§ 68 Abs. 1 S. 2 ZVG gestrichen


  • Vielleicht freut mich die Neuregelung ja nur darum, weil in meinem Beritt doch Grundbesitz kaum Wert hat und ich mich darum allzu oft mit zu geringen Sicherheitsleistungen plagen musste (und Gläubigern, die wegen fehlender 10 Cent das Gebot scheitern lassen - ungelogen passiert).



    Aber genau dieses Problem wird doch jetzt eben nicht gelöst. Auch dann könnten Gebote scheitern, weil etwa die 5,40 € nicht in der zulässigen Form geleistet wurden, wenn der SHL- Antrag kommt.

    Was dann ??? Daher meine Post von weiter oben, wo es um die Frage der Ernsthaftigkeit des SHL- Antrages geht und einer etwaigen "Grenze der Ernsthaftigkeit". Das geht ja sonst teilweise schon in Richtung unzulässige Rechtsausübung.

    Da halte ich es doch lieber (zu meinem Glück derzeit halt theoretisch, da ich aktuell nicht in der ZVG-Abteilung bin) mit dem verstorbenen Autor Muth, der die SHL generell abschaffen wollte.

  • Wenn der Gläubiger auf 010 € SHL besteht ist das wirklich frevelhaft. Aber das kommt doch wirklich selten vor, da meist auch keiner (bei uns zumindest) solche Grundstück ersteigern.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki



  • Wenn der Gläubiger auf 010 € SHL besteht ist das wirklich frevelhaft. Aber das kommt doch wirklich selten vor, da meist auch keiner (bei uns zumindest) solche Grundstück ersteigern.



    Da muss ich vehement widersprechen. Das die Gläubigerverteter auf der gesetzlichen Sicherheit bestehen, kommt hier alle naselang vor. Die haben das auf ihren Zettel stehen und Order da nie und nimmer davon abzuweichen. Billige Grundstücke die wegen der Billigkeit heiß begehrt sind haben wir hier auch öfter mal.
    Also wenn ich den ersten Bundesbank Scheck über 1 € habe sage ich bescheid.:wechlach:
    Muss ich dann die Rücküberweisung bei einem Euro eigentlich veranlassen oder fällt das unter die Kleinbetragsregel?:teufel:

    Alles Gute im Leben ist entweder illegal, unmoralisch oder macht dick. (Murphys Gesetz)


  • Ah, jetzt hab ich verstanden, was Du mit "Grenze der Ernsthaftigkeit" meintest: nicht das Gebot, sondern das Verlangen nach einer Sicherheit.

    Das Problem mit der bisherigen Regelung war, dass die Gerichtskosten (zumindest hier) erst kurz vor dem Termin bekannt wurden und es für den (keine Bankbürgschaft als Sicherheit habenden) Bieter fast unmöglich war, ganz kurzfristig noch die Sicherheit für den Differenzbetrag aufzutreiben. Dieses Problem war seit dem Verbot des Bargelds als Sicherheit systemimmanent, ich finde es gut, dass dies aus der Welt geschafft wird.

    Wer Sicherheit in der falschen Form leistet, ist (zu Recht) noch immer auf der unglücklichen Seite, es sei denn, dasss der Sicherheitsleistung Verlangende mit der Sicherheitsleistung in einer anderen als der gesetzlich vorgesehenen Form einverstanden ist und der die Versteigerung leitende Rechtspfleger die Auffassung teilt, dass dies auch zulässig ist. Hier im Forum wurde dies von den meisten heftig bestritten. Der historische Gesetzgeber hat darin kein Problem gesehen. Ich zitiere mal aus dem Jaeckel von 1915, §§ 67-70 Rdn. 14: "Der E. I schrieb ausdrücklich vor (§ 96), dass mit Zustimmung des Beteiligten, auf dessen Verlangen die Sicherheit zu leisten ist, diese auch mit anderen Mitteln als mit Geld oder Wertpapieren geleistet werden dürfe. Dies hat die Komm. II als selbstverständlich gestrichen. Es sei zweifellos, dass das Recht, Sicherheitsleistung zu verlangen, vom Gesetz als ein Einzelrecht des betreffenden Beteiligtgen gedacht sei, und dass es deshalb in seinem Belieben stehen müsse, ob und inwieweit er von ihm Gebrauch machen wolle. Er könne sich ebenso unbedenklich auf die anderen im § 232 BGB bezeichneten Sicherheitsmittel beschränken, wie er sich auch mit einer geringeren Höhe der Sicherheit, als er sie gesetzlich verlangen dürfe, begnügen könne (Bem. 144). Hiernach kann z.B. auch die Sicherheitsleistung durch Sparkassenbücher zugelassen werden (RG, 19.9.1905, ZBlFG 7, 514 = DJZ 1905, 1061)... Ferner gehören hierher Hypothekenbriefe, Bestellung von Hypotheken, Pfandrechte an beweglichen Sachen und Forderungen." Aber das ist schon wieder eine andere Baustelle.

