Insolvenzvermerk auf dem Vollstreckungstitel

  • Hallo,

    ich habe hier in einem Verbraucherinsolvenzverfahren einen Treuhänder, der die Aushändigung unserer Vollstreckungstitel fordert um diese durch einen gerichtlichen Insolvenzvermerk versehen zu lassen.
    Nun hatte ich sicher bereits über 100 dieser Kleinverfahren in der Abwicklung, aber davon habe ich noch nie etwas gehört. Gibt es hierfür eine rechtliche Grundlage?

    Danke für Eure Infos!

    Grüße

    rotweiß

  • Es gibt nur ein Urteil des Bundesgerichtshofs, dass die Vorlage des Originaltitels nicht notwendig ist.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Wem von Euch Beiden darf ich nun Glauben schenken? :D

    Gegs: Hättest Du evtl. genauere Angaben zu dem Urteil?

    Queen: So wie ich das verstehe, ist auf dem Titel legidlich zu vermerken, dass die titulierte Forderung festgestellt wurde, oder?

  • Die Feststellung der titulierten Forderung zur Insolvenztabelle setzt die Vorlage des Originaltitels weder im Prüfungstermin noch im Feststellungsrechtsstreit voraus.

    BGH, Urt. v. 01.12.2005 - IX ZR 95/04

  • Der Orignaltitel ist für die Feststellung des Anspruchs, siehe oben, nicht erforderlich.

    Allerdings kann es passieren, dass nach Abschluss des Verfahrens durch das Insolvenzgericht keinen vollstreckbaren Tabellenblattauszug gibt, wenn nicht vorher der Festsellungsvermerk auf dem Alttitel angebracht ist.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Hier müssen zwei Dinge entschieden werden:

    a) Feststellung durch den Treuhänder erfordert keine Titelvorlage
    b) Will der Gläubiger einen vollstreckbaren Auszug aus der Tabelle, dann ist der Titel beim Insolvenzgericht vorzulegen, damit er insoweit ungültig gemacht werden kann.

  • Zu BGH IX ZR 95/04: Das genannte Urteil, das auf jeder Forderungsanmeldung von Inkassounternehmen prangt, ist allerdings auch eines der am wenigsten verstandenen Urteile, denn:

    Entschieden wurde über den Fall, dass eine Treuhänderin ausschließlich deswegen bestritten hatte, weil der Titel nicht im Original vorgelegt wurde. Die Forderung war im Übrigen unstrittig und wäre auch untituliert nicht verjährt gewesen.

    Worauf die meisten nicht achten ist Rz. 9 der Entscheidung: Nach § 174 Abs. 1 Satz 2 InsO sollen bei der schriftlichen Anmeldung die Urkunden, aus denen sich die Forderung ergibt, "in Abdruck" beigefügt wer-den. Dies soll dem Insolvenzverwalter und den übrigen Insolvenzgläubigern, die nach § 178 Abs. 1 InsO der Feststellung der Forderung zur Tabelle widerspre-chen können, eine Prüfung ermöglichen. Die Vorlage von Originalen verlangt das Gesetz in diesem Verfahrensstadium nicht. Selbst wenn der Anmeldung gar keine Belege beigefügt werden, berührt dies ihre Wirksamkeit nicht. Der Gläubiger muss bei einem solchen Vorgehen nur damit rechnen, dass der In-solvenzverwalter oder andere Insolvenzgläubiger die Forderung bestreiten (vgl. MünchKomm-InsO/Nowak, § 174 Rn. 23; Braun/Kießner, InsO 2. Aufl. § 174 Rn. 21 f; Smid, InsO 2. Aufl. § 174 Rn. 8 f; Kübler/Prütting/Pape, InsO § 174 Rn. 28; Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 174 Rn. 20, Nerlich/Römermann/Becker, InsO § 174 Rn. 16 f).

    Insbesondere die Stelle im MüKo ist sehr erhellend. Natürlich: Ist eine Forderung klar, brauche ich nicht zu bestreiten, ob Titel vorliegt oder nicht. Bestreite ich eine Forderung, die nur mit einer Titelkopie belegt ist, muss nicht ich als TH/IV mein Bestreiten verfolgen, sondern der Gläubiger muss Feststellungsklage erheben. Auch kommt eine so bestrittene Forderung nicht ins Schlussverzeichnis. Eine Forderung ist nur dann als tituliert zu behandeln, wenn der Originaltitel vorliegt. Spätestens im Rechtstreit über die Feststellung müsste der Gläubiger das Original ohnehin vorlegen.

  • Zu BGH IX ZR 95/04: Das genannte Urteil, das auf jeder Forderungsanmeldung von Inkassounternehmen prangt, ist allerdings auch eines der am wenigsten verstandenen Urteile, denn:

    Entschieden wurde über den Fall, dass eine Treuhänderin ausschließlich deswegen bestritten hatte, weil der Titel nicht im Original vorgelegt wurde. Die Forderung war im Übrigen unstrittig und wäre auch untituliert nicht verjährt gewesen.

