Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren

  • Die ganz überwiegende Rechtsprechung spricht sich doch für einen Fortbestand der Vollmacht im Prüfungsverfahren aus. Für die Arbeitsgerichtsbarkeit ist die Rechtsprechung insoweit sogar einheitlich.



    Was die Arbeitsgerichtsbarkeit angeht, bezweifle ich das nicht. Bzgl. der ordentlichen Gerichtsbarkeit schon:

    OLG Hamm, Beschl. 26.02.2009, 4 WF 269/08, FamRZ 2009, 1234 f.;
    OLG München, Beschl. 18.08.1992, 12 WF 932/92, FamRZ 1993, 580
    OLG Koblenz, Beschl. 04.06.2004, 7 WF 529/04, FamRZ 2005, 531, 10.10.2007, 13 WF 931/07, FamRZ 2008, 1358, 09.02.2009, 13 WF 90/09, FamRZ 2009, 898 f.
    OLG Naumburg, Beschl. 09.02.2006, 14 WF 134/05, FamRZ 2006, 1401, 20.11.2007, 4 WF 128/07, OLGR Naumburg 2008, 404 f.
    OLG Köln, Beschl. 23.10.2006, 4 WF 164/06, FamRZ 2007, 908
    OLG Brandenburg, Beschl. 10.08.2001, 9 WF 88/01, FamRZ 2002, 403, 03.03.2004, 9 WF 49/04, FamRZ 2005, 47
    OLG Dresden, Beschl. 25.01.2008, 3 W 1382/07, NJ 2008, 315 f., 13.01.2009, 20 WF 3/09, juris
    OLG Bremen, 20.12.2007, 5 WF 45/07, FamRZ 2008, 1545
    LAG Hamm, Beschl. 03.09.2004, 4 Ta 575/04, juris, 14.07.2003, 4 Ta 820/02, LAGReport 2003, 371
    LAG Düsseldorf, Beschl. 28.07.1988, 14 Ta 202/88, JurBüro 1988, 1717, 11.11.2002, 2 Ta 332/02, LAGReport 2003, 124 f.
    Thüringer LSG, Beschl. 17.05.2004, L 6 SF 90/04, juris, 08.05.2006, L 6 B 10/06 SF, juris,
    Hundt, PKH/BerH, 1. Aufl., Rn. 189
    Zöller/Philippi, ZPO, 27. Aufl., § 120 Rn. 28
    Zimmermann, PKH, 3. Aufl., Rz 418 und Rz. 706
    Musielak/Fischer, 6 Aufl. § 124 ZPO Rn. 3

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."


  • Mein OLG hat gerade bestätigt, dass im Überprüfungsverfahren die Partei und nicht der RA angeschrieben werden muss.


    :daumenrau Ich habe in den ganzen Jahren noch nie den Anwalt angeschrieben, sondern immer nur die Partei selbst. Die Anwälte hier würden sich sicher "freuen", wenn sie nach längst erledigtem Mandant und erhaltener Vergütung damit noch belästigt würden. Allerdings geht so mancher Mandant mit seinem Schreiben dann doch zu seinem früheren Anwalt, der die Unterlagen dann auch problemlos hier einreicht (sicher, ohne dafür nochmal was vom Mandanten zu verlangen). Wie hier schon erwähnt: Dann müsste der Anwalt ja auch die ganzen Recherchen zu den Wohnsitzwechseln mancher Leute übernehmen und uns mehrfach um Fristverlängerung bitten - sicher alles unpraktikabel. Wir haben da (elektronisch) mittlerweile die Möglichkeit, dies viel schneller herauszufinden und das Aufforderungsschreiben gleich an die richtige Adresse zu senden.


  • Allerdings geht so mancher Mandant mit seinem Schreiben dann doch zu seinem früheren Anwalt, der die Unterlagen dann auch problemlos hier einreicht (sicher, ohne dafür nochmal was vom Mandanten zu verlangen).

    ... das hoffe ich. :cool:


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  • ... das funktioniert nicht, denn ohne Adresse der Partei kann auch keine Sollstellung erfolgen. Es ist nämlich Sache des Kostenbeamten, die Adresse des Kostenschuldners bei der Kostenrechnung anzugeben.



