Notariatsreform in Baden-Württemberg

  • ...Und weil auch noch die Attraktivität des Rechtspflegerberufs gelitten hat, findet man unter den Bewerbern halt nicht mehr nur die erste Wahl ... oder woran liegt es, dass im Laufe des Studiums immer mehr Anwärter "verloren gehen" oder spätestens durch Examen rasseln?
    ...


    Noch vor ein paar Jahren hat Baden Württemberg vielleicht 50 - 60 Anwärter (beide OLG zusammen) pro Jahr ins Rennen geschickt.
    Und von denen wurden meist nur die besseren tatsächlich direkt übernommen (und diejenigen, die man übernehmen musste).

    Heute sind wir bei 140+ Anwärtern im Ländle. Dabei gehen eben auch viele ins Studium nach Schwetzingen, die früher keinerlei Chancen dazu gehabt hätten. Dabei ist Schwund vorprogrammiert und m.E. unausweichlich. Die die sich durchbeißen und bestehen, werden alle übernommen.
    Die Guten sind genau so wie früher immer noch dabei, aber auch viele die früher keine Chance hatten, ob zu recht oder unrecht lasse ich bewusst dahin gestellt, werden Rechtspfleger. Ich meine, dass sich vor allem die Perspektive verschoben hat. Hätten wir vor 10 Jahren schon 140+ eingestellt, hätten wir damals dieselben Probleme gehabt.

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Wenn man das liest, könnte man doch wahrlich verzweifeln!
    Letztlich ist dies der Tragödie erster Teil, denn derzeit fragt ja kaum jemand nach den Rückständen bzw. Zuständen bei Gericht.
    Da ich derzeit nur die Lage der Betreuungsgerichte beurteilen kann,. kann man auch hier nur den Kopf schütteln, was einem einzelnen RPfl
    hier zugemutet wird. Die Berge werden immer höher, die Betreuten immer mehr, die Rpfl. immer weniger.
    Und das Schlimmste an der Sache ist, dass die eigene Arbeit nicht einmal gewürdigt wird, da die Verwaltung und alles was damit zusammenhängt diese Tätigkeit nur beurteilen kann, wenn sie denn schon selbst dort tätig waren.
    Es ist ein Jammer, denn immer mehr Kollegen bundesweit (ohne zu berücksichtigen, von welcher Abteilung) scheinen dem sicheren Burnout
    entgegenzugehen, wenn niemand begreift, dass die Justiz wohl doch ein bisschen mehr Unterstützung benötigt.

  • Hier kann man sich nur selber schützen. Stichwort: Resilenz.

    Man muss mit den (vielen) Rückständen umgehen lernen. Und zwar alle bei der Justiz Beschäftigten. Und man muss auch lernen (zum Eigenschutz) Überlastungsanzeigen zu schreiben.

    Denn einen leeren Schreibtisch wird künftig nie,and mehr haben. Die Kollegen beim ZGA zumindest keinen leeren virtuellen Schreibtisch mehr.

  • Wartet erst mal ab, bis die Betreuungs- und Nachlasssachen dran sind....das ist ein Wahnsinn und ich bin schon jetzt gespannt, welche Wellen das noch schlagen wird. Wir werden Verhältnisse bekommen, wie sie z.B. in Berlin heute schon gängig sind. Nach Antragseingang zuerst mal ein 3/4 Jahr Schweigen, dann eine Zwischenverfügung, die vor Monaten diktiert und nach 3 Monaten ausgefertigt wird, dann Erledigung der Zwischenverfügung und nach weiteren 6 Monaten dann der Erbschein. Verfahren zur Erbscheinserteilung von über 1 Jahr sind keine Seltenheit.....

    ....ein Hurra auf die (vielleicht) eingesparten paar Euros bei den Beamten....die aber an anderer Stelle garantiert wieder ausgegeben werden müssen, um das Projekt al Laufen zu halten und durchzuziehen.

    Ich frage mich manchmal schon, warum man gerade die Dinge reformieren will, die gut und reibungslos laufen, anstatt sich den Sachen zuzuwenden, die tatsächlich reformbedürftig sind....

