Beurteilungssystem

  • @ Zubbel: Da stimme ich Dir zu. Mir macht die Arbeit im Großen und Ganzen auch gottseidank noch Spass und das ist mir auch wichtiger als das große Geld (wobei wir eigentlich doch auf relativ hohem Niveau jammern, oder ?). Allerdings ist es schon ein verrücktes System auf der einen Seite wird über eine leistungsgerechte Besoldung diskutiert und in der Praxis hört man dann, dass man einfach nur (lange, lange, lange) warten muss, bis man befördert wird.



    Mir auch. :daumenrau

    O-Ton einer Regierungsoberrätin:

    "Schön, dass sie so toll beurteilt worden sind, ihr Chef setzt sich ja richtig für sie ein. Vor ihnen sind aber noch andere Kollegen dran, die zwar nicht so gut beurteilt wurden, aber schon länger warten!"

    So warten wir doch....

  • Zum Thema Beurteilung fällt mir nur der Kanonenclub ein. Ich hatte schon 10 von elf möglichen Punkten, bis mich ein beförderungsg*** Vorgesetzter schlechter beurteilt hat. Das war so ähnlich wie silberne Löffel klauen. Er durfte aus Sicherheitsgründen meine Diensträume nicht einmal betreten. Da konnte er mich bestimmt gut bei meiner Tätigkeit beobachten. Gefreut hat er sich dann bestimmt, als er mir im selben Jahr den Buchpreis übergeben durfte. :teufel:

  • mal ne grundsätzliche Frage:
    gibt es eigentlich eine gedruckte Richtlinie, schriftliche Anweisung vom Ministerium oder ähnliches wo man nachlesen kann, dass man nach einer Beförderung erst wieder von ganz unten bei der Beurteilung startet ?
    Oder basiert das auf Gewohnheitsrecht, nur allgemeinen Absprachen der Direktoren untereinander ?
    Der Chef erzählt uns halt nur, er darf nicht anders. (Das stimmt natürlich auch.
    Ich bin mir ganz sicher, dass der Zweitkorrektor, den ich gut kenne, die Beurteilung nicht absegnen würde, wenn unser Direktor mich und meine Jahrgangskollegen einfach besser beurteilen würde.)

    Aber in den Beurteilungsrichtlinien ist diese "abgesprochene" Verfahrensweise so nicht enthalten. Wo kann man es dann nachlesen ?

  • Eine Verordnung o.ä. dazu kenne ich nicht. Mir wurde die Herabsetzung in der ersten Beurteilung nach einer Beförderung mit der sog. "Wellentheorie" erklärt. Danach erreicht der Kandidat nach einiger Zeit die zur Beförderung notwendige gute Note (= Spitze des Wellenberges). Er wird sodann befördert, z.B. von A10 nach A11. Allerdings gelten für einen A11er strengere Anforderungen als für einen A10er, damit wird der frisch Beförderte -trotz gleichgebliebener Leistung- nun schlechter beurteilt als vorher (= er landet im Wellental). So kann auch verhindert werden, dass jemand mit einer Spitzennote gleich an allen anderen Mitbewerbern beförderungsmäßig "vorbeirauscht".

    Niemand ist unersetzbar. Die Friedhöfe liegen voll von Leuten, die sich für unersetzbar hielten (H.-J. Watzke). :cool:

  • Eine Verordnung o.ä. dazu kenne ich nicht. Mir wurde die Herabsetzung in der ersten Beurteilung nach einer Beförderung mit der sog. "Wellentheorie" erklärt. Danach erreicht der Kandidat nach einiger Zeit die zur Beförderung notwendige gute Note (= Spitze des Wellenberges). Er wird sodann befördert, z.B. von A10 nach A11. Allerdings gelten für einen A11er strengere Anforderungen als für einen A10er, damit wird der frisch Beförderte -trotz gleichgebliebener Leistung- nun schlechter beurteilt als vorher (= er landet im Wellental). So kann auch verhindert werden, dass jemand mit einer Spitzennote gleich an allen anderen Mitbewerbern beförderungsmäßig "vorbeirauscht".

    Das kennen die in Berlin nicht. Da hat eine Kollegin eine gute Note bekommen. Ist befördert worden und nach Ablauf der Schamfrist hat sich die Kollegin genau mit der gleichen Beurteilung auf die nächste Stelle beworben. Damit hat die Dame 2 der spärlich ausgeschriebenen Beförderungen in kürzester Zeit erhalten.

    Echt irre...

