Vergütung Betreuer bei Veruntreuung durch ursprünglichen Betreuer

  • Folgende Probleme habe ich und hoffe, dass Ihr helfen könnt, so dass ich die Akte schnell abgeben lassen kann:
    Betreuerin (Schwiegertochter) hat selbst Hartz IV und lebt mit Schwiegermutter in einem Haushalt.
    Sie betrachtet alle als Bedarfsgemeinschaft und lebt ganz gut auf Schwiegermutters Kosten.
    Rechnungslegungsprüfung ergibt diverse Ungereimtheiten, ich führe mit der Betroffenen ein Gespräch und sie erklärt mir, dass das alles so in Ordnung sei. Bereits hier werden aber leichte "Ausfälle" (mir fällt leider kein geeigneter Begriff ein und ich möchte der Frau auch nicht zu nahe treten) deutlich, so dass ich der Betreuerin aufgebe, sie möchte derartige eigennützige Ausgaben unterlassen.
    Nächste RL: Betreuerin interessierte es überhaupt nicht, was ich ihr gesagt habe. Richter bestellte weitere Betreuerin mit dem Aufgabenkreis "Geltendmachung und Durchsetzung von Forderungen der Betroffenen gegenüber der bisherigen Betreuerin" (bisherige Betreuerin wird aber nicht entlassen).
    Die weitere Betreuerin stellt nun fest, dass ein 5stelliger Betrag zurückverlangt werden könnte.

    So weit so gut (sollte jemand weitere Angaben brauchen, kein Problem).

    Nun meine Fragen:
    Die weitere Betreuerin reicht ihren Vergütungsantrag ein und beantragt Vergütungspauschale wie neue Betreuung, I. Quartal, da sie ja erst Ordnung in die Unterlagen bringen musste und die bisherige Betreuerin "schlampig" gearbeitet hat.
    Kann ich ihr das Geld auszahlen? Ich würde es schon gern machen, bin mir aber nicht 100% sicher.

    Und wenn ich es ihr auszahle, dann doch erst aus der Staatskasse, da die Ansprüche gegen die (inzwischen) ehemalige Betreuerin derzeit nicht durchsetzbar sind (immer noch Hartz IV) und wie läuft das dann mit der Rückforderung der Beträge (da die Betroffene ja Außenstände hat)?

  • Außenstände sind kein Vermögen und auch die weitere Betreuerin muss die Erstbestellung gegen sich gelten lassen. Also keine Abrechnung nach I. Quartal. Und wenn sie noch so viel zu tun hatte :nixweiss:

    Ich mache keine Fehler ... ich erschaffe kleine Katastrophen.


  • Die weitere Betreuerin reicht ihren Vergütungsantrag ein und beantragt Vergütungspauschale wie neue Betreuung, I. Quartal, da sie ja erst Ordnung in die Unterlagen bringen musste und die bisherige Betreuerin "schlampig" gearbeitet hat.
    Kann ich ihr das Geld auszahlen? Ich würde es schon gern machen, bin mir aber nicht 100% sicher.


    Da der Aufgabenkreis neu ist, würde ich das Ganze als neue Betreuung abrechnen.


    Und wenn ich es ihr auszahle, dann doch erst aus der Staatskasse, da die Ansprüche gegen die (inzwischen) ehemalige Betreuerin derzeit nicht durchsetzbar sind (immer noch Hartz IV) und wie läuft das dann mit der Rückforderung der Beträge (da die Betroffene ja Außenstände hat)?


    Die Ansprüche gegen die ehemalige (ist sie inzischen entlassen?) Betreuerin würde ich nicht als Vermögen ansehen, da sie offenbar nicht realisiert werden können.

  • Auch im Verhältnis zur neuen Betreuerin gilt die Betreuung als alte Betreuung. Zur h. M. siehe hier (S. 8 ff. der pdf-Datei) mit der Folge, dass diese weniger Stunden bezahlt bekommt, als wenn die Betreuung als "Neubetreuung" anzusehen wäre.

    Da die Rückforderungsansprüche der Betreuten gegen die erste BTin (noch) nicht durchsetzbar sind, würde ich die Betreute (sofern auch die übrigen Kriterien erfüllt sind) als mittellos ansehen und die Vergütung für die zweite BTin aus der Landeskasse zahlen.

