Sicherung der Whg.

  • Habe gerade in juris recherciert und letztlich keine befriedigende Antwort auf ein alltägliches Praxisproblem gefunden.

    Bsp:.
    Einziges Kind des allein lebenden Erblassers schlägt die Erbschaft aus und schickt zusammen mit der Ausschlagungserklärung gleich mal den Wohnungsschlüssel ans Nachlassgericht.
    Nachlass soll überschuldet sein (stimmt auch mit den hier vorliegenden Bankauskünften / bisherigen Ermittlungsergebnissen überein).
    Es sind noch Geschwister d. Erblassers da, die über die Republik verstreut wohnen. Bis alle ausgeschlagen haben, wird es erfahrungsgemäß noch ein paar Monate dauern.

    Folgende Vorgehenswiese halte ich für sinnvoll und zulässig:
    Ich beabsichtige dem Vermieter zu gestatten, die Wohnung zu Sicherungszwecken zu betreten (mit Hinweis dass vorerst mit Ausnahme verderblicher Lebensmittel nichts aus Whg. entfernt werden darf) und der Aufforderung bei Gericht Bericht vorzulegen über den Zustand der Whg. und Vorhandensein von sicherungsbedürftigem Nachlass.
    Stelle ich dann im Ergebnis der Ermittlungen fest, dass kein sicherunsgbedürftiger Nachlass vorhanden ist, gestatte ich dem Vermieter, die Einrichtung auf eigene Kosten einzulagern und die Whg zu räumen.
    Erfolgt irgendwann Fiskusfeststellung muss dieser über den eingelagerten Nachlass entscheiden.
    Wenn keine Fiskusfeststellung möglich, kann der Vermieter auf diejenigen verwiesen haben, die nicht ausgeschlagen haben.
    Notfalls muss eben doch noch Nachlasspfleger bestellt werden.


    Wird das Gericht so seiner Sicherungspflicht nach § 1960 BGB gerecht ?

  • Damit er möglichst schnell eine Entscheidung des Gerichts erhält und die Whg. neu vermieten kann (hat in der Praxis schon funktioniert)

  • Wie oft das jetzt hier im Forum schon besprochen worden und wie viele übereinstimmende OLG-Entscheidungen gibt es schon hierüber?

    Der zutreffende Weg führt über § 1961 BGB.

    Oder über § 1960 BGB, wenn ich von einem sicherungsbedürftigen Nachlass und vom Unbekanntsein der wahren Erben ausgehe. Zur Sicherung des Nachlasses gehört m.E. auch der Schutz des Restnachlasses (z.B. des "Vermögens") vor verderblichem Nachlass (bzw. den sich aus ihm ergebenden Kosten).

  • Wie oft das jetzt hier im Forum schon besprochen worden und wie viele übereinstimmende OLG-Entscheidungen gibt es schon hierüber?

    Der zutreffende Weg führt über § 1961 BGB.


    Kurz gesagt:
    In der Praxis wird es von ganz ganz vielen Gerichten so gemacht, wie von maynard geschildert .
    Rechtlich ist es aber nicht ganz sauber.

  • Besteht nicht das Mietverhältnis fort?
    Muss der Vermieter nicht das Mietverhältnis durch Kündigung (gegenüber wem?) beenden, bevor er räumt und anschießend neu vermietet? Mir fällt hier das Unwort der "kalten Räumung" ein.
    Und ich glaube auch schon mal gelesen zu haben, dass § 1846 BGB hier nicht greift. Denn die Entgegennahme der Kündigung des Vermieters durch das Nachlassgericht bzw. die Gestaltung der Räumung der Wohnung durch den Vermieter sei keine Sicherungsmaßnahme, für die das Nachlassgericht ggf. über § 1846 BGB zuständig wäre. Ich kann mich aber auch irren!

  • Wie oft das jetzt hier im Forum schon besprochen worden und wie viele übereinstimmende OLG-Entscheidungen gibt es schon hierüber?

    Der zutreffende Weg führt über § 1961 BGB.


    Kurz gesagt:
    In der Praxis wird es von ganz ganz vielen Gerichten so gemacht, wie von maynard geschildert .
    Rechtlich ist es aber nicht ganz sauber.