  • Zitat Quest: Das kennen die in Berlin nicht. Da hat eine Kollegin eine gute Note bekommen. Ist befördert worden und nach Ablauf der Schamfrist hat sich die Kollegin genau mit der gleichen Beurteilung auf die nächste Stelle beworben. Damit hat die Dame 2 der spärlich ausgeschriebenen Beförderungen in kürzester Zeit erhalten.

    Echt irre..."

    unglaublich,
    würde der Zweitbeurteiler (Landgerichtspräsident) doch merken, wenn innerhalb kürzester Zeit die gleiche Person wieder über seinen Schreibtisch geht.
    (Denn die Beurteilungen werden auf dem Dienstwege doch übers Landgericht ans OLG geschickt)
    Oder war es eine Rechtspflegerin, die beim Landgericht oder OLG arbeitet ?

  • Zweitkorrektor bei einer Beurteilung? :gruebel: So etwas höre ich zum ersten Mal.

    In welchem Bundesland bist du denn?


    Luxemburg


    Ohne eine vernünftige Angabe lässt sich schwer etwas sagen. Es gibt doch große Unterschiede zwischen den Bundesländern.

    In vielen Bundesländern bestünde das Problem nicht wirklich, da es nach einer Beförderung entsprechend lange Wartefristen gibt bis überhaupt die nächste möglich wäre (selbst wenn die Beurteilung gleich gut bleibt nach der Beförderung, ist die Frist lang).

  • Zitat Quest: Das kennen die in Berlin nicht. Da hat eine Kollegin eine gute Note bekommen. Ist befördert worden und nach Ablauf der Schamfrist hat sich die Kollegin genau mit der gleichen Beurteilung auf die nächste Stelle beworben. Damit hat die Dame 2 der spärlich ausgeschriebenen Beförderungen in kürzester Zeit erhalten.

    Echt irre..."

    unglaublich,
    würde der Zweitbeurteiler (Landgerichtspräsident) doch merken, wenn innerhalb kürzester Zeit die gleiche Person wieder über seinen Schreibtisch geht.
    (Denn die Beurteilungen werden auf dem Dienstwege doch übers Landgericht ans OLG geschickt)
    Oder war es eine Rechtspflegerin, die beim Landgericht oder OLG arbeitet ?

    Ich werde nie begreifen, warum man sich als Rechtspfleger mancherorts auf eine "Beförderungsstelle" bewerben müssen soll, wenn man doch nach wie vor die selbe Tätigkeit ausübt...

  • Eine Verordnung o.ä. dazu kenne ich nicht. Mir wurde die Herabsetzung in der ersten Beurteilung nach einer Beförderung mit der sog. "Wellentheorie" erklärt. Danach erreicht der Kandidat nach einiger Zeit die zur Beförderung notwendige gute Note (= Spitze des Wellenberges). Er wird sodann befördert, z.B. von A10 nach A11. Allerdings gelten für einen A11er strengere Anforderungen als für einen A10er, damit wird der frisch Beförderte -trotz gleichgebliebener Leistung- nun schlechter beurteilt als vorher (= er landet im Wellental). So kann auch verhindert werden, dass jemand mit einer Spitzennote gleich an allen anderen Mitbewerbern beförderungsmäßig "vorbeirauscht".


    So kenne ich das auch. Wurde mir auch vom OLG Celle genau so erzählt.
    Es ist ja angedacht, dass man immer Rpfl. mit gleicher Besoldungsstufe miteinander verglichen werden. Dh. Du landest nach der Beförderung in einer anderen Vergleichsgruppe, und da kann es schon sein, dass Du der beste zwischen den A10ern warst, im Vergleich mit anderen A11ern aber nur Mittelmaß.
    Ausnahmen kann es natürlich geben.

    Halte ich an sich auch für logisch - wenn sich alle daran halten würden... Häufig erlebe ich im Vergleich doch, dass andere Gerichte gern Gefälligkeitsbeurteilungen geben - erspart man sich ja auch Diskussionen mit...:cool:

    Das kennen die in Berlin nicht. Da hat eine Kollegin eine gute Note bekommen. Ist befördert worden und nach Ablauf der Schamfrist hat sich die Kollegin genau mit der gleichen Beurteilung auf die nächste Stelle beworben. Damit hat die Dame 2 der spärlich ausgeschriebenen Beförderungen in kürzester Zeit erhalten.


    Nach der Theorie ist es auch in Berlin genau so wie beschrieben. So wurde es mir auch bei einer Schulung vermittelt.
    Finde den Fall auch sehr merkwürdig, weil das eigentlich gar nicht. Die Schamfrist :D beträgt ein Jahr, bei einer Bewerbung ist aber einen neue Beurteilung zu erstellen, wenn die aktuelle älter als ein Jahr ist.

