Versagung Restschuldbefreiung von Amts wegen



  • 1. Ich bitte höflich darum, hier geduzt zu werden, wenn´s möglich wäre. :)

    2. Ich bin in der absolut tollen Situation, überhaupt gar keine Aufgaben am Gericht wahrnehmen zu müssen (guckst du links unter meinem Kaffee trinkenden PC). Und ob ich mich über sich wohlfühlende, aber nicht wohlverhaltende Schuldner ärgere, bleibt ganz allein mein ganz persönliches Problem. Ich kann´s nicht ändern, würde es aber begrüßen, wenn diese aus meiner Sicht völlig unzureichende gesetzliche Regelung geändert werden würde. Du kannst es drehen und wenden, wie du willst: Gerecht ist es schlicht und ergreifend nicht, wenn Schuldner so derart unterschiedlich "abgehandelt" werden dürfen. Egal, wie mein Vorredner schon sagte: Komm erstmal in der Praxis an, fordere mehrere Schuldner nacheinander auf, doch bitte mal ihren Mitwirkungspflichten nachzukommen und dann reden wir weiter.

    3. Wassndasfür´n Ton jetze??? :eek:;)

  • Will mich ja eigentlich nicht einmischen, aber ich finde das Argument:" Komm Du man erstmal in die Praxis" so ähnlich wie "das haben wir immer so gemacht" oder "Du bist jung und hast keine Ahnung" oder "wir haben die Weisheit mit Löffeln gefressen". Wenn man die Gesetzesbegründung liest, hatte es ganz einfache GRünde, nicht eine RSB-Versagung von Amts wegen zuzulassen. Es sollte eben nicht so sein, dass das AG Timbuktu sofort die RSB versagt und das Amtsgericht Untergiesing garnix macht. Und genau das würde passieren. Einige Kollegen würden wöchentlich irgendwelche Nachweise von den Schuldner fordern und falls keine unverzügliche Rückmeldung kommt -zack- RSB-Versagung. Und das andere Extrem wären Kollegen, die sagen, sie machen garnix. Ich finde auch immer noch, es ist Sache der Gläubiger, denn es ist schließlich ihr Geld.
    Natürlich geht auch bei mir schon mal das Taschenmesser in der Hosentasche auf, wenn ich die Akte vor mir habe. Aber man sollte nie vergessen, dass zumindest die Rpfl.hier relativ neutral bleiben sollten.

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)


  • ...
    Ich finde auch immer noch, es ist Sache der Gläubiger, denn es ist schließlich ihr Geld.
    ...

    Seh ich für die RSB auch so. Es ist deren (Gläubiger) "Ding", vor der Insolvenz zu vollstrecken, die Forderung zu übertragen oder es sein zu lassen, auszubuchen und Verjährung eintreten zu lassen. Wenn beim Schuldner die Forderung nicht realisiert wird, werden wohl BWL-Grundsätze dazu führen, dass andere - überwiegend dann unwissend - diesen Ausfall bezahlen.

    Kostenstundung mag anders betrachtet werden können. Da sollen die Gerichte die Bedürftigkeit feststellen und überprüfen.

    Treuhänderergütung in der WHP erhöhen, echten Aufwand abrechnen dürfen und damit ein bewusstes Freikaufen verhindern? Wieviele dieser Problemkandidaten mag es geben, die diesen Weg bewusst nutzen?

    Und wer hat was davon, wenn die RSB nicht erteilt wird?

  • Will mich ja eigentlich nicht einmischen, aber ich finde das Argument:" Komm Du man erstmal in die Praxis" so ähnlich wie "das haben wir immer so gemacht" oder "Du bist jung und hast keine Ahnung" oder "wir haben die Weisheit mit Löffeln gefressen".




    Ich gebe zu, das ist ein bisschen unglücklich gesagt. Jeder soll und muss seine Erfahrungen machen. Ich denke aber auch, dass sich aus meinen Vorbeiträgen ergibt, dass ich durchaus den Gesetzestext und die Begründung dazu verstehe. Das heißt aber nicht, dass ich es für richtig halten muss und mir nicht eine anderweitige Regelung wünschen dürfte. Dass nach dem derzeitigen Gesetzeswortlaut eine Versagung vAw kaum möglich ist, ist klar. Und das letzte Wort dazu spricht eh der BGH, und wie das aussieht, kann keiner voraussagen.