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Das Problem ist ja nicht eine Reform an sich, sondern wie sie durchgeführt wird.

    Falls aber wider Erwarten doch mehr glatt laufen sollte als gedacht, bleibt ja noch, das Datenbankgrundbuch dann etwas schneller einzuführen als ursprünglich geplant ... da scheinen einige Landesregierungen auch von einem Zusatzaufwand in der Größenordnung von +/- 0 auszugehen ... und dann hätten wir noch den elektronischen Rechtsverkehr ... und die e-Akte ...

    Prinz: Das ist doch mal eine Idee: Gleichzeitig mit dem Antrag reicht der Antragsteller einen Vorschlag für die Zwischenverfügung ein.
    Irgendwann erreicht ihn dann folgendes Schreiben: "Sie werden gebeten, am 28.08.2015 [in drei Monaten] in der Zeit von 11:00 bis 11:15 Uhr hier im Amtsgericht im Gang 2.2 zu erscheinen, weil dann voraussichtlich die an Sie zu versendende Zwischenverfügung am Gemeinschaftsdrucker ausgedruckt wird. Bitte bringen Sie einen dokumentenechten Kugelschreiber sowie ein Stempelkissen mit dokumentenechter Tinte mit. Den genauen Ablauf des Ausdrucks sowie der darauf folgenden Schritte ersehen Sie im Gang 2.2 aus den leicht verständlichen Illustrationen an der Wand um den oben genannten Drucker."

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Zitat

    Dann besteht in Baden ab 2018 ein erheblicher Bedarf an Rechtspflegern auf den Nachlassgerichten.

    Abwarten..... wenn die FDP nächstes Jahr wieder mit ans Ruder kommen sollte, wird vielleicht auch die Vollübertragung auf freie Notare wieder aus der Schublade gezaubert.

    Natürlich muss sich das für die Freien auch lohnen, denn bekanntlich kann man ja nur gewinnträchtige Sparten zum Wohle aller (bzw. einiger weniger) privatisieren.... :teufel:

    Daher könnte zunächst mal die lästige Erbenermittlungspflicht nach § 41 LFGG wegfallen, da sie ja per se keine Einnahmen generiert....

    Und für die gebührenpflichtigen Tätigkeiten wird das Land dann einen Obolus an die Freien zahlen, damit die neben den regulären Gebühren auch einen zusätzlichen Leistungsanreiz haben...... eine Gebührenerhöhung im Verhältnis zum Kostenschuldner gibt es nicht, wodurch man es dann nach außen auch so verkaufen kann, dass sich für den Bürger nichts verteuert....
    Und schon würden sich alle freuen, und das Land wird vor lauter Begeisterung darüber, dass weniger Personal benötigt wird, tiefergehende Langzeit- Kalkulationen sein lassen....

    Wer bieter mehr ? ;)

  • Vielleicht liegts immer noch an der Eingliederung des GBA Freiburg ?

    Vielleicht liegt es aber auch an einer - gefühlt - deutlich höheren Beanstandungsquote. Würde mich mal interessieren ob es da Statistiken gibt. Für die Handelsregister in BW soll es so was ja geben.

  • Vielleicht liegts immer noch an der Eingliederung des GBA Freiburg ?

    Vielleicht liegt es aber auch an einer - gefühlt - deutlich höheren Beanstandungsquote. Würde mich mal interessieren ob es da Statistiken gibt. Für die Handelsregister in BW soll es so was ja geben.

    Machen die Notare im Amtsbezxirk Emmendingen mehr Fehler als die Notare im Amtsbezirk Achern? Sind doch beides Amtsnotare oder ehemalige Amtsnotare.

    Oder drücken die Rechtspfleger in Achern alle Hühneraugen zu, um bloß keine Rückstände zu produzieren? Evtl. Auf Anweisung von oben?

    Ein Schelm, der sich solche Gedanken macht.