    Oder sitzt die Dame in der Verwaltung auf einer Funktionsstelle? Dann könnte sie ihr die Stelle (z. B. sie ist A10, Stelle A12) zunächst in Unterdeckung verliehen werden und sie erstmal auf A11 befördert. Dann erfolgt die 2. Beförderung automatisch nach einem Jahr.

    Wir taumeln durch die Straßen, so als wären wir jung und schön.

  • Ob die Wellentheorie sinnvoll ist, dürfte vom Beurteilungssystem abhängen:

    Wenn jede Besoldungsstufe in sich geschlossen betrachtet wird, ergibt sie natürlich einen Sinn: Wer mit A9 erheblich übertrifft, muss das mit A10 nicht automatisch auch tun. Da hat es einen Sinn ergeben, alle beamten nach der Beförderung gedanklich erst mal wieder in die Mitte zu setzen und dann zu schauen, wie hoch die Ausschläge nach oben oder nach unten sind.

    Wenn aber alle Besoldungsstufen in derselben Skala sind - wie beim Punktesystem meistens - dann ergibt das keinen rechten Sinn mehr: Auf der Skala von 0 bis 16 Punkten heißt es, 8 Punkte sind für A9 normal, 9 Punkte dann "übertrifft", 10 Punkte bereits "übertrifft erheblich", wohingegen diese 10 Punkte gleich wieder das Mittelfeld für A11 darstellen. Man betritt das Feld A11 also sozusagen bereits automatisch im Mittelfeld und muss sich weitere Punkte erst erarbeiten. HIER ergibt die Rückstufung in meinen Augen keinen Sinn mehr, sondern verdreht sogar die Tatsachen.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • In Sachsen-Anhalt heißt es in den Beurteilungsrichtlinien (AV des MJ vom 23. 1. 2007 -:-2000 1-101.14 UA 1):

    Zitat

    11.2 Maßstab bei Beförderung im Beurteilungszeitraum
    Nach einer Beförderung sind die von einem Richter oder Beamten desselben statusrechtlichen Amtes, dem der zu Beurteilende am Beurteilungsstichtag angehört, zu erfüllenden Anforderungen Maßstab für die Beurteilung des Richters oder Beamten im gesamten Beurteilungszeitraum. Nach einer Beförderung ist daher insbesondere bei gleich bleibender Leistung aufgrund einer Einzelfallbetrachtung zu prüfen, ob die bisher erreichten Beurteilungen in den Einzelmerkmalen herabzusetzen sind und zusätzlich oder auch ausschließlich das Gesamturteil oder die Gesamtbewertungen abzusenken sind. Dies gilt auch dann, wenn der Richter oder Beamte vor und nach der Beförderung im gleichen Aufgabengebiet tätig war und ist. Die Beibehaltung oder - in besonders begründeten Fällen - die Anhebung des erreichten Gesamturteils oder der erreichten Gesamtbewertungen nach einer Beförderung kommen im Hinblick auf das Leistungsprinzip nur dann in Betracht, wenn die Leistungen des Richters oder Beamten dies auch gemessen am strengeren Beurteilungsmaßstab des höheren statusrechtlichen Amtes rechtfertigen. Die vorstehenden Ausführungen gelten sinngemäß im Falle des Aufstiegs. Die Sätze 1 bis 4, sind auf Beschäftigte entsprechend anzuwenden.

  • In Niedersachsen steht es seit 1.01.12 in den Richtlinien für die dienstliche Beurteilung von Beamtinnen und Beamten im Niedersächsischen Justizministerium, bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften sowie bei der Norddeutschen Fachhochschule für Rechtspflege, wurde auch vorher schon praktiziert:

    Zitat


    .
    2. Beurteilungsmaßstab


    (1)
    Maßgeblich für die Beurteilung sind die Anforderungen des am Stichtag verliehenen statusrechtlichen Amtes. Es sind jeweils die Beamtinnen und Beamten einer Besoldungsgruppe miteinander zu vergleichen. Beamtinnen und Beamte, die seit der letzten Beurteilung befördert wurden, sind deshalb nach den Anforderungen des höheren Amtes zu beurteilen und mit den Bediensteten der neuen Besoldungsgruppe zu vergleichen. Unabhängig von der Notwendigkeit einer individuellen Beurteilung führt der geänderte Beurteilungsmaßstab erfahrungsgemäß dazu, dass die Beamtinnen und Beamten nach einer Beförderung in einer Rangstufe unterhalb der zuletzt erreichten beurteilt werden.

