Rechtspflegerlaufbahn wirklich erstrebenswert ?

  • Zitat

    Schöpferisch im Wortsinne ist ja nicht, wenn jemand unter Berücksichtigung des ganzen Tamtams in Foren und Literatur damals um diese relativ banale Gebühr erkennt und umsetzt, dass der Gesetzgeber im nachhinein berichtigend klarstellt, er habe von Anfang an etwas eindeutig gemeint, was einhellig streitig, weil undeutlich gesetzgeberisch gefaßt war.

    Ich weiss nichts von dem Tamtam in Foren und Literatur, was aber auch daran liegen kann, dass ich damals weder hier ich Forum tätig war noch Kostensachen bearbeitet habe. Wenn dem Verfasser dieser Geistesblitz aber von selbst gekommen ist handelt es sich durchaus um eine hervorzuhebende kreative Eigenleistung. Ob die Entscheidung richtig ist (vgl. #154) oder nicht sei dahingestellt. Vielleicht ist die Entscheidung ja wirklich nicht das beste Beispiel für das von mir gemeinte. Leider werden nur ganz wenige Rechtspflegerentscheidungen veröffentlicht (warum eigentlich?), weshalb ich kein besseres Beispiel finden konnte.

    In unserer Zeit hat das nichts mit "fremdem Bundesland" und Heimkehrwille zu tun. Gerade als junger Mensch weiss man eigentlich nie, ob man in fünf Jahren noch dort lebt oder leben will, wo man gerade ist. Heimatverbundenheit und ewigwährende Partnerschaften sind keine Dinge, die in unsere Zeit passen.

    Zitat

    Nicht jeder Rechtspfleger muss Geschäftsgebühren berechnen. Manche machen nur Beratungshilfe wie ich. Deswegen passt das nicht.

    Du bearbeitest Beratungshilfeverfahren, hast aber nichts mit Geschäftsgebühren (2503 VV-RVG??) zu tun? Aha.

    Zitat

    Im übrigen empfinde ich in diesem Thread die Äußerungen von "nano..." und seinen wenigen Supportern als wohltuend. Endlich weht einmal ein anderer Wind. Schade, dass sich solche Leute in der Justiz nicht halten.

    Ich empfinde es so, dass gerade in Rechtspflegerkreisen ein ungesunder Korpsgeist herrscht. Lieber bemitleidet man sich gegenseitig angesichts der jeweiligen Überforderung als dass man sich den Problemen annimmt. Lieber kopiert man alte Beschlussvorlagen von Kollegen (oder verwendet solche aus den einschlägigen EDV Programmen) und übernimmt diese unreflektiert anstatt eigene Wege zu gehen. Kein Wunder, wird einem auch jedes Abweichen von der Meinung der Masse als argwöhnisch zu betrachtende Arroganz ausgelegt. Ich jedenfalls habe mein Glück nicht in der Mentalität der Justiz gefunden, auch wenn mir die Aufgaben des Rechtspflegers gefallen.

    Zitat

    Also ich finde das Beschluss-Beispiel von nano... gar nicht schlecht. Ich habe es so verstanden, dass er meint, die Kunst in der Praxis sei, Kompliziertes einfach auszudrücken und mit möglichst einfachen, wenigen Worten eine eigene Rechtsauffassung herzuleiten und zu vertreten. Das schafft der Beschluss doch gut: man versteht ihn und die Rechtsauffassung ist kurz und klar dargelegt. Den Gesetzgeber zu zitieren halte ich für deutlich eleganter als den BGH wiederzukäuen.

    In der Praxis wird stattdessen häufig nur mit Urteilzitaten rumgeworfen (einen nett gemeinten Gruß hier an rainermdvz ;), ich nehme mich da allerdings auch nicht aus), teilweise sogar nur aus Sekundärquellen ohne das eigentliche Urteil auch nur zu lesen und ohne eine eigene Begründung zu erarbeiten. Schlimm finde ich es, wenn man sich daran ergötzt, möglichst geschwollen und wichtigtuerisch mit allen möglichen Fremdworten (am Besten auf Latein) in tausend Schachtelsätzen rumzulamentieren :blah::roll: und das für schlau zu halten. Ich verkneife es mir jetzt mal, nochmal die vielzitierte Definition der Eisenbahn laut Reichsgericht aus der Wikipedia zu fischen.