    Ach, mein unvergessener Prof. Muth war der Meinung, die Sicherheitsleistung sei abzuschaffen? Wo und wann hat der das geäußert?

    Curiosity is not a sin.

    Einmal editiert, zuletzt von 15.Meridian (31. Juli 2009 um 09:41)

  • Ich teile die Meinung, dass die Regelung grudnsätzlich zu begrüssen aber mal wieder nicht voll durchdacht ist. Erhöhte Sicherheitsleistung konnte immer mal wieder problematische sein, da der genaue Betrag jedenfalls hier zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch nicht bekannt ist. Deshalb grundsätzlich :daumenrau.
    Allerdings ergibt sich hieraus das neue Problem der geringfügigen Sicherheit, die dann fehlen könnte. Die Meinung, dass Gläubiger bei solch geringen Beträgen dann grundsätzlich auf Sicherheit verzichten, halte ich für blauäugig.
    Eine Grenze hätte festgelegt werden sollen...aber wo zieht man die?
    Also...nehmen wir die Neuregelung einfach mal positiv und schauen mal wie es so läuft.
    Dennoch bleibt die Frage, ab wann gilt denn das ganze nun?

  • Allerdings ergibt sich hieraus das neue Problem der geringfügigen Sicherheit, die dann fehlen könnte. Die Meinung, dass Gläubiger bei solch geringen Beträgen dann grundsätzlich auf Sicherheit verzichten, halte ich für blauäugig.



    Auf einen ausschließlichen vorherigen Verzicht des Gläubigers auf Sicherheit sollte sich ein Interessent wegen des möglicherweise bestehenden Antragsrechts Dritter einschließlich des Schuldners ohnehin nicht verlassen.

  • Interessant ist, dass die Streichung des § 68 Abs. 1 S. 2 ZVG so in einem anderen Gesetz "versteckt" wurde.
    Im ursprünglichen, vom Bundesrat beschlossenen Gesetzesentwurf war diese Regelung nicht enthalten, die kam erst später im Bundestag dazu.
    Soweit ich es beim überfliegen gesehen habe ist das auch die einzige Änderung anderer Rechtsvorschriften, die nichts mit dem eigentlichen Gesetzeszweck zu tun hat.
    Irgendwie seltsam ...

    Es stand alles in Büchern, die Alten lebten noch
    Wir haben nicht gelesen, nicht gesprochen, weggeschaut, uns verkrochen ...
    No!

  • Natürlich wäre es blauäugig zu glauben, dass die Beteiligten auf geringfügige SHLen verzichten. Aber zuvor gab es schon Einzahlungen von ab zu 10,00 € hier. Aber weniger dann doch nicht.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki



  • Interessant ist, dass die Streichung des § 68 Abs. 1 S. 2 ZVG so in einem anderen Gesetz "versteckt" wurde.
    Im ursprünglichen, vom Bundesrat beschlossenen Gesetzesentwurf war diese Regelung nicht enthalten, die kam erst später im Bundestag dazu.
    Soweit ich es beim überfliegen gesehen habe ist das auch die einzige Änderung anderer Rechtsvorschriften, die nichts mit dem eigentlichen Gesetzeszweck zu tun hat.
    Irgendwie seltsam ...



    Das stimmt, deswegen heißt das Bundesgesetzblatt auch jetzt Xaver. Einen weiteren Kommentar verkneif ich mir, weil ich mich nicht öffentlich über Prominentennamen lustig machen will...:unschuldi

    Das kommt doch bei den kleinen Änderungen im ZVG häufig vor.
    Die Ergänzung § 10 Abs. 3 ZVG fand sich im Gesetz zur Reform des Kontopfändungsschutzes.



    Ja, und die Einführung dieses Absatzes kam mit der Reform des WEG! :cool:

    @ 15.Meridian: vielen Dank für die Info.:daumenrau

  • zu #28:

    Bei einer Tagung erklärte in einer Pause ein Mitarbeiter des BMJ, dass es sogenannte
    Omnibus-Gesetze gäbe. Dies bedeutet, dass so Marginalien wie die Änderungen des
    ZVGs in Unterabschnitten nicht in eigenen Gesetzes vorgenommen werden können,
    sondern diese müßten halt eben mit anderen Gesetzes mitgeändert werden.
    Warum das so sein muß, habe ich vergessen.

    Also Augen auf! Und vielen Dank für die fleissigen Infos.

  • Omnibusgesetze- den Begriff hörte ich zum ersten Mal, danke für die Info.

