Nebenleistung vergessen

  • In der Regel bevollmächtigen doch die Parteien den Notar sie im Grundbuchverfahren uneingeschränkt (über § 15 GBO hinaus) zu vertreten und alle notwendigen Erklärung abzugeben. Wenn man nun davon ausgeht, dass die ursprüngliche Bewilligung verbraucht ist, kann aber doch der Notar mittels seiner Vollmacht die erneute Bewilligung abgeben, ohne dass die Parteien nochmals zum Notar müssen und ohne dass weitere Kosten entstehen. Geht man davon aus, dass die Bewilligung noch nicht "vollständig" verbraucht ist, genügt eine Bitte an das GBA die vergessene Eintragung nachzuholen. Oder überseh ich da jetzt was?

    Ob der Rechtspfleger dann eine Inhaltsänderung oder eine Berichtigung einträgt (wobei nach den Ausführungen von Cromwell und auch m.E. die Inhaltsänderung richtig wäre) ist Sache des zuständigen Rechtspflegers.

    Solange also keine Zwischenrechte eingetragen worden sind, liese sich doch durch eine Erklärung des Notars die materielle Rechtslage erzielen, die von den Parteien gewollt war.

  • Das eine (Tom) ist die Praxis (die sich irgendwo im Zivilprozeßrecht beheimatet fühlt) und das andere (Cromwell) ist das rechtlich richtige.


  • Das Grundbuchverfahren dient dem materiellen Recht

    Auch wenn es nicht zur Themenfortbildung dient: Es gibt mehrere OLGs, die das anders sehen.

    Ich habe mich dazu einmal (in Rpfleger 2010, 169, 192) wie folgt geäußert:

    "Der in diesem Zusammenhang immer wieder erhobene Einwand, dass es sich beim Verfahrensrecht
    um „dienendes Recht“ handle, welches das materielle Recht nicht blockieren, sondern verwirklichen solle, ist nichts anderes als eine inhaltsleere Phrase, mit der sich die Nichtbeachtung jeder denkbaren Verfahrensnorm rechtfertigen lässt."

  • Wenn man nun davon ausgeht, dass die ursprüngliche Bewilligung verbraucht ist, kann aber doch der Notar mittels seiner Vollmacht die erneute Bewilligung abgeben, ohne dass die Parteien nochmals zum Notar müssen und ohne dass weitere Kosten entstehen.

    Sorry, aber da muss ich widersprechen. Natürlich entstehen hier weitere Kosten, wenn der Notar aufgrund seiner Vollmacht eine erneute Bewilligung abgibt. Es entstehen nur dann keine Kosten, wenn der Notar an dem Dilemma schuld ist (§ 21 GNotKG). Die Frage ist, wer trägt diese Kosten?

  • Im Hinblick auf die Eintragung eines zu geringen Betrages einer Grundschuld führt aber Holzer in NotBZ 2008, 14 (16) - unter Verweis auf weitere Fundstellen, die ich aber nicht einsehen kann - aus, dass es zulässig ist, ein statt mit einem bewilligten Betrag von 10.000,00 Euro lediglich mit einem Betrag von 1.000,00 Euro eingetragenes Grundpfandrecht mit einem "konstitutiven Berichtigungsvermerk" auf den vollen Betrag zu ergänzen, sofern nicht ein gutgläubiger lastenfreier Erwerb stattfand. Es soll sich nach seiner Meinung dann wohl um die Fortsetzung des Teilvollzugs eines ansonsten ordnungsgemäß erledigten Eintragungsantrages handeln. Könnte man doch auch die hier fehlenden Nebenleistungen anwenden (Fortsetzung des vorherigen Teilvollzugs) *denk*.

  • Was ein Beleg dafür ist, dass auch fachzeitschriftliche Veröffentlichtungen nicht über jeden Zweifel erhaben sind, zumal hier eine grundlegende Verkennung sachenrechtlicher Grundsätze vorliegt. Die Bezeichnung als "konstitutiver Berichtigungsvermerk" ist ohnehin ein Widerspruch in sich, weil beide Dinge einander ausschließen.

