Ausschlagung durch Betreuer mit Vermögenssorge?

  • Auch wenn es unpraktisch ist, so bin ich eben nicht der Meinung das die Vermögenssorge auch Erbschaftsangelegenheiten umfasst. Ich sehe das so:

    Bei Betreuungen gibt es 3 Möglichkeiten die Aufgabenkreise zu gestalten:

    1. Alle Angelegenheiten
    2. Alle Angelegenheiten, jedoch ohne Vermögenssorge
    3. Einzelne Angelegenheiten (z. B. Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmung, etc. pp.)

    Wenn man schon einzelne Angelegenheiten bestimmt, dann bedeutet das ja im Umkehrschluss, dass für die anderen Angelegenheiten kein Betreuungsbedarf besteht. Betreuungen sollen so viel es geht eigenständiges Handeln fördern, auch wenn das gerade die Kontroverse ist.

    Ordnet ein Richter eine Betreuung mit Aufenthaltsbestimmung, Vermögenssorge, Gesundheitssorge und Vertretung ggü. Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern an, so wurde die Betreuung in allen anderen Wirkungskreisen im Gegenzug nicht angeordnet. Das umfasst Erbschaftsangelegenheiten, Grundstücksangelegenheiten, Wohnungsangelegenheiten, usw... Wo kein Bedarf, da keine Betreuung. Wenn schon die Aufgabenkreise so einzeln aufgeführt werden, dann sind die Aufgabenkreise auch eng auszulegen und abschließend.

  • Für das Genehmigungsverfahren spielt deine Meinung als Betreuungsrechtspfleger zur gewahrten oder versäumten Ausschlagungsfrist m. E. keine Rolle. Das wurde - soweit ich mich entsinne - hier im Forum auch schon einmal diskutiert.


    Aus Sicht des Nachlassgerichtes müsste man wohl auf die Ansicht des Betreuungsrichters abstellen. Dieser ging offenbar - wenn auch unzutreffend - davon aus, dass die VS für die Erklärung der Ausschlagung nicht genügt. Vom Betreuer kann man letztlich keine bessere Rechtskenntnis erwarten. Von einer ordnungsgemäßen gesetzlichen Vertretung des Betreuten für die Ausschlagung kann dann wohl erst ab Bekanntgabe des Erweiterungsbeschlusses ausgegangen werden.

    Das ist keine Frage der Wahrung der Ausschlagungsfrist, sondern eine Frage der Anfechtbarkeit der Versäumung der Ausschlagungsfrist.

  • Auch auf die Gefahr, dass mich die Betreuungs-Profis jetzt steinigen oder ein "Shitstorm" über mich hereinbricht:

    Mit solchen "Atomisierungen" von Aufgabenkreisen können Betreuungen nur ausgehen wie das Hornberger Schießen. Wie schnell ist da mal ein Aufgabenbereich nicht erfasst bzw. ein Dritter (Behörde/Rentenstelle/Versicherung usw) meint, der Aufgabenkreis würde gerade für seinen Dunstkreis nicht ausreichen ....

    Eigenständig handeln kann der Betreute im Übrigen doch selbst dann (Geschäftsfähigkeit vorausgesetzt), wenn der Aufgabenkreis weit gefasst ist.

  • und genehmigt ist immer noch nicht?

    Als Nachlassgericht würde ich den Betreuer darauf hinweisen, dass ich von Fristversäumung ausgehe und (vorsorglich) empfehlen, die Annahme anzufechten. Für die 2. Protokollierung (falls zur Niederschrift des NG) würde ich dann keine Kosten ansetzen, da ich von unrichtiger Sachbehandlung durch das (Betreuungs-)Gericht ausginge.


  • Über letzteres kann man trefflich streiten, insbesondere wenn es sich um einen Berufsbetreuer handelt. Dieser dürfte (eigentlich) wissen müssen, dass die Vermögenssorge für die Ausschlagung ausreichend ist.

  • @ Frog:

    Cromwell meint die Frage bestimmt deshalb ernst, da der Antrag auf Erteilung der Genehmigung bereits im Dezember eingegangen ist.

    Dass alle maßgeblichen Dokumente noch nicht vorliegen bzw. jetzt erst eintrudeln ... gut.

    Ich hatte die Akten erstmals am 10.02. in der Hand. Für den neuen Betreuerausweis. :cool:

    Ich mache keine Fehler ... ich erschaffe kleine Katastrophen.

  • @ Frog:

    Cromwell meint die Frage bestimmt deshalb ernst, da der Antrag auf Erteilung der Genehmigung bereits im Dezember eingegangen ist.

    Dass alle maßgeblichen Dokumente noch nicht vorliegen bzw. jetzt erst eintrudeln ... gut.

    Ich hatte die Akten erstmals am 10.02. in der Hand. Für den neuen Betreuerausweis. :cool:


    Die Frage war von Uschi. Mal sehen, ob sie noch etwas schreibt.

