nachträgliche Beratungshilfe

  • Jeder Einschnitt in die Beratungshilfe bedarf einer (verfassungsrechtlichen) Rechtfertigung. § 4 II 1 BerHG sagt, dass der Antrag mündlich gestellt werden kann. § 4 II 4 BerHG sagt, dass er nachträglich gestellt werden kann. Wie dann jemand auf die Idee kommen kann, dass vor der Beratung eine Unterschrift auf einem Formular vorliegen müsse, ist mir zweifelhaft. Insbesondere in Eilfällen ist das gar nicht machbar, wenn sofort gehandelt werden muss und der Mandant mal wieder keine Unterlagen mit hat. Oder soll er erstmal blanko unterschreiben? Im übrigen scheint es sich hier auch eher um eine willkürliche Ausnahme einiger Amtsgerichte zu handeln und nicht um die gängige Praxis von vielen anderen.

  • ... und der Mandant mal wieder keine Unterlagen mit hat.



    Und woher weißt Du, dass es sich um ein Beratungshilfemandat handelt? Wie prüfst Du die bedürftigkeit des Mandanten, wenn er keine Unterlagen dabei hat?

  • Solange ich dann nicht glauben muss, dass vor/bei der anwaltlichen Beauftratung das Mandant im Wege der BerH geschlossen wurde, sondern sich dies (aufgrund des Datums) unzweideutig aus dem Antragsformular entnehmen lässt, kann der RA dem Mandanten meinetwegen soviel glauben wie er will.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • um eine willkürliche Ausnahme einiger Amtsgerichte zu handeln und nicht um die gängige Praxis von vielen anderen.




    Ich würde eher sagen h.M. inzwischen......




    So ist es. Hier gibt es auch keine Vergütung, wenn die Tätigkeit "vor Antragstellung" erfolgte - mit "Antragstellung" ist damit zu verstehen, dass der Mandant zumindest in der Anwaltskanzlei einen Antrag auf Gewährung von Beratungshilfe mit den erforderlichen Angaben unterschreibt. "Ab Antragstellung" ist schließlich ja auch das Grundprinzip bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Sonst wäre ja entgegen der Gesetzesintention Tür und Tor geöffnet für Missbrauch: Anwalt versucht erst mal als "Regelanwalt" zu arbeiten - wenn er dann merkt, dass da die Rechnung nicht bezahlt wird, versucht er schnell nochmal über einen Beratungshilfeantrag wenigstens zu etwas Geld aus der Staatskasse zu kommen.
    So kann es definitiv nicht sein !!! Bereits beim ersten Besuch muss am Anfang geklärt werden, ob als "Regelkunde" oder als "Beratungshilfe-Mandant" die Sache ausgeführt werden soll, genauso wie das in der Arztpraxis ist: Komme ich als Privat- oder Kassenpatient. Diese Klärung ist "bei der ersten Begegnung" herbeizuführen, und zwar für das Gericht nachweisbar, und das kann nur das Ausfüllen des Antrages bedeuten.

    Ich kenne hier in der Gegend kein Gericht, was das anders sieht, und auch alle Anwaltskanzleien sehen das mittlerweile so - als erstes immer fragen, ob Beratungshilfe oder nicht und Antrag ausfüllen (das machen meist die Kanzleiangestellten schon, bevor man ins Anwaltszimmer geht - der Anwalt trägt dann ggf. nur noch die Angelegenheit ein).

  • Eben. Letztlich reduziert es sich darauf, was für ein Vertrag zwischen Rechtsanwalt und Bürger geschlossen und wie dieser eindeutig nachgewiesen wird ( gegenüber dem Gericht).

  • Die Ansicht ist schon deshalb nicht richtig, weil oftmals erst im Beratungsgespräch herauskommt, dass der Mandant bedürftig ist. Dann muss der Rechtsanwalt belehren und damit ist auch die Regelvergütung weg. Wäre ja toll, wenn sich der Rechtsanwalt dann seiner gesetzlichen Beratungshilfepflicht entziehen könnte, weil der Mandant die Unterlagen noch nicht mit hat, es nach Ansicht des Rechtspflegers eh zu spät ist und der Mandant sowieso keinen Vorschuss nach "echten" Gebühren zahlen kann.

