Ausschlagung eines Vermächtnisses

  • Ein Notariat -Nachlassgericht- in Baden-Württemberg.

    In einem notariellen Erbvertrag haben sich die Ehegatten gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt. Den Kindern wurden im gleichen Erbvertrag auf den Tod des Erststerbenden Geldvermächtnisse zugesprochen.

    Der Ehemann ist verstorben. Die Ehefrau, die Kinder und die Enkel des Erblassers möchten die Erbschaft aus allen Berufungsgründen ausschlagen.

    1) Beginnt die Frist für die Ausschlagung der Ehefrau mit dem Todestag, da sie durch die Beteiligung am Erbvertrag bereits von der Erbeinsetzung wusste oder erst mit Erhalt der Eröffnungsniederschrift?

    2) Für den Fall, dass die Frist abgelaufen wäre und die Ehefrau die Ausschlagung trotzdem vornehmen möchte: wie behandelt Ihr dies in der Niederschrift über die Ausschlagung?

    Weiter wollen die Kinder die Vermächtnisse aus dem Erbvertrag ausschlagen.

    Nach § 2180 Abs. 2 Satz 1 BGB erfolgt die Ausschlagung eines Vermächtnisses durch Erklärung gegenüber dem Beschwerten. Nach der Ausschlagung der Ehefrau, der Kinder und der Enkel ist der Erbe, also der Beschwerte, dem Nachlassgericht zunächst einmal nicht bekannt.

    3) Müssen die Erben vom Nachlassgericht ermittelt bzw. (bei einer ohnehin bestehenden Ermittlunsgpflicht) den Vermächtnisnehmern mitgeteilt werden oder müssen sich die Vermächtnisnehmer hierum selbst kümmern?

    Die Vorgenennten werden alle in einem Termin bei mir ausschlagen.

    4) Ist und wenn ja wie ist die Ausschlagung der Vermächtnisse in der Niederschrift zu erwähnen?

    Im Erbvertrag ist formuliert: "Auf den Tod des Erststerbenden erhalten die gemeinschaftlichen Abkömmlinge, unter sich nach den Regeln der gesetzlichen Erfolgeordnung, von diesem Geldvermächtnisse in Höhe des Wertes von 3/4 seines reinen Nachlasses."

    5) Gehen die Vermächtnisse mit der Ausschlagung der Vermächtnisse der Kinder auf die Enkel über, d.h. müssen diese die Vermächtnisse ebenfalls ausschlagen?

  • Ein Notariat -Nachlassgericht- in Baden-Württemberg.

    In einem notariellen Erbvertrag haben sich die Ehegatten gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt. Den Kindern wurden im gleichen Erbvertrag auf den Tod des Erststerbenden Geldvermächtnisse zugesprochen.

    Der Ehemann ist verstorben. Die Ehefrau, die Kinder und die Enkel des Erblassers möchten die Erbschaft aus allen Berufungsgründen ausschlagen.

    1) Beginnt die Frist für die Ausschlagung der Ehefrau mit dem Todestag, da sie durch die Beteiligung am Erbvertrag bereits von der Erbeinsetzung wusste oder erst mit Erhalt der Eröffnungsniederschrift?


    § 1944 BGB
    Ausschlagungsfrist

    (1) Die Ausschlagung kann nur binnen sechs Wochen erfolgen.

    (2) Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem der Erbe von dem Anfall und dem Grunde der Berufung Kenntnis erlangt. Ist der Erbe durch Verfügung von Todes wegen berufen, beginnt die Frist nicht vor Bekanntgabe der Verfügung von Todes wegen durch das Nachlassgericht. Auf den Lauf der Frist finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §§ 206, 210 entsprechende Anwendung.

    (3) Die Frist beträgt sechs Monate, wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz nur im Ausland gehabt hat oder wenn sich der Erbe bei dem Beginn der Frist im Ausland aufhält.


    Zitat


    2) Für den Fall, dass die Frist abgelaufen wäre und die Ehefrau die Ausschlagung trotzdem vornehmen möchte: wie behandelt Ihr dies in der Niederschrift über die Ausschlagung?

