Wer kann vollstrecken?

  • Hallo,

    folgender Sachverhalt:

    Es gibt 3 Kinder, die bei den Großeltern leben. Bezüglich des einen Kindes gibt es einen Beschluss des AG, dass Aufenthaltsbestimmungsrecht, Gesundheitssorge, Antragsrecht gegenüber Behörden bei den Großeltern liegt. Vermögenssorge gehört nicht dazu. Da die Eltern zum Zeitpunkt der Geburt verheiratet waren, haben beide das geteilte Sorgerecht.

    Die Kindsmutter hat zwei Unterhaltstitel gegen den Kindsvater vorliegen. Meine Frage:

    Kann die Mutter gegen den Vater den Unterhalt vollstrecken, wenn die Kinder nicht bei ihr leben (Rückstand und laufenden Unterhalt)?

    Danke vorab

    Liane

  • Nicht ganz passend, aber ähnlich: OLG Dresden, Beschluss vom 12.03.2010, 24 UF 0157/10 (zu finden unter juris)

    Die Großeltern sollten eine Ergänzungspflegschaft anregen mit dem Wirkungskreis der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen.
    Es fehlen im Moment noch einige Informationen:
    - Ist der Unterhaltstitel gemäß § 1629 Abs. 3 BGB auf den Namen der Kindesmutter ergangen?
    - Ist die Ehe mittlerweile geschieden worden und die Prozessstandschaft damit beendet? In diesem Fall müsste der Titel auf die Namen der Kinder umgeschrieben werden. Dies könnte dann natürlich nur derjenige
    beantragen, dem die Vermögenssorge zusteht. Steht sie beiden zu, muss es der Elternteil machen, in dessen Obhut sich die Kinder befinden (§ 1629 Abs. 2 S. 2 BGB). Und trifft auch dies nicht zu, kommen wir
    dann wieder auf den zu bestellenden Ergänzungspfleger zurück.
    - Ist den Elternteilen bezüglich des einen Kindes und der genannten Wirkungskreise die elterliche Sorge nach § 1666 BGB entzogen worden oder handelt es sich um einen Fall der "Familienpflege" nach § 1630 Abs. 3 BGB?

    Nichts desto trotz interessiert das alles das Vollstreckungsgericht doch zunächst gar nicht. Titel, Klausel und Zustellung sind vorhanden bzw. nachgewiesen, wenn diese förmlichen Voraussetzungen erfüllt sind, steht doch der Vollstreckung nichts im Wege. Es wäre doch dann Sache des Kindesvaters, im Wege der Erinnerung, ggf. Vollstreckungsgegenklage, dagegen vorzugehen. Vielleicht kann er sogar die ganzen Unterhaltsansprüche überprüfen lassen, denn, nachdem die Kindesmutter keinen Betreuungsunterhalt mehr leistet, ist ggf. auch sie barunterhaltsverpflichtet (müsste dann über einen Ergänzungspfleger überprüft und eingeleitet werden), was wiederum die Unterhaltsverpflichtung des Vaters reduzieren würde.

  • Wenn die Mutter weiterhin die Vermögenssorge hat, dann ja. Die Großeltern dürften es z.B. nicht. Allerdings müsste sie das Geld an die Großeltern weiter leiten. Da gehen wir bloß unterschwellig davon aus, das sie das wohl nicht vor hat.

    wie Andy.K und ergänzend: eigentlich müsste jetzt auch die Mutter Unterhalt zahlen.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki



  • Hallo,

    ich frage für einen Kollegen.

    Ein Kind vertr.d.d. Kindesmutter vollstreckt durch einen PfÜB l̶̶f̶̶d̶̶.̶̶ ̶̶u̶̶n̶̶d̶̶ rückst. Unterhalt gegen den Kindesvater. Den Eltern steht die gemeinsame elterliche Sorge zu.

    Der Kindesvater legt Erinnerung ein, mit der Begründung das Kind wurde nicht wirksam vertreten, weil das Kind bei beiden Eltern abwechselnd lebt (̶z̶̶u̶̶m̶̶i̶̶n̶̶d̶̶e̶̶s̶̶t̶̶ ̶̶i̶̶n̶̶ ̶̶d̶̶e̶̶m̶̶ ̶̶z̶̶e̶̶i̶̶t̶̶r̶̶a̶̶u̶̶m̶̶ ̶̶f̶̶ü̶̶r̶̶ ̶̶d̶̶e̶̶n̶̶ ̶̶u̶̶n̶̶t̶̶e̶̶r̶̶h̶̶a̶̶l̶̶t̶̶ ̶̶g̶̶e̶̶l̶̶t̶̶e̶̶n̶̶d̶̶ ̶̶g̶̶e̶̶m̶̶a̶̶c̶̶h̶̶t̶̶ ̶̶w̶̶i̶̶r̶̶d̶). Er beantragt Aufhebung und einstweilige Einstellung.

