Erbausschlagung: rechtskraft abwarten unnötig?

  • Solange ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung möglich (also statthaft) ist


    Das ist manchmal schon etwas irritierend "nicht statthaft" oder "zwar statthaft, im Übrigen aber nicht zulässig".
    Man denke da mal an einen KFB über 100 € und die "mögliche" Beschwerde nach § 567 ZPO. In Absatz 1 lässt sich dort der Gesetzgeber über die Statthaftigkeit aus, in Absatz 2 schreibt er dann wieder, dass sie "unzulässig" sei, wenn der Beschwerdewert 200 € nicht übersteigt. Vielleicht hat er ja auch gemeint, in derartigen Sachen soll sie nur "statthaft" sein, wenn der Beschwerdewert über 200 € liegt.
    Mit diesen Begriffen wird selbst im Gesetz manchmal etwas lapidar umgegangen.

    Im Falle der "Beschwer" sollte es aber eindeutig sein: Selbst bei fehlender Beschwer kann ein Rechtsmittel immer noch statthaft sein, sodass die Rechtskraft nicht unmittelbar eintreten kann.
    So dumm das auch klingt und zu welchen Irritationen bzw. welchem Unverständnis das auch führen mag (insbesondere mit der Einreichung an das Nachlasssgericht), wenn die Mutter einmal einmal eine normale Ausfertigung bekommt und gut 2 Wochen später nochmal eine mit Rechtskraftvermerk, wird man nie um eine Bekanntmachung und das Abwarten der Beschwerdefrist herumkommen, bevor man einen Rechtskraftvermerk erteilen kann.
    Das alles ist halt ziemlich formell. Und wie schon an anderer Stelle gesagt: Auch gegen ein Urteil mit einem Streitwert von 100 € ist die Berufung nicht unstatthaft, auch dieses kann nicht vor Ablauf der Berufungsfrist rechtskräftig werden. Selbst bei einem stattgebenden Urteil zugunsten des Klägers könnte dieser rein theoretisch Berufung einlegen, weil es auch für ihn statthaft ist, unzulässig und zu seiner Kostenlast führt es erst durch die Feststellung mangelnder Beschwer.

  • Das ist ganz sicher keine abgrundtiefe Verirrung.:daumenrun
    Rein juristisch gesehen hat wobder zwar recht, aber es geht halt gegen den gesunden Menschenverstand.
    Denn warum sollte man Rechtskraft abwarten wenn sowieso keiner Beschwerde einlegen kann?:gruebel:
    Auf sowas können auch bloß Juristen kommen.
    henry


  • Auf sowas können auch bloß Juristen kommen.

    Na, das glaube ich nicht. Weiter oben schrieb jemand von Rechtssicherheit.
    Und die dient allenthalben dem Rechtsverkehr und nicht den Juristen.

    Im übrigen: Ich bin immer dankbar, wenn mir die Kollegen sagen, ich hätte mich
    im Paragraphendschungel verrannt, oder gar verirrt.
    Ist mir immer lieber als eine Ohrfeige.

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • Das ist ganz sicher keine abgrundtiefe Verirrung.:daumenrun
    Rein juristisch gesehen hat wobder zwar recht, aber es geht halt gegen den gesunden Menschenverstand.
    Denn warum sollte man Rechtskraft abwarten wenn sowieso keiner Beschwerde einlegen kann?:gruebel:
    Auf sowas können auch bloß Juristen kommen.
    henry

    Doch, es ist eine massive Verirrung ; sorry dass ich darauf herumreiten muss.
    Wenn jemand Verfahrensrecht auf Teufel komm raus verbiegen will, dann werd ich ganz wuschig.:)
    Nicht dass sich solche "Ansichten" auch noch verbreiten.....

    Ansonsten bin ich auf die Erklärung gespannt, was zwingendes Verfahrensrecht mit dem gesunden Menschenverstand zu tun haben soll.
    Richte mal Deine Vorwürfe lieber an den Gesetzgeber, der in weiten Teilen die Kindschaftssachen im FamFG verkorkst hat , als an die Verfahrensrecht ( lediglich ) ausführenden
    ( Fach-)Juristen.

  • Auch ich kann mich beim Threadstarter des Eindrucks nicht erwehren, dass ihm die ganze auf den Schutz des jeweiligen Betroffenen abzielende Linie des FamFG "nicht passt" und dass er deshalb jenseits nachvollziehbarer rechtlicher Argumentation bemüht ist, nach Gründen zu suchen, die ihn in die Lage versetzen, in seinen Verfahren anders und im Ergebnis völlig konträr zu den gesetzlichen Vorgaben zu handeln.