    Richtig, das ganze Konstrukt ist doch unnütz, wenn die Forderung eh nicht durchgesetzt werden kann...


    Das war auch mein erster Gedanke. An welche Adresse soll die Rechnung denn geschickt werden? Die Kasse würde sich schön bedanken, wenn in der Kostenrechnung eine veraltete Anschrift angegeben würde, und bei der Angabe "Anschrift unbekannt" würde die Rechnung postwendend zurückkommen. Meiner Ansicht nach werden bei dieser Vorgehensweise nur Steuergelder verschwendet.

    Treffen Einfalt und Gründlichkeit zusammen, entsteht Verwaltung.


    (Oliver Hassenkamp)


  • So ist es.

    Quest, Du siehst, bei der Begründung Deiner Nichtabhilfe können wir Dir nicht helfen. Aber Deinem Obergericht bei der Aufhebung Deines Beschlusses. :gruebel:


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  • Aber Deinem Obergericht bei der Aufhebung Deines Beschlusses. :gruebel:



    Zur Begründung wird Bezug genommen auf den Fred vom ... im Rechtspflegerforum... :wechlach: :wechlach:

  • Eine Kollegin hat einen abgewandelten Fall:
    PKH-Überprüfung. Partei wurde angeschrieben, hat sich aber trotz Mahnung nicht gemeldet. Ergo: PKH wurde aufgehoben. Dieser Aufhebungsbeschluss wurde an die Partei zugestelt und - zur Sicherheit - an den RA mit EB.
    Partei legt Beschwerde ein, allerdings nach Ablauf der Monatsfrist. Kollegin weist Beschwerde als unzulässig ab (da verfristet). Richter hebt den Beschluss auf, verweist zurück mit der Begründung, der § 172 gelte auch im PKH-Verfahren (Begründung sehr dürtig, Verweis auf Baumbach, 68. Aufl ZPO, Rn 19 zu §172 ZPO. Entscheidend sei die Zustellung an den RA, nicht an die Partei (an die Partei bräuchte nicht zugestellt zu werden). Und da die Frist für den RA noch nicht abgelaufen sei, sei die Beschwerde zulässig.
    Das heißt doch, dass die Partei im Überprüfungsverfahren nicht anzuschreiben ist, sondern nur der RA (sofern er nicht das Mandat niedergelegt hat und dies dem Gericht angezeigt hat).
    Ich habe bislang immer nur die Partei angeschrieben - auch bei Aufhebungsbeschlüssen. Ohne Probleme.

  • So, bin zurück :D

    Meine Kollegin hat mir erzählt, dass Sie es vor einer Weile genauso wie ich gemacht hatte (siehe Beitrag #1) und die Akte an das LG Berlin gegeben hat. Sie wurde dort gehalten. Da war ich sehr erfreut darüber.

    Jetzt kommt der traurige Teil: Leider hat sie sich die Akte nicht gemerkt. Oder eine Kopie gefertigt o.ä.

    Hab sie jetzt angebettelt, dass sie nochmal guckt oder die Akten rückwärts geht und mir die Entscheidung raussucht. Das wäre zumindest für meinen Gerichtsbezirk das Totschlagargument in meiner Nichtabhilfeentscheidung.

    Sie kann sich noch erinnern, dass Sie es mit bzw. über § 8 II InsO konstruiert hatte. Das ist immerhin ein interessanter Ansatz.

    Ich bleib dran. Muss die Akte ja noch machen...

  • Ich teile, wie schon geschrieben, diese Auffassung nicht.

    über § 8 II InsO konstruiert

    "Konstruiert" erscheint mir hier genau das richtige Wort. :teufel: Nach meiner Ansicht ist dies im Hinblick auf § 4 InsO eine Sonderregelung, die nur für das Insolvenzverfahren gilt.

    Offen bleibt hierbei auch die Frage, was die Aufhebung bringt, wenn die Partei unbekannten Aufenthalts ist und daher nichts eingezogen bzw. vollstreckt werden kann.

  • Ganz einfach: der Rechtspfleger ist die Akte los.

    Keine Ahnung wie es bei den anderen Rechtspflegern ist, aber in Berlin ist das Pensum so hoch, dass man absäuft, wenn man nicht guckt, wie man das Verfahren straffen kann.