    Ich hätte vor Eingang der notariellen oder nachlassgerichtlich protokollierten Ausschlagung übrigens auch nicht mit der Genehmigungsprüfung begonnen. (Habe ich allerdings auch noch nie erlebt, dass so ein separater Antrags gestellt wird und die Ausschlagung noch gar nicht erklärt wurde.)

  • Ich meinte die Frage ernst, da Sonea nichts dergleichen aufgeführt hat und ich hatte schon Familien- bzw. Betreuungsgerichte, die über 1 Jahr für die Genehmigung benötigten.

    Schön, lieber Frog, wenn Du tüchtige Berufsbetreuer hast, die ein wenig Ahnung haben. Ist bei mir leider sehr häufig nicht der Fall, egal ob Anwalt oder Sozialarbeiter! Wenn sie dann wenigsten rechtzeitig bei mir nachfragen würden.

  • Ihr habt den Betroffenen selbst gar nicht auf demTablett.

    War er geschäftsfähig?

    Hatte er Kenntnis vom Erbfall und vom Erbrecht?

    Wenn ihr beides bejaht braucht ihr euch über Aufgabenkreise von Betreuern keine Gedanken machen.

    Ich gehe davon Aus, dass das Nachlassgericht (auch) den Betroffenen über Erbfall und Erbrecht informiert hat.

  • Dass der Wirkungskreis der Vermögenssorge ausreicht, ist inzwischen geklärt (OLG Saarbrücken Rpfleger 2011, 607; Bestelmeyer Rpfleger 2012, 666, 667).


    Und genau das hätte ich jetzt gerne mal zitiert...

    Der Bestelmeyer behauptet es zwar (in einem Satz, ohne jegliche Argumentation) und verweist auf den Rpfleger aus 2011. Dort ist diese Problematik gar nicht Thema, ebenso wenig in der angesprochenen Entscheidung aus Saarbrücken.

    Vielleicht habe ich da aber etwas überlesen, aber eigentlich geht es in dieser Entscheidung thematisch um die Fristhemmung hinsichtlich der Genehmigung.
    Ich wünschte mir persönlich dieses Ergebnis, komme aber so nicht dahin.

  • In der Entscheidung des OLG Saarbrücken heißt es wörtlich:

    Bedenken dahin, dass die Ausschlagung der Erbschaft vom den Eltern der Betreuten übertragenen Aufgabenkreis der Vermögenssorge nicht erfasst sein könnte, hat der Senat nicht (hierzu Bieg in: jurisPK-BGB, 5. Aufl. 2010, § 1896 Rn. 70; str.; offen gelassen in BayObLG, FamRZ 1998, 642).

    Also keine "Behauptung (ohne jegliche Argumentation)", sondern eine wohlbegründete Verweisung.

  • Wer sich immer noch schwer tut: " Die Form der Ausschlagung ist in § 1945 Abs. 1 BGB geregelt. Diesen Erfordernissen ist von der Betreuerin Genüge getan. Der ihr u. a. übertragene Aufgabenkreis der Vermögenssorge erfasst auch die Ausschlagung der Erbschaft vom Vater des von ihr betreuten Beteiligten zu 2."
    (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 22. April 2014 – 3 W 13/14 –, Rn. 8, juris)

    (Hier könnte man ja glatt auf den Gedanken kommen, dass "Der Bestelmeyer" und "Der Cromwell" was miteinander zu tun haben. :D )

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Wer sich immer noch schwer tut: " Die Form der Ausschlagung ist in § 1945 Abs. 1 BGB geregelt. Diesen Erfordernissen ist von der Betreuerin Genüge getan. Der ihr u. a. übertragene Aufgabenkreis der Vermögenssorge erfasst auch die Ausschlagung der Erbschaft vom Vater des von ihr betreuten Beteiligten zu 2."
    (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 22. April 2014 – 3 W 13/14 –, Rn. 8, juris)

    (Hier könnte man ja glatt auf den Gedanken kommen, dass "Der Bestelmeyer" und "Der Cromwell" was miteinander zu tun haben. :D )


    :wechlach:

  • In der Entscheidung des OLG Saarbrücken heißt es wörtlich:

    Bedenken dahin, dass die Ausschlagung der Erbschaft vom den Eltern der Betreuten übertragenen Aufgabenkreis der Vermögenssorge nicht erfasst sein könnte, hat der Senat nicht (hierzu Bieg in: jurisPK-BGB, 5. Aufl. 2010, § 1896 Rn. 70; str.; offen gelassen in BayObLG, FamRZ 1998, 642).

    Also keine "Behauptung (ohne jegliche Argumentation)", sondern eine wohlbegründete Verweisung.


    So ist es.

