Genehmigung gerichtlicher Vergleich betr. Beendigung Mietverhältnis

  • Folgender Sachverhalt:

    Dem Betroffenen wurde durch den Vermieter außerordentlich wegen mietwidrigen Verhaltens der Mietvertrag gekündigt, Räumungsklage wurde erhoben. Nun wird im Zivilverfahren ein Vergleich geschlossen, wonach sich der Betroffene verpflichtet, die betroffene Wohnung bis spätestens ... an die Klägerin herauszugeben. Kosten gegeneinander aufgehoben, mit Zustandekommen des Vergleiches ist das unter einem anderen Az. laufende Räumungsklageverfahren erledigt. Letzter Punkt: Der Vergleich wird erst wirksam bei Genehmigung des Betreuungsgerichts.

    Meiner Meinung nach gibt es hier keinen Genehmigungstatbestand; § 1822 Nr. 12 BGB fällt raus, weil Wert des Vergleiches unter 3.000 €.
    Nun findet man in der Kommentierung (Palandt, 72. Aufl., § 1822 Rn. 23) den Hinweis auf eine Entscheidung des LG Berlin, wonach diese Wertgrenze unerheblich ist, wenn das Rechtsgeschäft aus anderen Gründen der Genehmigung bedarf. Anderer Grund könnte hier § 1907 BGB sein.

    Ich denke ja, dass das hier nicht passt, weil der Vergleich nichts über die Beendigung des Mietvertrages (durch Kündigung, Aufhebung oder was auch immer) enthält, sondern lediglich die Herausgabe der Wohnung regelt.

  • Ich halte das Genehmigungserfordernis nach § 1822 Ziff. 12 BGB für gegeben.

    Grundsätzlich bedarf ein Vergleich der Genehmigung, es sei denn dass ... in Geld schätzbar ist und ...


    Schon bei der Schätzbarkeit hätte ich hier ein Problem.

    Wie viel ist es denn wert, die Mietwohnung nach der Kündigung nicht freiwillig zeitnah zu räumen? Verbliebe der Betroffene bis zur Zwangsräumung durch den GVZ in der Wohnung, dürften die (vereinbarten) Mieten bis dahin den Betrag von 3.000,- € zudem übersteigen.

    Einmal editiert, zuletzt von Frog (11. August 2015 um 09:41) aus folgendem Grund: Paragraf geändert

  • In der Annahme, daß der Frosch eigentlich auch auf Ziffer 12 abgestellt hat, stimme ich ihm zu.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • noch eine Sachverhaltsfrage zu #1:
    Hat der Vergleich einem schriftlichen oder gerichtlich protokollierten Vergleichsvorschlag entsprochen?
    Oder haben die Parteien -ggf. auf richterlichen Hinweis- einen Vergleich geschlossen?

  • Ich wüsste nicht, werter Professor, was die Frage unter der bekannten Sachverhaltsschilderung (Der Vergleich wird erst wirksam bei Genehmigung des Betreuungsgerichts.) zu suchen hat.

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  • Ich wüsste nicht, werter Professor, was die Frage unter der bekannten Sachverhaltsschilderung (Der Vergleich wird erst wirksam bei Genehmigung des Betreuungsgerichts.) zu suchen hat.


    Ich halte die Beantwortung der Frage durchaus für interessant, ob das Zivilgericht auch unzutreffend das Betreuungsgericht entsprechend binden, d. h. diesem ein Genehmigungsverfahren "aufzwingen" kann.

    Im Sachverhalt spielt es lediglich dann keine Rolle, wenn man ohnehin zu einem Genehmigungserfordernis kommt, da Wert der Ungewissheit nicht schätzbar oder >3.000,- €.


    In anderen Konstellationen wäre die Frage jedoch auf jeden Fall zu beantworten.

