Reform der Notarkosten und der Gerichtskosten in der freiwilligen Gerichtsbarkeit

  • Expertengutachten zum Notarkostenrecht

    Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hat heute den Vorschlag der Expertenkommission "Reform der Notarkosten" für ein neues Notarkostenrecht entgegengenommen.
    Die Struktur der seit über 70 Jahren geltenden Kostenordnung ist nicht mehr zeitgerecht. Die gesamte Kostenordnung - also die Regelungen für die Notare wie auch die Regelungen für die Gerichte im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit - sollen in der nächsten Legislaturperiode grundlegend neugefasst werden. Die Novelle des Notarkostenrechts soll das Recht einfacher und transparenter machen und zugleich die Modernisierung des Justizkostenrechts abrunden, deren wesentlicher Teil mit dem Kostenrechtsmodernisierungsgesetz bereits 2004 abgeschlossen wurde.

    Folgende Vorschläge für eine strukturelle Modernisierung der Notarkosten hat die von Zypries eingesetzte Kommission aus Vertretern der Notare, der Länder, der Richterschaft und des Bundesjustizministeriums erarbeitet:

    • Das Notarkostenrecht soll für den Anwender und für Verbraucherinnen und Verbraucher verständlicher werden. Dazu soll es klar und übersichtlich strukturiert werden, insbesondere soll die von wenigen Ausnahmen abgesehen alleinige Zuständigkeit der Notare für das Beurkundungsverfahren im Aufbau der Kostenordnung ihren Niederschlag finden. Während die derzeitigen Gebührenregelungen noch von der gerichtlichen Zuständigkeit für die Beurkundung ausgehen und für die Notare lediglich die entsprechende Anwendung der für die Gerichte geltenden Regelungen anordnen, sollen diese Regelungen künftig unmittelbar für die Notare gelten.
    • Gebühren- und Auslagentatbestände sollen übersichtlich in einem Kostenverzeichnis transparent dargestellt und an den Aufbau der übrigen Kostengesetze angeglichen werden.
    • Jede notarielle Tätigkeit, für die der Notar Gebühren oder Auslagen erheben kann, soll künftig abschließend im neuen Recht aufgeführt werden. Dabei soll auf Auffangtatbestände verzichtet werden, damit sich der Rechtsuchende darauf verlassen kann, dass nur für die ausdrücklich im Kostenverzeichnis genannten Tätigkeiten Gebühren erhoben werden.
    • Die Gebührenregelungen sollen leistungsorientierter ausgestaltet werden; dies gilt in besonderem Maße für das vorzeitig beendete Beurkundungsverfahren und für von einem Notar gefertigte Entwürfe.
    • Bei einer Anpassung der Notargebühren an die allgemeine Einkommensentwicklung soll in besonderem Maß der Situation der Notare in strukturschwachen Regionen Rechnung getragen werden. Insbesondere die Gebühren im untersten Wertbereich sollten daher angehoben werden, da sie regelmäßig bei weitem nicht kostendeckend sind.
    • In Tätigkeitsbereichen, in denen starre Gebühren zu unangemessenen Ergebnissen führen können, sollen Rahmengebühren eingeführt werden.
    • Für Tätigkeiten, die mit festen Gebühren nicht sachgerecht entgolten werden können, wie beispielsweise eine Tätigkeit als Mediator oder Schlichter, soll eine Gebührenvereinbarung durch öffentlich-rechtlichen Vertrag zugelassen werden.

    Die Kommission enthält sich konkreter betragsmäßiger Vorschläge für eine Anpassung der Gebühren an die allgemeine Einkommensentwicklung. Sie gibt lediglich Hinweise, worauf nach ihrer Auffassung das Augenmerk des Gesetzgebers bei einer Neuregelung gerichtet sein sollte.
    "Wir werden nun in einem nächsten Schritt durch umfangreiche Erhebungen in der notariellen Praxis ermitteln, wie sich der Kommissionsvorschlag auf das Einkommen der Notare auswirken würde. Von dem Ergebnis dieser Erhebungen wird es abhängen, in welcher Form und in welchem Umfang die Vorschläge der Kommission in einen Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz einfließen werden", sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries in Berlin.

