Betriebliche Altersvorsorge

  • Da die SuFu nichts richtig hergegeben hat, werfe ich mein Problem mal in die Runde:
    Schuldner ist GF einer GmbH und erhält unter anderem 200,- € als betriebliche Altersvorsorge, die der AG direkt an den Versicherer abführt. Die Versicherung wird vom Arbeitgeber als unpfändbar eingestuft unter Hinweis auf die Entscheidung des BAG vom 30.07.2008 (10 AZR 459/07). Der Insolvenzverwalter wiederum hält diese Entscheidung für nicht einschlägig und verweist seinerseits auf den BGH, Beschluss vom 12.05.2011, IX ZB 181/10. Die Frage ist nun - wirkt der Betrag von 200,- € erhöhend, so dass die pfändbaren Beträge unter Einschluss dieser Summe ermittelt werden müssten oder nicht? Ich persönlich finde die Enscheidung des BGH in diesem Fall nicht einschlägig, aber soweit ersichtlich gibt es keine Entscheidung, die diesen Fall trifft. Ich wäre daher für Meinungen dankbar :)

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Hier wäre noch ein bisschen Sachverhalt erforderlich.

    Da Geschäftsführer nicht den "normalen Arbeitnehmern" gleichzusetzen sind, wird ihnen oft eine Pensionszusage erteilt. D.h. der Geschäftsführer erhält bei Eintritt der Pensionsreife direkte Zahlungen des Unternehmens. Allein und nur das Unternehmen sichert sich dadurch ab, dass es eine Verscherung abschließt und diese dann regelmäßig bedient. Aus diesem Kapitalstock erfolgen dann die Zahlungen an den Geschäftsführer.

    Könnte es sich um eine derartige Konstruktion handeln?

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Da bin ich überfragt. Ich habe nur den Sachverhalt des IV und die Lohnabrechnungen vorliegen. Aus der Mitteilung des Arbeitgebers ergibt sich nur, dass eine "übliche betriebliche Altersvorsorge" abgeschlossen wurden. Die Beiträge werden direkt an den Versicherer gezahlt.

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  • ich glaube, die Entscheidungen haben nur bedingt etwas miteinander zu tun.

    Bei der BGH-Entscheidung ging es (wohl) nicht um eine Entgeltumwandlung. Bei der BAG-Entscheidung stellt sich hier die Frage, ob die Entgeltumwandlung bereits vor IE vereinbart war.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Wir befinden uns mittlerweile in der Wohlverhaltensperiode (läuft auch in diesem Jahr ab).
    Bei der BGH-Entscheidung ging es um die Erhöhung des pfandfreien Betrages zum Aufbau einer Altersvorsorge.
    Ob die Altersvorsorge schon vor IE bestand, entzieht sich meiner Kenntnis, müsste ich mal prüfen. Zumindest war der Schuldner schon bei Verfahrenseröffnung als Geschäftsführer beschäftigt (Familienunternehmen).
    Kommt hier die NTV bei Fälligkeit in Betracht oder wie ist das gemeint???

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  • Wie man das im Einzelnen regelt, weiß ich auch noch nicht. Allerdings hat der BGH unter VII ZB 87/09 entschieden, dass dieser zukünftige Anspruch aus betr. AV pfändbar ist. Habe ich bislang auch noch nicht durchexerziert.

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  • Wenn ich schon keine Altersvorsorge aufbauen kann (wegen BetrAVG zum Beispiel), brauche ich dann einen zusätzlichen pfändungsfreien Betrag :gruebel:.

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  • die Entscheidungen werden sich wohl überlebt haben:
    Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Auszahlung der Versicherungssumme aus einer Firmendirektversicherung ist bereits vor Eintritt des Versicherungsfalls als zukünftige Forderung pfändbar.

    BGH, Beschluss vom 11.11.2010 - VII ZB 87/09

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  • Die Entscheidung beantwortet aber eigentlich nur den Fall, ob die Versicherungssumme, die irgendwann mal fällig wird, jetzt schon gepfändet werden kann. Hier geht es doch aber wahrscheinlich darum, ob die 200,00 Euronen dem Arbeitslohn zuzurechnen sind (und somit bei der Berechnung des pfändbaren Betrags eine Rolle spielen) oder nicht.

    Es gibt dafür noch eine Entscheidung des BAG 17. 2. 1998, Az.: 3 AZR 611/97. Die hat allerdings das Problem, dass sie vor Wirksamkeit der Insolvenzordnung erlassen wurde.