    Im Grundsatz wird einfach verkannt, dass die Art der Grundbucheintragung der materiellen Rechtslage zu folgen hat und dass daher mittels Eintragung in der Veränderungsspalte kein einheitliches Recht suggieriert werden darf, wenn es sich in Wahrheit im Hinblick auf Ursprungsbetrag und Erhöhungsbetrag um zwei verschiedene dingliche Rechte handelt - und auch nur um solche handeln kann, wenn das Recht mit dem Ursprungsbetrag materiell entstanden war.

    Ich halte es für erschütternd, dass man im Sachen- und Grundbuchrecht mittlerweile schon ellenlang über Selbstverständlichkeiten diskutierten muss, die zum rechtlichen Grundwissen gehören und die jedem bekannt sein sollten und bekannt sein müssen.

  • Eine Eintragungsbewilligung verliert erst mit der Beendigung der durch sie gestatteten Verfahrenshandlung ihre Wirkung (BGHZ 84, 202, OLG Frankfurt/Main, NJW-RR 1995, 785; Böhringer Anm. zu LG Gera, BWNotZ 4/2002, 90, 92 ff unter Zitat (verbrauchte Bewilligung): BayObLG, MittBayNot 1995, 42 = Rpfleger 1995, 332; BayObLG, NJW-RR 1997, 1511).

    Bleibt die Eintragung hinter der gestatteten Tätigkeit zurück, kann die Bewilligung insoweit nicht verbraucht sein. Vielmehr ist die Eintragung zu ergänzen. Das DNotI führt dazu im Gutachten im DNotI-Report 1996, 161 ff aus: „Bleibt die Eintragung hinter der Einigung zurück und ist nach § 139 BGB davon auszugehen, dass das Recht mit dem geringeren Umfang entstanden ist, so ist verfahrensrechtlich nur eine Teilerledigung des Antrags gegeben (so Staudinger/Gursky, a.a.O., § 873 Rz. 186; Demharter, GBO, 21. Aufl. 1995, § 53 Rz. 12). Nach, soweit ersichtlich, h. M. muss das Grundbuchamt deshalb die Buchung ergänzen, sofern die Eintragungsunterlagen dies immer noch rechtfertigen (Staudinger/Gursky, a.a.O.; Demharter, a.a.O.; Meikel/Sieveking, 7. Aufl. 1986, Einl. C Rz. 41).“ Der Umstand, dass das Gutachten zu Unrecht davon ausgeht, dass eine Kapitalerhöhung in der Veränderungsspalte einzutragen ist, wurde hier bereits erörtert:

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post907479

    Ansonsten sehe ich aber kein Hindernis, bei fehlenden Zwischenrechten eine „vergessene“ Nebenleistung anhand der insoweit nicht verbrauchten Eintragungsbewilligung in der Veränderungsspalte nachzutragen. Das BayObLG, NJW-RR 1997, 1511, hält die ursprüngliche Bewilligung selbst dann noch für ausreichend, wenn sie der Neueintragung einer mit falschem Berechtigten eingetragenen Grunddienstbarkeit dienen soll („….ist sie durch die 1961 vorgenommene gegenstandslose Eintragung der Grunddienstbarkeit zugunsten der jeweiligen Eigentümer des Grundstücks Flurstück 1621/24 nicht “verbraucht” worden (vgl. dazu Demharter, § 19 Rdnr. 114 m.w. Nachw.); sie kann auch als Grundlage für eine neue Eintragung verwendet werden.“).