    Link: Entwurf der Kostenordnung

    Quelle: BMJ

  • Gebühren- und Auslagentatbestände sollen übersichtlich in einem Kostenverzeichnis transparent dargestellt und an den Aufbau der übrigen Kostengesetze angeglichen werden.


    Das ist ja wohl ein Widerspruch in sich. Wenn ich da nur an die vielen "Vereinfachungen" der letzten Jahre denke ...:teufel:

    Auf jeden Fall bringt's uns wieder viele schöne, neue Diskussionsthemen ;)!

    Treffen Einfalt und Gründlichkeit zusammen, entsteht Verwaltung.


    (Oliver Hassenkamp)


  • Was erwartet Ihr denn?
    Weder Staat noch Notare haben doch wohl ein wirkliches Interesse daran, Kostenrecht einfach und transparent zu gestalten.
    Wo kämen wir denn hin, wenn nachher noch jeder Bürger z. B. für eine Grundschuld das gleiche zahlen wollte und dazu vorher noch ganz einfach genau wissen kann, was an Kosten auf ihn zukommt wird?

  • Was erwartet Ihr denn?
    Weder Staat noch Notare haben doch wohl ein wirkliches Interesse daran, Kostenrecht einfach und transparent zu gestalten.
    Wo kämen wir denn hin, wenn nachher noch jeder Bürger z. B. für eine Grundschuld das gleiche zahlen wollte und dazu vorher noch ganz einfach genau wissen kann, was an Kosten auf ihn zukommt wird?

    was an kosten entsteht, kann doch stets durch eine einfache frage vorab geklärt werden, egal, wie kompliziert das kostenrecht letztlich ist. der verbraucher muss es ja gar nicht selbst anwenden können und wird es auch nach einer solchen reform regelmäßig nicht können. welcher normalbürger liest sich denn die KostO durch, nur weil er mal eine grundschuld braucht? andere gebührenordnungen, etwa die für ärzte oder architekten sind doch auch keine lektüre des normalverbrauchers.

    die vorstellung eines für den verbraucher "transparenten" kostenrechts erscheint daher eher fernliegend. und es bringt dem verbraucher ja auch wenig, denn im bereich des formzwangs muss er zahlen, was es kostet, egal, wie transparent nun vermeintlich kostenrecht ist.

  • Natürlich ist die Vorstellung von Transparenz fernliegend, illusorisch und wünschenswert.
    Entscheidend ist doch nicht, ob die laienhafte Frage einfach ist, sondern ob dies auf die Antwort zutrifft. Dagegen mit Gesetzesstrukturen für die Ärzte- und Pharmakartelle zu argumentieren, erscheint abwegig.
    Jeder Supermarkt, der seine Preise so auszeichnen würde wie die an der Justiz verdienenden, bekäme massive Probleme. Noch dazu, wenn die Preisstruktur als indirekte Besteuerung ausgestaltet wird.
    Wenn man wirklich für die kleinen Notariate den Wettbewerb offenhalten wollte, dann sollte man vielleicht mal das Beispiel der Buchpreisbindung zu Rate ziehen.

  • Jeder Supermarkt, der seine Preise so auszeichnen würde wie die an der Justiz verdienenden, bekäme massive Probleme.

    zunächst mal verdient die justiz ja selbst ihr geld auf die gleiche weise. die KostO gilt ja für die gerichte ebenso.

    der supermarkt-vergleich passt zudem nicht allzu gut, weil die notarielle ware nicht fertig im regal steht, sondern zumeist individuell gestaltet werden muss. daher knüpft die KostO das gebührenvolumen an die wirtschaftliche bedeutung und die ausgestaltung im einzelnen. bei gericht hingegen, wo nur vollzogen wird, könnten meines erachtens ruhig überall festgebühren erhoben werden, so wie im handelsregister. das schafft immer noch die beste transparenz.

  • bei gericht hingegen, wo nur vollzogen wird, könnten meines erachtens ruhig überall festgebühren erhoben werden, so wie im handelsregister.