    Ich meine, wenn diese betriebliche Altersvorsorge vor Insolvenzeröffnung vereinbart wurde, dann ist sie fest und auch nicht zu berücksichtigen. ist sie vielleicht in der Antragsphase oder ähnliches vereinbart worden, hätte sie möglicherweise angefochten werden können etc.

    Die Frage ist ja (auch), ob Du das überhaupt zu entscheiden hast. Im Zweifel - bei Streit über die Pfändbarkeit - dürfte das Prozessgericht zuständig sein. Ich hatte mal so einen ähnlichen Fall und habe das darüber "gelöst". Da der Arbeitgeber die Direktversicherung nicht berücksichtigt hat, hätte dann der Insolvenzverwalter klagen müssen, das hat er aber nicht.

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Zusatz: Guck Dir mal die Entscheidung des Landesarbeitsgericht Niedersachsen 4. Kammer, Urteil vom 19.08.2010, 4 Sa 970/09 B an. Die hat im zweiten Teil die ähnliche Problematik (hab's mal so überflogen).

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  • Zunächst der Hinweis vom Arbeitsrechtler, dass der richtige Begriff "Betriebliche Altersversorgung" lautet, nicht "Betriebliche Altersvorsorge" (siehe z. B. im BetrAVG; zuzugeben ist allerdings: der Gesetzgeber hat in ganz vereinzelten Vorschriften auf Grund redaktionellen Versehens auch ab und zu "Betriebliche Altersvorsorge" geschrieben, z. B. in § 154 SGB VI).

    Mossers Beitrag zeigt m. E. die richtige Stoßrichtung auf. Einige der vorherigen Postings beziehen sich auf die Ansprüche der versicherten Person (hier: GmbH-Geschäftsführer) im Versicherungsfall und die für diesen Thread nicht entscheidungshebliche Frage, wann derlei pfändbar sei. (Am Rande bemerkt: diese Diskussion kann man dann auch noch fortführen, wer denn da - je nach Fallgestaltung - der richtige Drittschuldner ist)

    Vorliegend geht es hingegen um Ansprüche des Schuldners aus der sog. Versorgungszusage der GmbH. Das sind Ansprüche im Verhältnis Geschäftsführer - GmbH (oder im Arbeitsrecht: im Verhältnis Arbeitnehmer - Arbeitgeber). Die Frage ist dann, ob solche Entgeltbestandteile, von denen der Berechtigte derzeit nichts sieht, weil sie zum Zwecke der betrieblichen Altersversorgung abgeführt werden, bei der Berechnung von Pfändungsgrenzen mitzählen.

    Das ist m. E. schon längst ausdisktutiert, ich sehe auch nicht, dass es da Gegenansichten oder gar divergierende Rspr. gäbe.

    Gehen wir mal vom Arbeitsrecht aus:

    Bei einer Entgeltumwandlung schuldet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer insoweit keinen Barlohn mehr, sondern nur eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung. Daher ist das kein Arbeitseinkommen nach §§ 850 ff. ZPO mehr (so z. B. BAG, Urt. vom 17.02.1998, in: NZA 1998, 707). Der Arbeitnehmer erhält erst bei Eintritt des Versicherungsfalls als Bezugsberechtigter Leistungen aus diesem Versicherungsverhältnis, aber das ist - wie oben ausgeführt - eine "andere Baustelle". Diese späteren Rentenzahlungen unterliegen der Pfändbarkeit, aber erst diese (!). Pfändungsrechtlich vermindert sich also das heute pfändbare Arbeitseinkommen um den Umwandlungsbetrag.

    Dort, wo es außerhalb des Arbeitsrechts auf Pfändungsgrenzen ankommt, also z. B. im Fall # 1, gilt nichts anderes.

  • Valerianus gehen wir hier vom gleichen Sachverhalt aus. Zwischen einer Versorgungszusage und dem Abschluss einer Versicherung, zu wessen Gunsten auch immer, bestehen meines Erachtens ein paar Unterschiede.

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  • Valerianus gehen wir hier vom gleichen Sachverhalt aus? Zwischen einer Versorgungszusage und dem Abschluss einer Versicherung, zu wessen Gunsten auch immer, bestehen meines Erachtens ein paar Unterschiede.

