Gutachtenstil in Klausuren

  • Und warum wird das dann genau so wie august schrieb in der Musterlösung formuliert?

    Es ist eben für die Tonne,wenn man zwischen den Musterlösungen und unseren Arbeiten zweierlei Maßstab anlegt.

  • Und warum wird das dann genau so wie august schrieb in der Musterlösung formuliert?

    Es ist eben für die Tonne,wenn man zwischen den Musterlösungen und unseren Arbeiten zweierlei Maßstab anlegt.



    "Hinweise zur Bearbeitung" sind nicht dasselbe wie die Musterlösung. Hinweise zur Bearbeitung sind Teil der Aufgabenstellung und gehören zum Sachverhalt. Darauf bezog sich mein letzter Beitrag.

  • Ich habe noch ´ne Frage zu diesem tollen thema :D

    Wenn ich das Ehegattenrecht (§ 1931 I BGB) durchsubsumiere, muss ich in dieser Subsumtion die Ehe-Voraussetzungen auch mitsubsumieren, weil die ja erfüllt sein müssten für das Erbrecht? Also eine Subsumtion in der Subsumtion sozusagen... :gruebel: hat mein Problem jetzt jmd verstanden? ist ja nur ein Bsp, aber ich bin mir nie sicher, ob ich manche Voraussetzungen einfach nur nennen muss und sagen muss, ob sie vorliegen oder ob ich für diese Voraussetzung auch wieder die Extra-Vorschrift benennen und diese ebenfalls durchprüfen muss... :strecker ich hoffe, das war jetzt nicht zu kompliziert...

  • Jetzt oute ich mich hier auch mal Prüfer, der seit mehr als zehn Jahren mal mehr mal weniger gelungene Klausuren von Jurastudenten inkl. schlechten oder guten Gutachtensstil korrigieren darf.

    Im Grunde genommen gibt es zum Umfang, was spreche ich nicht an, was handle ich kurz ab und was thematisiere ich ausführlich, keinen allgm. Hinweis. Denn jeder Prof will es anders. Das gipfelte zu meiner Studienzeit mal in die Arbeitsanweisung, unproblematisch vorliegende Delikte einfach mit einem Satz "A hat sich auch des Mordes gemäß §§ 211, 212 StGB strafbar gemacht." abzuhandeln. Da musste vorher eben im Kopf geschaut werden, ob da vielleicht ein Problem besteht.

    Und da sind wir auch schon bei einer Arbeitsanweisung. Wenn es unproblematisch oder abwegig ist (z.B. das es keine Hinweise gibt, dass die Ehe nichtig ist) dann würde ich dies weglassen oder maximal einen Satz darauf verschwenden. Gleiches gilt, wenn im Bearbeitungshinweis steht: "Von einer ordnungsgemäßen Erteilung der Prokura ist auszugehen." Wenn aber schon im Sachverhalte Anhaltspunkte auftauchen, dass es an der Kaufmannseigenschaft fehlt, dann immer schön die entsprechende Voraussetzung prüfen und dann den Finger in die Wunde.

    Klingt vielleicht einfacher als es ist und braucht auch etwas Gespür, aber am Ende bekommt man schon eine recht gute Ahnung dafür.

    Ach und noch etwas: Wenn man den Gutachtensstil einmal verstanden hat, dass nämlich erst die Frage, dann die Antwort kommt (weil juristisches Denken so abläuft!!!!) und nicht wie beim Urteilsstil erst die Behauptung/Feststellung, dann die Begründung, dann geht das schon. Ich hatte erst echte Probleme, den Gutachtensstil zu benerzigen. Dann hatte ich im Referendariat echte Probleme, plötzlich Urteilsstil zu verwenden.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • An alle, die das Leid des Klausurenschreibens noch vor sich haben: Tut einfach das, was die Dozenten und Prüfer hören wollen. Wenn viel Wert auf den Gutachtenstil gelegt wird, wendet ihn an. Am besten zum lernen ist, wie bereits oben gesagt, dass Ihr jede Unterhaltung im Gutschtenstil führt; Ihr werdet merken, dass irgendwann alles im Kopf sitzt und Euch noch nach Jahren über das Problem mit dem Gutachtenstil totlachen. So ist es jedenfalls bei uns gewesen.

    Und denkt dran, irgendwann ist die letzte Klausur geschrieben, und dann geht es in die Praxis, da gibts nichts mehr mit Gutachtenstil, zumindest nichts zum niederschreiben. Da gibt es praktische Probleme, von denen Ihr im Studium nicht mal zu träumen gewagt habt. Aber alles ist lösbar.