    Über den zweiten Teil des Satzes kann man nachdenken, sollte sich dann aber darüber im Klaren sein, dass der Staat mindestens Kostendeckung abstreben wird und die Gebühren für eher wertkleine Geschäfte dann verhältnismäßig drastisch steigen werden.
    Den ersten Teil des Satzes habe ich jetzt mal überlesen.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Also ich habe festgestellt, sobald der Staat etwas vereinfachen oder reformieren möchte, wird es danach komplizierter denn je. Ich freue mich schon jetzt auf die ersten Kostenrechtsurteile, die dann natürlich von Bundesland zu Bundesland verschieden sind (ist ja klar). :D

  • der supermarkt-vergleich passt zudem nicht allzu gut, weil die notarielle ware nicht fertig im regal steht, sondern zumeist individuell gestaltet werden muss. daher knüpft die KostO das gebührenvolumen an die wirtschaftliche bedeutung und die ausgestaltung im einzelnen.


    Dann vergleichen wir es doch mal mit dem Kauf einer Cola im Schnellimbiss: Da der Notar ja nur das für den reinen Vollzug individuell angepasste Grundschuldformular vorlesen muss[/Ironie aus], kann man für den geringen Arbeitsaufwand wohl kaum erwarten, dass hierfür Preise wie für eine große Cola berechnet werden.

  • #6 :daumenrau:daumenrau:daumenrau

    Ansonsten wie notariatshexe.

    Nach fast 30 Jahren im Beruf und fast blindem Beherrschen der KostO fange ich dann wieder von vorne an. Kotz würg. Veränderungen gehören zum Leben. Aber muss das gerade bei einem gut funktionierenden "Kostengesetz" sein?

    »Die zehn Gebote sind deswegen so kurz und logisch, weil sie ohne Mitwirkung von Juristen zustandegekommen sind.«
    Charles de Gaulle (1890 − 1970)


  • Dann vergleichen wir es doch mal mit dem Kauf einer Cola im Schnellimbiss: Da der Notar ja nur das für den reinen Vollzug individuell angepasste Grundschuldformular vorlesen muss[/Ironie aus], kann man für den geringen Arbeitsaufwand wohl kaum erwarten, dass hierfür Preise wie für eine große Cola berechnet werden.



    Man zahlt für den "größeren" Inhalt und nicht für den Aufwand, genau wie bei einer großen Cola ;).

    Eine Diskussion über die Gebührenhöhe der Notare zu führen, endet meistens in einem Streit, da oft nicht ersichtlich ist, was wirklich hinter der Höhe der Kosten steckt, man sieht ja nur ein paar Seiten bedrucktes Papier.

    Ich sehe es ansonsten wie ol.

  • (Wir können uns ja ruhig auch mal streiten, davon geht die Welt doch nicht unter.)
    Konkrete Gebührenhöhen sind mir in dieser Diskussion wurscht. Die sollten m. E. für den Staat höchstens kostendeckend sein und für Notare so bemessen, dass sie von ihrer Arbeit wie ein Hirnchirurg absolut respektabel leben können. Das wäre mit (Cola- oder Buchpreisbindungs-)Rahmen- oder Festgebühren absolut möglich.
    Negativer Nebeneffekt der Wertabhängigkeit unseres Kostenrechts ist ja ein zutiefst kapitalistischer, nämlich der, dass ein Höchstmass an Rechtsdienstleistung regelmäßig derjenige bekommt, der ohnehin schon über die höheren Werte verfügt.
    Das ist im Kern undemokratisch. Es wäre doch viel schöner, wenn z. B. ein höchst engagierter Sozialrechtsanwalt genauso gut von seiner Arbeit leben könnte wie die Hausanwälte der Deutschland AG.

  • dass ein Höchstmass an Rechtsdienstleistung regelmäßig derjenige bekommt, der ohnehin schon über die höheren Werte verfügt.

    Es wäre doch viel schöner, wenn z. B. ein höchst engagierter Sozialrechtsanwalt genauso gut von seiner Arbeit leben könnte wie die Hausanwälte der Deutschland AG.

    Die Idee, die Gebühren von Wertgrenzen abhängig zu machen, war die, dass diejenigen Personen mit höheren Werten, die deshalb scheinbar auch wohlhabend sind, die Rechtsdienstleistungen für die Personen mit kleineren Werten stützen.

    Das Problem ist nur, dass sich in den letzten Jahren zumindest bei den Anwälten eine enorme Spezialisierung und Polarisierung herausgebildet hat. Deshalb funktioniert das System leider nicht (mehr).

