Erstattungsfähigkeit von Parteikosten (Übernachtungskosten)

  • Hallo alle zusammen!

    In meinem Fall wurde ein in Österreich wohnhafter "bekannter" Unternehmer verklagt.

    Der Beklagte hat sich vor dem Amtsgericht selbst vertreten.
    Im Urteil wurden die Kosten des Rechtsstreits gequotelt.

    Der Beklagte macht nunmehr Kosten für die Wahrnehmung des Verhandlungstermins geltend. Diese sind meiner Meinung auch grundsätzlich erstattungsfähig. Die Reisekosten sind unproblematisch.

    Streitig sind die geltend gemachten Übernachtungskosten, die ziemlich hoch sind.
    Da der Verhandlungstermin zeitig stattfand, fand ich grundsätzlich die Anreise des Beklagten aus Österreich am Tag zuvor sinnvoll. Nur handelt es sich bei dem Beklagten um eine offensichtlich ziemlich vermögende Partei, die entsprechend in einem sehr teuren Hotel übernachtet hat. Die Gegenseite wehrt sich verständlicherweise gegen diese hohen Übernachtungskosten mit Frühstück und meint, dass ein weniger teueres Hotel ausreichend gewesen wäre. Der Beklagte hat sich, trotz Aufforderung hierzu nicht geäußert.

    Ok, ich kann nicht von dem Beklagten verlangen, dass er in einer Jugendherberge übernachtet, aber muss die Gegenseite die Kosten eines Luxushotels erstatten?

    Wo ist die Grenze? Gibt es Entscheidungen zur Erstattungsfähigkeit von Übernachtungskosten?

    Für eure Antworten bin ich sehr dankbar :)

  • OLG Frankfurt 11.02.2008 6 W 207/07 Übernachtung in Frankfurt außerhalb der Messezeit bis 170,- EURO

    Wobei da ja weniger der Betrag interessant ist, sondern die Tatsache das dieser Betrag auch nur "geschätzt" wurde. Die Frankfurter Hotelpreise kann man natürlich nicht 1 zu 1 mit anderen Städten/Orten vergleichen...

  • Wie die Vorposter:

    Erstattungsfähig sind die ortsüblichen Übernachtungspreise. Die Partei muss nicht in einer Jugendherberge übernachten, aber eben auch nicht in der Suite mit Elbblick.

    Das war die Argumentation eines RA in Hamburg: "Wenn ich schon mal in Hamburg bin, will ich auch die Elbe sehen."

    Fällt natürlich aus. In Hamburg sind wir immer von einem durchschnittlichen Übernachtungspreis von 100,- EUR ausgegangen.

  • :dito:

  • In Frankfurt gehe ich tendenziell von 100,00 EUR/Nacht aus, was aber messeabhängig ist. Außerhalb der Messezeiten ist dieser Wert ok, während der Messezeiten kann er natürlich deutlich darüber liegen und auch 200,00 EUR überschreiten.

  • OLG Frankfurt 11.02.2008 6 W 207/07 Übernachtung in Frankfurt außerhalb der Messezeit bis 170,- EURO

    Wobei da ja weniger der Betrag interessant ist, sondern die Tatsache das dieser Betrag auch nur "geschätzt" wurde. Die Frankfurter Hotelpreise kann man natürlich nicht 1 zu 1 mit anderen Städten/Orten vergleichen...

    Die Schätzung dürfte dadurch bedingt gewesen sein, dass es so gut wie unmöglich ist, rückblickend Hotelpreise (und auch Bahn- bzw. Flugpreise) für ein bestimmtes Datum zu ermitteln.

    Ich habe gerade einmal interessehalber bei hrs.de nach einem beliebigen Datum in der Zukunft gesucht (Hotel in Frankfurt vom 25.-26.09.2012, das mag ja hinhauen, wenn jetzt ein/e Kammer/Senat für Ende September terminiert, max. 5 km von der Innenstadt entfernt und drei Sterne oder höher): von 76 angezeigten Hotels liegen 11 bei bis € 100,00, alle anderen darüber.