    Hier habe ich die Akte 1 x zur Überprüfung auf dem Tisch, dann zum Soll gestellt nach Rechtskraft des Aufhebungsbeschlusses. Was die Justizkasse damit macht - niederschlagen oder selber ermitteln - das ist mir herzlichst egal. Ich aber... ich bin die Akte los.

    Andernfalls muss ich 1 Jahr setzen, ermitteln, dann wieder 1 Jahr setzen, ermitteln - das geht paar Jahre so und tja... man ärgert sich.

    Ich dachte man erkennt meinen Hintergedanken? ;)

  • Ein interessantes Problem, welches sich nur, aber dann zwangsläufig häufig stellt, wenn man der Auffassung folgt, dass Anschreiben und Zustellungen an den RA und nicht die Partei nach Ende des Verfahrens zu erfolgen haben. Es wundert mich ein wenig, dass noch keine Rspr. dazu veröffentlicht ist (zumindest find ich nichts).

    Formal betrachtet liegen die Aufhebungsvoraussetzungen vor, da die Partei keine Erklärung eingereicht hat, § 124 Ziff. 2 ZPO.

    Weiter ist aber zu prüfen, ob das Gericht bei der Aufhebung auch das pflichtgemäße Ermessen sachgerecht ausgeübt hat, wodurch vermieden werden soll, dass die Folgen der Aufhebung die Partei übermäßig treffen, vgl. OLG Brandenburg, 11.04.2001, 12 W 67/00.

    Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der aufforderte RA selbst auf die Mitwirkung der Partei angewiesen ist und die Partei nicht mitwirken konnte, weil sie von der Anfrage des RA nichts wusste. Wer nichts weiß, kann auch nicht antworten. Klar soweit.

    Kann man also die Nichtmitteilung der aktuellen Anschrift durch die Partei an den RA auch Jahre nach dem Ende des Verfahrens zum alleinigen vorwerfbaren Fehlverhalten machen. Sonst vermag ich nichts zu erkennen.

    Grundsätzlich hat die Partei bei lebensnaher Betrachtung keine Veranlassung nach Ende des (Hauptsache)-Verfahrens noch mit dem RA zu kommunizieren und über die aktuelle Anschrift auf dem laufenden Verhalten. Für sie ist die Sache beendet.

    Auch die Kenntnis der Partei über die Überprüfungsmöglichkeit der PKH durch das Gericht erscheint mir nicht durchschlagend. Dies insb. deswegen, weil die Partei, auf Grund der hierzu ergangenen streitigen Rspr. nicht zwangsläufig davon ausgehen muss, dass nur der RA aufgefordert wird, sondern sie selbst und dass das Gericht im Amtsverfahren von den Ermittlungsmöglichkeiten zur Anschrift Gebrauch macht.

    Erst nach Aufforderung durch das Gericht, welche voraussetzt, dass die Partei die Aufforderung überhaupt erhalten hat, ergibt sich eine Erklärungspflicht.

    Hierzu lässt sich bestimmt (ganz unemotional) weiter diskutieren. Bisher fand ich dies nur ansatzweise erörtert.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

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  • Patch / Version 1.01 - Beiträge bis # 61 sind eingearbeitet worden.


    Beschluss

    In - pp - wird der eingelegten sofortigen Beschwerde des beigeordneten Rechtsanwalts der Antragstellerinnen nicht abgeholfen und die Akte dem Landgericht Berlin zur Entscheidung vorgelegt.

    Gründe:
    I. Sachverhaltsdarstellung
    Am 4.12.2009 wurde Rechtsanwalt T. als beigeordneter Rechtsanwalt der Antragstellerinnen im Rahmen des Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren angeschrieben. Dem Schreiben lagen Anschreiben an die Antragstellerinnen bei, die der beigeordnete Rechtsanwalt weiterleiten sollte. Es handelte sich hierbei um die Aufforderung zur Abgabe der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Anlage (Formular V1033 nebst Anlage).

    Mit Fax vom 22.12.2009 teilte der beigeordnete Rechtsanwalt mit, dass die Post mit dem Vermerk “unbekannt verzogen” zurückgekommen ist und im Übrigen die Antragstellerin zu 1. nicht mehr die Mandantin sei und somit der beigeordnete Rechtsanwalt nicht weiter behilflich sein könne.