    Ich protokoliere das was erklärt wird. Es ist auch nicht meine Aufgabe künstlich Anfechtungsgründe herbeizureden.

    Zitat

    Weiter wollen die Kinder die Vermächtnisse aus dem Erbvertrag ausschlagen.

    Nach § 2180 Abs. 2 Satz 1 BGB erfolgt die Ausschlagung eines Vermächtnisses durch Erklärung gegenüber dem Beschwerten. Nach der Ausschlagung der Ehefrau, der Kinder und der Enkel ist der Erbe, also der Beschwerte, dem Nachlassgericht zunächst einmal nicht bekannt.

    3) Müssen die Erben vom Nachlassgericht ermittelt bzw. (bei einer ohnehin bestehenden Ermittlunsgpflicht) den Vermächtnisnehmern mitgeteilt werden oder müssen sich die Vermächtnisnehmer hierum selbst kümmern?

    Die Vermächtnisnehmer könnten ja auch das Vermächtnis geltend machen wollen. Die sind also zu benachrichtigen. Die Ermittlung erfolgt wg. § 1953 Abs. 3 BGB ja eh.


    Zitat

    4) Ist und wenn ja wie ist die Ausschlagung der Vermächtnisse in der Niederschrift zu erwähnen?

    Nein.

  • Ist der Nachlass überschuldet?

    Wahrscheinlich ja, denn sonst macht es keinen Sinn, dass Ehefrau und Kinder aus allen Berufungsgründen ausschlagen möchten.

    Liegt Überschuldung vor, macht die - nicht fristgebundene - Ausschlagung der Vermächtnisse ohnehin keinen Sinn, weil sich die Ausschlagung dann auf etwas bezieht, was die Vermächtnisnehmer aufgrund der Überschuldung des Nachlasses ohnehin nicht erhalten würden.

  • Die Vermächtnisnehmer könnten ja auch das Vermächtnis geltend machen wollen. Die sind also zu benachrichtigen. Die Ermittlung erfolgt wg. § 1953 Abs. 3 BGB ja eh.

    Das verstehe ich nicht. Wen meinst Du mit "Die"? Die Vermächtnisnehmer sind ja bekannt. Sine die Erben zu ermitteln und den Vermächtnisnehmern mitzuteilen oder müssen sich die Vermächtnisnehmer hierum selbst kümmern?


  • Das verstehe ich nicht. Wen meinst Du mit "Die"? Die Vermächtnisnehmer sind ja bekannt. Sine die Erben zu ermitteln und den Vermächtnisnehmern mitzuteilen oder müssen sich die Vermächtnisnehmer hierum selbst kümmern?


    Bis auf die Bekanntmachung der Verfügungen von Todes wegen an die Vermächtnisnehmer erfolgen weitere Mitteilungen nicht; es mag gegebenenfalls Akteneinsicht genommen werden durch die Vermächtnisnehmer. Dies erleichtert das Finden des Schuldners bezüglich des schuldrechtlichen Anspruchs, sofern er geltend gemacht werden soll.


    Zur Frage 4): Nein, die Ausschlagung der Vermächtnisse ist in das Protokoll nicht aufzunehmen, da es sich nicht um eine amtsempfangsbedürftige Erklärung handelt.

    Als Bote sollte das Nachlassgericht nicht missbraucht werden. :)


    Zur Frage 5):

    Das Gesetz sieht die Möglichkeit vor, Ersatzvermächtnisnehmer ausdrücklich zu bestimmen, vgl. § 2190 BGB. Die Zweifelsregelung des § 2069 BGB dürfte neben Erbeinsetzungen auch für Vermächtnisse gelten. Dies aber ohne Gewähr.
    Dazu und zu § 2190 BGB würde ich den Kommentar bemühen.

    Beste Grüße


    Nachtrag:

    Ich sehe grade die vorher überlesene Passage:

    "Auf den Tod des Erststerbenden erhalten die gemeinschaftlichen Abkömmlinge, unter sich nach den Regeln der gesetzlichen Erfolgeordnung, von diesem Geldvermächtnisse in Höhe des Wertes von 3/4 seines reinen Nachlasses."