  • Wartet erst mal ab, bis die Betreuungs- und Nachlasssachen dran sind....das ist ein Wahnsinn und ich bin schon jetzt gespannt, welche Wellen das noch schlagen wird. Wir werden Verhältnisse bekommen, wie sie z.B. in Berlin heute schon gängig sind. Nach Antragseingang zuerst mal ein 3/4 Jahr Schweigen, dann eine Zwischenverfügung, die vor Monaten diktiert und nach 3 Monaten ausgefertigt wird, dann Erledigung der Zwischenverfügung und nach weiteren 6 Monaten dann der Erbschein. Verfahren zur Erbscheinserteilung von über 1 Jahr sind keine Seltenheit.....

    ....ein Hurra auf die (vielleicht) eingesparten paar Euros bei den Beamten....die aber an anderer Stelle garantiert wieder ausgegeben werden müssen, um das Projekt al Laufen zu halten und durchzuziehen.

    Ich frage mich manchmal schon, warum man gerade die Dinge reformieren will, die gut und reibungslos laufen, anstatt sich den Sachen zuzuwenden, die tatsächlich reformbedürftig sind....

    Sei doch froh, dann haben Nachlasspfleger Hochkonjunktur. Nur sie können sich dann in der Karrenzzeit bis zur Erteilung des Erbscheins um den Nachlass kümmern.

    War das nicht in Berlin schon einmal so:

    Erblasser hinterlässt einen Sohn. Nachlassgericht ordnet sofort Nachlasspflegschaft an. Erbscheinsverfahren zieht sich. Nach Erteilung des Erbscheins wird Nachlasspflegschaft aufgehoben.

    Alle sind zufrieden. Oder?

    Egal. Ist doch politischer Wille.

  • Vielleicht liegts immer noch an der Eingliederung des GBA Freiburg ?

    Vielleicht liegt es aber auch an einer - gefühlt - deutlich höheren Beanstandungsquote. Würde mich mal interessieren ob es da Statistiken gibt. Für die Handelsregister in BW soll es so was ja geben.

    Machen die Notare im Amtsbezxirk Emmendingen mehr Fehler als die Notare im Amtsbezirk Achern? Sind doch beides Amtsnotare oder ehemalige Amtsnotare.

    Oder drücken die Rechtspfleger in Achern alle Hühneraugen zu, um bloß keine Rückstände zu produzieren? Evtl. Auf Anweisung von oben?

    Ein Schelm, der sich solche Gedanken macht.

    Das ist ganz einfach zu erklären: Als Emmendingen startete, funktionierte die neue EGB-Version noch nicht. Man hat bereits am ersten Tag 4! Grundbuchämter eingegliedert, die allesamt noch mit Papier gearbeitet hatten, darunter dasjenige einer großen Kreisstadt. 2 Wochen später wieder 2 Grundbuchämter wieder vollständig undigitalisiert. Und so ging es in EM weiter. Die elektronische Akte gab es beim Start in Emmendingen noch nicht. Das heißt die Emmendinger durften erstmal Digitalisierungsaufträge an Erfassungszentren schicken, die ebenfalls neu aus dem Boden gestampft waren und sich zu Beginn ebenfalls sehr schwer taten. Da es zu Beginn in Emmendingen die e-Akte noch nicht gab musste dort zudem zu jedem Vorgang die Papierakte ausgeliehen werden. Für die Worte "100.000 EUR Gelöscht am " brauchte das Programm anfangs ungelogen 10 Minuten. Als Achern und Villingen-Schwenningen Monate später starteten funktionierte das Programm, die E-Akte stand zur Verfügung und dort hat man oh Wunder nicht am ersten Tag 4 GBÄ eingegliedert sondern Eines und dann hat man einen Monat gewartet bis zum nächsten und keine Papier-GBA sondern zum Großteil elektronische. Viele der Merkblätter auf den Homepages dieser GBÄ sind Formulare eingestellt, die in Emmendingen erdacht und entworfen waren. Und zu alledem musste das GBA EM ein Großstadt-GBA übernehmen zu einem früheren Zeitpunkt als die anderen Ämter. Und da wundert man sich noch, ich wundere mich ehrlich gesagt eher, dass man sich da wundert... Ich selbst arbeite übrigens nicht in EM oder nicht mehr, damit mir niemand Voreingenommenheit vorwirft... Ich möchte aber sagen, ich habe vor wenigen mehr Achtung als den Emmendigern, das was die durchnmachen mussten, hat niemand der anderen ZGBÄ durchmachen müssen, auch wenn wir von den anderen ZGBÄ auch viel durchmachen müssen.