    Am Ende ist es doch so, dass man erst im Laufe der Jahre merkt, dass vieles anders ist, als es die graue Theorie in der Ausbildung erklärt hat.

  • Theorie und Praxis klaffen m.E. gerade im Insolvenzrecht sehr weit auseinander. Was ich im Studium in meiner Vetriefungsrichtung InsOR gelernt habe, konnte ich am Anfang meiner Tätigkeit nicht nutzen.

    Aber ich denke, dass ist ein anderes Thema, über welches man sich lllaaannngggeee austauschen könnte und auch hier "Verbesserungsvorschläge" in der Ausbildung/Studium vortragen kann...

    In diesem Sinne noch ein schönes Rest-Wochenende...

  • Vielleicht habe ich das ja in der aktuellen Entscheidung des BGH IX ZB 153/09 falsch gelesen, aber ich meine, die erläutern da, wie es sich mit der Versagung von Amts wegen verhält (Rz. 26,27):

    Eigentlich Antrag und Voraussetzung Obliegenheitsverletzung und Beeinträchtigung der Gläubiger. Aber antwortet der Schuldner im Rahmen dieses Versagungsantrags auf Anfragen nicht auch Versagung von Amts wegen ohne Beeinträchtigung der Gläubiger.

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  • Genau so sehe ich das auch. In allen BGH-Entscheidungen, in denen etwas von einer Versagung der RSB von Amts wegen zu lesen war, war immer zuerst ein Antrag eines Gläubigers der Auslöser. Das hat sich aber leider nie aus den Leitsätzen ergeben und deshalb sind viele auf den meines Erachtens falschen Zug aufgesprungen und haben die RSB völlig ohne Gläubigerantrag unter Bezugnahme auf die BGH Entscheidungen versagt.

  • und genau da liegt der Hund begraben: der BGH hat in einer Entscheidung Zulässigkeit und Begründetheit durcheinandergeworfen (ich muss die noch raussuchen).
    Und jetzt geht über den 296 II 3 InsO das Theater los....
    ich verweise nur mal auf
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…bereit.-Was-tun
    #35
    Ich bin kurz davo, dass ich von den Treuhändern in der RestWVP keine Bericht mehr haben will, außer es gibt was zu verteilen; wie es übrigens dem Gesetz entsprechen sollte.
    Das nutzt aber in den Stundungsfällen natürlich kaum was, weil das Gericht ja verpflichtet ist, sich über die Aufrechterhaltung der Stundung ein Bild zu verschaffen und lettzlich einen Blick auf die Erwerbsobliegenheiten zu werfen. Auf diese "Bombe" in den Stundungsvorschiften habe ich nach Einführung der Stundungslösung hingewiesen (nein, nicht in der ZInsO; sondern nur gerichtsintern). Das wird noch für Streitstoff mit einzenlen Gläubigern sorgen.

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
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    :daumenrau

  • Ich hänge mich einfach hier noch mal dran und habe eine Verständnisfrage (mal wieder).

    Dass die Insolvenzgläubiger einen Versagungsantrag nur im Schlusstermin stellen können ist klar.

    Wenn aber eine der Nr. 1 bis 6 aus § 290 InsO amtsbekannt sind, wird dann der RSB-Antrag zurückgewiesen von Amts wegen oder müssen dies auch die Insolvenzgläuber einwenden?

    Müssen die Gläubiger herausfinden, ob der Schuldner wegen einer passenden Straftat verurteilt ist, ob in den letzten 10 Jahren eine RSB erteilt oder abgewiesen wurde usw.?

  • Über den Antrag wird immer dann positiv entschieden, wenn die Voraussetzungen des § 290 InsO nicht vorliegen. Ablehnender Beschluss also nur bei Vorliegen eines Gläubigerantrags.

    Zitat

    Müssen die Gläubiger herausfinden, ob der Schuldner wegen einer passenden Straftat verurteilt ist, ob in den letzten 10 Jahren eine RSB erteilt oder abgewiesen wurde usw.?


    Letztlich ja. Ich bekomme auch oft nur durch Zufall mit, dass ein Schuldner verurteilt wurde.