    Worauf die meisten nicht achten ist Rz. 9 der Entscheidung: Nach § 174 Abs. 1 Satz 2 InsO sollen bei der schriftlichen Anmeldung die Urkunden, aus denen sich die Forderung ergibt, "in Abdruck" beigefügt wer-den. Dies soll dem Insolvenzverwalter und den übrigen Insolvenzgläubigern, die nach § 178 Abs. 1 InsO der Feststellung der Forderung zur Tabelle widerspre-chen können, eine Prüfung ermöglichen. Die Vorlage von Originalen verlangt das Gesetz in diesem Verfahrensstadium nicht. Selbst wenn der Anmeldung gar keine Belege beigefügt werden, berührt dies ihre Wirksamkeit nicht. Der Gläubiger muss bei einem solchen Vorgehen nur damit rechnen, dass der In-solvenzverwalter oder andere Insolvenzgläubiger die Forderung bestreiten (vgl. MünchKomm-InsO/Nowak, § 174 Rn. 23; Braun/Kießner, InsO 2. Aufl. § 174 Rn. 21 f; Smid, InsO 2. Aufl. § 174 Rn. 8 f; Kübler/Prütting/Pape, InsO § 174 Rn. 28; Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 174 Rn. 20, Nerlich/Römermann/Becker, InsO § 174 Rn. 16 f).

    Insbesondere die Stelle im MüKo ist sehr erhellend. Natürlich: Ist eine Forderung klar, brauche ich nicht zu bestreiten, ob Titel vorliegt oder nicht. Bestreite ich eine Forderung, die nur mit einer Titelkopie belegt ist, muss nicht ich als TH/IV mein Bestreiten verfolgen, sondern der Gläubiger muss Feststellungsklage erheben. Auch kommt eine so bestrittene Forderung nicht ins Schlussverzeichnis. Eine Forderung ist nur dann als tituliert zu behandeln, wenn der Originaltitel vorliegt. Spätestens im Rechtstreit über die Feststellung müsste der Gläubiger das Original ohnehin vorlegen.

    *Lol* hatte das gestern noch mit einer Kollegin darüber: hieß es früher immer, Betriebswirte können nicht lesen, Juristen nicht rechnen, hatte ich meiner Kollegin gestern genau zu dieser Entscheidung noch gesagt, dass ich es fast beschämend finde, dass aufgrund dieser Entscheidung von Juristen kolportiert wurde, dass im Insolvenzverfahren die Entscheidung nicht im Original vorgelegt werden müsse, und die Feststellungslast dann den Bestreitenden treffe. Oki, ich hab das mal vor 6, 7 oder 8 Jahren entschieden, dass das Vorliegen eines Titels bedeutet, dass das Teil in Ausfertigung bei Durchführung der Prüfungsverhandlung auf meinem Tisch liegen muss. Hab einem Gläubiger mal geschrieben, dass er zumindest nicht verstehen kann, ob er lesen kann, vermag ich nicht zu beurteilen; der wollte dann doch keine gerichtliche Entscheidung von mir :D Der Unterschied ist ein ganz simpler: im Feststellungsrechtsstreit befinden sich die Beteiligten in einem Erkenntnisverfahren, der Einwand der Treuhänderin war schlichtweg dumm, da im Erkenntnisprozess eben die Kautelen des Tabellenprüfungsverfahrnes nix zu suchen haben.

    Aber zum Thema Titelvorlage hab ich schon enervierende Diskussionen geführt; und es bleibt dabei: ein Titel, dessen zugrundeliegende Forderung möglicherweise 30 mal abgetreten wurde, möglicherweise bei Tante Eusebia unter dem Kopfkissen liegt, oder schon in ein Forderungspaket geschnürt wurde, welches bei Derivaten auf den Austritt Griechenlands den Hype erleben könnte, oder an die Bad-Bank auf Bora-Bora geht, liegt nunmal nicht vor.

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
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    :daumenrau

  • Hier geht es doch um zwei verschiedene Dinge:

    Lt. § 174 InsO sollen zur Anmeldung der Forderung die Urkunden, aus denen sich die Forderung ergibt, in Abdruck beigefügt werden. Dem ist doch Genüge getan, wenn ich eine Kopie beifüge.

    Der Treuhänder hier (also in "meinem" Falle) verlangt eine Kopie des Originaltitels um ihn vom "Gericht mit dem Insolvenzvermerk" versehen zu lassen. Was wiederum auf den § 178 II InsO schließen läßt. Jedoch wurde die Forderung m.W. noch nicht festgestellt.

  • zu 1: stimmt

    zu 2: sinnlos, da kann man ja auch einen Stempel auf einer Rolle Toilettenpapier anbringen. Für den Stempler eine schöne ABM.

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  • Bei uns wurde das lange gerichtsseitig gefordert, dass wir versuchen sollten, den Titel zu erlangen, damit er gestempelt werden kann. Das wurde aber (sinnvollerweise) aufgegeben, weil es im wesentlichen unnötige Arbeit für das Gericht bedeutete; inzwischen ist es dahin umgeschlagen, dass die Insogerichte ganz froh sind, keine Originaltitel mehr zu haben.

    Das kann also im Fall von rotweiß einfach sein, dass an dem Gericht der Rpfl. die Teile noch haben will und die TH/IV im Geiste ihrer Serviceorientierung versuchen, diese für den Rpfl. ranzuschaffen.

  • Bei uns wird´s so gehandhabt:

    Sind bei der Forderungsanmeldung Original-Titel dabei, werden die (zusammengetackert mit vorbereitetem Tabellenauszug) mit dem Schlussbericht zum Gericht geschickt. Dort kommen die nötigen Stempel und Unterschrift drauf und wir kriegen das dann zurück in die Akten (wo Titel und Auszug dann gewöhnlicherweise vermodern).

    Wenn keine Original-Titel vorgelegt wurden, ist es halt wurscht.

  • wenn der Treuhänder davon ausgehen muss, dass die Forderung besteht und dem anmeldenden Gläubiger zusteht, muss er sie unwidersprochen lassen. Zweifelt er hieran, dann soll er halt betreiten; da die Forderung nicht als tituliert im Prüfungsverfahren eingeführt wurde, trifft die Verfolgungslast den Gläubiger und fertig.

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