  • Die Ansicht ist schon deshalb nicht richtig, weil oftmals erst im Beratungsgespräch herauskommt, dass der Mandant bedürftig ist.


    Und welche kosmischen Kräfte hindern der Rechtsanwalt daran, dem Mandanten in diesem Moment das Formular auf den Tisch zu legen und zu sagen "Füllen Sie das bitte eben aus und unterschreiben Sie hier. Die Belege bringen Sie dann bitte morgen vorbei."?
    Bei dieser Vorgehensweise entspricht das Datum auf dem Formular dem Beginn der anwaltlichen Tätigkeit und es gibt keine Probleme.

  • Die Ansicht ist schon deshalb nicht richtig, weil oftmals erst im Beratungsgespräch herauskommt, dass der Mandant bedürftig ist.


    Und welche kosmischen Kräfte hindern der Rechtsanwalt daran, dem Mandanten in diesem Moment das Formular auf den Tisch zu legen und zu sagen "Füllen Sie das bitte eben aus und unterschreiben Sie hier. Die Belege bringen Sie dann bitte morgen vorbei."?
    Bei dieser Vorgehensweise entspricht das Datum auf dem Formular dem Beginn der anwaltlichen Tätigkeit und es gibt keine Probleme.



    Genau!
    Außerdem gehe ich zudem davon aus, dass ein Bürger, der zum RA geht und weiß,dass er kein Geld hat, dies auch sagen wird. Dann wie S.H.. Und wenn ein Bürger das absichtlich verschweigt -> p.P.

  • Und welche kosmischen Kräfte hindern der Rechtsanwalt daran, dem Mandanten in diesem Moment das Formular auf den Tisch zu legen und zu sagen "Füllen Sie das bitte eben aus und unterschreiben Sie hier. Die Belege bringen Sie dann bitte morgen vorbei."?
    Bei dieser Vorgehensweise entspricht das Datum auf dem Formular dem Beginn der anwaltlichen Tätigkeit und es gibt keine Probleme.


    naja, aber das Datum ist dann ja trotzdem nicht VOR Beginn der Tätigkeit- und DARAUF soll es Eurer Meinung nach doch ankommen...:teufel:
    Und "füllen Sie das bitte eben aus" ist halt ein Problem, nicht für mich, sondern für den Mdten. S.H.: was zahlst Du aktuell an Miete? Wieviel für die Versicherung? Spontan, ohne nachzusehen.deshalb nehmen die Leute den Antrag mit nach Haus, lassen ihn dort ne Woche liegen, füllen ihn DANN aus, unterschreiben und tragen das aktuelle Datum ein.Und weil sich einige rechtspfleger wegen drei Tagen anp..., schicke ich dem Mdten einafch einen neuen mit der Bitte, das Datum xxx einzutragen...., so what?


    Genau genommen tragen wir mittlerweile das Datum ein, bevor wir den Antrag rausgeben.....aber so richtig einleuchten will mir das Angep..wegen ein paar Tagen nicht..

  • Verstehe ich irgendwie auch nicht so ganz. :confused:

    Bzgl. des Antrags nach Deckungsablehnung durch die RSV ist es doch scheinbar kein Problem, daß dieser erst später datiert ist, siehe https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php?t=38718&page=2.




    Das ist EINE Meinung. Andere sehen dies vielleicht anders.......

    Es wird Euch vielleicht überraschen, aber ich weiß z.B. - auch ganz spontan - was ich an Miete usw. zahle.......

  • Es wird Euch vielleicht überraschen, aber ich weiß z.B. - auch ganz spontan - was ich an Miete usw. zahle.......


    Aber hast Du alle Deine Belege dabei, auch für die kleinste Versicherung wie z.B. die gegen Fahrraddiebstahl, wenn Du zum Anwalt gehst? Du willst Dich vielleicht doch nur wegen des Knöllchens beraten lassen, das Du zu Unrecht kassiert hast.............

    Es macht mir nichts aus, ein Vorurteil aufzugeben. Ich habe noch genügend andere.
    Fraue machet au Fähler, abber firs richtige Kaos braucha mer scho no d'Menner..

