§ 77 Abs. 2 und Einstellung nach § 30 per Fax

  • Hallo zusammen,

    mir ist heute was passiert, was es sonst nur in Klausuren gibt :gruebel:.
    Habe 2. Termin in einer Teilungsversteigerung (der 1. endete nach § 77 Abs. 1) und wieder kein anwaltlicher Vertreter (wie im 1.) anwesend. Die betreibenden Pfändungsgläubiger werden anwaltlich vertreten. Im Saal befindet sich jedoch der GF der Verwaltungs GmbH der Antragsteller-GbR, welcher "mal gucken" wollte, ohne seine Vertretungsmacht belegen zu können.
    Er dachte, wir befinden uns im 2. 1. Termin, also meinte - wie seine Anwälte - irrtümlich, dass die Grenzen noch gelten und sein Kumpel die Grenze wegbieten kann. Das geringste Gebot ist aber dank eines bestehenbleibenden Rechts (an 1/2) und des am anderen 1/2-lastenden Ausgleichsbetrages nach § 182 Abs. 2 schon über 5/10 - wie im 1. Termin.

    Ich weise ihn darauf hin, dass ich heute aufheben muss, falls kein Einstellungsfax der Anwälte nach § 30 ZVG bis zum Schlusse der Bietzeit
    (9.46 Uhr) kommt. Er telefoniert und bittet um 10 Minuten Unterbrechung, welche ich ihm gewähre.
    Um 9.55 Uhr ruft mich die Gst an und sagt: kein Fax eingegangen - ich hebe um 9.57 Uhr laut Protokoll das Verfahren nach § 77 Abs. 2 auf.
    Nach meinen 3 Terminen wird mir um 11.58 Uhr in meinem Büro ein Fax der Anwälte vorgelegt, welches doch tatsächlich 9.56 Uhr eingegangen ist.
    Wat nun? -> den schon verkündeten Aufhebungsbeschluss aufheben oder beinhart die Sache durchlaufen lassen und notfalls vor LG bringen?

  • Ja, steht im Protokoll, dass bis 9.57 Uhr kein Fax vorlag. Demnach muss es eingegangen sein, als die Gst aus dem Zimmer mit Fax zurück in ihr Zimmer lief. Wir brauchen hier also headsets!:wechlach:

    Ich tendiere jetzt dazu, den Beschluss nach § 77 II rauszuschicken und nur im Falle eines Rechtsmittels abzuhelfen und das Fax selber nicht schon in ein konkludentes Rechtsmittel umzudeutren.

    Das Verfahren ist eh sinnlos...

  • Anta: Ja freili:cool:


    Dann Dich zurück und warte auf die Beschwerde gegen die Verfahrensaufhebung - verkündet ist verkündet, und wenn zu Unrecht verkündet, dann kannst Du immer noch einer eventuellen Beschwerde abhelfen...

    Wenn die Uhr an Eurem Fax genau ging, vgl. dazu auch BGH, Beschluss vom 24.7.2003 - VII ZB 8/03, lag die Einstellungsbewilligung vor dem Schluss der Versteigerung vor. Dann hätte weder der Schluss der Versteigerung noch die Verfahrensaufhebung erfolgen dürfen, statt dessen hätten die Bietzeit abgebrochen und das Verfahren eingestellt werden müssen.

    Dass Du das nur bei hellseherischen Fähigkeiten hättest berücksichtigen können, steht m.E. der objektiven Unrichtigkeit des Aufhebungsbeschlusses nicht entgegen.

    Oder gibt es eine Regelung, dass für den Eingang der Einstellungsbewilligung (ähnlich wie ein Antrag beim GBA) der Zugang beim betr. Bearbeiter maßgeblich ist?

  • Meine ich ebenso. Eingang beim Gericht zählt hierfür.

    Nachdem ja der Antragsteller so hervorragend vorbereitet im Termin reingeschneit ist, würd ich mir aber über den Ausgang keine grauen Haare wachsen lassen. Soll er das übers RM klären und mit seinen Anwälten selbst ausfechten.