    Ja, wir gehen vom selben Sachverhalt aus. Dieser lautet (auszugsweise):

    Schuldner ist GF einer GmbH und erhält unter anderem 200,- € als betriebliche Altersvorsorge, die der AG direkt an den Versicherer abführt.

    Daher meine Antwort auf # 1: Die 200,- € fließen nicht in die Berechnung der Pfändungsgrenze ein. Die Versorgungszusage ist ein Vertrag zwischen Arbeitgeber (oder GmbH) und Arbeitnehmer (oder GmbH-Geschäftsführer), also die Anspruchsgrundlage in Verbindung mit § 611 BGB (oder dem Geschäftsführer-Vertrag). Diese Zusage wird erfüllt durch a) Erriichtung der betreffenden Altersversorgung (z. B. Direktversicherung, Zahlung an Unterstützungskasse etc. etc.) und b) Abführung des umgewandelten Entgelts statt an den Arbeitnehmer (oder GmbH-Geschäftsführer) an die betreffende Einrichtung (z. B. Versicherung).

  • Mit war immer im Kopf, dass die von Dir genannten Möglichkeiten bei einem Geschäftsführer nicht funktionieren, weil dieser eben kein Arbeitnehmer ist. Wozu erteile ich ihm den sonst eine Pensionszusage und schließe eine Rückdeckungsversicherung ab. Aber ich beuge mich hier gern dem Alter und der besseren Einsicht.

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  • @ Gegs:

    Ich verstehe den Einwand nicht ganz.

    Ist es eine terminologische Frage in dem Sinn, dass der Ausdruck "Versorgungszusage" nur im Arbeitsrecht existiere?

    Aber beim GmbH-Geschäftsführer, der nicht Arbeitnehmer ist, spricht man auch von "Versorgungszusage", die die GmbH zu seinen Gunsten abgibt. Dann wird halt nicht vor dem Arbeitsgericht prozessiert. Beispiel: OLG München, in: NZG 2002, 978.

    Oder ist es eine materiell-rechtliche Frage, wonach eine Direktversicherung nicht zugunsten eines Nicht-Arbeitnehmers abgeschlossen werden könne?

    Dann halte ich einen Satz aus einer BGH-Entscheidung (also erkennbar nicht Arbeitsrecht) entgegen: Aus BGH NZG 2003, 86: "Mit seiner Klage hat der Kl. erstinstanzlich von der Bekl. Weiterzahlung seines Gehalts für Dezember 1998 bis Februar 1999 in Höhe von 62499,99 DM sowie Zahlung von 568 DM auf eine zu seinen Gunsten abgeschlossene Direktversicherung begehrt." - Kläger war der alleinige GmbH-Geschäftsführer.

  • Ich habe doch schon gesagt, dass ich mich irren kann.

    Vielleicht ist es eine Mischung aus Beiden zuzüglich der Geltung insolvenzrechtlicher Regelungen.

    Vielleicht ist es auch falsch und die Frage nur, was geschieht in der Gesellschaftsinsolvenz mit der Altersversorgung des Geschäftsführers.

    Und damit habe ich mich entgültig absolut selbst verwirrt.

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  • Und damit habe ich mich entgültig absolut selbst verwirrt.


    Na dann ist ja gut, ich dachte schon, das geht nur mir so :D
    Ich habe heut noch mal mit dem IV, jetzt TH gesprochen. Er meint, dass die Versicherung bereits vor Insolvenz bestanden habe (Schuldner hat kurz vor IE die GmbH gegründet, in der er dann GF wurde). Ich denke, die Beträge sind bei der Berechnung des pfändbaren Betrages nicht zu berücksichtigen.
    Fragt sich nur, was man jetzt im Hinblick auf die BGH-Entscheidung macht, die LFdC angeführt hat.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

    Einmal editiert, zuletzt von Maus (28. Februar 2012 um 10:19) aus folgendem Grund: Das kleine Wörtchen "nicht" eingefügt, was schon von Anfang hätte dagewesen sein sollen!

  • Wenn ich richtig mitgelesen habe: Der GF hat Anspruch auf Arbeitslohn und auf Zahlung in eine Direktversicherung.
    Warum jetzt die Zusammenrechnung dieser beiden Beträge? Weil beides Arbeitslohn sein ist? Es sollte doch darauf ankommen, ob die Direktversicherung als Teil des Lohnes oder als Versorgungszusage vom Arbeitgeber zugesagt wurde. Und wie sieht die Praxis aus? Erscheien die 200 "widerspruchslos" in der Lohnabrechnung?

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