    Es ist völlig unrichtig und nicht nur "unsauber"....aber ich geb´s so langsam glaube ich auf...

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Zitat

    Nachlass soll überschuldet sein (stimmt auch mit den hier vorliegenden Bankauskünften / bisherigen Ermittlungsergebnissen überein).

    Und was hat das mit dem Nachlass in der Wohnung zu tun? Ist der Vermieter berechtigt, den Nachlass zu sichten und zu sichern?

    In verwahrlosten Wohnungen wurde schon verstecktes Bargeld, Wertpapiere (waren nicht in einem Depot) und Sammlungen mit Wert entdeckt.


  • Irgend wie scheint weder die Gerichtspraxis noch die Kommunen damit leben zu wollen mit dem 1960, 1961. Warum?

    Anscheinend entspricht es vielfach nicht dem Rechtsempfinden der Kommunen bzw. der Gerichtspraxis.
    Zudem ist jedes Pflegschaftsverfahren zeit- und kostenintensiv, da ist es verlockend die Angelegenheit mit zwei einfachen Standartschreiben zu erledigen und über das rechtsfehlerhafte Verfahren hinwegzusehen.


  • Irgend wie scheint weder die Gerichtspraxis noch die Kommunen damit leben zu wollen mit dem 1960, 1961. Warum?

    Anscheinend entspricht es vielfach nicht dem Rechtsempfinden der Kommunen bzw. der Gerichtspraxis.
    Zudem ist jedes Pflegschaftsverfahren zeit- und kostenintensiv, da ist es verlockend die Angelegenheit mit zwei einfachen Standartschreiben zu erledigen und über das rechtsfehlerhafte Verfahren hinwegzusehen.


    Vermag ich so nicht zu bestätigen. Gerade diese "Wohnungspflegschaften" gehen eher schnell über die Bühne, so dass die Kosten auch nicht gerade durch die Decke gehen (mitteloser Nachlass -> VBVG). Aber selbst wenn es so wäre - wenn ich eine NLP anordnen muss, ordne ich sie auch an.


  • Zudem ist jedes Pflegschaftsverfahren zeit- und kostenintensiv, da ist es verlockend die Angelegenheit mit zwei einfachen Standartschreiben zu erledigen und über das rechtsfehlerhafte Verfahren hinwegzusehen.

    Eine bemerkenswerte Aussage...ob ein Richter jemals so denken würde? Hoffen wir es nicht.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Machen wir auch anordnen wo geboten und gut , aber die vielen Fragen immer und immer wieder und selbst die Handhabung der großen Vermieter, die auch erst an das NLG herantreten wenn sie keinen der Ausschlagenden "überreden" konnten die Wohnung zu kündigen und zu beräumen, lässt doch die Frage nach dem Warum aufkommen.


  • Zudem ist jedes Pflegschaftsverfahren zeit- und kostenintensiv, da ist es verlockend die Angelegenheit mit zwei einfachen Standartschreiben zu erledigen und über das rechtsfehlerhafte Verfahren hinwegzusehen.

    Eine bemerkenswerte Aussage...ob ein Richter jemals so denken würde? Hoffen wir es nicht.


    Wenn ich da an den Bereich Betreuung - Stichwort Anhörungen - denke...

  • ...

    Wenn ich da an den Bereich Betreuung - Stichwort Anhörungen - denke...


    Der bekanntlich einer der (wenigen) Bereiche ist, wo es schon zu Verurteilungen wegen Rechtsbeugung kam. Also als positives Beispiel eher nicht geeignet, sondern nur zur Abschreckung.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Jedenfalls bin ich gespannt, wie sich der nach Ansicht der Kollegen einzig gangbare Weg über § 1961 BGB etabliert, wenn die Gläubiger demnächst zum Kostenvorschuss gebeten werden, wozu ich neulich zu berichten hatte .

  • Jedenfalls bin ich gespannt, wie sich der nach Ansicht der Kollegen einzig gangbare Weg über § 1961 BGB etabliert, wenn die Gläubiger demnächst zum Kostenvorschuss gebeten werden, wozu ich neulich zu berichten hatte .

    Nie. Kein Vorschuss! Kostenschuldner ist nur der Erbe und nie der Gläubiger! Deshalb nie Vorschuss! Alles andere ist falsch!

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