    Bsp.:

    Zivilverfahren wegen einer Zahlungsklage über 1.000,- € endet mit Vergleich, der vom Gericht vorgeschlagen wurde;
    ergo an sich kein Erfordernis einer betreuungsgerichtlichen Genehmigung, aber aus Unkenntnis oder aufgrund eines Versehens enthält der Vergleich den Passus: "Der Vergleich wird erst wirksam bei Genehmigung des Betreuungsgerichts."

    Ist das Betreuungsgericht nun gehalten, ein Genehmigungsverfahren zu einem nicht anwendbaren Genehmigungstatbestand durchzuführen? :gruebel:

  • Die Frage ist ganz einfach zu beantworten:
    Fehlt ein gesetzliches Genehmigungserfordernis, kann eine gerichtliche Genehmigung nicht erteilt werden.

    Und wenn in einem schriftlichen oder gerichtlich protokollierten Vergleichsvorschlag der Satz drin steht "vorbehaltlich der Genehmigung des Betreuungsgerichts", dann wird eben keine betreuungsgerichtliche Genehmigung erteilt, da eine solche aufgrund gesetzlicher Vorschrift nicht erforderlich und der protokollierende Richter eben nicht der Gesetzgeber ist.

    Deshalb meine Frage.

  • In der Sache gebe ich Euch recht (kein "Aufzwingen" eines nicht erforderlichen Genehmigungsverfahrens). Interessieren würde mich jetzt allerdings, wie Ihr das formuliert. Macht ihr (1) einen Beschluss, wonach eine Genehmigung nicht erteilt wird, oder (2) einen Beschluss, wonach es keiner Genehmigung bedarf.

    Der Unterschied wäre für die unglücklichen Parteien, die sich so vergleichen wollten, nämlich schon beträchtlich: Im Fall (1) wäre der Vergleich gescheitert, weil die Vergleichsvoraussetzung "wird wirksam mit Erteilung" nicht mehr erreicht werden kann. Im Fall (2) wäre der Vergleich (mit etwas Aufwand) umdeutbar dahingehend, dass die Parteien zwar unzutreffend von einer Genehmigungsbedürftigkeit ausgingen, sich aber auch so verglichen haben.

    Am Rande:
    Als Zivilrichter würde ich einen Vergleich nur dann so protokollieren, wenn ich mir der Genehmigungsbedürftigkeit sicher bin. In den Zweifelsfällen - oder wenn ich es schlicht nicht geprüft habe - wäre die richtige Formulierung etwa: ... Wird mit Genehmigung durch das Betreuungsgericht oder dessen Entscheidung, dass es einer Genehmigung nicht bedarf, wirksam.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Ein Beschluss "Genehmigung wird nicht erteilt" setzt meines Erachtens voraus, dass eine Genehmigungstatbestand vorliegt. Wieso soll man eine Genehmigung ausdrücklich versagen, wenn es schon an einem Genehmigungstatbestand fehlt? Wegen § 26 FamFG kann auch ein als genehmigungsbedürftig bezeichneter Vergleich meines Erachtens das Betreuungsgericht hinsichtlich der Erforderlichkeit der Genehmigung nicht binden.

  • Der Vorschlag 2 war nicht, die Genehmigung zu verweigern. Dann hättest Du natürlich recht. AndreasH schlug vielmehr ein Negativattest in Beschlußform vor.

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  • Richtig, da war ich dann heute dran mit zu warm... :daemlich

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

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  • Ich hätte mich natürlich deutlicher ausdrücken müssen:

    In Variante 1 halte ich einen Beschluss folgenden Inhalts theoretisch für denkbar:

    Tenor:
    Eine Genehmigung wird nicht erteilt
    Gründe:
    Die ... hat vor dem .. Gericht einen Vergleich abgeschlossen, dessen Wirksamkeit nach Ziffer .. des Vergleichs von der Genehmigung des Betreuungsgerichts abhängen soll. .. beantragte daraufhin unter Vorlage einer Beschlussausfertigung die Erteilung der Genehmigung.
    Eine Genehmigung kann nicht erteilt werden. Es liegt schon kein Genehmigungsbedürftigkeit vor, insbesondere ist § .. nicht einschlägig weil ... Mangels Genehmigungsbedürftigkeit kommt die Erteilung einer Genehmigung nicht in Betracht.