    Mit Beschluss vom 28.12.2009 hob der zuständige Rechtspfleger am Amtsgericht die Prozesskostenhilfebewilligung vom 8.7.2008 auf. In den Gründen wurde auf die Entscheidung des BAG, Beschluss vom 19.7.2006, AZ: 3 AZB 18/06 und die Wirkungen der §§ 85, 121 ZPO hingewiesen.

    Mit Schreiben vom 26.1.2010 legte der beigeordnete Rechtsanwalt im vermuteten Interesse für die Antragstellerin Beschwerde ein und beantragte hilfsweise die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand.
    In der Begründung zum Rechtsmittel führt der beigeordnete Rechtsanwalt aus, dass es zwar so sein möge, dass die Antragstellerin juristisch gesehen so zu stellen sei, als ob diese, durch Übersendung der Unterlagen an den beigeordneten Rechtsanwalt, die Unterlagen persönlich erhalten hätte. Das Gericht verstoße hierbei jedoch gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs, wenn dem beigeordneten Rechtsanwalt zugestellt wird, wohl wissend, dass der beigeordnete Rechtsanwalt die Unterlagen an die Partei nicht weiterleiten könne.
    Weiter führt der beigeordnete Rechtsanwalt aus, dass die Akten archiviert seien, dass kein Kontakt mehr mit der Antragstellerin bestehe und somit die Partei nicht benachrichtigt werden könne.
    Zuletzt wurde darauf hingewiesen, dass das Gericht selbst den Aufenthaltsort der Antragstellerin ermitteln möge.


    II. sofortige Beschwerde
    Das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde ist zulässig, da die Antragstellerinnen durch die Aufhebung der Prozesskostenhilfe beschwert sind.
    Beschwerdebefugt sind die Antragstellerinnen, welche im “vermuteten Interesse” durch den beigeordneten Rechtsanwalt vertreten werden. Der beigeordnete Rechtsanwalt lässt offen welche der Antragstellerinnen genau er im “vermuteten Interesse” vertritt. Durch Auslegung gem. § 133 BGB wird davon ausgegangen, dass die Antragstellerin zu 1. gemeint ist, welche zugleich die gesetzliche Vertreterin für die Antragstellerin zu 2. ist. Somit haben die Beschwerdebefugten das Rechtsmittel eingelegt.
    Der Beschluss vom 28.12.2009 ist gegen EB am 13.1.2010 dem beigeordneten Rechtsanwalt zugegangen. Posteingang der sofortigen Beschwerde bei Gericht ist der 29.1.2010. Die Notfrist von einem Monat ist somit eingehalten worden (§ 127 Abs. 2 S. 3 ZPO i.V.m. § 569 Abs. 1 S. 2 ZPO).

    Die sofortige Beschwerde ist zwar zulässig, aber nicht begründet.

    Das BAG (BAG, RVGreport 2007, 354) hat entschieden, dass der Umfang der Prozessvollmacht gem. § 81 ZPO die Wiederaufnahme des Verfahrens umfasst. Der Wiederaufnahme des Verfahrens wurde das Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren gem. § 120 Abs. 4 ZPO gleichgestellt. Daraus leitete das BAG ab, dass dann gem. § 172 ZPO die Zustellungen an den Prozessbevollmächtigten zu erfolgen haben. Weiterhin führte das BAG aus, daß Prozessvollmacht auch für das Prozesskostenhilfeverfahren besteht, wenn der Prozessbevollmächtigte den Prozesskostenhilfeantrag gestellt hat.

    Dass die Entscheidung für die Fachgerichtsbarkeit getroffen worden ist, ist nicht schädlich, zumal der BGH in einem vergleichbaren Fall bisher nicht entschieden hat. Der Auffassung des BAG hat sich zum Beispiel das brandenburgische OLG mit Beschluss vom 24.7.2007, AZ: 10 WF 187/07 angeschlossen. In den Gründen der Entscheidung führt es aus, dass die Aufforderung zur Abgabe einer Erklärung im Sinne des § 120 Abs. 4 ZPO an den beigeordneten Rechtsanwalt zu richten ist. Denn auch für das Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren gem. § 120 Abs. 4 ZPO gilt § 172 ZPO.