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Ein ählicher Fall:

    Gläubiger hatte die Eintragung einer Zwangssicherungshypothek unter Vorlage eines Leistungsbescheids (Titel) beantragt. Nach etwas Hin und Her war dann nur ein Teil der ingesamt geltend gemachten Forderung einzutragen. Dieser Teil ergab sich aber nur indirekt aus der Korrespondenz, so dass ich den einzutragenden Betrag der Hypothek selbst errechnen musste. Dabei habe ich einen Posten (GV-Kosten über gut 100 €) übersehen, so dass jetzt gute 100 € zu wenig im GB stehen. (Bzgl. dieses Postens erfolgte aber entsprechend auch keine Zurückweisung.) :eek:

    Der Gläubiger reicht nun den Titel mit der Bitte um Ergänzung bzw. Korrektur der GB-Eintragung wieder ein.

    Jemand eine Idee für eine "elegante" (aber natürlich vertretbare) Lösung? :schwitz:

    Nachrangige Eintragungen oder Anträge gibt es derzeit nicht.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Ein ählicher Fall:

    Gläubiger hatte die Eintragung einer Zwangssicherungshypothek unter Vorlage eines Leistungsbescheids (Titel) beantragt. Nach etwas Hin und Her war dann nur ein Teil der ingesamt geltend gemachten Forderung einzutragen. Dieser Teil ergab sich aber nur indirekt aus der Korrespondenz, so dass ich den einzutragenden Betrag der Hypothek selbst errechnen musste. Dabei habe ich einen Posten (GV-Kosten über gut 100 €) übersehen, so dass jetzt gute 100 € zu wenig im GB stehen. (Bzgl. dieses Postens erfolgte aber entsprechend auch keine Zurückweisung.) :eek:

    Der Gläubiger reicht nun den Titel mit der Bitte um Ergänzung bzw. Korrektur der GB-Eintragung wieder ein.

    Jemand eine Idee für eine "elegante" (aber natürlich vertretbare) Lösung? :schwitz:

    Nachrangige Eintragungen oder Anträge gibt es derzeit nicht.


    Lösung 1 (die "rechtlich richtige" :wechlach::( Gläubiger darauf verweisen, sich einen weiteren Titel zu beschaffen, da der erste "verbraucht" sei.
    Lösung 2: die vom Antrag irrtümlich abweichende Eintragung ergänzen (siehe Schöner/Stöber Rz. 397).

    Such Dir eine aus...

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Wobei ich immer die Lösung 2) bevorzugen würde (auch wenn 1 "rechtlich" richtig ist/wäre);)

  • Danke für Eure Meinungen und vor allem für die klasse Fundstelle!!! :daumenrau

    Werde dann die vergessenen Kosten in der Hauptspalte nachtragen. Da keine Zwischenrechte vorhanden sind, dürfte wohl die gleichrangige Eintragung mit der bereits eingetragenen Hypothek möglich sein, denke ich. Oder?

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
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  • Den Gleichrang hat der Gläubiger verloren, weil die Hypothek über den Restbetrag ja erst nachträglich entsteht. Jetzt habe ich auch den Link zu der Verweisung im Hock/... gefunden. In dieser Auflage noch die Randnummern 2018, 2019.


    Wenn aber der Restbetrag im Rang unmittelbar folgt, kann ihm das herzlich egal sein.

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  • Gläubiger darauf verweisen, sich einen weiteren Titel zu beschaffen, da der erste "verbraucht" sei.

    Wobei sich das mit dem Ausgangsfall selbstredend nicht vergleichen läßt. Damit ein titulierter Anspruch in Teilen vollstreckt werden kann, muß kein § 139 BGB bemüht werden. Anders dagegen bei Einigung und Bewilligung. Die Idee, dass erstere bei einem Teilvollzug "verbraucht" sein könnte, ist auch nicht neu (vgl. Staudinger/Gursky § 873 Rn 197).

  • Anders dagegen bei Einigung und Bewilligung. Die Idee, dass erstere bei einem Teilvollzug "verbraucht" sein könnte, ist auch nicht neu (vgl. Staudinger/Gursky § 873 Rn 197).


    Dadurch wird sie nicht richtiger (siehe #28)

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