    Dies bedeutet dass beide Eltern von der Vertretung ausgeschlossen sind, §§ 1629 Abs. 2 S. 1, 1795 Abs. 1 Nr. 3 BGB, § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB. Es wäre also ein Ergänzungspfleger erforderlich gewesen.

    Wie läuft das Verfahren nun weiter. Gläubiger anhören und dann aufheben? Oder gibt es noch etwas zu beachten?

    Gruß

    Künstenkind

    2 Mal editiert, zuletzt von Küstenkind (16. Februar 2016 um 17:51) aus folgendem Grund: Korrektur

  • :daumenrau

    § 1629 II 2 BGB ermöglicht doch gerade die Geltendmachung des Unterhaltes gegen den Vater, wenn das Kind bei der Mutter lebt? :gruebel:

    Entscheidend für die Vertretung des Kindes dürfte die Sachlage zur Zeit der Beantragung des PfüB sein.

    Der Schuldner teilt mit, dass das Kind aufgrund eines paritätischen Wechselmodells abwechselnd bei jeweils einem Elternteil lebt und deshalb der § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB nicht greifen kann. Vielleicht schauen wir einfach nochmal in den Kommentar.

  • Da zitiere ich den Palandt zu 1629 Rdnr. 26

    Betreuen beide Eltern nach ihrer Trennung das Kind abwechselnd, ist darauf abzustellen, bei welchem Elternteil das Schwergewicht der tatsächlichen Fürsorge und Erziehung liegt; bei einem Betreuungsvorsprung eines Elternteils von 1/3 bleibt es bei der gesetzl. Alleinvertretungsbefugnis. ... Praktizieren die Eltern dagegen ein striktes Wechselmodell, gilt II 2 nicht und es bedarf eines Ergänzungspflegers.

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    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki



  • :daumenrau

    § 1629 II 2 BGB ermöglicht doch gerade die Geltendmachung des Unterhaltes gegen den Vater, wenn das Kind bei der Mutter lebt? :gruebel:

    Entscheidend für die Vertretung des Kindes dürfte die Sachlage zur Zeit der Beantragung des PfüB sein.

    Der Schuldner teilt mit, dass das Kind aufgrund eines paritätischen Wechselmodells abwechselnd bei jeweils einem Elternteil lebt und deshalb der § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB nicht greifen kann. Vielleicht schauen wir einfach nochmal in den Kommentar.


    Du hast hinsichtlich des Aufenthaltes geschrieben: "zumindest in dem Zeitraum für den Unterhalt geltend gemacht wird"

    Ich war daher davon ausgegangen, dass aktuell der Aufenthalt des Kindes überwiegend bei der Mutter liegt.

  • Da zitiere ich den Palandt zu 1629 Rdnr. 26

    Betreuen beide Eltern nach ihrer Trennung das Kind abwechselnd, ist darauf abzustellen, bei welchem Elternteil das Schwergewicht der tatsächlichen Fürsorge und Erziehung liegt; bei einem Betreuungsvorsprung eines Elternteils von 1/3 bleibt es bei der gesetzl. Alleinvertretungsbefugnis. ... Praktizieren die Eltern dagegen ein striktes Wechselmodell, gilt II 2 nicht und es bedarf eines Ergänzungspflegers.


    Wird das auch irgendwie nachvollziehbar begründet? :gruebel:

    Sollte der KV hier tatsächlich so leicht die Vollstreckung torpedieren können? :gruebel:

  • Da zitiere ich den Palandt zu 1629 Rdnr. 26

    Betreuen beide Eltern nach ihrer Trennung das Kind abwechselnd, ist darauf abzustellen, bei welchem Elternteil das Schwergewicht der tatsächlichen Fürsorge und Erziehung liegt; bei einem Betreuungsvorsprung eines Elternteils von 1/3 bleibt es bei der gesetzl. Alleinvertretungsbefugnis. ... Praktizieren die Eltern dagegen ein striktes Wechselmodell, gilt II 2 nicht und es bedarf eines Ergänzungspflegers.

    Dankeschön :) Haben wir wohl überlesen :oops:


    Du hast hinsichtlich des Aufenthaltes geschrieben: "zumindest in dem Zeitraum für den Unterhalt geltend gemacht wird"

    Ich war daher davon ausgegangen, dass aktuell der Aufenthalt des Kindes überwiegend bei der Mutter liegt.

    Da hab ich mich leider sehr bescheiden ausgedrückt. Das Kind lebt laut Aussage des Vaters wie oben ergänzend geschrieben.

  • Hintergedanke könnte schon sein, dass bei paritätischem Modell jeder gleiche/ähnliche Kosten hat - ein Unterhaltsanspruch daher faktisch gar nicht entsteht. Ohne aber einen weiteren Hinweis ist es schwer, dieses Meinung zu teilen. Was sagt denn die Entscheidungsdatenbank dazu?