    Viel Erfolg beim Anwenden des Gutachtenstils :)

  • in der Tat, manchmal müste man vor der Klausur in die Köpfe der Klausurenersteller reingucken können...
    Drei dinge sollten auseinandergehalten werden:
    1. Gutachtenstil
    als Darstellungsform der Erkenntnis, die zum Ergebnis führt
    2. die in Betracht kommenden Vorschriften
    3. die Subsumtion und deren Tiefe

    Alle drei Dinge muss man sich irgendwie beibiegen.
    Den Punkt 3. fand ich immer am schwierigsten.
    Als Anfänger wird man meist in die Richtung gedrängt, sehr genau zu subsumieren und dabei Selbstverständliches zu erörtern. Später wird man - möglicherweise - dann für die Erörterung von vermeintlich Selbstverständlichen abgestraft.
    In einer Klausur hab ich mal den Kaufvertrag recht schnell abgehandelt (Also in der Kurzassung: Voraussetzung sind xyz; liegt hier vor, da A gesagt hat und B dann sagte, ist in Ordnung. Das war dann nicht sauber genug subsumiert... In der nächsten Klausur hab ich es dann ganz genau gemacht und hab dann noch die einzelnen Bestandteile der Willenserklärung erläutert und angemerkt, dass Anhaltspunkte für mangeldendes Erklärungsbewußtsein, Handlungswille und Geschäftswille nicht vorgelegen haben und von daher auch keine Divergenzen zum geäußerten Willen erkennbar seien.
    Dann hieß es, ja aber das war doch garnicht Lehrinhalt. Darauf ich: also wenn ich schon Selbstverständliches auseinandernehmen soll, dann seziere ich präzise...
    Also da ist es etwas abhängig von dem, was der Dozi denn wie tief subsumiert wird (find ich pers. ätzend).

    Die in Betracht kommenden Normen werden wie papabaer schon angesprochen hat, manchmal durch Klausurenschreiber etwas zu extensiv gesehen (vor lauter Angst, man könnte was vergessen; ist im Strafrecht aber auch manchmal ganz schön heftig...).
    Ein Kumpel von mir hat mal eine Strafrechtsklausur schreiben müssen, deren zentrales Thema der dolus generalis war. Zwei Täter haben ihr Opfer mit Tötungsvorsatz auf einer Brücke "bearbeitet". Einer der Täter ging davon aus, das Opfer sei tot.
    Beide warfen das Opfer von der Brücke. Das noch lebende Opfer traf mit dem Kopf auf den Fuß des Brückenfeilers auf, das war das letale Ereignis (war mal wieder eine dieser splatter-klausuren..). Einige werden ja noch den "Jauchegrubenfall" in Erinnerung haben...
    Als der Kumpel von mir dann irgendwann mal weiter unten in der Klausur die Gewässerverunreinigung geprüft hat, ist dem Korrekturassi der Kragen geplatzt.... (der hatte die Ironie nicht mitbekommen...)

    Aslo kopf hoch, gutachtenstil kann man üben; die in Betracht kommenenden Normen kann man sehen, die abwegigen ausschließen. Subsumtionstiefe hängt halt von der Veranstaltung ab.

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Das Komische an der Sache bei uns war ja, dass jeder Dozent beim Gutachten Wert auf andere Punkte gelegt hat.
    Die einzelnen Arbeitsgruppen hatten verschiedene Dozenten. Die Klausur wurde geschrieben und von einem ganz bestimmten Dozenten kontrolliert. Wenn genau dieser Dozent es gerne anders gehabt hätte, dann brachte dir die super Vorbereitung in der Arbeitsgruppe gar nichts.:mad: Das frustet.

  • Also ich kenne nur die Unibedingungen, wo der Prof keine einzige Klausur selbst korrigiert. Das machen wir fleißigen Helferchen. Da hast Du dann zwar eine Musterlösung mit Hinweisen, welche Ausführungen in welcher Tiefe erwartet werden. Das umzusetzen obliegt einem selbst und je nach dem wie viele Leute die Klausuren pro Fach korrigieren, gibt es dazu Ansichten. Finde ich persönlich nicht gut, aber im Grunde genommen heißt es auch für uns oft raten, was denn gemeint ist.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Also ich kenne nur die Unibedingungen, wo der Prof keine einzige Klausur selbst korrigiert. Das machen wir fleißigen Helferchen.


    Wobei - so war meine Erfahrung - bei den "Ausreißern" nach oben und unten (>10 Punkte oder <4 Punkte) gern eine Zweitkorrektur (durch den Prof. ?) erfolgte - so wurde ich mal von 12 auf 8 Punkte abgekanzelt, was im Hinblick auf meine dürftige Vorbereitung durchaus angemessen war.