  • „Am Anschlag arbeiten wir nicht“, sagt Frank Müller mit Blick auf einen Artikel der Badischen Zeitung. Der Chef des Emmendinger Grundbuchamtes,das seit April 2012 existiert, räumt aber ein: „Druck haben wir, keine Frage. Für die Bearbeitungsrückstände können wir aber nichts.“

    :gruebel: Was man wohl im Ministerium zu solchem Bemühen sagt?


  • [QUOTE]

    ...

    Daher könnte zunächst mal die lästige Erbenermittlungspflicht nach § 41 LFGG wegfallen, da sie ja per se keine Einnahmen generiert....

    ....

    Wer bieter mehr ? ;)

    Das ist doch schon in der Mache... Stichwort: " Gesetz zur Anpassung landesrechtlicher Vorschriften an Bundesrecht im Bereich der Justiz " siehe https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…Erbenermittlung


  • ...

    Als Emmendingen startete, funktionierte die neue EGB-Version noch nicht. Man hat bereits am ersten Tag 4! Grundbuchämter eingegliedert, die allesamt noch mit Papier gearbeitet hatten, darunter dasjenige einer großen Kreisstadt. 2 Wochen später wieder 2 Grundbuchämter wieder vollständig undigitalisiert. Und so ging es in EM weiter. Die elektronische Akte gab es beim Start in Emmendingen noch nicht. Das heißt die Emmendinger durften erstmal Digitalisierungsaufträge an Erfassungszentren schicken, die ebenfalls neu aus dem Boden gestampft waren und sich zu Beginn ebenfalls sehr schwer taten.
    ...

    Im Bauwesen gibt es einen wunderbaren Spruch, der die Auswirkungen solcher Situationen treffend beschreibt:

    Planung ist der Ersatz des Zufalls durch den Irrtum.

    Und ich möchte hinzufügen: Wehe den "Verplanten"


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Zitat

    Das heißt die Emmendinger durften erstmal Digitalisierungsaufträge an Erfassungszentren schicken, die ebenfalls neu aus dem Boden gestampft waren und sich zu Beginn ebenfalls sehr schwer taten.

    Das ist so nicht ganz richtig. Stuttgart läuft seit 2009, VS und HN seit 2010. Man war also durchaus routiniert bei der Arbeit. Schwer hat man sich da mit nichts außer der Masse an eilig zu digitalisierenden Grundbüchern und den EGB-Problemen die auch die Erfassungszentren betroffen haben getan: Immer wenn EM wegen dem EGB nicht arbeiten konnte, waren auch die Erfassungszentren betroffen.

    Zitat

    Als Achern und Villingen-Schwenningen Monate später starteten funktionierte das Programm, die E-Akte stand zur Verfügung und dort hat man oh Wunder nicht am ersten Tag 4 GBÄ eingegliedert sondern Eines und dann hat man einen Monat gewartet bis zum nächsten und keine Papier-GBA sondern zum Großteil elektronische.

    Das Programm funktionierte mittelmäßig bis schlecht. Und in VS wurden gleich zum Start die beiden GBÄ Villingen und Schwenningen eingegliedert, Villingen mit ca. 30.000 nicht digitalisierten Grundbüchern.

    Damit will ich die Leistung in EM nicht schmälern, sondern nur ein paar Details klarstellen. Ein Großteil der Rückstände in EM hängt sicher noch aus der aus Techniksicht katastrophalen Anfangsphase und der missglückten Eingliederung des GBA Freiburg nach. Und dann sind die Eingangszahlen auch einfach recht hoch. Wenn man 10-20 Anträge pro Tag bekommt ist das schlichtweg nicht zu schaffen. Wenig hilfreich ist sicherlich auch die Hohe Fluktuation -vor allem im Rechtspflegerbereich- in einigen der ZGBÄ.

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