Einkommensteuer bei Einziehung der Mieten durch Zwangsverwalter

  • Wie ist es denn eigentlich steuerrechtlich, wenn eine Immobilie des Schuldners unter Zwangsverwaltung steht. Dann werden ja die Mieten durch den Zwangsverwalter eingezogen und gegenüber dem Gläubiger abgerechnet. In der Insolvenzmasse landet davon nichts.

    Allerdings sind doch die Mieteinnahmen - auch wenn sie nicht beim Schuldner/Verwalter landen - steuerpflichtige Einkünfte?! Hieße das dann, dass sie in der Einkommensteuererklärung erklärt werden müssen (durch den IV) und man dann dicke Masseforderungen am Hals hat, obwohl die Mieteinnahmen komplett durch den Zwangsveralter einkassiert wurden?

    Kann doch eigentlich nicht sein, oder?

    Grüße

  • Die durch die Anordnung der Zwangsverwaltung untersagte tatsächliche und rechtliche Verfügung über das beschlagnahmte Grundstück (§ 148 Abs. 2 i.V.m. § 146 Abs. 1, § 20 Abs. 1 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung -ZVG-) wird durch den Zwangsverwalter als Vermögensverwalter i.S. von § 34 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO 1977) mit Wirkung für und gegen den Vollstreckungsschuldner ausgeübt (§ 150, § 152 Abs. 1 ZVG; Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 12. Mai 1993 XI R 47/91, BFH/NV 1994, 77, m.w.N.; Klein/Rüsken, Abgabenordnung, 7. Aufl. 2000, § 34 Rz. 25). Dieser sind daher die Erträge aus der Verwaltungstätigkeit (hier: Mieteinnahmen) als eigene Einnahmen zuzurechnen, auch wenn sie dem Verwalter oder dem Vollstreckungsgläubiger zufließen (BFH-Urteil vom 16. April 2002 IX R 53/98, BFH/NV 2002, 1152, m.w.N.).

    IX R 65/01

    Um die Masse zu schützen, verbleibt wohl lediglich die Freigabe.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Die durch die Anordnung der Zwangsverwaltung untersagte tatsächliche und rechtliche Verfügung über das beschlagnahmte Grundstück (§ 148 Abs. 2 i.V.m. § 146 Abs. 1, § 20 Abs. 1 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung -ZVG-) wird durch den Zwangsverwalter als Vermögensverwalter i.S. von § 34 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO 1977) mit Wirkung für und gegen den Vollstreckungsschuldner ausgeübt (§ 150, § 152 Abs. 1 ZVG; Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 12. Mai 1993 XI R 47/91, BFH/NV 1994, 77, m.w.N.; Klein/Rüsken, Abgabenordnung, 7. Aufl. 2000, § 34 Rz. 25). Dieser sind daher die Erträge aus der Verwaltungstätigkeit (hier: Mieteinnahmen) als eigene Einnahmen zuzurechnen, auch wenn sie dem Verwalter oder dem Vollstreckungsgläubiger zufließen (BFH-Urteil vom 16. April 2002 IX R 53/98, BFH/NV 2002, 1152, m.w.N.).

    IX R 65/01

    Um die Masse zu schützen, verbleibt wohl lediglich die Freigabe.

    Das würde dann ja auch die Vereinbarungen mit Grundpfandgläubigern unmöglich machen, mit denen man eine Massekostenentschädigung im Falle eines freihändigen Verkaufs ausmacht, da man als IV das Grundstück nicht in der Masse halten kann.

  • alles auch eine Frage der sorgfältigen Insolvenzsachbearbeitung, soweit in diesem Fall anwendbar.

    Sind sämtliche Steuererklärungen (auch für die Zeit vor IE) gefertigt, kann sich ein nicht unbeträchtlicher Verlustvortrag ergeben.

    U.u. lassen sich die Beträge auch als Werbungskosten geltend machen:

    Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG sind Schuldzinsen als Werbungskosten abziehbar, soweit sie mit einer Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Das setzt voraus, dass sie für eine Verbindlichkeit geleistet worden sind, die durch die Einkünfteerzielung -hier aus Vermietung und Verpachtung- veranlasst ist. Das ist beispielsweise der Fall, wenn mit dem den Schuldzinsen zugrunde liegenden Darlehen die Herstellungs- oder Anschaffungskosten eines der Einkünfteerzielung dienenden Gebäudes finanziert werden (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 27. Oktober 1998 IX R 44/95, BFHE 187, 276, BStBl II 1999, 676, und vom 23. Oktober 2001 IX R 65/99, BFH/NV 2002, 341).

