Erst Nachlassgegenstände gesichert, dann ausgeschlagen

  • Ich habe die SuFu benutzt, aber nichts vergleichbares gefunden. Evtl. habe ich die falschen Begriffe benutzt.

    Ich habe heute Ausschlagungen beurkundet.
    Anschließend hatte ich einen Anruf der Vermieterin, dass die Familie (die heute bei mir zur Ausschlagung da war) bereits diverse Gegenstände aus der Wohnung geräumt habe und auch das Auto aus der Garage fehlen würde. Die Schwester der Erblasserin habe ihr gegenüber behauptet, dass sie dieser das Geld für den Kauf des Autos geliehen habe und daher das Auto nicht in den Nachlass falle. Außerdem fehle ein Fernseher. Das Auto sei auch bereits verkauft worden.
    Die Erblasserin hinterlässt ein minderjähriges Kind (11 Jahre alt), welches noch persönliche Dinge in der Wohnung hat (Kleidung uns Spielzeug). Für dieses Kind hat heute die Schwester der Erblasserin als bestellter Vormund ausgeschlagen, ebenso die Mutter, die Schwester und deren Kinder. Weitere Angehörige sind nicht bekannt.

    Ich tendiere dazu, einen Nachlasspfleger zu bestellen, da der Verbleib des Autos zu klären ist. Die Vermieterin will ihr Vermieterpfandrecht geltend machen. Allerdings dürfte das Auto nicht darunter fallen, da es sich nicht mehr in der zur Wohnung gehörenden Garage befindet, oder ? Außerdem muss das minderjährige Kind ja noch an seine Sachen kommen. Oder gehen die auch im Nachlass auf ? Insgesamt dürfte der Nachlass jedoch überschuldet sein. Oder gehen die Ausschlagungen gar ins Leere, weil bereits über Nachlassgegenstände verfügt wurde ?

  • Eine Nachlasspflegschaft setzt unter anderem ein Sicherungsbedürfnis voraus. Insoweit die Gegenstände nicht mehr gesichert werden können, kommt die Anordnung einer Nachlasspflegschaft nicht mehr in Betracht. Ob ein Sicherungsbedürfnis vorliegt, könnte man auch durch die Ortspolizei - je nach Landesrecht - klären lassen. Diese kann die Wohnung auch versiegeln.

    Wenn das mdj. Kind Eigentümer ist, spricht doch nichts dagegen, dass diese Gegenstände aus dem Nachlass ausgesondert werden. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die Vermieterin dem entgegen stehen wird.

    Die Frage, ob die Ausschlagungen wirksam sind, dürfte jetzt nicht zu prüfen sein, sondern erst im Rahmen eines Erbscheinverfahrens. Durch die Inbesitznahme von Nachlassgegenständen wird grundsätzlich eine konkludente Annahmeerklärung unterstellt. Gleichwohl ist eine Anfechtung möglich.

    Solange du keine Kenntnisse darüber hast, dass das KfZ eim Eigentum der Erblasserin stand, würde ich diesbezüglich nichts weiter unternehmen.

  • Sofern für die Ausschlagungserklärung der Schwester der Erblasserin als Vormund für deren minderjähriges Kind die gerichtliche Genehmigung vorliegt oder noch erteilt wird, haben offenbar alle nach Aktenlage bekannten Erben ausgeschlagen, sodass dann das Erbrecht des Fiskus festgestellt werden könnte und damit ein Ansprechpartner für etwaige Anspruchsteller, insbesondere die Vermieterin, zur Verfügung stünde. Diese Variante würde ich im von Dir geschilderten Fall der Anordnung einer Nachlasspflegschaft vorziehen, aber darüber ist hier schon viel und kontrovers diskutiert worden.

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Da die familiengerichtliche Genehmigung noch nicht vorliegt,würde ich auf jeden Fall das Familiengericht in Kenntnis setzen,da von dort aus bezüglich Überschuldung bzw. erfolgter Annahme der Erbschaft zu ermitteln ist.

  • Wenns stimmt, was die Vermieterin sagt, dann haben die Erben sich aber um Dinge gekümmert, die erstens werthaltig waren und zweitens nicht verschimmelt wären, da passt § 1959 BGB nicht ganz.

  • Ich wollte nur - entgegen der landläufigen Meinung - darauf hingewiesen haben, dass selbst die Verfügung über Nachlassgegenstände nicht zwingend mit einer Erbschaftsannahme einhergehen muss, die eine zeitlich nachfolgende Erbausschlagung begrifflich ausschließt.

