Fall:
Der Erbfall tritt am 08.06.2017 ein. Der Erblasser hinterlässt (u. a.) einen Enkel. Gesetzliche Erbfolge.
Am 19.07.2017 erklärt der Enkel des Erblassers für sich selbst die Ausschlagung.
Im Rahmen dieser Ausschlagung erklärt er zudem: „Meine Freundin erwartet ein Kind von mir.Voraussichtlicher Geburtstermin ist der 20.03.2018. Ich schlage die Erbschaft für mein nichtgeborenes Kind ebenfalls aus jedem Berufungsgrund aus.“ Zur elterlichen Sorge oder Vaterschaftsanerkennung enthält die Ausschlagungserklärung keine Angaben.
Am 19.08.2017 schlägt die werdende Mutter die Erbschaft ebenfalls für das ungeborene Kind aus. Sie wird vom beglaubigenden Notar nicht auf das evtl. Erfordernis einer evtl. familiengerichtlichen Genehmigung hingewiesen.
Am 28.10.2017 erkennt der werdende Vater beim Jugendamt die Vaterschaft für das ungeborene Kind an. Ferner geben beide werdenden Eltern eine überstimmende Sorgerechtserklärung für das ungeborene Kind in der Art ab, dass sie (ab Geburt) die Sorge gemeinschaftlich ausüben.
Ferner hat der Kindesvater angekündigt, dass er und die Mutter in den ersten 6 Wochen nach der Geburt gemeinschaftlich die Ausschlagungserklärung für das Kind „wiederholen“ werden.
Grundsätzlich vertrete ich die Rechtsauffassung, dass stets auf die (gesetzliche) Vertretungsmacht auf den Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung ankommt, und spätere Änderungen der Vertretungsmacht sich nicht rückwirkend auf bereits abgegebene Erklärungen auswirken.
Ich frage mich nur gerade, ob und ggf. welche Auswirkungen diese Rechtsansicht auf den vorliegenden Fall hat (kein Theorie, Fall aus der Praxis) und ob es für die Lösung des Falls auf die Rechtsansicht überhaupt ankommt.
Knackpunkt ist, wenn ich mit meiner Überlegung nicht ganz falsch liege, ob und ggf. ab wann das Kind als verwandt mit dem Erblasser gilt und wer ab wann vertretungsberechtigt war bzw. ist.
Wenn das nichtgeborene Kind erst ab dem 28.10.2017 durch die Vaterschaftsanerkennung „verwandt geworden ist“ und die Sorgerechtserklärung auch erst an diesem Tag erfolgte, dann konnten der Vater am 19.07.2017 und die Mutter am 19.08.2017 nicht wirksam ausschlagen und die jeweiligen Ausschlagungen gingen mangels Verwandtschaft des Kindes und mangels gesetzlicher Vertretungsbefugnis ins Leere. Demnach liegen bislang noch gar keine wirksamen Ausschlagungserklärungen der Eltern für das Kind vor.
Den Eltern wäre es aber dann doch möglich jetzt oder spätestens innerhalb von 6 Wochen nach Geburt die Ausschlagung gemeinschaftlich zu erklären und das Kind ist dann nicht mehr Erbe. Und einer familiengerichtlichen Genehmigung bedarf es (dann) auch nicht (mehr). Oder sehe ich das falsch?
Ich wäre für Beiträge dankbar.