vorz. RSB nach Aufhebung

  • Hallo,

    als InsoNeuling folgende Frage:

    habe ein IK Verfahren nach altem Recht.
    Kein Gläubiger hat eine Forderung angemeldet. Das Verfahren kann aufgehoben werden.

    Hat die Schuldnerin nun die Möglichkeit, nach Zahlung der Gerichtskosten, vorzeitige RSB zu erlangen?
    Aus welcher Vorschrift geht das hervor?

    danke!

  • oder BGH wg.vlt. räumlicher und vorhandener dogmatischer "Ferne" ignorieren und erteilen :D

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • hm, soll ich n neues Thema draus machen oder mich gleich hier dran hängen ?

    Versuche erstmal letzteres:


    Abwandlung des Falles:

    Eröffnung nach Juli 14, keine Forderungen angemeldet, Kostenstundung

    AG Göttingen hat sich ja mal aus dem Fenster gelegt und erteilt (29.04.2015 - 71 IK 99/14 NOM).

    Nach alter Rechtslage gabs wohl auch vereinzelt Gerichte (AG Essen 160 IK 313/10 ) die bei Kostenstundung erteilt hatten.


    Gibt es dazu noch mehr Bewegung in der Sache ?

  • ...ist zwar nur ein weiteres Göttinger Fenster....aber auch Ahrens, NJW Spezial 2015, Heft 11, 341-342 spricht sich dafür aus


    und auch nach alter Rechtslage gab es ja einige Vertreter dieser Auffassung (Erdmann ZInsO 2007, 873 ; Henning ZInsO 2007, 1253, 1258 ; Pape ZInsO 2007, 1289, 1305 ) und ich glaube auch bei BGH IX ZB 115/04 ging es um ein Verfahren mit Kostenstundung.

    Und auch aus anderem Blickwinkel: wenn es um klare Nullverfahren geht (z.B. Altersrentner, SGB XII o.ä.) geht es ja wirklich nur um die Frage, ob - ohne vorzeitige RSB - einige Hundert Euro zusätzliche Kosten zu Lasten der Staatskasse produziert werden

  • Es ist dem Schuldner ja unbenommen, um eine rechtsmittelfähige Entscheidung hierüber zu bitten. Dann muss man halt darauf setzen, dass das Landgericht die Rechtsbeschwerde zulässt.

    Jedenfalls dann, wenn man nach der RSB sowieso Raten zahlen müsste (und das betrifft im übrigen auch und gerade [mangels Erwerbstätigkeitsbonus] Rentner mit Bezügen > SGB-Level), ist das Problem im übrigen auch schlicht und ergreifend durch freiwillige Zahlungen im Verfahren zu vermeiden.

    Diverse Fallkonstellationen würden sich gänzlich anders darstellen, wenn man die Ratenzahlung in das Verfahren verlagert. Dazu wird es demnächst etwas zu lesen geben.

  • naja, auch in den Fällen beißt sich diese Argumentation, denn 48 "ZPO-Raten" sind so oder so zu zahlen, egal ob vorzeitig oder nach 6 Jahren erteilt wird. Nur eben bei vorzeitiger RSB auf eine Gesamtsumme von meist 1.000,- -1.200,- und nach 6 Jahren auf die Gesamtkosten von meist etwa 1.600,- - 1.800,-.

    Bleibt für die Staatskasse jedenfalls ein höherer ungedeckter Anteil und eben die Tatsache dass die Zahlungen, wenn überhaupt, erst etwa 5 Jahre später beginnen.

    Ja und vor allem: Hallo Gläubiger - wenn ihr nicht wollt, dann verzichtet doch bitte außergerichtlich oder auch im eröffneten Verfahren oder wie auch immer :confused:

  • Bin eigentlich ein Fan von AG Göttingen zum alten Recht, das insofern Mut zur Lücke bot.

    Nachdem der Gesetzgeber jetzt aber nach reeeiiiiflicher Überlegung und weeiiiterer umfaaaangreicher Abwägung auch des denkbaren "Sinnlosigkeits-Aspekts" schlicht den BGH aus 2005 umgesetzt und in Gesetzesstein gemeißelt hat, soll es eben so sein.

    (Ggf. käme es anderenfalls bei weiterem Durchdenken nun auch tatsächlich zu nicht ganz einfach abgrenzbaren Entscheidungszersplitterungen; aber die überlass ich Bre.)

  • In der Begründung zu § 300 InsO n.F. wird auf die Fallgestaltung „keine Forderungsanmeldung“ nur sehr kurz eingegangen:

    Mit der vorgeschlagenen Nummer 1 des Absatzes 1 Satz 2 werden die in der Rechtsprechung entwickelten Fälle der Unverhältnismäßigkeit der Durchführung des Restschuldbefreiungsverfahrens erfasst. Bislang wird auch ohne Zustimmung der Gläubiger in Analogie zu § 299 InsO vorzeitig eine Restschuldbefreiung erteilt, wenn kein Gläubiger im Insolvenzverfahren eine Forderung angemeldet hat (BGH, Beschl. v. 17. März 2005 –IX ZB 214/04; BGH, Beschl. v. 18. November 2007 – IX ZB 115/04) oder wenn alle Gläubiger befriedigt werden (BGH, Beschl. v. 29. September 2011 – IX ZB 219/10 zu dem Fall eines Vergleichsschlusses in der Wohlverhaltensperiode; BGH, Beschl. v. 29. Januar 2009 – IX ZB 290/08). Eine vorzeitige Restschuldbefreiung kann jedoch nur auf Antrag des Schuldners erteilt werden, soweit der Schuldner belegt, dass die Verfahrenskosten und die sonstigen Masseverbindlichkeiten getilgt sind.