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • Hintergedanke könnte schon sein, dass bei paritätischem Modell jeder gleiche/ähnliche Kosten hat - ein Unterhaltsanspruch daher faktisch gar nicht entsteht.

    Das stimmt schon, aber was wenn der Unterhaltsanspruch aus einer Zeit stammt, in der das Wechselmodell nicht praktiziert wurde? Das kann also nicht ausschlaggebend sein. (Wenn die Eltern schon immer das Wechselmodell nutzen würden, wäre es wohl auch gar nicht erst zur Titulierung von Unterhalt gekommen.)


    Ohne aber einen weiteren Hinweis ist es schwer, dieses Meinung zu teilen.


    :daumenrau

  • Was sagt denn die Entscheidungsdatenbank dazu?

    z.B. vielleicht: BGH FamRZ 2006, 1015

    Gerade im MüKo steht so einiges zu dieser Thematik mit diversen Fundstellen (RdNr 74-82)


    Weshalb es eines Pflegers bedarf, erschließt sich mir auch nach der Lektüre der BGH-Entscheidung nicht. Was wollte denn der Gesetzgeber mit der Regelung für ein Ziel verfolgen bzw. welcher Gedanke liegt dieser zugrunde? :gruebel:

  • Weshalb es eines Pflegers bedarf, erschließt sich mir auch nach der Lektüre der BGH-Entscheidung nicht.

    Wenn der eine Elternteil keine alleinige Vertretungsmacht hat, ist er also Grundsätzlich von der Vertretung ausgeschlossen ( § 1629 Abs. 2 S. 1 iVm. § 1795 Abs. 1 Nr. 1, 3 ).
    Daher ist ein Pfleger notwendig (oder eine Übertragung, Änderung der elterlich Sorge) zur Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs.

    Sinn des § 1629 Abs 2 Nr. 2 BGB ist daher in erster Line eben diese Pflegerbestellung ( oder eine Übertragung, Änderung der elterlich Sorge) in vielen Fällen nicht notwendig zu machen...

  • Weshalb es eines Pflegers bedarf, erschließt sich mir auch nach der Lektüre der BGH-Entscheidung nicht.

    Wenn der eine Elternteil keine alleinige Vertretungsmacht hat, ist er also Grundsätzlich von der Vertretung ausgeschlossen ( § 1629 Abs. 2 S. 1 iVm. § 1795 Abs. 1 Nr. 1, 3 ).
    Daher ist ein Pfleger notwendig (oder eine Übertragung, Änderung der elterlich Sorge) zur Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs.

    Sinn des § 1629 Abs 2 Nr. 2 BGB ist daher in erster Line eben diese Pflegerbestellung ( oder eine Übertragung, Änderung der elterlich Sorge) in vielen Fällen nicht notwendig zu machen...


    Stellt sich natürlich die Frage, weshalb man diese Ausnahmeregel nicht als generelle für die Unterhaltsgeltendmachung eingeführt hat.

    Da wären dann auch Entscheidungen entbehrlich, ob bei Aufenthalt des Kindes zu 1/3 bei einem Elternteil und 2/3 beim anderen die Regelung (noch) Anwendung findet. Oder was gilt, wenn die Verteilung 3/7 beim Vater und 4/7 bei der Mutter ist usw.


  • Da wären dann auch Entscheidungen entbehrlich....

    Ich denke ehrlich gesagt nicht dass es sinnvoll wäre diese wenigen (behaupte ich mal?) Entscheidungen dadruch einzusparen, dass immer in jedem Fallein Ergänzungspfleger bzw. eine gerichtliche Entscheidung über die elterliche Sorge notwendig wäre.


  • Da wären dann auch Entscheidungen entbehrlich....

    Ich denke ehrlich gesagt nicht dass es sinnvoll wäre diese wenigen (behaupte ich mal?) Entscheidungen dadruch einzusparen, dass immer in jedem Fallein Ergänzungspfleger bzw. eine gerichtliche Entscheidung über die elterliche Sorge notwendig wäre.


    :confused: Um diese ging es mir auch nicht, sondern darum, dass der § 1629 II 2 BGB generell bzgl. Unterhalt gelten sollte, also auch wenn die Eltern das Wechselmodell anwenden.

    Eben, um den Ergänzungspfleger generell einzusparen.

  • :confused: Um diese ging es mir auch nicht, sondern darum, dass der § 1629 II 2 BGB generell bzgl. Unterhalt gelten sollte, also auch wenn die Eltern das Wechselmodell anwenden.

    Eben, um den Ergänzungspfleger generell einzusparen.

    Und wie sollte das auch nur thoeretisch funktionieren? :gruebel:
    Bei dem Wechselmodell haben ja gerade beide die Obhut, also welchem von beiden Elternteilen sollte man da irgendwie "generell" die Vertretungsmacht (in sachen gegen den anderen Elternteil) übertragen können?

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