    Dies alles können jedoch nur Denkansätze sein. Ohne die Einbeziehung eines Steuerberaters (mit einer guten Haftpflicht) würde ich hier nichts festklopfen.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • würde ich so sehen, unter Berücksichtigung der o.g. Entscheidungen. Wäre die ZV nicht angeordnet, würden die Einnahmen zur Masse fließen. Im Rahmen der ZV sind sie dem Verwalter zuzuordnen, jedenfalls solange, solange § 80 InsO theoretisch greift, also bis zu einer Freigabe.

    Dies ist ME auch nicht gleichzusetzen mit der Einkommensteuer aus Lohneinkünften, die keine Masseverbindlichkeiten darstellen, VI R 21/10.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Jetzt muss ich noch mal auf diese Sache zurückkommen. Nach Durchforsten diverser Kommentare und anderer Quellen ist mir die - zugegebenermaßen antike - Entscheidung des RFH v. 19.03.1940 I 316/39 über den Weg gelaufen:

    Wird während einer Zwangsverwaltung das Konkursverfahren über das Vermögen des Vollstreckungsschuldners eröffnet und die Zwangsverwaltung während des Konkursverfahrens fortgeführt, so gehört die auf die Einkünfte aus dem zwangsverwalteten Gegenstand entfallende Körperschaftsteuer insoweit nicht zu den Massekosten (§ 58 der Konkursordnung), als diese Einkünfte der Konkursmasse nicht zugeflossen sind.

    Ist die einschlägig für das Problem hier? Oder kennt jemand etwas neuere Entscheidungen, die in diese Richtung gehen?

    Grüße

  • ist ne spannende Frage, inwieweit die Zwangsverwaltung zu einem Doppelumsatz führt. Allerdings ist die Frage genauso spannend wie nervig, kaum ein Steuer"recht" dürfte so komplex sein, wie dies der Teutschen. Witzigerweise tritt so ziemlich jede Regierung mit dem Anspruch an, das Steuerrecht zu vereinfachen um anschließend alles nur noch zu verkomplizieren. Die einfachste Regelung wäre doch, der Fiskus nimmt alles, wirklich alles und teilt dann zu :D
    (die Rangklassen würden mich denn dann doch interessieren.... an der Verteilung würd sich eh nich ändern)

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    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Wir haben einen überaus fähigen Steuerberater, aber neulich meinte der, dass er in manchen Bereichen auch nur noch rät.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • .. Entscheidung des RFH v. 19.03.1940 I 316/39 über den Weg gelaufen:

    Wird während einer Zwangsverwaltung das Konkursverfahren über das Vermögen des Vollstreckungsschuldners eröffnet und die Zwangsverwaltung während des Konkursverfahrens fortgeführt, so gehört die auf die Einkünfte aus dem zwangsverwalteten Gegenstand entfallende Körperschaftsteuer insoweit nicht zu den Massekosten (§ 58 der Konkursordnung), als diese Einkünfte der Konkursmasse nicht zugeflossen sind.

    Grüße

    Diese Entscheidung hatte sich auch noch verfestigt, siehe BFH zur KO, IV R 271/03 vom 29.03.1984. Allerdings ist eine Trendwende in Sicht: FG Düsseldorf vom 19.08.2011, 11 K 4201/10 E, ZIP 2011, 2070 Das FG Düsseldorf hat die Revision zur Klärung, ob die zur KO ergangenen Entscheidungen auch auf die InsO übertragbar sind, zugelassen.

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  • 3.Veräußert der Konkursverwalter Vermögensgegenstände sowohl im Interesse absonderungsberechtigter Gläubiger als auch der Konkursmasse, so gehört die daraus entstandene Einkommensteuer nur insoweit zu den Massekosten, als der Veräußerungserlös zur Masse gelangt ist. (BFH IV R 271/83)

    Hier wird ja auch darauf abgestellt, was tatsächlich zur Masse gelangt ist, find ich natürlich sehr sympathisch.

    Mich würde mal interessieren, wer von den hier RA/SB bereits Steuerbescheide in seinen Verfahren bekommen hat, in denen Einkommensteuer für durch Zwangsverwalter eingezogene Mieten beschieden wurde. Auch würde mich interessieren, wie Ihr die Steuererklärungen in diesen Fällen gestaltet, insbesondere was Ihr mit der Anlage V macht.

  • Ich meine, aus dem Urteil des BFH vom 18.05.2010, X R 60/08 kann man schon herauslesen, dass eine Abgrenzung zwischen Insolvenzforderung, Masseforderung oder insolvenzfreie Forderung gegen den Schuldner nicht danach erfolgt, ob dem Insolvenzverfahren etwas zur Masse fließt.