    Dass die betreffende Rechtsfrage in jedem Einzelfall zu prüfen ist, steht außer Frage.

  • Auch ein Auto in der Garage kann unter das Vermieterpfandrecht fallen, jedoch muss der Vermieter dieses Pfandrecht erstmal wirksam (gegenüber wem? Wer ist denn der Erbe?) geltend machen...nicht dem Mieter gehörende Sachen werden nicht erfasst (§ 562 BGB, § 592 BGB).

    Das ist hier m.E. ganz gut beschrieben: http://www.iww.de/ve/archiv/ford…d-machen-f32293 .

    Ob und wer Erbe wurde, ist aber schon wegen der unklaren Ausschlagungs- und Verfügungsfrage fraglich, so dass hier eine Nachlasspflegschaft (egal ob nach 1960 oder 1961 BGB) wohl sinnvoll ist. Und nichts ist sicherungsbedürftiger, als bereits weggenommene Nachlassgegenstände...

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

    Einmal editiert, zuletzt von TL (16. August 2013 um 08:06)

  • Eine Nachlasspflegschaft setzt unter anderem ein Sicherungsbedürfnis voraus. Insoweit die Gegenstände nicht mehr gesichert werden können, kommt die Anordnung einer Nachlasspflegschaft nicht mehr in Betracht. Ob ein Sicherungsbedürfnis vorliegt, könnte man auch durch die Ortspolizei - je nach Landesrecht - klären lassen. Diese kann die Wohnung auch versiegeln.

    Wenn das mdj. Kind Eigentümer ist, spricht doch nichts dagegen, dass diese Gegenstände aus dem Nachlass ausgesondert werden. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die Vermieterin dem entgegen stehen wird.

    Die Frage, ob die Ausschlagungen wirksam sind, dürfte jetzt nicht zu prüfen sein, sondern erst im Rahmen eines Erbscheinverfahrens. Durch die Inbesitznahme von Nachlassgegenständen wird grundsätzlich eine konkludente Annahmeerklärung unterstellt. Gleichwohl ist eine Anfechtung möglich.

    Solange du keine Kenntnisse darüber hast, dass das KfZ eim Eigentum der Erblasserin stand, würde ich diesbezüglich nichts weiter unternehmen.

    Zu den einzelnen Absätzen möchte ich anmerken:

    1) Wenn ein zum Nachlass gehörender Gegenstand von einem Nichtberechtigten entfernt worden ist, dann ist das die höchste Stufe des Sicherungsbedürfnisses. Dann einfach zu sagen: "Das Auto ist verkauft und kann demnach nicht mehr gesichert werden", ist nicht zuende gedacht, denn es ist zu prüfen ob einerseits die Verfügung rückgängig gemacht werden kann und/oder andererseits das Surrogat nun im Wege der Nachlasssicherung wieder zum Nachlass gezogen werden muss. Die Versiegelung der Wohnug wäre in dem hier genannten Ausgangsfall die wohl schlechteste Lösung. Nehmen wir mal an, das wird gemacht, was passiert denn dann? Wie soll es denn weitergehen? Eine Mietwohnung zu versiegeln ohne zeitnah einen Erben zu haben oder Nachlasspflegschaft anzuordnen ist unsinnig.

    2) Es ist bei jedem Pfandrecht immer die Frage, inwieweit der Pfandrechtsgläubiger Dinge einfach so freigibt, oder ggf. verklagt werden muss. Wenn in der Wohnung z.B. eine 1.000 Euro teure Playstation (oder wie die Dinger heute heißen mögen) steht, dann dürfte es schon fraglich sein, ob die Erblasserin oder das Kind Eigentümer ist und demnach ob das Teil unter das Pfandrecht fällt oder nicht.

    3) Es ist ein immer wieder aus Kommentaren wiederholter Satz, dass die Wirksamkeit einer Ausschlagung nur im Wege eines Erbscheinsverfahrens zu prüfen sei. Das ist so nicht richtig. Im Wege der gerichtlichen Prüfung, ob z.B. eine Nachlasspflegschaft angeordnet werden muss, weil alle bekannten Erben (wirksam oder nicht?) ausgeschlagen haben, ist durchaus auch ohne ein Erbscheinsverfahren eine Prüfung der Wirksamkeit durch das Nachlassgericht vorzunehmen. Gleiches gilt z.B. auch, ob nach dem Eingang einer Ausschlagung tatsächlich die Nächstberechtigten durch das Gericht angeschrieben und über den Erbfall in Kenntnis gesetzt werden oder nicht.

