Erbeinsetzung unbestimmt?

  • Liebe Kollegen,

    meine Erblasserin hat zum Erben im handschriftlichen Testament eingesetzt:

    Ein Tierheim in Stadt XY bzw. in der näheren Umgebung. Voraussetzung ist eine ausgezeichnete wirtschaftliche Führung des Tierheims.


    Ich muss das Testament nun bekannt geben :)

    Ist die Einsetzung zu unbestimmt?

    Ich habe mich mal schlau gemacht: Es gibt also in Stadt XY kein Tierheim, genau wie im gesamten Landkreis. Im Landkreis gibt es einen Tierschutzverein.
    Das nächste Tierheim befindet sich in der nächsten Großstadt (anderer Landkreis bzw. sogar anderes Bundesland)

  • An welchen Kriterien erkennt man denn diese "ausgezeichnete wirtschaftliche Führung des Tierheims"? :gruebel::gruebel::gruebel:

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • Daher eben auch mein Frage:gruebel:


  • An welchen Kriterien erkennt man denn diese "ausgezeichnete wirtschaftliche Führung des Tierheims"? :gruebel::gruebel::gruebel:

    das ist in der Tat ein Problem. Knackpunkt dürfte auch sein, das eine Erbeinsetzung "des Tierheims" wohl auch ausscheidet, sofern man dies nicht dahingehen umdeutet, dass der jeweilige Träger des Tierheims gemeint ist... :wasdageg

  • Da müsste sich doch in den Kommentierungen zu § 2065 II BGB etwas finden lassen, z.B. BeckOGK/Gomille BGB § 2065 Rn. 40-41.1 oder Staudinger/Otte (2013) BGB § 2065 Rn 17 ff. Evtl. kommt auch die Auslegung als Zweckbestimmung in Betracht, § 2193 BGB.


    Zu "Tierschutz" und Erbeinsetzung: OLG Oldenburg, 15.12.1992, 5 W 120/92, NJW-RR 1993, 581, BeckOK BGB/Litzenburger BGB § 2084 Rn. 24

  • Aus meiner Sicht liegt eindeutig eine wirksam Erbeinsetzung vor, da sich der Erbe durch Auslegung ermitteln lässt.
    Ein Fall des § 2065 II BGB liegt nicht vor, da man die das Testament auslegen kann und die Bestimmung des Erben gerade nicht auf einen Dritten übertragen wurde.

    Wenn es in der Stadt XY kein Tierheim gibt, ist ja ausdrücklich bestimmt, dass dann das Tierheim in der näheren Umgebung erbt. Es geht um die Entfernung des Tierheims und nicht um einen Tierschutzverein (wobei ein solcher natürlich ein Träger eines Tierheims sein kann). Klar ist juristisch, dass der Träger erbt, das braucht der Erblasser nicht exakt ausdrücken.
    Da muss man einfach schauen, was das nächstgelegene Tierheim ist. Wenn mehrer etwa gleich weit entfernt sein sollte, dann hilft § 2073 BGB (diese sind dann zu gleichen Teilen bedacht). Bundeslandsgrenzen wären mir da egal, da es auf die nähere Umgebung ankommt.
    Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass es einen Landkreis ohne Tierheim gibt. Man braucht aber nur das Veterinäramt des jeweiligen Landkreises Fragen, die kennen jedes Tierheim.
    Auch die zweite Eingrenzung "ausgezeichnete wirtschaftliche Führung" lässt sich auslegen. Das wäre aber erst der zweite Schritt, wenn etwa ein Erbscheinsantrag gestellt wird. Ein Kriterium könnte z.B. sein, dass der Träger gemeinnützig ist.

    Ich würde also allen in Frage kommenden Trägern von Tierheimen, wo sich das Tierheim in der näheren Umgebung befindet, das Testament bekannt geben.

  • Was „in der Nähe“ ist, muss aber bitte auf den Zeitpunkt der Testierung abgestellt werden, oder?

    Ich glaube man muss schon auch sehen, dass hier keine konkrete Erbeinsetzung vorgenommen wurde und die Formulierung „ein Tierheim“ den Schluss zulassen kann, wer auch immer solle mal entscheiden, welches denn dann genau. Sonst würde ja „das Tierheim“ eingesetzt sein. Die Testierung ist schon etwas vage.

    Auch bei einer Auslegung muss man ja wenigstens ganz konkret ein Tierheim benennen können welches der Testator gemeint haben könnte und nicht nur irgendwelche Tierheime, welche ganz theoretisch in Betracht kommen könnten.

    Nehmen wir an, es gäbe 3 Tierheime in der Stadt. Welches soll dann konkret Erbe werden? „Ein Tierheim“ heisst auch, dass es dem Testator wohl egal war, welches konkret und dass er davon ausging, jemand würde das dann mal letztlich festlegen.

    Wa sagen denn die gesetzlichen Erben zu dem Testament? Sind die wenigstens bekannnt?