    Ich reise privat relativ viel und habe daher auch eine nicht-juristische Meinung zu dem Thema: € 100 / Nacht unter der Woche in der Großstadt (Frankfurt, Hamburg etc.) bei einer Buchung mit einer Vorlaufzeit von u.U. nur einigen Wochen halte ich für relativ tief angesetzt, ich würde da die Grenze schon etwas höher veranschlagen.

  • € 100 / Nacht unter der Woche in der Großstadt (Frankfurt, Hamburg etc.) bei einer Buchung mit einer Vorlaufzeit von u.U. nur einigen Wochen halte ich für relativ tief angesetzt, ich würde da die Grenze schon etwas höher veranschlagen.


    Ich akzptiere auch höhere Hotelkosten, vor allem, weil die Gegenseite an der Höhe meist nichts auszusetzen hat. Wenn ich aber von fiktiven Hotelkosten ausgehe (z.B. Vergleich mit UBV-Kosten), dann nehme ich 100 EUR. Zudem erlebe ich es immer noch erstaunlich oft, dass es RAs gelingt, in Ffm für deutlich unter 100 EUR(Nacht zu übernachten.

  • Nur um keine Mißverständnisse aufkommen zu lassen: Die zitierten Entscheidungen betreffen fast alle die Übernachtungskosten eines RA. Hier geht es aber nicht um die Übernachtungskosten eines RA, als Vertreter einer Partei, sondern um diejenigen einer Partei. Einer Partei (was der RA als sich selbst vertretender RA auch wäre) steht aber über § 91 ZPO i. V. m. § 19 Abs. 1 Nr. 2 JVEG nur eine Aufwandsentschädigung nach § 6 JVEG zu. Dazu gehört neben dem Tagegeld des Abs. 1 auch ein Übernachtungsgeld nach Abs. 2 JVEG. Aus Hagen Schneider, JVEG (2007):

    Zitat

    "Hinsichtlich der Höhe des für eine auswärtige Übernachtung zu erstattenden Übernachtungsgeldes verweist Abs. 2 auf die Bestimmungen des Bundesreisekostengesetzes (BRKG).

    (...), edit by Kai (aus urheberrechtlichen Gründen gekürzt) 

    Links: § 7 BRKG, BRKGVwV (und dort zu § 7)

    Weiter ist zu berücksichtigen:

    Zitat

    "Handelt es sich bei den Übernachtungskosten um einen Inklusivpreis, der auch Mahlzeiten mit einschließt, muß das nach Abs. 1 gewährte Tagegeld gekürzt werden. (...), edit by Kai (aus urheberrechtlichen Gründen gekürzt)

    Verlangt der Antragsteller also mehr als 60,- € pro Nacht, hat er die Notwendigkeit darzulegen (Ortsüblichkeit/Persönlichkeit des Antragstellers).

    » Die meisten Probleme entstehen bei ihrer Lösung. «
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  • Die Aussagen in dem Traktat dieses Herrn Schneider sind vollkommen realitätsfremd und erwecken den Eindruck, dass der gute Mann seine Urlaube vorzugsweise auf dem Campingplatz verbringt.


    :D Und was hast Du sachlich dagegen einzuwenden? Wieso Traktat? Er beschreibt doch nur die Gesetzeslage und weist auf ergangene Rechtsprechung hin.

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  • Was Bolleff beschreibt, steht in jedem guten JVEG-Kommentar und § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO verweist auf das JVEG.
    Im Ergebnis können die Übernachtungskosten der Partei in derselben Höhe erstattungsfähig sein, in der sie es bei einem Rechtsanwalt wären; der Weg dahin ist jedoch ein anderer und bedarf ggf. einer Begründung.

    Zitat Bolleff: "Einer Partei (was der RA als sich selbst vertretender RA auch wäre) steht aber über § 91 ZPO i. V. m. § 19 Abs. 1 Nr. 2 JVEG nur eine Aufwandsentschädigung nach § 6 JVEG zu."
    Der Anwalt wird sich entscheiden müssen, ob er als Anwalt nach dem RVG abrechnet oder als Partei nach dem JVEG. Für eine gemischte Abrechnung nach dem Motto Gebühren und Fahrtkosten nach dem RVG, Verdienstausfall für einen 2. Termin nach dem JVEG fehlt mir eine Grundlage.

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