    (Der arme Notar übrigens, der fleißig immer alles schickt und sich dann den Erbschein vor dem OLG ersteiten mußte)

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • In der Entscheidung des OLG Saarbrücken heißt es wörtlich:

    Bedenken dahin, dass die Ausschlagung der Erbschaft vom den Eltern der Betreuten übertragenen Aufgabenkreis der Vermögenssorge nicht erfasst sein könnte, hat der Senat nicht (hierzu Bieg in: jurisPK-BGB, 5. Aufl. 2010, § 1896 Rn. 70; str.; offen gelassen in BayObLG, FamRZ 1998, 642).

    Also keine "Behauptung (ohne jegliche Argumentation)", sondern eine wohlbegründete Verweisung.

    Ja, dann hab ich das in der ursprünglichen Entscheidung überlesen. Danke für den Hinweis.

    Nein, ich hielt das für keine wohlbegründete (Ketten-)Verweisung, sondern nur für eine Feststellung. Auf die im Forum wieder mit "so ist es nun also" vom Autoren verwiesen wird, um die eigene Meinung mit der eigenen Meinung zu begründen. (So sehr ich die Ausführungen von Cromwell auch sonst schätze!)

  • Ich halte diese Kritik für unberechtigt.

    Ganz abgesehen davon, dass zur "vermissten" Argumentation im vorliegenden Thread von etlichen Usern schon sehr viel geschrieben wurde, habe ich - inhaltlich zutreffend - die Entscheidung des OLG Saarbrücken zitiert, aus welcher sich ergibt, dass zur Frage des erforderlichen Wirkungskreises auch andere - aber nunmehr wohl überholte - Ansichten vertreten werden. Dass ich mich der Ansicht des OLG Saarbrücken in meinem zeitlichen nachfolgenden Übersichtsaufsatz aus dem Jahr 2012 angeschlossen (und sie - unveröffentlicht - schon immer vertreten) habe, war ebenfalls mit Fug und Recht zu zitieren, da diese fachzeitschriftliche Fundstelle nicht "weniger wert" ist als jede andere, auch wenn es sich dabei um ein Selbstzitat handelt - woran im Grundsatz überhaupt nichts auszusetzen ist. Und dass die Darstellung in einem Übersichtsaufsatz - jedenfalls im Wesentlichen - berichtender Natur ist und deshalb nicht jede Einzelfrage argumentativ aufgearbeitet werden kann, dürfte nun auch nichts Neues sein.

  • Nochmal übrigens ein kleiner Nachsatz:

    Bei uns im Haus (auch innerhalb der Nachlassabteilung) bleibt es leider weiterhin umstritten. Was für mich dabei am wenigsten nachvollziehbar ist, dass einer der Betreuungsrichter auf die Erweiterung bzgl. erbrechtlicher Angelegenheiten besteht. Die ordnet er dann befristet ohne jegliche Anhörung an und -zusätzlich zur Befristung- hebt er sie dann wieder auf, nachdem die Ausschlagung erklärt, genehmigt und die Genehmigung mitgeteilt wurde.
    Aufhebung natürlich, weil es ja kein Fürsorgebedürfnis mehr gibt.
    Wenn dann (wie hier) kurz drauf der zweite Elternteil des Betreuten verstirbt, geht das ganze Spiel von vorne los.

    Und "geschäftsfähiger Betreuter schlägt selber aus" wird gänzlich abgelehnt, da das Nachlassgericht ja keine Geschäftsfähigkeit prüfen kann.

    Verkannt wird hier, dass weder jeder Betreute geschäftsunfähig ist, noch dass jeder nicht unter Betreuung stehende geschäftsfähig IST.

  • Was für mich dabei am wenigsten nachvollziehbar ist, dass einer der Betreuungsrichter auf die Erweiterung bzgl. erbrechtlicher Angelegenheiten besteht. Die ordnet er dann befristet ohne jegliche Anhörung an und -zusätzlich zur Befristung- hebt er sie dann wieder auf, nachdem die Ausschlagung erklärt, genehmigt und die Genehmigung mitgeteilt wurde.
    Aufhebung natürlich, weil es ja kein Fürsorgebedürfnis mehr gibt.

    wow, so sieht Praktikabilität aus. Was für ein Unsinn :gruebel:. Wie sieht das Büro des Richters aus? Kommt der mit seiner Arbeit im übrigen klar oder ist das ein hoch theoretisch Veranlagter? Oder fand mit ihm darüber noch gar keine Kommunikation statt und er weiß es vllt. nicht besser, dass die h.M. schon die Vermögenssorge ausreichen lässt.

  • Unabhängig von der Sachfrage als solcher bewegt sich der Richter bei einer Erweiterung der Betreuung ohne jegliche Anhörung und Beteiligung des Betroffenen in rechtlicher Hinsicht auf sehr dünnem und wohl bereits durchgebrochenem Eis.

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