    Man könnte höchstens noch überlegen, ob der Schuldner gem. § 97 InsO zur Mitteilung an TH/Gericht verpflichtet ist und ob das Verletzen dieser Pflicht rückwirkende Konsequenzen auf den Beschluss haben kann.

  • Die Debatte ist interessant, insbesondere da sie auf dem Urteil eines Amtsgerichts beruht. Mal ehrlich die Entscheidung eines Amtsgerichtes -rechtskräftig oder nicht- hat doch keine Aussagekraft. Wenn ich hier vor Ort entsprechende Entscheidungen zitiere, kommt immer der Spruch "Amtsgericht bin ich selber und deshalb entscheide ich das auch selber!"

    Die Entscheidung halte ich für contra legem, da sich der Gesetzeswortlaut eindeutig auf einen Antrag bezieht. Die Entscheidungen beruhen darauf, dass § 296 II Satz 1 völlig ignoriert wird. Eine Befugnis von Amtswegen die Restschuldbefreiung zu versagen kann ich trotz der BGH Entscheidung so nicht erkennen.

    Wenn eine solche Entscheidungsbefugnis aber besteht, dann ist nicht der Richter, sondern der Rechtspfleger zuständig.

  • eben; der § 296 II 2 gilt ja auch erst ab Aufhebung.
    Äh, amtsgerichtliche Entscheidungen sind für das Insolvenzrecht zunächst mal prägend. Solange es keine höchstrichterlichen Entscheidungen zu bestimmten Themen gibt, sollte man sich auch mit amtsgerichtlicher Judikatur auseinandersetzen.......

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  • Also mir persönlich ging es jetzt nicht um die Entscheidung des AG, sondern um das Verständnis des § 290 InsO selbst. Seit viele meiner Rechtsfachwirte-Kolleginnen und -Kollegen wissen, dass ich nunmehr für einen Insolvenzverwalter tätig bin, fragen die natürlich nach: Wie kann ich die Restschuldbefreiung verhindern?

    Nun befasse ich mich mit den Möglichkeiten, die sich ja aus §§ 290, 296 InsO ergeben. Der Inso-Gläubiger kann entweder im Schlusstermin (wenn ihm einer der dort aufgeführten Gründe bekannt ist) einen Versagungsantrag stellen oder aber innerhalb von 1 Jahr ab Kenntnis von einem Obliegenheitsverstoß in der WVP.

    Ist es nicht ein bisschen viel verlangt, gerade im Rahmen des Insolvenverfahrens bis zum Schlusstermin, dass der Gläubiger über alle Umstände aus § 290 InsO informiert sein muss? Selbst wenn irgendeiner der Punkte erfüllt ist, aber kein Gläubiger davon weiß, wird die RSB angekündigt, obgleich meinetwegen dem Inso-Verwalter oder aber dem Inso-Gericht entsprechende Informationen vorliegen?

    Gerade heute schneite noch im Laufe der Anmeldefristen z.B. eine Mitteilung eines Gläubigervertreters rein, dass über das Vermögen der IK-Schuldnerin bereits an einem anderen Gericht 2006 ein Inso-Verfahren beendet und RSB versagt wurde, weil die Schuldnerin die Mindestvergütung nicht gezahlt hat. Merkwürdiger Zufall, weil ich mich ja gerade mit der Thematik befasse, aber sehr passend. Nun wird dieser Einwand aber nicht im Schlusstermin erhoben und auch kein entsprechender Antrag gestellt, es sei denn, dem Gläubigervertreter werden noch die Augen geöffnet, dass er mit seinem Wissen im Schlusstermin den Versagungsantrag stellen kann? Anderenfalls wird der Schuldnerin die RSB wieder angekündigt, obgleich definitiv ein Punkt aus § 290 InsO erfüllt ist - mithin ein Versagungsgrund vorliegt, der sowohl dem Verwalter als auch einem Inso-Gericht bekannt ist?