    In IX ZB 214/04 wird die „Versagung der vorzeitigen Erteilung der Restschuldbefreiung“ letztlich mit den Interessen der Massegläubiger begründet (siehe dort unter Ziff. III. 5.).

    Meine vorläufige Schlussfolgerung:

    Sofern es keine Masseverbindlichkeiten gibt, fehlt in Stundungsverfahren ein Interesse an der Fortführung des Verfahrens, da diese in der Regel nicht der Befriedigung dienlich ist, sondern weitere Kosten verursacht, die in der Regel auch nicht später nach § 4b InsO einbringlich sind. In der Begründung zu § 300 InsO n.F. wird darauf nicht eingegangen.

    Soll heißen: Nach Sinn und Zweck der Regelung unter Berücksichtigung von IX ZB 214/04 hindert der Wortlaut des § 300 InsO n.F. die vorzeitige Restschuldbefreiung bei fehlenden Forderungsanmeldungen im Falle wirtschaftlicher Sinnlosigkeit der Wohlverhaltensperiode nicht.

    Wird zeitnah detaillierter verschriftlicht, ich arbeite sowieso gerade an einem Aufsatz, in den das thematisch zu integrieren ist (insofern vielen Dank für die Anregung durch diesen Thread :cool:).

  • stimme Dir zu und bin - wie immer - gespannt auf Deine Veröffentlichung dazu.
    Habe mich in der Sache noch nicht entschieden, der Grund liegt darin:
    dem Gesetzgeber lagen genug qualifizierte Äußerungen in Literatur und Rspr. dazu vor, er hat ungeachtet dessen nun "geregelt". Vlt. schmeiß ich dann die Staatsknete aus Trotz raus.... aber da würde ich den ersten Beschluss in der Sache auch entsprechend mit Gesetzgeberschelte versehen versuchen zu veröffentlichen......

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Ahrens und die in der jüngsten Göttinger Entscheidung genannten Zitate sind mir ein wenig zu nah dran, um dies als als unabhängige Fundstellen heranzuziehen. Es geht hier um Begleichung der Kosten und nicht um die Absicherung. Die Diskussion hatten wir schon an anderer Stelle.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Ahrens und die in der jüngsten Göttinger Entscheidung genannten Zitate sind mir ein wenig zu nah dran, um dies als als unabhängige Fundstellen heranzuziehen. Es geht hier um Begleichung der Kosten und nicht um die Absicherung. Die Diskussion hatten wir schon an anderer Stelle.

    Sorry, ich versteh jetzt nicht so ganz, was Du damit meinst ?

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • :confused:

    Es wird doch nicht gerechnet: Kosten / 48 = Rate.

    Ob man € 600,00 - 700,00 mehr bezahlt oder nicht, halte ich schon für einen gewissen Unterschied.


    nicht böse sein, aber ich muss da nochmal einhaken, weil eben drum:

    Unter der Annahme, dass ein Schuldner, dessen wirtschaftliche Situation sich in all den Jahren nicht verändert usw., 15,- Euro "PKH-Rate" zahlen muss und der Annahme, dass Schlusstermin nach 1 Jahr, gäbs doch mit oder ohne sofortiger RSB:

    Variante 1:
    sofortige Erteilung der RSB, entstandene Kosten 1.200,-
    Schuldner zahlt 48 x 15,- = 720,-
    Ergebnis: 480,- Kosten ungedeckt

    Variante 2:
    "wirtschaftlich sinnlose Wohlverhaltensperiode", d.h. 5 weitere Jahre Kosten: 5 x 119,- , Gesamtkosten somit ca. 1.800,-
    Schuldner zahlt 48 x 15,- = 720,-
    Ergebnis: 1.080,- Kosten ungedeckt

    das meinte ich ;)


  • Volle Zustimmung:daumenrau

    Habe in Altverfahren bislang die RSB selbst vorzeitig erteilt, wenn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine Einziehung aussichtslos erschien.

    In Neuverfahren habe ich es bisher unterlassen. Aber es juckt mir in den Fingern, obwohl mir mal ein Richter in anderer Sache sagte. "Judex non calculat".

    So dass sich mir die Frage stellt: Soll ich mich für den Fiskus, der u.a. teilweise nicht bereit ist, seine Nebeneinkünfte zu offenbaren oder Kita-Mitarbeiter ordentlich zu besolden, verbiegen?

  • nach Gesetzesänderung: ganz klar nicht mehr vorzeitig erteilen.
    Eure ganze bisherige Argumentation ist doch nur ergebnisorientiert.

    Juristisch bin ich bei der Frage einer Analogiebildung. Eine Analogie kann ich nur bilden, wenn ich eine regelungswidrige Lücke habe. Der Gesetzgeber kannte ganz klar die bisherigen Entscheidungen und Veröffentlichungen und hat entschieden, dass nur bei Kostendeckung erteilt werden darf. Ich habe also keine Lücke, also kann ich keine Analogie bilden.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!