  • ...wobei ich doch dazu tendiere, die unberücksichtigte Einstellungsbewilligung als Rechtsmittel zu werten, dem sodann abzuhelfen wäre. Einfach, quadratisch, praktisch gut.:D Warum soll ich da anders herumeiern?

  • Das geht nun mal nicht.

    Das Fax ging -so ich richtig gelesen habe- vor der Entscheidung ein.
    Ganz spitzfindig:Eine Beschwerde vor der eigentlichen Entscheidung ist nicht zulässig. Und wenn es nur eine Minute ist.


    Praktisch: Ich würde zum Telefon greifen.

  • Ich würde nicht mal telefonieren. Kommt das RM gut, kommt es nicht auch gut.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki




  • Ganz spitzfindig:Eine Beschwerde vor der eigentlichen Entscheidung ist nicht zulässig. Und wenn es nur eine Minute ist.


    Praktisch: Ich würde zum Telefon greifen.


    Das ist auch wieder wahr und so spitzfindig eigentlich nicht. Also doch Telefon, obwohl die Auslegung würde ich ja viel praktischer finden.
    Bei der Recherche zu einem anderen Sachverhalt habe ich neulich etwas gelesen, was passiert, wenn ein rechtzeitig eingegangenes Schriftstück verspätet vorgelegt wird und somit in der Entscheidung nicht berücksichtigt wurde. Leider finde ich das nicht wieder.
    Einfach auf ein RM warten würde ich allerdings nicht, da die Entscheidung der Verfahrensaufhebung objektiv falsch ist.

  • Einfach auf ein RM warten würde ich allerdings nicht, da die Entscheidung der Verfahrensaufhebung objektiv falsch ist.



    Grundsätzlich sehe ich das auch so, in Anbetracht der geschilderten Aussichtslosigkeit dieses Verfahrens könnte ich mir aber vorstellen, hier von diesem Grundsatz abzuweichen.

  • @ the Lion:
    Wann hast Du denn die Bietzeit beendet?

    Ich habe im Stöber "ZVG" gefunden § 77 Rn 2.4:
    "Bleibt auch der zweite Versteigerungstermin ergebnislos, weil wieder kein Gebot abgegeben ist oder alle abgegebenen erloschen sind, so ist das Verfahren aufzuheben: Abs. 2 S. 1. Für eine Einstellung auf (erst nach dem Schluss der Versteigerung erklärte) Bewilligung des Gläubigers ist dann kein Raum mehr."

    Hast Du also die Bietstunde schon um 9:55 Uhr beendet als Du die Geschäftsstelle angerufen hast, ist die Bewilligung verspätet und die Aufhebung berechtigt.

    Rettet die Erde! Sie ist der einzige Planet mit Schokolade!

  • Stimmt.

    Nach dem Ende der Bietzeit kann keine Einstellungsbewilligung den 77-2-Beschluss mehr verhindern.

    Dann würde aber auch die gewährte zehnminütige Unterbrechung sinnlos gewesen sein.

    Daher hatte ich den Sachverhalt so ausgelegt, dass die Unterbrechung noch vor dem Schluss der Versteigerung erfolgt ist.

    Wenn nicht, dann wie BeaF: Keine Abhilfe im Fall eines Rechtsmittels, da der 77 II auch bei Kenntnis des Fax hätte ergehen müssen.

  • Laut Sachverhalt hat er 09.57 geschlossen und 09.56 ging das Fax ein.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki



  • Laut Sachverhalt hat er 09.57 geschlossen und 09.56 ging das Fax ein.


    So habe ich es auch gedeutet. Bei uns kommt nur der Zeitpunkt des Schlusses der Versteigerung ins Protokoll, der Zeitpunkt der Verkündung des § 77-II-Beschlusses nicht.
    Leider schreibt der Löwe nur: ich hebe um 9.57 Uhr laut Protokoll das Verfahren nach § 77 Abs. 2 auf.

    Ich nehme an, dass er dort nur undeutlich formuliert hat.

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