    Genau so ist es! In Beschlüssen habe ich meine eigenen rechtlichen Schlüsse verständlich und knapp darzulegen und nicht mein Unwissen hinter leerlaufenden Phrasen zu verbergen. Wozu dient die Zitierung von Rechtsprechung oder Literatur? Als Quellennachweis für die Kennzeichnung fremder Gedanken, nicht aber um Argumente zu ersetzen und meinen Begründungszwang zu umgehen. Häufig dient dieses Protzen mit Rechtsprechungsnachweisen doch nur dazu, durch Anführung von Autoritäten die eigene Unsicherheit zu verbergen. Ich finde es äußerst unseriös, wenn hinter einem Satz zehn Quellennachweise folgen, am besten irgendwelche Entscheidungen aus den 70ern oder 80ern, die man nie gelesen hat und die auch gar nicht mehr zur aktuellen Gesetzeslage passen. Häufig muten solche Rechtspflegerbeschlüsse ähnlich an wie Querulantenschreiben von den "BRD GmbH" Verschwörungstheoretikern. Einmal hat mir ein Kollege einen solchen mehrseitigen Beschluss gezeigt, von unzähligen Rechtsprechungsnachweisen gesäumt. Als ich ihn frage: "Verstehst du wirklich, was du da schreibst" - war er für längere Zeit beleidigt.

  • Zitat

    [QUOTE] Nicht jeder Rechtspfleger muss Geschäftsgebühren berechnen. Manche machen nur Beratungshilfe wie ich. Deswegen passt das nicht.

    Du bearbeitest Beratungshilfeverfahren, hast aber nichts mit Geschäftsgebühren (2503 VV-RVG??) zu tun? Aha.

    just 4 info: einige bewilligen nur und der mittlere dienst setzt die gebühren fest.

    be water my friend

    Ich kann nicht ständig die SuFu nutzen- ich muss auch mal was arbeiten :akten

  • Vielleicht ist die Entscheidung ja wirklich nicht das beste Beispiel für das von mir gemeinte.


    Das sehe ich allerdings absolut so. Die Entscheidung ist in Ordnung, weil sie kurz und knackig ist. Inhaltlich ist das aber sicherlich gerade nicht die erstmalige Formulierung von e=mc² im Kostenrecht, sondern eher etwas, womit Praktikabilitätserwägungen deutlich der Vortritt vor juristischer Argumentation gegeben wird.
    Ob allerdings dann solche Entscheidungen veröffentlicht werden sollten, fragen sich diejenigen, die es machen, besser selbst.
    Verwaltungen, die meinen, sich im Rahmen ihrer Beurteilungen auch ein Bild über die juristische Güte der Arbeit ihres Entscheiders machen zu müssen, begeben sich jedenfalls auf ganz dünnes Eis.

  • [In Beschlüssen habe ich meine eigenen rechtlichen Schlüsse verständlich und knapp darzulegen und nicht mein Unwissen hinter leerlaufenden Phrasen zu verbergen. Wozu dient die Zitierung von Rechtsprechung oder Literatur? Als Quellennachweis für die Kennzeichnung fremder Gedanken, nicht aber um Argumente zu ersetzen und meinen Begründungszwang zu umgehen. Häufig dient dieses Protzen mit Rechtsprechungsnachweisen doch nur dazu, durch Anführung von Autoritäten die eigene Unsicherheit zu verbergen. Ich finde es äußerst unseriös, wenn hinter einem Satz zehn Quellennachweise folgen, am besten irgendwelche Entscheidungen aus den 70ern oder 80ern, die man nie gelesen hat und die auch gar nicht mehr zur aktuellen Gesetzeslage passen. Häufig muten solche Rechtspflegerbeschlüsse ähnlich an wie Querulantenschreiben von den 'BRD GmbH' Verschwörungstheoretikern. Einmal hat mir ein Kollege einen solchen mehrseitigen Beschluss gezeigt, von unzähligen Rechtsprechungsnachweisen gesäumt. Als ich ihn frage: 'Verstehst du wirklich, was du da schreibst' - war er für längere Zeit beleidigt.

