Ausschlagung wegen zu hohem Vermögen

  • Guten Morgen Kollegen

    Ich habe eine ungewöhnlichen Fall (jedenfalls ist MIR so etwas noch nicht untergekommen:

    Die einzige Schwester beantragt einen Erbscheinn nach ihrem verstorbenen Bruder.
    Es wird erlassen und sie um Mitteilung der Nachlasswerte gegebeten.
    Mit den werten teilt sie ausserdem mit,dass sie die Erbschaft nunmehr ausschlägt ,da sie nicht gewußt habe, dass ihr Bruder ausser Grundbesitz noch ca. 250000,00 € Bankgutheben hinterlässt.

    Das wäre ihr zuviel,das sollten ihre Kinder haben.
    Nun geht die notarielle Ausschlagungserklärung hier ein , mit der Begründung,dass die Erbin erst durch Vorlage des ES bei den Banken die Höhe des Nachlasses erfahren habe.
    Sie brauche soviel Geld nicht und schlage nun die Erbschaft zu Gunsten ihrer Kinder aus.
    Die Ausschlagungserklärung geht hier exakt 6 Wochen nach den schriftlichen Auskünften der Banken ein.

    Wat nu ?

    Ist das ein ausreichender Auschlagungsgrund ,wenn man sich über die genaue Größe des Nachlasses geirrt hat ?
    Dass der Nachlass werthaltig war, wusste sie ja ,nicht aber die genaue Zusammensetzung und Höhe .

  • OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20. 7. 2004 - I-3 Wx 193/04

    "Wer bei scheinbar überschuldetem Nachlass die Ausschlagung der Erbschaft ohne Rücksicht auf den Berufungsgrund ("aus welchen Gründen ich zur Erbschaft berufen bin") und ungeachtet der Höhe (gleichgültig "wie hoch mein Erbteil ist") erklärt, kann im Falle nachträglich sich erweisender Werthaltigkeit des Nachlasses seine Ausschlagungserklärung nicht mit der Begründung anfechten, er habe sich seinerzeit über den Nachlasswert geirrt"

    Das bedeutet letztlich meines Erachtens: Wenn jemand die Erbschaft annimmt, weil er davon ausgeht, dass diese werthaltig ist, kann er im Umkehrschluss folglich auch nicht anfechten, wenn sich der Wert als niedriger oder sogar als noch höher als angenommen herausstellt.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Welche Ausschlagunsgerklärung eigentlich ?:gruebel:

    Kann doch nur ne Anfechtung gewesen sein ?

    Im übrigen hätte die Erbin auch jetzt noch genügend Möglichkeiten , den Nachlass oder Teile davon , den Kindern zukommen zu lassen.

  • Da geht es um den Steuerfreibetrag in Höhe von € 20.000, den die Erbschaft wohl überschreitet. Erwerben die Neffen, haben diese je einen Freibetrag von € 20.000.

    Sind das entsprechend viele Neffen kommt so (auch wegen der geringeren Steuersätze des § 19 ErbStG = ggf. 15 % statt 20 oder 25 %) schnell eine Erbschaftsteuerersparnis von über 50.000 € zusammen....aber das hätte sich die Schwester eben vorher überlegen müssen.

    Es gibt aber auch in dieser Situation noch Möglichkeiten, ganz legal durch entsprechende "Erklärungen gegenüber dem Finanzamt" den Freibetrag für die Neffen auszunutzen obwohl die Schwester Erbin wurde. Aber es ist weder hier noch sonstwo meine Aufgabe, als Steuerberater zu beraten....da muss die Erbin sich dann schon einen "Spezialisten" nehmen.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Also um Steinkauz zu beruhigen , es ist die Anfechtung der Annahme.

    Nur ,wie gehe ich jetzt vor ? Teile ich mit, dass ich die Anfechtung für unbegründet halte oder warte ich einfach den Erbscheinsantrag eines der Kinder ab und entscheide dann ?

    Wenn ich die Anfechtung für begründet hielte , müsste ich ja konsequenterweise den bereits erteilten Erbschein einziehen.

  • Die Anfechtung der Annahme beinhaltet ja in dem genannten Sachverhalt zugleich konkludent die Anregung, den bereits erteilten Erbschein einzuziehen.

    Ich würde mit kurzer Begründung (Anfechtung geht nicht weil...) die Einziehung des Erbscheines ablehnen und dies sowohl der Erbin als auch den Kindern der Erbin mitteilen.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Da steht eine interessante Frage im Raum, die hier nicht relevant ist. Wenn die Frau ausgeschlagen hätte, was passiert dann, wenn das BVerfG die Erbschaftsteuer abschafft (für verfassungswidrig erklärt und nicht aufrecht erhält)? Kommt dann die Anfechtung? Das könnte lustig werden.