    Damit liegt eine ausdrückliche Ersatzvermächtnisnehmerbestimmung (in der Reihenfolge der gesetzlichen Erbfolge) vor. Die Frage, ob § 2069 für Vermächtnisse angewendet werden kann, stellt sich also nicht mehr.

    Nur als ergänzenden Hinweis:

    § 2180 Abs. 3 BGB verweist auf einige wenige Ausschlagungsvorschriften, nicht jedoch auf § 1953 Abs. 3 BGB. Das Nachlassgericht hat also keine Pflicht die Ersatzvermächtnisnehmer zu benachrichtigen, zumal es in derart gelagerten Fällen eher selten Kenntnis von der Ausschlagung des Vermächtnisses bekommen dürfte.

    Einmal editiert, zuletzt von Schirmacher (30. April 2014 um 20:18) aus folgendem Grund: Nachtrag

  • Zur Frage 4): Nein, die Ausschlagung der Vermächtnisse ist in das Protokoll nicht aufzunehmen, da es sich nicht um eine amtsempfangsbedürftige Erklärung handelt.

    Als Bote sollte das Nachlassgericht nicht missbraucht werden. :)

    Vielen Dank für alle Antworten!

    Im vorliegenden Fall werden sämtliche Vermächtnis- und Ersatzvermächtnisnehmer bei der Ausschlagung zugegen sein.

    Weist Ihr in der Niederschrift über die Ausschlagung die Vermächtnis- und Ersatzvermächtnisnehmer darauf hin, dass das Vermächtnis gegenüber den Erben auszuschlagen ist?

  • In meinem Fall wurde die Ausschlagung vor einem Notar erklärt und an das Nachlassgericht übersandt. Die Vermächtnisnehmerin wohnt in der Schweiz.

    Würdet ihr jetzt das Original der Ausschlagung an den Erben übersenden und eine Kopie z.d.A.nehmen ?Kosten würde ich keine erheben.

  • In meinem Fall wurde die Ausschlagung vor einem Notar erklärt und an das Nachlassgericht übersandt. Die Vermächtnisnehmerin wohnt in der Schweiz.

    Würdet ihr jetzt das Original der Ausschlagung an den Erben übersenden und eine Kopie z.d.A.nehmen ?Kosten würde ich keine erheben.

    Wieso nimmt das Nachlassgericht Zustellungen für die Vermächtnisnehmer vor? Wie bereits in #1 festgestellt wurde:

    Nach § 2180 Abs. 2 Satz 1 BGB erfolgt die Ausschlagung eines Vermächtnisses durch Erklärung gegenüber dem Beschwerten.

    Es ist Sache des Vermächnisnehmers, dies zu tun, und das würde ich dem Notar auch so mitteilen.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Vielleicht liegt es auch
    b) daran, dass du dich nahezu ausschließlich einseitig beteiligst - nämlich als Fragesteller, als Antwortgeber bist du eher nicht bekannt.

    Na das kann ja hier kein Kriterium sein , ob man eine Antwort erhält oder nicht.
    Wirkt auf mitlesende Gäste des Forums , die sich unsicher fühlen, eher abschreckend.

  • § 2180 II BGB ist ja recht eindeutig. Das würde ich der Vermächtnisnehmerin schreiben und auch mitteilen, dass eine nachlassgerichtliche Tätigkeit unterbleibt.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Wenn man in Interpretation des unklaren Sachverhalts unterstellt, dass es sich im vorliegenden Fall ausschließlich um die Ausschlagung eines Vermächtnisses handelt, wird das Nachlassgericht das Original der Erklärung unter Zurückbehaltung einer beglaubigten Abschrift an den Erben weiterzuleiten haben. Auch im Fall RGZ 113, 234 (237/238) wurde der Erbe durch das Nachlassgericht von der Vermächtnisausschlagung verständigt.

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