  • Ein ganz kleines bisschen muss ich schon mal zugeben, dass an dem Satz

    "Auf sowas können nur Juristen kommen."

    schon hin und wieder etwas wahres ist. Genauso wie ein Mathematiker oder Naturwissenschaftlicher oftmals mit der "Logik" eines Juristen wenig anzufangen weiß, ist für viele Juristen umgekehrt die mathematische und naturwissenschaftliche Logik ein rotes Tuch. Ich habe das Glück, bislang in meinem Leben auf beiden Strecken arbeiten zu können, geschuldet den Ereignissen im Osten. Im normalen Leben wird aus einem Naturwissenschaftler wohl eher kein Jurist und umgekehrt. In die Politik kann man dagegen schon eher aus allen Bereichen gehen, wie man bestens verfolgen kann. Da braucht man ja nicht mal irgendein Studium oder spezielles Fachwissen um Minister zu werden.
    Und ich kann durchaus bestätigen, dass mit der Logik eines normalen Menschen und insbesondere eines solchen, der zur Mathematik nicht auf Kriegsfuß steht, so manche Logik eines Juristen nicht nachvollziehbar ist, beispielsweise auch, dass eine gerichtliche Entscheidung (noch) nicht rechtskräftig werden kann, obwohl ein Rechtsmittel für diesen Fall gar nicht zulässig sein soll.
    Wenn man aber einen juristischen Beruf wählt oder in einen solchen wechselt, muss man sich aber an die juristische "Logik" und das teilweise formalistische Denken gewöhnen; schafft man das nicht, ist man da fehl am Platz (genauso wie es umgekehrt der Fall wäre). Letztlich kann man auch zur gegenständlichen Ausgangsfrage mit den richtigen Worten die passende Begründung finden, nämlich, dass die Rechtskraft nicht sofort eintreten kann, mal abgesehen davon, dass gegen die Entscheidung eines Rechtspflegers sowieso immer ein Rechtsmittel gegeben ist, welches natürlich auch an einer Beschwer scheitern kann, worüber aber der Richter zu entscheiden hat. Ich muss aber zugeben, dass das einem juristischen Laien oder insbesondere einem mit einer anderen Logik ausgestatteten Mathematiker oder Naturwissenschaftlicher nicht sehr "logisch" vorkommt. Unter diesen sind viele Sachverhalte ja auch dann erst richtig, wenn sie bewiesen wurden, es gibt nur ein "ja" oder ein "nein", und nicht wie unter Juristen, x verschiedene Auffassungen, alle wiederum gestützt durch andere Vertreter in Literatur und Rechtsprechung.

    Insoweit ist der Satz

    "Auf sowas können nur Juristen kommen"

    gar nicht mal falsch, weil eben andere mit ihrer Denkweise und Logik auf dieses Ergebnis nicht kommen würden.

    Nun sind wir aber, ungeachtet unserer Vorgeschichte, nun mal gegenwärtig alle im Beruf des Rechtspflegers tätig, ggf. ja auch auf speziellen Positionen wie die einer Lehrkraft, so dass wir die Denkweisen eines Juristen auch zu unserer eigenen machen müssen, jedenfalls bei der Ausübung unserer Tätigkeit. Dennoch möchte ich meine in dieser Zeit zurückgestellte andere Denkweise durchaus nicht missen, die einem im praktischen Leben durchaus auch nicht schadet.

    @henry: Es ist löblich, dass du hier regelmäßig im Forum unterwegs bist, eine Reihe meiner Kollegen/innen halten davon wenig, begreifen gar nicht, was man hier alles mitnehmen kann, sie machen es einfach so wie immer, ohne bestimmte Problemfragen überhaupt zu bemerken. Wenn dann natürlich nahezu alle anderen ihre Meinung darlegen und begründen, sollte man vielleicht doch mal darüber nachdenken, ob man nicht selber falsch liegt. Ich habe mich auch schon hin und wieder anderer Meinungen angeschlossen, obwohl es meiner eigenen "Logik" widersprach. Und sowas kommt durchaus auch in vielen anderen Berufen vor.

