann er neuerdings sogar noch wechseln, wenn er ihn selbst ausgesucht hat. Oder irre ich da. Umso mehr muss das gelten, wenn er einen Pflichtverteidiger zugewiesen bekommen hat.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Das Argument, der Beschuldigte hat einen Pflichtverteidiger, hinkt. Denn kann er neuerdings sogar noch wechseln, wenn er ihn selbst ausgesucht hat. Oder irre ich da. Umso mehr muss das gelten, wenn er einen Pflichtverteidiger zugewiesen bekommen hat.

    Da hab ich grundsätzlich nix gegen, aber der neue ausgewählte RA muss dann halt auch als Pflichtverteidiger beigeordnet werden und, sofern der Richter kostensparend mitdenkt, sich die bei dem ersten Pflichtverteidiger bereits angefallenen Gebühren anrechnen lassen. Wenn die Verteidigung schon von der Allgemeinheit bezahlt wird, sollte man da auch etwas auf die Kosten achten - natürlich nur, soweit die Verteidigung nicht beeinträchtigt wird.

  • zahlt wirklich die Allgemeinheit, oder zahlt nicht der Angeklagte über die Kosten des Verfahrens den Pflichtverteidiger selbst?

    Im Übrigen entscheidet - zum Glück - nicht der Bezirksrevisor, was "notwendig" ist, sondern AG/LG/OLG, die sich aber leider m.E. viel zu häufig ohen erkennbare eigene Prüfung dessen Stellungnahme anschließen.

    Und: Es gibt m.E. immer wieder gute Gründe, warum ein Pflichtverteidiger asgewechselt werden muss/sollte. Ihm dann die Gebühren anzruechnen, die der Vorgänger erhalten hat, halte ich dann für bedenklich, wenn die Auswechselung in der Person des ersten Pflichtverteidigers liegen.

    Aber das sehen die Hüter der Staatskasse (natürlich) anders.

  • Das Argument, der Beschuldigte hat einen Pflichtverteidiger, hinkt. Denn kann er neuerdings sogar noch wechseln, wenn er ihn selbst ausgesucht hat. Oder irre ich da. Umso mehr muss das gelten, wenn er einen Pflichtverteidiger zugewiesen bekommen hat.

    Aussuchen kann er ihn sich vor der Bestellung, Wechseln geht nur aus wichtigem Grund oder er muss die Mehrkosten die aufgrund des Wechsels anfallen, selbst tragen.

    zahlt wirklich die Allgemeinheit, oder zahlt nicht der Angeklagte über die Kosten des Verfahrens den Pflichtverteidiger selbst?

    Das stimmt ja nun wirklich nur sehr theoretisch! In Fällen der notwendigen Verteidigung werden i. d. R. die Kosten nicht angesetzt oder später durch die Kasse niedergeschlagen. Bei Jugendlichen ist § 74 JGG der absolute Regelfall.

    Kann ich nur zustimmen! Ich hatte bis jetzt genau 1 (i.B. eine) Akte, in der dem Heranwachsenden bei Verurteilung die Kosten auferlegt wurden - ansonsten immer "Von der Auferlegung der Kosten d. Verf. wird abgesehen..."
    Bei den Erwachsenen dürfte die Quote derjenigen, die tatsächlich zahlen, wohl nicht mehr als 50% betragen.

    Die Wahrheit geht manchmal unter, aber sie ertrinkt nicht.
    (Ungarisches Sprichwort)

  • Aussuchen kann er ihn sich vor der Bestellung, Wechseln geht nur aus wichtigem Grund oder er muss die Mehrkosten die aufgrund des Wechsels anfallen, selbst tragen.

    Na da ist die neuste Entwicklung aber gründlich an Dir vorbei gegangen. Wer kurz nach der Verhaftung einen Pflichtverteidiger wählt, kann sich neuerdings später noch umentscheiden. Zumal nicht jeder Pflichtverteidiger ausgewählt wird.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • zahlt wirklich die Allgemeinheit, oder zahlt nicht der Angeklagte über die Kosten des Verfahrens den Pflichtverteidiger selbst?

    Das stimmt ja nun wirklich nur sehr theoretisch! In Fällen der notwendigen Verteidigung werden i. d. R. die Kosten nicht angesetzt oder später durch die Kasse niedergeschlagen. Bei Jugendlichen ist § 74 JGG der absolute Regelfall.

    Hier am LG haben die Verurteilten natürlich regelmäßig die Kosten und Auslagen des Verfahrens zu tragen - zumindest nach dem Kostenausspruch. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass man vom Drogenkurier mit seinen Kokskondomen im Bauch, der am Frankfurter Flughafen rausgezogen wurde, tatsächlich Geld bekommt, ist wohl eher gering. Falls die nicht zufällig ihre Bezahlung für den Kurierdienst dabei haben, haben die i.d.R. kein Geld - also bezahlts die Allgemeinheit. Das gleiche gilt für die Masse der hier Verurteilten: wer kein Geld hat, zahlt auch keine Kosten - und das sind leider die Meisten.

  • Aussuchen kann er ihn sich vor der Bestellung, Wechseln geht nur aus wichtigem Grund oder er muss die Mehrkosten die aufgrund des Wechsels anfallen, selbst tragen.

    Na da ist die neuste Entwicklung aber gründlich an Dir vorbei gegangen. Wer kurz nach der Verhaftung einen Pflichtverteidiger wählt, kann sich neuerdings später noch umentscheiden. Zumal nicht jeder Pflichtverteidiger ausgewählt wird.

    Hast Du zufällig eine Entscheidung parat? Ich kenne bisher nur die "alten" und hab auch noch nichts Gegenteiliges gefunden. Da ich hier quasi "Alleinstreiter" bin, bin ich für jede Hilfe von "außen" dankbar :) (und lasse mich auch mal belehren :oops:)

    Die Wahrheit geht manchmal unter, aber sie ertrinkt nicht.
    (Ungarisches Sprichwort)

  • Hallo, schauen Sie mal bei mir auf der HP. Da stehen bei den "weiteren Entscheidungen" einige: OLG Düsseldorf und OLG Koblenz. Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen auch gern "privat" welche schicken :)

  • Hallo, schauen Sie mal bei mir auf der HP. Da stehen bei den "weiteren Entscheidungen" einige: OLG Düsseldorf und OLG Koblenz. Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen auch gern "privat" welche schicken :)

    Danke!
    Werde bei Gelegenheit mal nachschauen und falls ich nicht fündig werde, komme ich auf das Angebot zurück ;)

    Die Wahrheit geht manchmal unter, aber sie ertrinkt nicht.
    (Ungarisches Sprichwort)

  • Habe jetzt mal die Entscheidungen gesucht und konnte nur welche finden, wonach der Pflichtverteidger dann zu entpflichten ist, wenn er ohne Mitwirkung des (inhaftierten) Beschuldigten bestellt wurde und dieser danach einen anderen Verteidiger benennt :nixweiss:.
    Eine Entscheidung, wonach der Betroffene einen selbst gewählten und dann bestellten Pflichtverteidiger ohne besonderen Grund auswechseln lassen kann habe ich nicht gefunden (vielleicht bin ich auch zu doof zum Suchen...)
    @ D. Burhoff: Ich komme also auf das Angebot zurück und würde mich über eine PN freuen :)

    Die Wahrheit geht manchmal unter, aber sie ertrinkt nicht.
    (Ungarisches Sprichwort)

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!