    Einmal editiert, zuletzt von A.U. (30. September 2009 um 09:46)

  • Es wird Euch vielleicht überraschen, aber ich weiß z.B. - auch ganz spontan - was ich an Miete usw. zahle.......


    Aber hast Du alle Deine Belege dabei, auch für die kleinste Versicherung wie z.B. die gegen Fahrraddiebstahl, dabei, wenn Du zum Anwalt gehst?



    Ich betone zwar nochmals, dass ich es mit dem Datum nicht so streng sehe wie manche Kollegen, aber wo ist das Problem, den Antrag zunächst beim Anwalt auszufüllen und die Belege später nachzureichen? Wenn ich den ein oder anderen Betrag nicht genau im Kopf habe (ich wüßte jetzt nicht spontan, wie viel ich auf den Cent genau für meine Haftpflichtversicherung im Monat zahle), kann ich das ja noch nachtragen.

    Zitat

    Du willst Dich vielleicht doch nur wegen des Knöllchens beraten lassen, das Du zu Unrecht kassiert hast.............



    Und mal OT: Der verständige Selbstzahler würde das wohl eher nicht tun. :teufel:

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • Es wird Euch vielleicht überraschen, aber ich weiß z.B. - auch ganz spontan - was ich an Miete usw. zahle.......


    Aber hast Du alle Deine Belege dabei, auch für die kleinste Versicherung wie z.B. die gegen Fahrraddiebstahl, dabei, wenn Du zum Anwalt gehst? Du willst Dich vielleicht doch nur wegen des Knöllchens beraten lassen, das Du zu Unrecht kassiert hast.............



    Das verstehe ich nicht. Meine Kunden sind entweder
    a) deutlich zu reich oder
    b) arm
    und da kommt es auf so kleine Versicherungen/ Beträge meist nicht an.

    Dann kann man doch sagen , dass man arm ist und die Belege vorzeigen ( wenn ich was von der Beratungshilfe gehört habe) und dabei ein solches Mandat schließen. Ggf. kann man das mandat dann auch schließen ( Unterschrift) und die Belege danach mitbringen.

  • In vielen Fällen laufen wir den Belegen eine Ewigkeit hinterher, mehrere Mahnungen sind ein Nix. Oft hilft nur die Drohung, eine dicke Rechnung zu schicken, und auch das nicht immer. Dann steckt man solche Akten seufzend weg, man will schließlich das eigene Geld für den MB nicht noch den Leuten hinterherschmeißen, wenn dort eh nichts zu holen ist.
    Und das mit dem "arm": Euch reicht ja der Bescheid der ARGE nicht, weil Ihr grundsätzlich Alters-Schonvermögen vermutet, das Konto sicher in den letzten drei Monaten dicke Guthaben hatte oder Oma das Bargeld verwaltet...:D (Hier Gott sei Dank nicht, unsere Rechtspfleger wissen, dass wir sie nicht beschummeln)

    Es macht mir nichts aus, ein Vorurteil aufzugeben. Ich habe noch genügend andere.
    Fraue machet au Fähler, abber firs richtige Kaos braucha mer scho no d'Menner..

  • Und das mit dem "arm": Euch reicht ja der Bescheid der ARGE nicht, weil Ihr grundsätzlich Alters-Schonvermögen vermutet, das Konto sicher in den letzten drei Monaten dicke Guthaben hatte oder Oma das Bargeld verwaltet...:D (Hier Gott sei Dank nicht, unsere Rechtspfleger wissen, dass wir sie nicht beschummeln)



    Das hat nix mit vermuten oder beschummeln zu tun, sondern einfach mit der Prüfung des Vss. des § 1 Abs. 2 BerHG.

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • Das hat nix mit vermuten oder beschummeln zu tun, sondern einfach mit der Prüfung des Vss. des § 1 Abs. 2 BerHG.


    Richtig, aber es ist ein Unterschied, ob der Rechtspfleger sich die Kontoauszüge der letzten drei Monate vorlegen läßt oder der Angabe, dass weiteres Vermögen nicht vorhanden ist, glaubt.

    Es macht mir nichts aus, ein Vorurteil aufzugeben. Ich habe noch genügend andere.
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