• Mich würden eure Meinungen interessieren:

    Räumungsschutzantrag liegt vor, begründet u. a. auch mit den Auswirkungen einer Räumung auf im Haushalt lebende Minderjährige

    Würdet ihr am Verfahren deshalb auch das Jugendamt beteiligen bzw. dieses informieren? (Der zuständige GVZ sieht laut Rücksprache keine Veranlassung. Für die Zuweisung von Ersatzwohnraum bzw. Notunterbringung sei die Gemeinde zuständig.)

    Grundsätzlich würde ich davon ausgehen, dass die Sorgeberechtigten die Interessen der Minderjährigen auch im Hinblick auf die Räumung wahren und sich - den Umständen entsprechend - um dessen Wohl kümmern. Dass eine Räumung der Familie auch Auswirkungen auf die beteiligten Kinder hat, liegt auf der Hand. Grundsätzlich sind dafür aber die Eltern/Sorgeberechtigten da.
    In Ausnahmefällen könnte ich mir durchaus vorstellen, auch einmal das Jugendamt zu beteiligen. Dann müsste der Sachvortrag im Räumungsschutzverfahren aber schon in Richtung § 1666 BGB gehen.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Danke für die bisherigen Beiträge. Zugegebermaßen überraschen sie mich ziemlich.

    Ich hätte nicht gedacht, dass es niemand bei einem Antrag auf Räumungsschutz für geboten hält, das Jugendamt zu informieren. Es ist schon richtig, dass es den Eltern obliegt, dass die Kinder die Zwangsräumung gut wegstecken.

    Allerdings finde ich es bedenklich, es überhaupt erst zur Zwangsräumung kommen zu lassen (statt rechtzeitig freiwillig auszuziehen), inbesondere wenn Kinder mit betroffen sind. Da scheint es mir schon sinnvoll, wenn jemand Außenstehendes (Sozialer Dienst) mal ein Auge darauf wirft, wie die Situation so ist. Aber gut, vielleicht sehe ich das zu eng? :gruebel:
    (Es gibt aber durchaus Gerichtsvollzieher, die anstehende Räumungstermine auch dem Sozialen Dienst beim Jugendamt mitteilen, wenn sie von Kindern im Haushalt erfahren.)

  • Also grds. kann ich deine Gedankengänge durchaus nachvollziehen. Aus meinem Verständnis heraus ist es jedoch "überzogen", nur aufgrund einer Zwangsräumung den Eltern zu unterstellen, dass da irgendwas mit den Kindern sein sollte. Wenn der Gerichtsvollzieher, der ja auch vor Ort ist und direkten Kontakt zu den Schuldnern hat, meint, dass besser das Jugendamt hingezogen werden soll, dann finde ich das gut. Ich selber könnte mir eigentlich nur einen Fall vorstellen, in dem ich auch das Jugendamt benachrichtigen würde - Androhung von Suizid. Hier könnte tatsächlich auch eine Gefahr für die Kinder bestehen...

  • Ich finde den Gedanken, das Jugendamt zu beteiligen, gut. Von unserer Stadt habe ich gehört, dass Wiedereinweisungen in die Wohnung nicht (mehr) stattfinden, ich könnte mir aber vorstellen, dass das Ordnungsamt (Stadt) das Jugendamt (Kreis) von einer Räumung in Kenntnis setzt, und wenn es nur dazu dient sich zu vergewissern, dass man bei Verwandten o.ä. untergekommen ist. Vielleicht könntest du das übliche Vorgehen beim Ordnungsamt erfragen.
    Was passiert, wenn niemand sich verantwortlich fühlt, lesen wir immer wieder in der Zeitung.

  • Sorry, das Räumungsschutzverfahren ist kein Ermittlungsverfahren. Es wird über Anträge entschieden. Bei uns werden die Sch vom Gvz auf ihre Optionen hingewiesen. Nutzen sie die nicht, gibt es für das Gericht auch nichts mehr zu tun. Es ist ja nicht so, dass die Sch erst durch den Gvz auf die Verpflichtung zur Räumung und die damit verbundenen Härten Kenntnis haben. Es ist eine Behörde verpflichtet, den Sch Wohnraum zu besorgen-von Notunterkünften einmal abgesehen.

  • Sorry, das Räumungsschutzverfahren ist kein Ermittlungsverfahren. Es wird über Anträge entschieden. Bei uns werden die Sch vom Gvz auf ihre Optionen hingewiesen. Nutzen sie die nicht, gibt es für das Gericht auch nichts mehr zu tun. Es ist ja nicht so, dass die Sch erst durch den Gvz auf die Verpflichtung zur Räumung und die damit verbundenen Härten Kenntnis haben. Es ist eine Behörde verpflichtet, den Sch Wohnraum zu besorgen-von Notunterkünften einmal abgesehen.