    Aber es gibt sogar Extremfälle, wo Entscheidungen höchster Richter weder für andere Juristen noch für Leute mit anderer Logik nachvollziehbar sind: Ich denke da nur an die Entscheidung des BGH, dass für einseitige Rechtsgeschäfte (insbesondere Erbausschlagungen) im familiengerichtlichen Genehmigungsverfahren kein Ergänzungspfleger nötig sei, während bei zweiseitigen Rechtsgeschäften das durchaus anders sein kann, obwohl letzteres nicht mal konkret vorgegeben wurde, geschweige denn, dass hierfür ein plausible Begründung geliefert wurde. Sowas passiert eben in Bereichen der Nautrwissenschaft und Mathematik nicht: Wenn man da etwas behauptet, muss man auch den Beweis dafür erbringen.
    Zahlreiche weitere (BGH-)Entscheidungen ließen sich für diese Un-Logik anführen, wenn ich beispielsweise daran denke, dass man jemanden, dem auf Grund einer PKH-Bewilligung ohne Zahlungspflicht bis auf weiteres überhaupt keine Kosten entstehen können, Kosten nach § 104 ZPO festsetzen kann statt den beigeordneten Anwalt insoweit gegen die unterlegene Partei auf § 126 ZPO zu verweisen ...... ...... ...... Man muss sowas eben hinnehmen, obwohl es einem völlig widerstrebt, allein schon deswegen, weil man ansonsten sowieso im RM-Verfahren aufgehoben wird.

    Vielleicht denkt sich ja henry auch: Wenn man schon den BGH-Richtern nicht alles abnehmen kann, warum sollte man dann den Kollegen hier im Forum alles abnehmen ...... :strecker

  • @Andy K.
    Danke, ich muß dir hier echt zustimmen.
    Gut gesagt!:daumenrau

    Cromwell:
    Ja ich will das verfahren schon manchmal bißchen optimieren, weil ich das mit der doppelten Übersendung an die Parteien und Einreichung beim Nachlaßgericht Schwachsinn finde.
    Kein vernünftigeriger mensch versteht warum er den beschluß zweimal bekoimmt und welchen er jetzt bei nachlaßgericht einreichen soll und warum.
    Viele reichen den Rechtskragftbeschluß dann beim familiengericht ein oder schicken schon den nicht rechtskräftigen beschluß ans nachlaßgericht und lauter so Sachen.
    Deshalb :daumenrun:daumenrun für den Gesetzesgeber des FAMFG.
    henry

  • Deine Ehrlichkeit ist erfrischend.

    Du schwingst Dich also selbst zum Anti-Gesetzgeber auf, weil Dir das geltende Recht nicht gefällt.

    Dir ist schon klar, dass das ein ganz schmaler Grat ist, auf dem Du da vorsätzlich wanderst?

  • Ich habe nichts gegen Verfahrensoptimierung und betreibe sie selbst. Ich meine aber, sie sollte anhand des Rechtes vertretbar sein, das wir halt haben.

    Manches ist halt vom Gesetz her soundso, das ist dann eben soundso, das kann man gut finden oder bedauern, aber das kann man nicht ändern. Punkt.

    Bislang stimmte noch jeder meiner "Kunden" mit mir überein, dass eine richtige Verfahrensweise trotz mancher Umstände sicher besser sei als eine falsche, die dann angreifbar ist.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...


  • Bislang stimmte noch jeder meiner "Kunden" mit mir überein, dass eine richtige Verfahrensweise trotz mancher Umstände sicher besser sei als eine falsche, die dann angreifbar ist.

    Ich hab zwar keine Kunden, dennoch :daumenrau.
    Wobei man unter "falsche" auch verfahrensoptimierte Verfahrensweisen verstehen sollte.;)

  • Wieso? Ich kann Verfahren sowohl legal als auch contra legem optimieren. Gegen ersteres spricht doch nichts? Die Möglichkeiten sind da zwar begrenzt, aber dennoch, es geht immer auch umständlicher.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Ich nehme an, dass Steinkauz damit jene "Verfahrensoptimierung" meinte, die auf den ersten Blick nicht "contra legem" ist, sondern die dazu führt, sich immer für diejenige Meinung zu entscheiden, mit der man die Akte am schnellsten vom Tisch bekommt. In Wahrheit ist dies freilich ein Ermessensfehlgebrauch und als solches auch "contra legem". Wobei ich vermute, dass die Erwägungen, die hier im Forum als entscheidungstragend geäußert wurden, in den betreffenden Beschlüssen nicht ausgesprochen werden.

    Wenn Verfahrensoptiimierung dagegen dafür sorgt, die Arbeitsabläufe (nicht die Entscheidung selbst) auf Verbesserungsmöglichkeiten abzuklopfen - nur zu! Solange kein Beteiligter dabei Schaden erleidet.

  • Wäre denkbar, dass das gemeint war. Wobei ich gefühlsmäßig schon davon ausging, mit Steinkauz in dieser Frage nicht wirklich streiten zu müssen ... ;)

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

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