    Als Außenstehender kann ich das leider bestätigen. Ich bin jetzt bald zwanzig Jahre Anwalt und muss bei Kostenfestsetzungsbeschlüssen und Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen, wenn darin Absetzungen sind, regelmäßig feststellen, dass eine auffällige Anzahl dieser Produkte allernfalls den äußeren Anschein einer Begründung erweckt, in Wahrheit aber mit Textbausteinen und Rspr.-Zitaten gearbeitet wird, die nicht passen. Allerdings habe ich subjektiv den Eindruck, dass sich das leicht bessert. Oder umgekehrt gesagt: Früher war es noch schlimmer.

    Ich muss jedoch sagen, dass ich die meisten Rechtspfleger und Rechtspflegerinnen, die hier im Rechtspflegerforum schreiben, von dieser Kritik ausnehme. Insbesondere Rainer1965 bringt zwar viele Rspr.-Hinweise, diese sind aber keine leeren Blindzitate, sondern Hinweise, die passen. Es gab hier vor ca. 4, 5 Jahren in der Tat einen Vielposter, der auf äußerlich ähnliche Weise Zitate anführte, allerdings war es bei ihm, anders als bei Rainer, so, dass diese Zitate oft ungeeignet waren, weil die Entscheidungen nicht einschlägig waren und daher die Diskussion und das Argument, worum es in dem betreffenden Thread ging, nicht ersetzen konnten. Als ich in einem Forenbeitrag darauf hinwies, das dieses heillose und sinnlose Zitieren unjuristisch und ärgerlich ist, wurde ich angefeindet, es handle sich um ein altehrwürdiges Forenmitglied usw.

    Wieviel Rechtspfleger gibt es eigentlich? Zehntausend? Dreißígtausend? Jedenfalls gehören die wenigen, die sich aktiv ins Forum begeben, zur Minderheit. Deren Beiträge sind dann auch von anderer Qualität als die Erzeugnisse der sog. "Praxis". Man muss da nicht an einen herausragenden Juristen wie "cromwell" denken, auch vom Fußvolk des einfachen Forumschreibers, mich eingeschlossen, lässt sich sagen, dass wir uns Mühe geben. Ich bin aber sicher, dass das Forenleben nicht die Rechtspflegerwirklichkeit abbildet. Der Eindruck von Lethargie, Unzufriedenheit mit dem Beruf, Nine-to-five-Mentalität usw., Schlamperei, Desinteresse, den "nano..." an seiner Noch-Kollegenschaft wahrnimmt, nehme ich ihm sofort ab.

  • Wieviel Rechtspfleger gibt es eigentlich? Zehntausend? Dreißígtausend?

    laut https://www.destatis.de/DE/Publikation…publicationFile

    gab es bundesweit zum 31.12.2011
    5.460,31 Rechtspfleger/Beamte gehobener Justizdienst + 62,93 Justiz-Raumpfleger
    9.095,44 Rechtspflegerinnen/Beamtinnen gehobener Justizdienst + 354,10 Justiz-Raumpflegerinnen

    :D

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6


  • gab es bundesweit zum 31.12.2011
    5.460,31 Rechtspfleger/Beamte gehobener Justizdienst + 62,93 Justiz-Raumpfleger
    9.095,44 Rechtspflegerinnen/Beamtinnen gehobener Justizdienst + 354,10 Justiz-Raumpflegerinnen


    Das sind aber offensichtlich die Stellen und nicht die Köpfe. Da die Teilzeitquote (gefühlt) sehr hoch ist, würde ich mal von mindestens 1/3 mehr an Personen ausgehen.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • sind dann aber nicht auch die leute aus dem mittleren dienst, die in den gehobenen dienst aufgestiegen sind (ohne rpfl zu sein und wohl auch ohne gesonderte prüfung) darin erfasst? und was ist mit den rpfl´ern, die mittlerweile dem höheren dienst angehören? :gruebel:

  • leute aus dem mittleren dienst, die in den gehobenen dienst aufgestiegen sind (ohne rpfl zu sein und wohl auch ohne gesonderte prüfung)

    Wo ist das möglich ?