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Es ist richtig, dass grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Testierung abzustellen ist, wenn die Auslegung hier nicht ergibt, dass der Erblasser auf den Zeitpunkt des Erbfalls abstellen wollte (dafür spricht, dass der Erblasser gar kein bestimmtes Tierheim vor Augen hatte)

    Es reicht, dass der Erbe durch Auslegung bestimmbar ist. Der Erblasser muss kein bestimmtes Tierheim nennen.

    Die Bezeichnung Tierheim finde ich ziemlich klar und es wird durch die weitere Eingrenzung "in der näheren Umgebung" durch Auslegung bestimmbar.

    Und nochmal der Hinweis auf § 2073 BGB, wenn mehrere Tierheime etwa gleich weit entfernt sind.

    Grundsätzlich gilt bei der Auslegung eines Testaments, dass dem Erblasserwillen Geltung zu verschaffen ist. Wenn dies durch Auslegung gelingen kann, darf keine Unwirksamkeit angenommen werden.

  • Es ist richtig, dass grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Testierung abzustellen ist, wenn die Auslegung hier nicht ergibt, dass der Erblasser auf den Zeitpunkt des Erbfalls abstellen wollte (dafür spricht, dass der Erblasser gar kein bestimmtes Tierheim vor Augen hatte)

    Es reicht, dass der Erbe durch Auslegung bestimmbar ist. Der Erblasser muss kein bestimmtes Tierheim nennen.

    Die Bezeichnung Tierheim finde ich ziemlich klar und es wird durch die weitere Eingrenzung "in der näheren Umgebung" durch Auslegung bestimmbar.

    Und nochmal der Hinweis auf § 2073 BGB, wenn mehrere Tierheime etwa gleich weit entfernt sind.

    Grundsätzlich gilt bei der Auslegung eines Testaments, dass dem Erblasserwillen Geltung zu verschaffen ist. Wenn dies durch Auslegung gelingen kann, darf keine Unwirksamkeit angenommen werden.

    Wie wäre es, wenn du mal auf mein Argument „ein Tierheim“ eingehst? Der Testator meinte wohl selbst nicht ein bestimmtes, sondern es war ihm schlicht egal welches denn nun letztlich (wer auch immer) als Erbe heraussucht. Welchen Willen wollen wir also auslegen, wenn er offenbar keinen konkreten Willen hatte? Was soll denn „in der näheren Umgebung“ sein?

    Für die Formulierung „der der mich am Schluss pflegt“ fehlt es ja auch an einer konkreten Erbeinsetzung, obwohl das genauso ermittelbar gewesen wäre. Man muss halt als Testator schon konkret sagen, wer Erbe werden soll, oder zumindest muss ein konkreter Wille, einen bestimmten Erben einsetzen zu wollen, erkennbar sein. Das Problem ist die Beliebigkeit, die aus dem Testament spricht. Es sagt nicht, Erbe wird das Tierheim in der Nähe, oder für Tierheime in der Nähe, oder für Tiere in der Nähe, sondern „ein Tierheim“ und das ist der Knackpunkt m.E. der die unbestimmte Erbeinsetzung darstellt.

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  • Was sagen denn die gesetzlichen Erben zu dem Testament?

    Was sollten die gesetzlichen Erben im Rahmen des § 348 III FamFG bei der Bekanntgabe der eröffneten letztw. Verfügung ( schon ) zu sagen haben ?:gruebel:

    Na ja...die sind ja zu informieren, weil enterbt und könnten ja auch der Meinung sein, dass das Testament wegen zu unbestimmter Erbeinsetzung unwirksam ist. Spätestens im ES-Verfahren wären sie anzuhören. Vielleicht wollen die ja auch einen ES mit gesetzlicher Erbfolge beantragen.

    Wenn die Erbfolge unklar ist, sollte ggf. noch über § 1960 BGB nachgedacht werden. Auch dazu sollte man die gesetzlichen Erben anhören. Es kann ja ggf länger dauern, bis der Erbe feststeht.

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  • In einem hier anhängenden Fall sollen „die Tierheime“ meines Bundeslandes Erbe werden. Ein TV verwaltet (und ist der Auffassung, die Erben bestimmen zu dürfen). Ich habe eine NLP angeordnet. Das OLG hat die Beschwerde des TV verworfen.

  • Das/Die Tierheim(e) (und deren Träger) in Stadt XY und in der näheren Umgebung sind doch objektiv für jeden bestimmbar. Ich sehe da nichts unklares. Und wenn mehrere in Frage kommen und insbesondere zu dem Wort "ein" enthält doch der § 2073 BGB eine klare Auslegungsregel.
    Das ist doch gerade der Gegensatz zur Formulierung "der der mich zuletzt pflegt", genau der ist bei der Errichtung ja nicht bestimmbar.

    Dass man ggf. die bekannten gesetzlich Erben in einem Erbschrinsverfahren anhören muss, ist selbstverständlich. Die müssten dann aber schon z.B. etwas in Richtung Testierunfähigkeit vorbringen können. Gegen die Formulierung haben Sie keine Chance.