    Eine spätere Rückforderungsmöglichkeit, z. B. wenn die Betreute nach Durchsetzung ihrer Rückforderungsansprüche über einsetzbares Einkommen/Vermögen verfügt, ist gem. §§ 1908i Abs. 1 S. 1, 1836e BGB möglich.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

    Einmal editiert, zuletzt von Ernst P. (12. Januar 2009 um 10:14)

  • Zitat von Sonea

    auch die weitere Betreuerin muss die Erstbestellung gegen sich gelten lassen. Also keine Abrechnung nach I. Quartal.


    Da der Aufgabenkreis neu ist, würde ich das Ganze als neue Betreuung abrechnen.



    Vertreten kann man wohl beide Meinungen ;) - zum Stand der aktuellen Rechtsprechung siehe Ernst P..

    Der Palandt (67. Auflage, Anh. zu § 1836 (VBVG) Rn 21 ff. zu § 5) geht übrigens davon aus, dass es Ausnahmen geben kann.

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • Ich würde auch von einer Vermögenslosigkeit der Betreuten ausgehen (auch wenn die Forderung tituliert werden sollte, ist diese wohl nicht durchsetzbar, da Schwiegertochter Hartz IV Empfängerin). Sollte die Forderung doch durchsetzbar sein hat ErnstP ja schon die Rückforderungsmöglichkeiten aufgeführt.

    Bzgl. des "Neubeginns" der Abrechnungzeiträume gibt es schon einige Fälle, bei denen ein "Neubeginn" möglich ist.

    Genaues: Palandt 67. Auflage Rz. 22 zu VBVG 5

    Evtl. trifft einer der aufgeführten Gründe bei dir zu.

  • Vielen Dank für Eure Hinweise (musste mir erst mal die 67. Auflage vom Palandt besorgen :oops:)
    Ich führe mir dann noch entsprechende Rechtsprechung zu Gemüte.
    Wenn im Palandt aber von" Erstbetreuung" bei der Vergütungspauschale ausgegangen wird, wenn der ehemlige Betreuer mangels Eignung bzw. wegen Pflichtwidrigkeiten entlassen wurde, was muss denn dann noch passieren, wenn nicht auch Veruntreuungen passen.
    Aber mal schauen, was die einzelnen Gerichte dazu zu sagen haben...

    Ach ja, S.H.: Inzwischen ist sie entlassen. Bestellt wurde eine Berufsbetreuerin.
    Und die Betroffene wohnt auch schon nicht mehr in meinem AG- Bezirk. Ich muss also noch die "neue" RL prüfen :mad: und dann ab mit der Akte.
    Die neue RL sieht aber nicht grad so aus, als wenn ich da nichts zu beanstanden haben werde...

  • Sehe ich genauso.

    Worum sollte man die neue BTin so behandeln, als sei die Betreuung neu ? Argument der Befürworter: Weil die erst BTin einen solchen Haufen Arbeit hinterlassen hat, hat die neue BTin unverhältnismäß viel Arbeit.

    Mein Einwand: Die Grundlage dafür, wieviel Stunden ein BT nach dem VBVG erhält, war eine bundesweite statistische Erhebung von Tausenden von Fällen. Da werden wohl auch Fälle darunter gewesen sein, in denen ein ehm. BT Murks gemacht hat und der akt. BT zum Zeitpunkt der Datenerhebung gerade dabei war, alles wieder geradezurücken. Diese Mehrarbeit ist daher bei der Festlegung der Stundensätze nach dem VBVG bereits berücksichtigt worden, und ist nicht erneut dadurch zu entlohnen, dass man den neuen Betreuer jetzt so stellt, als hätte es vergütungstechnisch bislang keine Betreuung gegeben.

    Sofern dann widerum eingewendet wird, diese Mehrarbeit fände in der Regelungen/Stundenansätzen des VBVG aber nicht genügend Berücksichtung, kann ich nur sagen, dass ich das Gesetz anzuwenden haben, welches mir vorliegt.

    Ich kann ja auch nicht sagen: "Im vorliegenden Fall macht der Heimbewohner aber so viel Arbeit, das ist bei Schaffung des VBVG gar nicht gesehen worden. Ich behandle ihn mal was die Vergütung angeht nicht als Heimbewohner. Und Tante Elli in der Akte XY macht dem BT soviel Arbeit weil sie eine besonders schwere Krankheit hat. Damals als die Stundensätze der BT ermittelt wurden, ist auch dies nicht berücksichtigt worde. Daher erhält BT Z hier von mir einen Zuschlag von 3 Std. extra... usw."