    Da der beigeordnete Rechtsanwalt mit Schreiben vom 4.7.2008 beantragt hatte, sich beiordnen zu lassen, ist davon auszugehen, dass dieser auch im Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren als Bevollmächtigter bestellt ist (BAG, a.a.O.; LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 24.10.2006, AZ: 10 Ta 204/06).

    Soweit der beigeordnete Rechtsanwalt ausführt, dass das Mandat nicht mehr besteht, so hätte dieser vor der einseitigen Kündigung des Mandats die Entpflichtung gem. § 48 Abs. 2 BRAO betreiben müssen und die Kündigung sodann dem Gericht mitteilen müssen (BVerwG, Beschluss vom 10.4.2006, AZ: 5 B 87/05; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 10.11.2006, AZ: 16 WF 123/06). Dieses ist bisher nicht geschehen, womit die Zustellungen weiterhin an den bisher beigeordneten Rechtsanwalt zu erfolgen haben.

    Soweit vorgetragen wird, dass kein Kontakt mehr mit den Mandantinnen bestehe und die Akten archiviert seien, so hat das LAG Rheinland-Pfalz (Beschluss vom 18.11.2008, AZ: 8 Ta 204/08) bereits festgestellt, dass dieser Umstand in die Risikosphäre der Partei fällt und die Partei nicht von der Verpflichtung zur Abgabe einer Erklärung nach § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO entbindet. Unter anderem führt das LAG Rheinland-Pfalz in dieser Entscheidung aus, dass die Antragstellerinnen dafür hätten Sorge tragen müssen, dass der Kontakt mit den Antragstellerinnen möglich ist (s.a. LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 6.12.2007, AZ: 7 Ta 265/07). Hat die Partei nicht Sorge dafür getragen, dass ein unmittelbarer Kontakt möglich ist, so hat diese die daraus resultierenden Nachteile in Kauf zu nehmen.

    Da direkt an den Bevollmächtigten bzw. beigeordneten Rechtsanwalt zugestellt worden ist, stellt sich auch die Frage nach der Verletzung der Gewährung rechtlichen Gehörs nicht mehr. Insbesondere nach den vorgenannten Entscheidungen, wonach der fehlende Kontakt der Prozesskostenhilfepartei zum beigeordneten Rechtsanwalt in die eigene Risikosphäre fällt.

    Dies muss insbesondere deshalb gelten, weil die Partei bei der Unterzeichnung des Prozesskostenhilfeantrages Kenntnis von dem Merkblatt genommen hat, welches dem Prozesskostenhilfeantragsformular beigefügt ist. Dort steht:“... Verbessern sich die Verhältnisse der Partei wesentlich, kann sie vom Gericht auch noch nachträglich bis zum Ablauf von vier Jahren seit Prozessende zu Zahlungen herangezogen werden,...“ Die Logik gebietet, dass dies nur geht, wenn das Gericht binnen diesen Zeitraumes mit der antragstellenden Partei Kontakt aufgenommen hat. Die Partei muss also davon ausgehen, dass in irgendeiner Form eine Überprüfung stattzufinden hat. Weiterhin wird unterstellt, dass der beigeordnete Rechtsanwalt im Rahmen seiner Belehrungs- und Aufklärungspflichten die Partei vollumfänglich über die Wirkungen und die Folgen der Prozesskostenhilfe aufgeklärt hat. Insbesondere darüber, dass das Gericht im Rahmen der Prozesskostenüberprüfung Erklärungen zur wirtschaftlichen Situation abfordert.

    Dem Gericht obliegt nicht die Pflicht zu ermitteln, wohin die Partei verzogen ist. Diese Aufgabe fällt vielmehr in den Bereich des beigeordneten Rechtsanwaltes, will denn verhindert werden, dass die Prozesskostenhilfe mangels Mitwirkung aufgehoben wird; wie es in diesem Fall geschehen ist. Auch ergibt sich die Notwendigkeit zur Ermittlung nicht, wenn sämtliche Rechtshandlungen mit dem beigeordneten Rechtsanwalt abgewickelt werden können.