    Aber unabhängig wie man das sieht (selbst wenn man die Erbeinsetzung für unwirksam hält) ist das Testament zu eröffnen und den in Frage kommenden Tierheimen (exakter deren Trägern) bekannt zu geben.

    Nachlasspflegschaft kommt nur in Frage, wenn dafür die weiteren Voraussetzungen vorliegen und zwar nur für Verwaltung und Sicherung. Anordnung der Nachlassoflegschaft für Erbenermittlung scheidet hier aus.

    Und nochmal ganz grundsätzlich: Mit der Annahme der Unwirksamkeit eines Testaments muss man sehr zurückhaltend sein, wenn es irgendeine vernünftige Auslegungsmöglichkeit gibt.

  • Das/Die Tierheim(e) (und deren Träger) in Stadt XY und in der näheren Umgebung sind doch objektiv für jeden bestimmbar. Ich sehe da nichts unklares. Und wenn mehrere in Frage kommen und insbesondere zu dem Wort "ein" enthält doch der § 2073 BGB eine klare Auslegungsregel.
    Das ist doch gerade der Gegensatz zur Formulierung "der der mich zuletzt pflegt", genau der ist bei der Errichtung ja nicht bestimmbar.

    Und wie bestimmt man objektiv, was für die Erblasserin die nähere Umgebung war? Wie weit soll da der Kreis gezogen werden?
    Oder noch schwieriger, was war für die Erblasserin ausgezeichnete wirtschaftliche Führung?

    Mir scheint es kaum möglich zu sein objektiv festzustellen, welche/s Tierheim/e von der Erbeinsetzung betroffen sind.

  • Das ist dann eben die Kunst der Auslegung eines solchen Testaments und zwar zuerst allein nach den Vorstellungen des Erblassers, wenn sich diese ermitteln lassen.
    Für die Wirksamkeit ist es aber ausreichend, wenn sich durch Auslegung der Erbe bestimmbar ist.

    Die Schwierigkeiten sind hier nicht unüberwindbar. Das Wort Tierheim ist ziemlich klar und auch mit dem Begriff "nähere Umgebung" kann man arbeiten.

    Bei nähere Umgebung könnte man z.B auch fragen, in welches Tierheim vom Veterinäramt in der Stadt XY aufgefundene oder beschlagnahmte Tiere (Stichwort Animalhording) gebracht werden.

    Im Erbscheinsverfahren muss dann eben das Nachlassgericht auslegen und entscheiden wer Erbe ist.
    (Letztentscheidung liegt beim Prozessgericht)

  • Das/Die Tierheim(e) (und deren Träger) in Stadt XY und in der näheren Umgebung sind doch objektiv für jeden bestimmbar. Ich sehe da nichts unklares. Und wenn mehrere in Frage kommen und insbesondere zu dem Wort "ein" enthält doch der § 2073 BGB eine klare Auslegungsregel.
    Das ist doch gerade der Gegensatz zur Formulierung "der der mich zuletzt pflegt", genau der ist bei der Errichtung ja nicht bestimmbar.

    Das sehe ich anders. Die Formulierung im Testament lautet: "Ein Tierheim in Stadt XY bzw. in der näheren Umgebung. Voraussetzung ist eine ausgezeichnete wirtschaftliche Führung des Tierheims."

    Ich wüsste nicht nach welchen objektiven Kriterien man bestimmen sollte, welches der in Frage kommenden Tierheime, denn das was der Erblasser unter einer: "ausgezeichneten wirtschaftlichen Führung" verstand, auch erfüllt.

    Außerdem verstehe ich die Formulierung so, dass von ggf. mehreren in Frage kommenden Tierheimen eines ausgesucht werden sollte.

    Meiner Meinung nach handelt es sich also um eine unkonkrete Erbeinsetzung.

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    Zitat Josef Dörndorfer

  • Richtig. So sehe ich es auch!

    Wir haben eine unklare, von Dritten bestimmbare und noch dazu bedingte Erbeinsetzung. Sorry, aber das ist mir dann doch zuviel der Interpretation.

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  • Was ist eine "unkonkrete Erbeinsetzung" ?

    Ist sie durch Auslegung konkretisierbar? Wenn ja, ist sie wirksam.

    Das es einfach ist, habe ich nicht gesagt. Man wird einiges ermitteln müssen, um den Willen des Erblassers festzustellen.

    Es gilt aber bei der Auslegung von Testamenten, dass dem Willen des Erblasser, wenn immer möglich, Geltung zu verschaffen ist.

    Wenn man mit dem den Worten "ausgezeichnete wirtschaftliche Führung" durch Auslegung nicht zurecht kommen sollte, dann heißt das nicht, dass man insgesamt Unwirksamkeit annehmen darf.

    Einmal editiert, zuletzt von Montgelas (23. Oktober 2019 um 11:02)

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