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Gegen Wertgebühren ist nach meiner Auffassung vor allem im Grundbuch- und Nachlaßbereich grundsätzlich nichts einzuwenden. Letztlich sind auch Steuern im weiteren Sinne "Wertgebühren", weil derjenige mehr Steuern bezahlt, der auch mehr verdient. Ich kann nicht erkennen, daß dies allgemein kritisiert würde. Auch entscheidet jeder selbst, auf welches Rechtsgebiet er sich im anwaltlichen Berufsleben spezialisiert. Berufsbetreuern, die sich über die pauschalierte Vergütung nach dem VBVG beklagen, wird vorgehalten, daß sie nicht Betreuer werden müssen, wenn ihnen der Verdienst zu gering erscheint. Das gilt auch für alle anderen Berufsgruppen.

  • Freie Berufswahl ist ohne Zweifel ein hohes Gut. Aber ist es wirklich überzeugend zu sagen, es könne doch jeder, wenn er denn wolle, Milliardär werden?
    Ob eine offene, auf Chancengleichheit gerichtete Gesellschaft sich ein Rechtssystem halten sollte, dass durch seine Entgeltstruktur eher Vermögende in der Durchsetzung ihres Rechts fördert, bleibt für mich fraglich.

  • Der Staat - also alle Bürger über die Verteilung der vereinnahmten Steuern - verdient bei dieser "Entgeltstruktur" kräftig mit. Wenn ein Anwalt jährlich 200.000 € netto abrechnet, entfallen hierauf zu Lasten der Mandanten schon 38.000 € an Umsatzsteuern, ohne daß ersichtlich ist, daß der Staat dafür irgend etwas geleistet hätte - die Einkommensteuer des Anwalts kommt noch dazu. Ein weiteres Beispiel bietet die Grunderwerbsteuer. Auch ein Normalverdiener, der den Erwerb einer Eigentumswohnung im Wert von 300.000 € weitgehend finanzieren muß, zahlt hierauf 10.500 € an Steuern (3,5 %, in Berlin und Hamburg sind es sogar 4,5 %). Wenn man sich schon in Gerechtigkeitserwägungen verliert, sollte man nicht unberücksichtigt lassen, wer das Gemeinwesen im Endeffekt finanziert.


  • Ob eine offene, auf Chancengleichheit gerichtete Gesellschaft sich ein Rechtssystem halten sollte, dass durch seine Entgeltstruktur eher Vermögende in der Durchsetzung ihres Rechts fördert, bleibt für mich fraglich.



    Diese Passage verstehe ich nicht. Was hat die Entgeltstruktur an sich mit der beabsichtigten Transparenz der Zusammensetzung des Entgelts zu tun? Und warum fördert das Rechtsystem bzw. die Entgeltstruktur Vermögende bei der Durchsetzung ihres Rechts?

    Sicherlich kann es sich der Vermögende leisten, 5 Wahlanwälte mit der Sache zu betrauen, für die sein Gegener 1 PKH-Anwalt aus dem Staatssäckel bezahlt bekommt.

    Im Übrigen bin ich der Meinung, dass ein Vergütungssystem nicht zwingend für jeden Laien durchschaubar sein muss. hat schon mal jemand die Kfz-Werkstatt-Rechnung verstanden. Und bei der weiß ich - im Gegensatz zu den mir bekannten Kosten-/Gebührenordnungen - noch nicht einmal, ob das, was abgerechnet wurde, auch tatsächlich gemacht wurde.

    Aber da der Staat eh gerade am Verstaatlichen ist: Vielleicht gründet er ja den VEB Advokatur mit Einheitspreisen.

  • Gegen Wertgebühren ist nach meiner Auffassung vor allem im Grundbuch- und Nachlaßbereich grundsätzlich nichts einzuwenden. Letztlich sind auch Steuern im weiteren Sinne "Wertgebühren", weil derjenige mehr Steuern bezahlt, der auch mehr verdient. Ich kann nicht erkennen, daß dies allgemein kritisiert würde. Auch entscheidet jeder selbst, auf welches Rechtsgebiet er sich im anwaltlichen Berufsleben spezialisiert. Berufsbetreuern, die sich über die pauschalierte Vergütung nach dem VBVG beklagen, wird vorgehalten, daß sie nicht Betreuer werden müssen, wenn ihnen der Verdienst zu gering erscheint. Das gilt auch für alle anderen Berufsgruppen.



    :daumenrau:daumenrau

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