  • Beurteilungen von Beamten, die mit Rechtspflegertätigkeiten betraut sind, sind auf verschiedenen Ebenen problematisch, auf die Spitze getrieben im Bereich der Überbeurteilungen. An die Wahrhaftigkeit der Beurteilungen glaubt in ähnlicher Weise wie das Kind an den Weihnachtsmann ohnehin nur die Verwaltung selbst, weil sie mit den Beurteilungen die anstehenden Beförderungen steuern will.
    Ob das Beurteilungssystem im Hinblick auf die Stellenbündelung bei Rechtspflegerdienstposten (auch Topfwirtschaft genannt, obwohl die im Topf Sitzenden es geduldig hinnehmen, wenn sie weich gekocht werden) beibehalten werden kann, wird ernsthaft anzuzweifeln sein (BVerwG, Urteil vom 30.06.2011, 2 C 19/10; VG Frankfurt, Beschluss vom 23.03.2012, 9 L 298/12.F; VG Darmstadt, Urteil vom 16.03.2012, 1 K 632/11.DA; Dr. Roetteken, "Das Ende der Topfwirtschaft". Alles bei juris).
    Die seit Jahrzehnten von einzelnen geforderte und von interessierter Seite (wozu auch der BDR gehört) abgelehnte Dienstpostenbewertung würde alles übersichtlicher machen. Zudem hätte sie den Vorteil, dem Beamtenrecht zu entsprechen.

  • Beurteilungen von Beamten, die mit Rechtspflegertätigkeiten betraut sind, sind auf verschiedenen Ebenen problematisch, auf die Spitze getrieben im Bereich der Überbeurteilungen. An die Wahrhaftigkeit der Beurteilungen glaubt in ähnlicher Weise wie das Kind an den Weihnachtsmann ohnehin nur die Verwaltung selbst, weil sie mit den Beurteilungen die anstehenden Beförderungen steuern will.


    Na und? Befördert wird in der Regel nach Eignung, Leistung und Befähigung, und die lassen sich bekanntlich nur mit einer Beurteilung feststellen. Und bevor jetzt wieder die Gräben zwischen Verwaltung und Rechtspflegerschaft aufgerissen werden: Die faire Beurteilung ist nach meiner Überzeugung die Regel. Die ungerechtfertigt gute ist wie die ungerechtfertigt schlechte Beurteilung eher die Ausnahme, aber leider viel auffälliger und schmerzhafter als die vielen gerechtfertigt guten und schlechten. Aber die Schuld daran trägt selten das Beurteilungssystem als vielmehr die handelnden Personen.

    Ob das Beurteilungssystem im Hinblick auf die Stellenbündelung bei Rechtspflegerdienstposten (auch Topfwirtschaft genannt, obwohl die im Topf Sitzenden es geduldig hinnehmen, wenn sie weich gekocht werden) beibehalten werden kann, wird ernsthaft anzuzweifeln sein (BVerwG, Urteil vom 30.06.2011, 2 C 19/10; VG Frankfurt, Beschluss vom 23.03.2012, 9 L 298/12.F; VG Darmstadt, Urteil vom 16.03.2012, 1 K 632/11.DA; Dr. Roetteken, "Das Ende der Topfwirtschaft". Alles bei juris).
    Die seit Jahrzehnten von einzelnen geforderte und von interessierter Seite (wozu auch der BDR gehört) abgelehnte Dienstpostenbewertung würde alles übersichtlicher machen. Zudem hätte sie den Vorteil, dem Beamtenrecht zu entsprechen.


    Inwieweit davon auch das Beurteilungssystem betroffen sein könnte, ist einen Streit wert. Aber der böte Stoff für einen Extra-Thread ...

  • ..., weil sie mit den Beurteilungen die anstehenden Beförderungen steuern will.

    Na und?

    Naja, weil sonst Ursache und Wirkung verkehrt werden. Eine unvoreingenommen erstellte Beurteilung sollte Grundlage einer späteren Beförderung sein. Und nicht der Wunsch der Vater des Beförderungsgedankens.

    Befördert wird in der Regel nach Eignung, Leistung und Befähigung, und die lassen sich bekanntlich nur mit einer Beurteilung feststellen.

    Eben so sollte es sein. Und damit ohne Steuerungswillen.

  • ... Die seit Jahrzehnten von einzelnen geforderte und von interessierter Seite (wozu auch der BDR gehört) abgelehnte Dienstpostenbewertung würde alles übersichtlicher machen. Zudem hätte sie den Vorteil, dem Beamtenrecht zu entsprechen.

    ...
    DANN können wir in unserm BL mit vielen "kleinen" Amtsgerichten gleich für jede einzelne (Rechtspfleger-)Stelle eine jeweils eigene Dienstpostenbewertung erstellen ...

    Aus meiner Sicht ist die Lösung ein "Einheitsamt" (wie bspw. bei den Lehrern oder Richtern).

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