    Es handelt sich hier eindeutig nicht um eine Insolvenzforderung. Auch eine Zuordnung zum insolvenzfreien Vermögen ist nicht möglich, weil es sich bei dem Besteuerungsgegenstand nicht um insolvenzfreies Vermögen handelt (sofern keine Freigabe erfolgt ist). Daher muss m. E. die Einkommensteuerforderung eine Masseverbindlichkeit sein. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Insolvenzforderungen der absonderungsberechtigten Gläubiger durch die Zwangsverwaltung der Immobilie ja auch sinken und so auch mittelbar den übrigen Insolvenzgläubigern etwas "zufließt", da sie eine bessere Quote erhalten. Daher muss m. E. auch die Masse die Steuerforderungen tragen.

    Nachtrag: So inzwischen auch die Rspr.: FG Münster, Urt. v. 29. 11. 2013 - 4 K 3607/10 E

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

    2 Mal editiert, zuletzt von Exec (13. April 2014 um 07:53)

  • Hierzu gibt es jetzt übrigens einen Aufsatz in der DSTR 2013, 97 von Dr. Günter Kahlert, Hamburg "Kalte Zwangsverwaltung von Grundstücken im Insolvenzverfahren und Einkommensteuer" wobei auch auf die "warme" ;) Zwangsverwaltung eingegangen wird. Herr Dr. Kahlert ist der Auffassung, dass die Einkommensteuer auf die Mieten gegen das insolvenzfreie Vermögen festzusetzen wäre. Er verweist hierzu auf das BFH-Urteil vom 01.08.2012, II R 28/11 bzgl. KfzSt. Im Ergebnis sagt er aber auch, dass es nicht abschließend von der Rechtsprechung entschieden ist. Ich finde den Aufsatz nicht schlecht, im Ergebnis aber nicht überzeugend.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Das Thema wurde zuvor bereits von Ackermann/Reck in ZInsO 2012, Heft 43, aufgegriffen.



    Vielen Dank für den Tipp. Wie ich jetzt gelesen habe, wird dort die (m. E. zutreffende) Auffassung vertreten, dass die Insolvenzmasse mit der Einkommensteuer auf die Mieten belastet ist. Allerdings halten sich die Autoren nicht lange mit einer argumentativen Erörterung des Problems auf...

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • .. Entscheidung des RFH v. 19.03.1940 I 316/39 über den Weg gelaufen:

    Wird während einer Zwangsverwaltung das Konkursverfahren über das Vermögen des Vollstreckungsschuldners eröffnet und die Zwangsverwaltung während des Konkursverfahrens fortgeführt, so gehört die auf die Einkünfte aus dem zwangsverwalteten Gegenstand entfallende Körperschaftsteuer insoweit nicht zu den Massekosten (§ 58 der Konkursordnung), als diese Einkünfte der Konkursmasse nicht zugeflossen sind.

    Grüße

    Diese Entscheidung hatte sich auch noch verfestigt, siehe BFH zur KO, IV R 271/03 vom 29.03.1984. Allerdings ist eine Trendwende in Sicht: FG Düsseldorf vom 19.08.2011, 11 K 4201/10 E, ZIP 2011, 2070 Das FG Düsseldorf hat die Revision zur Klärung, ob die zur KO ergangenen Entscheidungen auch auf die InsO übertragbar sind, zugelassen.

    AZ des BFH: IX R 17/12

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Hier hat jetzt der BFH ein Machtwort gesprochen. BFH v. 10.02.2015 - IX R 23/14.
    Die Einkommensteuer ist keine Masseverbindlichkeit sondern vom Zwangsverwalter zu entrichten. :eek:

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • wo kann ich die Entscheidung vom 10.02.2015 finden ?

    Nach der gesamten Dresche, die die Masse in letzter Zeit bekommen hat, vermag ich es nicht zu glauben.....

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  • Zitat

    ... vermag ich es nicht zu glauben.....

    Ich auch nicht!

    Hallo Exec,

    irgendwas stimmt da nicht.
    Auf der "Homepage" des BFH habe ich die Entscheidung nicht gefunden - was nichts heißen muss.

    Die von Dir an anderer Stelle zitierten Leitsätze der Entscheidung passen aber auch irgendwie nicht so richtig zu dem, was die Vorinstanz (FG Münster) entschieden hatte.

    Wo kann man die Entscheidung finden?

  • Die ist noch nicht raus.

    Aber in der Entscheidung steht wortwörtlich drin, dass der ZV und nicht der IV Steuerpflichtiger ist. Also nicht ein gewursteltes Konstrukt aus 33,34 AO.

    Das bedeutet natürlich auch, dass man über das BMF-Schreiben aus dem Jahr 1992 zur Umsatzsteuer aus der ZV nachdenken muss, welche zwischen § 33 AO (Schuldner) und § 34 AO (ZV) trennt.

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