    Tut mir leid, ich weiß nicht, ob du den Sachverhalt bzw. die Frage richtig verstanden hast. Es geht mir nicht darum, im Räumungsschutzverfahren etwas zu ermitteln.

    Ich wollte lediglich Meinungen sammeln, ob man bei einer anstehenden Zwangsräumung vorsorglich das Jugendamt informieren sollte, wenn im Haushalt auch Kinder oder Jugendliche leben.
    Ziel: eventuelle Maßnahmen des JA, um die Auswirkungen der Zwangsräumung auf die Minderjährigen zu bgrenzen oder eben ggf. Eingreifen des JA, falls die Räumung nicht das einzige Problem sein sollte

  • Nach meinem Blick in die MiZi komme ich zum Ergebnis, dass es im besonderen Teil unter dem Punkt Vollstreckungssachen keine Mitteilungspflicht des Vollstreckungsgerichts an das Jugendamt gibt.

    Im allgemeinen Teil gibt es jedoch die Möglichkeit (nicht Pflicht), dass das Vollstreckungsgericht das Familiengericht informiert, um dort ggf. eine Tätigkeit herbeizuführen (die dann mE zB darin bestehen könnte, dass das Familiengericht das Jugendamt beteiligt).

    Es dürfte aber aus meiner Sicht auch nichts dagegen sprechen, wenn das Vollsteckreckungsgericht das Jugendamt direkt benachrichtigt.

    Ich persönlich würde, wenn Kinder bei einer Räumung beteiligt sind, in konkreten Einzelfällen das Jugendamt und/ oder Familiengericht benachrichtigen, aber nicht standardmäßig.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Ich persönlich würde, wenn Kinder bei einer Räumung beteiligt sind, in konkreten Einzelfällen das Jugendamt und/ oder Familiengericht benachrichtigen, aber nicht standardmäßig.

    Das sehe ich genauso. Es ist nicht immer gleich in einer Zwangsräumung automatisch auch eine Gefährdung des Kindeswohl zu sehen.

  • Interessanter Fall.

    Ich denke auch, hier muss man einzelfallabhängig entscheiden.

    Generell die Tatsache, dass (kleine) Kinder drin sind, wäre für mich noch nicht ein Grund, das JA zu informieren.

    Ich hab leider auch keine Vorschrift gefunden, auf die ich mich beziehen könnte, aber der allgemein-rechtliche Grundsatz, dass (auch außerhalb des Dienstes) mögliche Kindeswohlgefährdungen gemeldet werden sollten, wird wohl kaum durch dienstliche Vorschriften unterbunden werden können.

    Im Bereich der Steuerstraftaten gibt es immerhin explizite Vorschriften, welche konkret auch das Amtsgericht zur Amtshilfe verpflichten, hier anscheinend leider nicht.

    Ich hatte aber tatsächlich schon mal einen Fall, bei dem kein Räumungsschutzantrag aufgenommen wurde (wegen mangelnder Erfolgsaussichten), mir die Schuldnerin jedoch die Lebensumstände schilderte (kleine Kinder, seit 1 Woche kein Strom mehr und noch ein paar weitere Details), die mich dazu bewogen haben, das Jugendamt anzurufen.
    Dort wurde mir dann auch erläutert, dass die Familie wohl "auf dem Radar sei".


    Letztlich sieht die MIZI nur die Mitteilung an die Stadt vor. Wie dort die Organisation ist, dürfte bei jedem unterschiedlich sein. In unserer Stadt ist es so, dass es eine eigene "Wohnungsnotstelle" gibt, welche umgehend -und soweit ich weiß auch in enger Absprache mit anderen Fachbereichen- ihre Arbeit aufnimmt. Das sind zB auch unangemeldete Besuche. Über unsere M-Abteilung habe ich oft schon persönlichen Kontakt mit den Mitarbeitern gehabt. Ich rate jedem, der auf M sitzt, sich über die örtlichen Begebenheiten schlau zu machen.
    Die vollbringen wirklich regelmäßig Wunder und arbeiten unfassbar motiviert und trotzdem knallhart und ehrlich (reden den Leuten zB 765a bei offensichtlicher Auslosigkeit aus etc.).

    Ich weiß aber auch, dass längst nicht alle Städte einen so speziell ausgebildeten Fachbereich haben.

    "Jemand hat mir mal gesagt, die Zeit würde uns wie ein Raubtier ein Leben lang verfolgen. Ich möchte viel lieber glauben, dass die Zeit unser Gefährte ist, der uns auf unserer Reise begleitet und uns daran erinnert jeden Moment zu genießen, denn er wird nicht wiederkommen."

    Hier geht Ihre Spende nicht unter. Rette mit, wer kann.

    -Die Seenotretter, DGzRS-

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