    Das dürfte in jedem Bundesland möglich sein.
    Das sind erfahrene ältere Kollegen aus dem mittleren Dienst, die einen sog. "prüfungserleichterten Aufstieg" gemacht haben.
    Auch dafür ist ein Aufstiegslehrgang erforderlich. Zeitdauer weiß ich derzeit nicht genau, meine aber, es wären 6 Monate. Danach ist man dann Beamter im gehobener Dienst, aber KEIN Rechtspfleger.
    Einsatzorte daher nur: Gerichtskasse oder Verwaltung.

  • So was kenn ich hier nicht.
    Aufstiegsbeamte in Ba-Wü ( die sehr wohl unter 30 Jahre alt sein können ) , sind nach der erfolgreichen Prüfung auch Rechtspfleger !

  • In unserer Zeit hat das nichts mit "fremdem Bundesland" und Heimkehrwille zu tun. Gerade als junger Mensch weiss man eigentlich nie, ob man in fünf Jahren noch dort lebt oder leben will, wo man gerade ist.

    Als Beamter im Landesdienst ist man Beamter im Landesdienst und die Ausdehnung dieses Landes sollte aus dem Geographieunterricht bekannt sein.

    Daher tun mir nicht diejenigen leid, die nach ihrem aus Landesgeld finanzierten Studium nun nicht mehr "nach Hause" können, sondern diejenigen "Landeskinder", die bei Vergabe des Studienplatzes wegen solcher "Kollegen" nicht zum Zuge kamen.


    Zitat

    Heimatverbundenheit und ewigwährende Partnerschaften sind keine Dinge, die in unsere Zeit passen.

    Demnach nehme ich an einer anderen "unseren Zeit" teil als Du.

  • So was kenn ich hier nicht.
    Aufstiegsbeamte in Ba-Wü ( die sehr wohl unter 30 Jahre alt sein können ) , sind nach der erfolgreichen Prüfung auch Rechtspfleger !

    Hier geht es aber nicht um Aufstiegsbeamte. Diese machen ja die normale Rechtspflegervorbereitung mit und sind dann natürlich auch Rechtspfleger.
    Das ist ja eben beim prüfungserleichterten Aufstieg anders.


  • gab es bundesweit zum 31.12.2011
    5.460,31 Rechtspfleger/Beamte gehobener Justizdienst + 62,93 Justiz-Raumpfleger
    9.095,44 Rechtspflegerinnen/Beamtinnen gehobener Justizdienst + 354,10 Justiz-Raumpflegerinnen


    Das sind aber offensichtlich die Stellen und nicht die Köpfe. Da die Teilzeitquote (gefühlt) sehr hoch ist, würde ich mal von mindestens 1/3 mehr an Personen ausgehen.



    Da laut Gewerkschaften fast 90% der Teilzeitbeschäftigten Frauen sind, dürften demnach männliche Rechtspfleger nach Köpfen krass in der Unterzahl sein. Hätte vielleicht doch Rechtspflege studieren sollen... :cool:

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • in der tat, männliche rechtspfleger sind meist (leider) nur sehr begrenzt vorhanden. mehr als zwei an einem gericht habe ich (bei insgesamt 5 gerichten) noch nicht erlebt; waren allerdings alles keine präsidialamtsgerichte. denn da gibts dann meist so viele rpfl´er, dass dann auch mehr männliche kollegen dabei sind. die quote dürfte klar unter 20% liegen (für südhessen).

  • Ich glaube hier - und insbes. ntf - gehts weniger um die Quantität als die Qualität unseres Berufsstandes.

    Den Aufstieg ohne Rpfl-Ausbildung gibt´s in Ba.-Wü. auch. Die Kollegen machen dann halt keine Rpfl-Tätigkeiten und im Grunde nur Verwaltung.

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

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