    Die von mir für eher hilfreich eingeschätzte Variante 2 hätte dagegen etwa folgenden Inhalt:

    Tenor:
    Es wird festgestellt, dass eine Genehmigungsbedürftigkeit nicht vorliegt.
    Gründe:
    Die ... hat vor dem .. Gericht einen Vergleich abgeschlossen, dessen Wirksamkeit nach Ziffer .. des Vergleichs von der Genehmigung des Betreuungsgerichts abhängen soll. .. beantragte daraufhin unter Vorlage einer Beschlussausfertigung die Erteilung der Genehmigung.
    Eine Entscheidung des Betreuungsgerichts über die beantragte Genehmigung ist nicht erforderlich, weil schon keine Genehmigungsbedürftigkeit ersichtlich ist. Insbesondere ist § .. nicht einschlägig weil ... Daher war auszusprechen, dass der zur Genehmigung unterbreitete Vergleichsschluss nicht genehmigungsbedürftig ist.


    Im Kern sagen beide Beschlüsse das Gleiche, der Akzent von Tenor und Begründung ist jedoch unterschiedlich, m.E. allerdings im zulässigen Bereich unterschiedlich. Und deswegen hatte ich gefragt.


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Beim Negativzeugnis nur Varinate 2, weil's eben keine (Versagung der) Genehmigung ist, näheres hierzu MüKo zu § 1828 Rn 23 und sich auch nicht auf die Wirksamkeit des Geschäft auswirkt.

    Var. 1 wäre ja die Versagung der Genehmigung (wenn auch seltsam begründet), die dann in jedem Fall die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäft zur Folge hätte, falls das Genehmigungsbedürfnis vom Gericht verkannt wird.

  • Guten Tag,

    vielleicht verwechsel ich hier etwas aber mir wird von den hiesigen Rechtspflegern immer gesagt, das Angelegenheiten, die durch einen gerichtlichen Vergleich geklärt werden, nicht genehmigungspflichtig sind. Ich hatte diverse unterschiedliche Verfahren diesbezügli. Arbeitsrecht (Kündigung des Arbeistverhältnisses), Scheidungsrecht (Unterhaltszahlungen) etc. Die abgeschlossenen Vergleiche mussten nie zur Genehmigung vorgelegt werden.
    Bin nun etwas verwirrt. :gruebel:

  • siehe § 1822 Ziffer 12 BGB, der über § 1908 i Abs. 1 auch für Betreuer gilt:

    Der Vormund bedarf der Genehmigung des Familiengerichts: 12. zu einem Vergleich oder einem Schiedsvertrag, es sei denn, dass der Gegenstand des Streites oder der Ungewissheit in Geld schätzbar ist und den Wert von 3 000 Euro
    nicht übersteigt oder der Vergleich einem schriftlichen oder protokollierten gerichtlichen Vergleichsvorschlag entspricht,

  • Guten Tag,

    vielleicht verwechsel ich hier etwas aber mir wird von den hiesigen Rechtspflegern immer gesagt, das Angelegenheiten, die durch einen gerichtlichen Vergleich geklärt werden, nicht genehmigungspflichtig sind. Ich hatte diverse unterschiedliche Verfahren diesbezügli. Arbeitsrecht (Kündigung des Arbeistverhältnisses), Scheidungsrecht (Unterhaltszahlungen) etc. Die abgeschlossenen Vergleiche mussten nie zur Genehmigung vorgelegt werden.
    Bin nun etwas verwirrt. :gruebel:


    verständlich


    Die Genehmigungspflicht ist der Grundsatz, diese entfällt nur ausnahmsweise (siehe Beitrag von Elbin)!

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