  • Schön ist auch:
    "A und B müssten verheiratet sein. Dem ist so."
    Zitat eines meiner Lieblingsdozenten: "Schreibt bloß nicht so einen Mist, mit dem 'Dem ist so.'! Da baut ihr auch den vorangehenden Satz soviel Spannung auf und was folgt? 'Dem ist so.' Super.
    Nein, dann schreibt lieber: A und B sind verheiratet. PUNKT!"

    Dem ist so habe ich auch noch nie geschrieben :D
    Den Standard wie Testament persönlich errichtet, testierfähig und verheiratet (etc.) stelle ich nur noch sofort fest ohne es in Frage zu stellen (sofern es unproblematisch ist).

    In der Regel sollen wir sowieso nur noch das gutachtlich lösen was problematisch ist. Alles andere macht auch keinen Sinn...
    Sprich so wie hier geschildert:

    Da ich an einem zivilrechtl. Lehrstuhl der Univ. Heidelberg Tausende (ja, leider Tausende) Klausuren im Gutachtenstil (oder der unfreiwilligen Karikatur dessen:teufel:) korrigiert habe, darf ich anmerken, dass es bei richtiger Anwendung des Gutachtenstils falsch ist, das Unproblematische zu problematisieren. Auch Füllwörter wie "offensichtlich" sind nicht erwünscht.


    Zitat


    @Blackbolt: "Laut Sachverhalt" ist übrigens eine Formulierung, bei der dir mein ABR-Dozent hart auf die Finger geklopft hätte ;)

    Richtig, bei uns laufen einige Dozenten dann auch die Wände hoch :D

  • ja das mit dem Korrekturassi ist auch ein Ding für sich. Findet m.W. bei den Rechtspflegerstudieneinrichtungen nicht statt.
    Oki, die Korrekturassis sind ja meist garnicht so schlecht... (in einem Fall musse ich allerdings remonstrieren - Prof fand den von mir gewählten Prüfungsaufbau den einzig sachgerechten - und gut war (allerdings waren wir uns mit 5 leuz über den Aufbau schon nicht einig....)
    Im universitären Bereich geht das aber auch nicht anders ! Allerdings war damals noch usus, dass der Prof sich zumindest das Votum des Korrekturassis durchgelesen hat...
    (so richtig geil war mal: mangelhaft, weil "siehe maus; (stud jur *); bei Frau stud jur war das teil - total verrissen-....

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Ein Dozent (Richter) meinte mal, dass auch beim Urteilsstil letztlich der Gutachtenstil abgewandt wird; der einzige Unterschied ist, dass dass nicht mit der Frage begonnen wird, sondern mit der Antwort, die dann aber in gleicher Weise begründet wird wie beim Gutachten. Für das Endergebnis, das am Anfang stehen sollte, lässt man halt am Anfang noch ein wenig Platz, damit man es dort hinschreiben kann. Ob's stimmt - keine Ahnung, aber wenn ich mir Urteile so ansehe, kann es hinkommen (nur dass die Richter beim Diktieren am Anfang keinen Platz mehr lassen).

    Wir wenden den Gutachterstil auch in der Praxis gelegentlich an, vor allem wenn es darauf ankommt, erst einmal herauszufinden, warum wir bei einer Vorlage ein merkwürdiges Gefühl haben. Als Nicht-Genies finden wir die relevanten Dinge nämlich auch nicht immer auf Anhieb, und dann ist der Gutachtenstil - abklappern und subsumieren - so schlecht nicht. Er taugt gelegentlich auch, Antragstellern ein Problem zu verdeutlichen.

    Auch sonst ist es im Alltag nicht immer schädlich, mal mit der Frage nach scheinbaren Selbstverständlichkeiten zu beginnen, statt immer die Antwort zu antizipieren und alsdann irgendwie begründen zu wollen. Muss man ja nicht immer so laut tun.

    Ich dachte ja eigentlich, dass - ausgehend vom Lateinischen sumere, sumo, sumpsi, sumptum (entsprechend für subsumere) - das Verb "subsumieren", das Substantiv aber "Subsumption" heiße. Soeben habe ich mich belehren lassen, dass sich im Deutschen statt dessen die Schreibweise "Subsumtion" eingebürgert habe. Dann kritisiere ich diese mir ungewohnte Schreibweise eben nicht, bleibe als alter Lateiner aber doch bei der mir gewohnten Schreibweise, die dankenswerterweise noch zulässig zu sein scheint.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

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