    3) Es ist zumindest schon einmal sehr wahrscheinlich, dass einem der PKW, mit dem man herumfährt auch gehört oder er einem Leasingunternehmen gehört. Dass jemand von einem Verwandten Geld zum PKW-Kauf geliehen bekommt und dann das Auto nicht auf sich selbst sondern den Verwandten anmeldet, ist abwegig. Das alles läßt sich aber recht schnell durch einen Anruf oder ein Fax bei/an die Zulassungsstelle klären. Die können sagen., ob ein PKW auf Namen der Erblasserin angemeldet war. Wenn das Auto auf Namen der Erblasserin angemeldet war, ist es Nachlassaktiva und die zur Finanzierung des Autos gegebene Zahlung eine Passiva die dann entweder bezahlt wird (bei ausreichendem Nachlass) oder nicht (bei dürftigem Nachlass). Einen Eigentumsvorbehalt wird der private Geldgeber wohl nicht vereinbart haben. Vielleicht gibt es noch nichtmal Belege für die Geldverleihung....Ich würde aber nicht lange rummachen und einfach einen Pfleger bestellen. Dann sieht man weiter.

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  • Ich schließe mich hier mal an:

    Kindesvater ist vor einer Woche verstorben.
    Minderjährige Kinder sind vorhanden, die unter Vormundschaft stehen.
    Volljährige Tochter sei vorhanden, mit der aber seit Jahren kein Kontakt bestand.
    Vormund möchte wissen , ob er in die Wohnung darf ( Schlüssel hat das Krankenhaus , in dem der Erblasser noch liegt :confused:), um

    a.) verderbliche Lebensmittel aus dem Kühlschrank zu entfernen

    b.) bei der Gelegenheit, Unterlagen in der Wohnung zu sichten, ob für die Kinder die Erbschaft ausgeschlagen werden muss.

    Bedenken ?

    Bzgl. a.) hätte ich im Hinblick auf den von Cromwell zitierten § 1959 BGB keine Bedenken.
    Wie ist das aber bzgl. b.) :gruebel:

    Ich gehe dabei davon aus , dass die Schlüsselentgegennahme durch den Vormund noch keine Erbschaftsannahme ( im Hinblick auf a.) ) bedeutet.

  • Ist b) vielleicht der nette Nebeneffekt von a)? Verständlich ist der Wunsch, sich für eine sachgerechte Entscheidung einen Überblick zu verschaffen, schon.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Beides ist notwendig.:)
    Falls beides auch ( rechtlich ) möglich ist , würde ich da keine zeitliche Reihenfolge vorgeben.;)
    Kommt auch darauf an , wieviel Tierchen den Kühlschrank schon verlassen haben.:D

  • Jetzt mal ehrlich: Wenn die (z.B. volljährigen) Kinder eines Erblassers den Schlüssel zur Wohnung hätten, dann suchen die natürlich auch zuerst mal, ob der Nachlass werthaltig ist und führen "Erstmaßnahmen" durch. Die Ausschlagung kommt dann vielleicht später hinterher...oder eben auch nicht.

    Ich hätte hier keine besonderen Bedenken, gegen die Schlüsselherausgabe an den Vormund der Kinder.

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  • Und das, wo doch alle bei mir schon bestimmt darauf gewartet haben, dass ich "Nachlasspflegschaft" rufe...:D

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  • Und das, wo doch alle bei mir schon bestimmt darauf gewartet haben, dass ich "Nachlasspflegschaft" rufe...:D

    geb´s zu... du kennst die Sache und willst nicht zu den "Tierchen" in die Wohnung :2weglach:

    Tack för hjälpen

    Katharina [SIGPIC][/SIGPIC]

    Delad glädje är dubbel glädje, delad sorg är halv sorg.

    Geteilte Freud´ ist doppelte Freud´, geteilte Sorgen sind halbe Sorgen.

  • Wenn das Krankenhaus die Schlüssel dem Vormund übergibt, würde ich mich nicht einmischen. Ausdrücklich erlauben würde ich es aber auch nicht....

  • @uschi: Sondern? Nachlasspfleger bestellen?

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