    PS: Das sind Motivirrtümer.

  • Richtig: Das fällt alles unter "Motivirrtum", daher keine Anfechtung möglich.

    Allerdings muss man das Motiv einer günstigeren steuerlichen Behandlung erst mal nachweisen. Ansonsten bleibt es ggf. ein reiner (und zulässiger) Eigenschaftsirrtum.
    Ändert sich der Wert des Nachlasses durch gesetzliche oder sonstige Veränderungen ist das immer ein Motivirrtum (typisches Beispiel: nicht verhersehbarer Wertgewinn der Grundstücke der ehemaligen DDR nach 1989). Aber es niemandem ist es doch verboten zu sagen: Einen Nachlass im Bereich 5.000 € bis 100.000 € nehme ich an, außerhalb dieser Bereiches möchte ich ihn nicht. Nach anfänglichem Kenntnisstand lag der Nachlass bei 50.000 €. Nun stellt sich plötzlich heraus, dass bestimmte Nachlassgegenstände gar nicht zum Nachlass gehören oder alternativ weitere hinzukommen. Dann ist man plötzlich außerhalb dieses Bereiches. Man hat sich über die "Eigenschaft" des Nachlasses geirrt, und nicht mehr.

    Es wird für den Anfechtenden nur schwer, dies nachvollziehbar schlüssig darzustellen. Dann sollte also schon mal dargestellt werden, warum genau man diesen Bereich gewählt hat. Dann wird sich herausstellen, ob noch bestimmte Motive dahinter versteckt sind.

    OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20. 7. 2004 - I-3 Wx 193/04

    "Wer bei scheinbar überschuldetem Nachlass die Ausschlagung der Erbschaft ohne Rücksicht auf den Berufungsgrund ("aus welchen Gründen ich zur Erbschaft berufen bin") und ungeachtet der Höhe (gleichgültig "wie hoch mein Erbteil ist") erklärt, kann im Falle nachträglich sich erweisender Werthaltigkeit des Nachlasses seine Ausschlagungserklärung nicht mit der Begründung anfechten, er habe sich seinerzeit über den Nachlasswert geirrt"

    Das bedeutet letztlich meines Erachtens: Wenn jemand die Erbschaft annimmt, weil er davon ausgeht, dass diese werthaltig ist, kann er im Umkehrschluss folglich auch nicht anfechten, wenn sich der Wert als niedriger oder sogar als noch höher als angenommen herausstellt.

    Diese letzte Feststellung ist nicht nachvollziehbar, wenn es allein um den "Eigenschaftsirrtum" geht. Dass jemand von der Werthaltigkeit ausgeht und zunächst annimmt, dann aber die Überschuldung festgestellt wird, kommt doch ständig vor, die Anfechtungen dieser Art sind doch zulässig, sofern sie die übrigen Bedingungen erfüllen (Form, Fristen, Ursächlichkeit: Bei Kenntnis der Zusammensetzung des Nachlasses zZ der Annahme .....).
    Dann ist es ein reiner Eigenschaftsirrtum.

  • Ein zur Anfechtung berechtigender Eigenschaftsirrtum liegt nur vor, wenn der Erbe den Nachlass irrtümlich für nicht überschuldet gehalten hat. Ein Irrtum über die tatsächliche Höhe des positiven Nachlasses ist kein Anfechtungsgrund.

  • Ja, die Rechtsprechung über die "Eigenschaft" des Nachlasses (Wert des Nachlasses, Zugehörigkeit bestimmter Gegenstände oder Verbindlichkeiten) sieht nun mal die Möglichkeit einer Anfechtung nur vor, wenn letztlich eine Überschuldung vorliegt, obwohl man das rein vom Begriff auch anders sehen könnte, denn es wäre durchaus denkbar, dass jemand ausgeschlagen hätte, wenn er gewusst hätte, am Ende gar eine Firma mit Angestellten an der Backe zu haben. Es gibt insoweit eben noch viel Grauzone bzw. Fallkonstellationen, zu denen es noch keine Rechtsprechung gibt. Was die steuerliche Betrachtung angeht, so ist es durchaus richtig, dies als unbeachtlichen Motivirrtum anzusehen. Rein für die Praxis, insbesondere erforderliche Rechtssicherheiten, ist es natürlich auch besser so, wie es ist, denn schließlich kommt es auf objektiv erhebliche Fehlvorstellungen über verkehrswesentliche Eigenschaften des Nachlasses an und nicht auf die subjektiven Gründe.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!