    III. Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand
    Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand bedarf einer Notfrist, die versäumt worden ist (Kalthoener/Büttner, Beratungshilfe, 5. Auflage, Rn. 103). Das Gesetz sieht eine Notfrist von einem Monat vor, die gem. § 569 Abs. 1 S. 2 ZPO mit der Zustellung der Entscheidung an den Beschwerdeführer beginnt.
    Die Notfrist wurde durch den beigeordneten Rechtsanwalt eingehalten, womit die sofortige Beschwerde rechtzeitig eingelegt worden war.
    Über den hilfsweise gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand ist daher nicht zu entscheiden.
    Insoweit war auch nicht darüber zu entscheiden, ob die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand auf unbestimmte Zeit zu gewähren ist, bis die Antragstellerin ermittelt worden ist.

    Aus vorstehenden Gründen ist der sofortigen Beschwerde nicht abzuhelfen.

    Einmal editiert, zuletzt von Quest (18. März 2010 um 11:35) aus folgendem Grund: Beiträge bis # 61 sind eingearbeitet worden

  • Es gibt demnach zumindest eine Entscheidung des OLG Brandenburg, die es auch so sieht, dass direkt an den RA zuzustellen ist (siehe vorstehender Beschlussentwurf im vorgehenden Posting).

    Diese nimmt in den Gründen direkt Bezug auf die BAG-Entscheidung.


    Boar, was hat mich der Entwurf an Nerven gekostet. Freude hats aber dennoch gemacht. Kam mir wie ein kleiner Wissenschaftlicher und Tüftler vor.

    Werde die Akte noch eine Woche hierbeihalten. Dann schick ich die hoch zum LG.

    Die Entscheidung des OLG Hamm, Beschl. 26.02.2009, 4 WF 269/08, FamRZ 2009, 1234 f. (danke an Ernst P.) befasst sich eingehend mit der BAG-Entscheidung und stellt sich gegen diese Entscheidung. Ich persönlich hoffe, dass die Akte hochwandert und man mit einer Entscheidung des BGH irgendwann mal rechnen kann. :)

  • Meine Güte, sehen Deine Vorlagen ans Obergericht immer so aus? :eek: Ich bin auch gründlich in der Begründung einer Nichtabhilfe, aber ein Gutachten mache ich nicht daraus.

    Tipp: Mit Deiner Formulierung der indirekten Rede (Sachverhaltsdarstellung) stellst Du Dir selbst ein Bein. (hier: Das Gericht verstößt hierbei gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs, wenn dem beigeordneten Rechtsanwalt zugestellt wird, wohl wissend, dass der beigeordnete Rechtsanwalt die Unterlagen an die Partei nicht weiterleiten kann.
    Weiter führt der beigeordnete Rechtsanwalt aus, dass die Akten archiviert sind, dass kein Kontakt mehr mit der Antragstellerin bestehe und somit die Partei nicht benachrichtigt werden kann.)


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    Alles hat einmal ein Ende.

    Sogar der Montag! :S

  • Dein Tatbestand müsste sprachlich eigentlich wie folgt lauten:


    In der Begründung zum Rechtsmittel führt der beigeordnete Rechtsanwalt aus, dass es zwar so sein möge, dass die Antragstellerin juristisch gesehen so zu stellen sei, als ob diese, durch Übersendung der Unterlagen an den beigeordneten Rechtsanwalt, die Unterlagen persönlich erhalten hätte. Das Gericht verstoße hierbei jedoch gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs, wenn dem beigeordneten Rechtsanwalt zugestellt wird, wohl wissend, dass der beigeordnete Rechtsanwalt die Unterlagen an die Partei nicht weiterleiten könne.
    Weiter führt der beigeordnete Rechtsanwalt aus, dass die Akten archiviert seien, dass kein Kontakt mehr mit der Antragstellerin bestehe und somit die Partei nicht benachrichtigt werden könne.
    Zuletzt wurde darauf hingewiesen, dass die Gerichte selbst den Aufenthaltsort der Antragstellerin ermitteln möge.

    Es handelt sich nämlich um die Wiedergabe eines einseitigen Vortrags.
    :klugschei

    Gilt die BAG Rechtssprechung eigentlich nur für Zustellungen oder auch für normale Anschreiben?

  • Zitat
    Zitat
    Zitat

    Die Notfrist von einem Monat ist somit eingehalten worden (§ 569 Abs. 1 S. 2 ZPO).