    Hab gleich mal gegoogelt. Zweck von Omnibusgesetzen kann demnach sein, auch solche Gesetze (bzw. Gesetzesänderungen) mit durchs Parlament zu bringen, die allein gescheitert wären, nun aber im Paket mit anderen nur insgesamt angenommen oder abgelehnt werden können und so doch auf Mehrheiten treffen. Siehe hier und genauso hier.

  •   
    Ach, mein unvergessener Prof. Muth war der Meinung, die Sicherheitsleistung sei abzuschaffen? Wo und wann hat der das geäußert?



    Schon ein bisschen spät, aber hier noch die Antwort der Vollständigkeit halber.

    Ja - das hat er mehrfach getan ! Bei uns ganz regulär in der Vorlesung, aber auch anläßlich eines Rechtspflegertages in Meißen, da hatte er glaub ich einen ZVG- Beitrag zum Reformbedarf des ZVG beigetragen.


  • Ach, mein unvergessener Prof. Muth war der Meinung, die Sicherheitsleistung sei abzuschaffen? Wo und wann hat der das geäußert?


    Ja - das hat er mehrfach getan ! Bei uns ganz regulär in der Vorlesung, aber auch anläßlich eines Rechtspflegertages in Meißen, da hatte er glaub ich einen ZVG- Beitrag zum Reformbedarf des ZVG beigetragen.


    Schade, dass dieser Redebeitrag nicht veröffentlicht wurde - die Rechtspfleger Studienhefte nähmen derlei doch immer gern auf, wenn ich das richtig sehe.

    In seinem Buch "Zwangsversteigerungspraxis" von 1989 hat sich Muth nicht kritisch zur Sicherheitsleistung geäußert, und im Dassler/Schiffhauer/Gerhard/Muth von 1990 wurden die §§ 66 ff. nicht von ihm, sondern von Dr. Walter Gerhardt, Prof. an der Uni Bonn, bearbeitet.

    Daher hatte ich auf Aufsätze, Entscheidungsbesprechungen o.ä. gehofft.

  • Wenn der Gläubiger auf 010 € SHL besteht ist das wirklich frevelhaft. Aber das kommt doch wirklich selten vor, da meist auch keiner (bei uns zumindest) solche Grundstück ersteigern.



    Da muss ich vehement widersprechen. Das die Gläubigerverteter auf der gesetzlichen Sicherheit bestehen, kommt hier alle naselang vor. Die haben das auf ihren Zettel stehen und Order da nie und nimmer davon abzuweichen. Billige Grundstücke die wegen der Billigkeit heiß begehrt sind haben wir hier auch öfter mal.
    Also wenn ich den ersten Bundesbank Scheck über 1 € habe sage ich bescheid.:wechlach:
    Muss ich dann die Rücküberweisung bei einem Euro eigentlich veranlassen oder fällt das unter die Kleinbetragsregel?:teufel:





    Bei uns hat ein Bietinteressent 1,00 Euro Sicherheitsleistung überwiesen bei einem Verkehrswert von 1,00 Euro. Er hat auch den Zuschlag erhalten. :behaemmer

  • Bei uns hat ein Bietinteressent 1,00 Euro Sicherheitsleistung überwiesen bei einem Verkehrswert von 1,00 Euro. Er hat auch den Zuschlag erhalten. :behaemmer



    Die geleistete SHL würde ich nicht verzinsen. :D Hat der Gl. denn Sicherheit verlangt und wie hoch war das gG?

  • Der Gl. hat keine Sicherheit verlangt. DAs gG war rund 3.500,00 €.Das kommt davon, wenn die Bieter sich nicht vor dem Termin ordnetlich informieren. Ich denke, das war eine Eintagsfliege. :)

  • Nun ist es soweit, ein spannender Fall steht ins Haus:

    Zu versteigern ist ein 1-EUR-Altlastengrundstück. Angekündigt hat sich ein Bietinteressent. Dieser hat aber gerichtsbekannt kürzlich bereits ein 1-EUR-Grundstück ersteigert und dann das Meistgebot nicht belegt.

    Sicherheit hat er nicht geleistet.

    Kann der Gläubiger nun den Zuschlag an diesen unzuverlässigen Biter schon dadurch verhindern, dass er Sicherheitsleistung verlangt (0,10 EUR)?
    Oder wäre ein solches Sicherheitsverlangen sittenwidrig, da es zur Sicherung des Gläubigers nicht ansatzweise geeignet ist? (Verfahrenskosten 8.000,00 EUR - wegen des Altlastengutachtens)


  • Oder wäre ein solches Sicherheitsverlangen sittenwidrig, da es zur Sicherung des Gläubigers nicht ansatzweise geeignet ist? (Verfahrenskosten 8.000,00 EUR - wegen des Altlastengutachtens)



    Das ggf. erhebliche Auseinanderdriften zwischen Sicherheitsleistung und Verfahrenskosten hat der Gesetzgeber allerdings mit der Gesetzesänderung in Kauf genommen bzw. gebilligt.

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