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Hm...ErnstP..die Kommentare reden nicht von Mehrarbeit, sondern davon, dass eine faktische Nichtausübung der Betreuung vorliegt. D.h. bei Übernahme der Betreuung stellt sich die Situation so wie bei Beginn der Betreuung dar, da bisher nichts getan wurde und somit für den übernehmenden Betreuer die gleiche Arbeit anfällt wie bei Beginn einer neuen Betreuung.

    Daher denke ich auch, dass der "Neubeginn" der Abrechnungquartale in so einem Falle möglich ist.

  • Kann man sicherlich in Einzelfällen auch so sehen. Ich seh`s nach wie vor anders. Auf ein Rechtmittel hat es hier leider noch niemand ankommen lassen.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Hm...ErnstP..die Kommentare reden nicht von Mehrarbeit, sondern davon, dass eine faktische Nichtausübung der Betreuung vorliegt. D.h. bei Übernahme der Betreuung stellt sich die Situation so wie bei Beginn der Betreuung dar, da bisher nichts getan wurde und somit für den übernehmenden Betreuer die gleiche Arbeit anfällt wie bei Beginn einer neuen Betreuung.

    Daher denke ich auch, dass der "Neubeginn" der Abrechnungquartale in so einem Falle möglich ist.





    Ich sehe es wie Ernst P.

    Eine faktische Nichtausübung der Betreuung dürfte im Ausgangsfall nicht vorliegen.

    Immerhin hat die Betreuerin ja eine Rechnungslegung eingereicht und ist auch zu deren Besprechung bei Gericht erschienen.

    Eine Nichtausübung ist m. E. nur gegeben, wenn der Betreuer auf keine gerichtlichen Anforderungen reagiert und zudem z. B. noch das Heim mitteilt, dass keine Besuche und Regelungen durch den Betreuer erfolgen.

  • Ich habe einen ähnlichen Fall. Schwiegersohn war für Schwiegermutter als Betreuer eingesetzt und bereits aus der ersten RL ergab sich, dass er etliches Geld der Betreuten für eigene Zwecke verwendet hat. Ich habe die Akte dem Richter vorgelegt, der sofort einen Betreuerwechsel veranlasst hat. Der bisherige Betreuer hat bereits zugegeben, das Geld der Schwiegermutter verwendet zu haben, befindet sich jetzt aber angeblich in Insolvenz. Die neue Betreuerin (berufsmäßig) teilte mir mit, dass es sich um eine türkische Großfamilie handelt, bei der alle in einem Haus wohnen und alle zusammen wirtschaften. Eigentlich ja schön, aber hier gerade nicht wirklich pasend...
    Wie würdet ihr jetzt weiter vorgehen? Auf ein notarielles Schuldanerkenntnis bestehen? Tatsächlich wird ja wahrscheinlich nichts zu holen sein.

  • Inwiefern spielt da die Vergütung des Betreuers eine Rolle ?:gruebel:

    Ansonsten ist für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gem. §§ 1908 I , 1833 BGB ( gilt auch bei Vorsatz ! ) schon die neue Betreuerin zuständig ( Vermögenssorge unterstellt ). Sollte ihr auch so bekannt sein bzw. ggf. nochmals verinnerlicht werden.
    Ein gutes Beispiel mal wieder, warum die weggefallene Verpflichtung von Berufsbetreuern nicht immer optimal ist.

    Die Haftpflicht der ehrenamtlichen Betreuer kannst ja hier vergessen !
    Sofern die Betreuerin auch strafrechtlich vorgehen will/soll, müsste ggf. durch den Richter auch an eine Aufgabenkreiserweiterung gedacht werden.
    Daneben käme eine Vorlage der Akte an die Sta auch v.a.w. in Betracht ( hierzu gibts hier aber schon genügend Threads ).

    Ich würde mir im Hinblick auf § 1839 BGB da mal eine besondere WV für eingeleitete Maßnahmen der neuen Betreuerin notieren.
    Die Beiziehung der Inso-Akte des Vorbetreuers v.a.w. kann daneben zumindest nicht schaden, wenn wir schon bei einem Schadensfall sind.;)

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