    Die Notfrist von 1 Monat ergibt sich aus § 127 Abs. 2 S. 3 ZPO und wird in § 569 ZPO nicht erwähnt.

    Zitat
    Zitat
    Zitat

    Das BAG (BAG, RVGreport 2007, 354) hat entschieden, dass der Umfang der Prozessvollmacht gem. § 81 ZPO die Wiederaufnahme des Verfahrens umfasst. Der Wiederaufnahme des Verfahrens wurde das Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren gem. § 120 Abs. 4 ZPO gleichgestellt. Daraus leitete das BAG ab, dass dann gem. § 172 ZPO die Zustellungen an den Prozessbevollmächtigten zu erfolgen hat.

    Die Aussage stimmt m.E. so nicht. Das BAG sagt, daß Prozeßvollmacht auch für das Prozeßkostenhilfeverfahren besteht, wenn der Prozeßbevollmächtigte den Prozeßkostenhilfeantrag gestellt hat.

    Im übrigen halte ich die Entscheidung des BAG für nicht nachvollziehbar, da dort m.E. Fragen der Vollmacht und der Zustellung vermengt werden. Ferner wird auch die Gleichstellung der Prozeßkostenhilfeüberprüfung mit der Wiederaufnahme des Verfahrens nicht näher begründet, was vielleicht angebracht gewesen wäre.

    Zitat
    Zitat
    Zitat

    Dass die Entscheidung für die Fachgerichtsbarkeit getroffen worden ist, ist nicht schädlich, zumal der BGH in einem vergleichbaren Fall bisher nicht entschieden hat.

    Und wenn der BGH in einem vergleichbaren Fall entschieden hätte, wäre es dann schädlich?

    Zitat

    LAG, Beschluss vom 24.10.2006, AZ: 10 Ta 204/06

    Zitat
    Zitat
    Zitat

    so hat das LAG (Beschluss vom 18.11.2008, AZ: 8 Ta 204/08)

    Zitat
    Zitat
    Zitat

    Unter anderem führt das LAG in dieser Entscheidung aus

    Der Gerichtsort fehlt jeweils.

    Zitat
    Zitat
    Zitat

    Hat die Partei nicht Sorge dafür getragen, dass ein unmittelbarer Kontakt möglich ist, so hat diese die daraus resultierenden Nachteile in Kauf zu nehmen. [zzgl. der weiteren Ausführungen hierzu]

    Das kann man m.E. so nicht sagen. Es gibt keine Rechtsnormen, nach denen ein Schuldner ausdrücklich verpflichtet ist, für den Gläubiger erreichbar zu sein, solange die Forderung durchsetzbar bzw. unverjährt ist.

    Die weiteren Aussagen im vorletzten und letzten Absatz zu II) gehen m.E. in den Bereich der Spekulation (unterstellte umfangreiche Aufklärung der Partei) bzw. völlig überspannter Anforderungen / Vorstellungen. Soll der Rechtsanwalt auf eigene Kosten Aufenthaltsermittlungen anstellen?

    Zitat

    bedarf einer Notfrist, die verpasst worden ist



    "Verpaßt" erscheint doch sehr umgangssprachlich, "versäumt" dürfte angebrachter sein.


  • Und was lernen wir jetzt alle daraus? Stelle eine eigene Entscheidung ins Forum und Du weißt (bzw. bekommst) Bescheid... :teufel:

  • Von mir ein großes Lob und vielen Dank für das Einstellen der Entscheidung, auch und gerade, weil man sich damit Kritik aussetzt. Dies ist anschaulicher als kurze Beiträge.

    Vom praktischen Standpunkt wäre ich bestimmt nicht traurig, wenn du Recht bekommst :cool:, ich bin gespannt.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover


  • Gilt die BAG Rechtssprechung eigentlich nur für Zustellungen oder auch für normale Anschreiben?



    Nach den zitierten Rechtsprechungen der Fachgerichtsbarkeit und des Einzigen gefundenen Urteils des OLG Brandenburg, sind alle Schreiben und Beschlüsse dem beigeordneten RA zukommen zu lassen.

    Danke für die Hinweise, werde ich umsetzen. Sprachlich habe ich leider noch nicht so den Dreh raus. Aber wie du siehst, arbeite ich fleißig dran. Übung macht bekanntlich den Meister :D

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