  • ja, aber da hat der BGH ausgeführt, dass die Info an die Gläubiger der WVP nicht fremd ist aufgrund der Möglichkeit, den TH mit der Überwachung zu beauftragen. Insoweit käme es nicht darauf an, ob man nun tatsächlich beaufragt wurde oder nicht. Eine Regelung wie in § 292 InsO hat man aber im laufenden Verfahren nicht.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Ihr wollt mir jetzt nicht im Ernst sagen, dass irgendjemand den Gläubigervertreter, der leider keine Ahnung von der InsO hat (obgleich er ein zugelassener RA mit zwei bestandenen juristischen Staatsexamen ist :teufel: ) rein theoretisch darauf hinweisen müsste, dass sein interessanter Hinweis leider völlig nutzlos ist, solange er dies nicht in Verbindung mit einem Versagungsantrag und dann auch noch im Schlusstermin einwendet?

    Gut, schwer zu verdauen, aber scheint ja so zu sein. Ich liebe das Gesetz. :cool:

    Wie "ernst" muss man den Begriff des Insolvenzgläubigers nehmen, der den Antrag stellen darf? Reicht es, dass der Gläubiger einen Anspruch gegen den Schuldner hat oder muss der Anspruch auch zur Tabelle festgestellt sein? Wie weit ist da § 38 InsO auszulegen?

  • ob eine Forderung festgestellt sein muss, hat der BGH m.W. bisher nicht entschieden, da noch nicht fallgegenständlich.
    Ein Versagungsgrund aus dem Katalog des § 290 kann m.E. nicht auf die Versagung nach § 298 in einem früheren Verfahren gestelll werden. Hierbei stellt sich jedoch die Frage, ob eine eventuelle Kostenstundung des zweitverfahrens aufzuheben ist.....

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
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  • ja, bei bestrittenen Forderungen ist noch offen, ob evtl. Klageerhebung nachgewiesen sein muss, BGH IX ZB 257/08:

    Zitat

    Die von der Rechtsbeschwerdebegründung für grundsätzlich erachtete Frage, ob Versagungsantragsteller auch ein Gläubiger sein kann, dessen Forderung möglicherweise nicht an der Schlussverteilung teilnimmt, ist geklärt. Nach der Rechtsprechung des Senats können Versagungsanträge von Gläubigern gestellt werden, die ihre Forderung angemeldet haben (BGH, Beschl. v. 22. Februar 2007 - IX ZB 120/05, ZInsO 2007, 446). Dies entspricht auch sonst ganz herrschender Auffassung (LG Göttingen NZI 2007, 734; AG Hamburg ZVI 2004, 261; ZInsO 2005, 1060; ZInsO 2008, 984; HmbKomm-InsO/Streck, 3. Aufl. § 290 Rn. 2; HK-InsO/Landfermann, 5. Aufl. § 290 Rn. 35; Graf-Schlicker/Kexel, InsO § 290 Rn. 1; FK-InsO/Ahrens, 5. Aufl. § 290 Rn. 57 a; G. Pape NZI 2004, 1, 4 f; MünchKomm-InsO/Stephan, 2. Aufl. § 290 Rn. 14; der entgegen den Ausführungen in der Beschwerdebegründung nicht verlangt, dass die Forderung noch in das Schlussverzeichnis aufgenommen werden kann). Soweit verlangt wird, dass bei bestrittenen Forderungen der Nachweis der Klageerhebung nach § 189 Abs. 1 InsO geführt wird (AG Hamburg ZInsO 2005, 1060), kommt es hierauf vorliegend nicht an, weil die Forderung zur Tabelle festgestellt ist. Der Hinweis auf die abweichende Meinung des AG Köln (NZI 2002, 218 f), das eine Anmeldung der Forderung im Verfahren nicht für erforderlich hält (so auch LG Traunstein, ZInsO 2003, 814, 815; Wenzel in Kübler/Prütting/Bork, InsO § 290 Rn. 3; Frege/Keller/Riedel, Handbuch der Rechtspraxis Insolvenzrecht Rn. 2105; Büttner ZVI 2007, 116, 117), kann der Rechtsbeschwerde schon deshalb nicht zum Erfolg verhelfen, weil - würde man dieser Auffassung folgen - die Antragsbefugnis des weiteren Beteiligten zu 1 erst recht gegeben wäre. Ob die Forderung nach Prüfung im Schlusstermin an den Verteilungen noch teilnimmt (vgl. BGH, Beschl. v. 22. März 2007 - IX ZB 8/05, ZInsO 2007, 493), ist für die Antragsbefugnis unerheblich.

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