Nachtragsverteilung in RSB-Phase: Wann und unter welchen Voraussetzungen anordnen?

  • Also ich vertreter immer noch die Meinung, dass die "vorsorgliche" Anordnung einer NTV nicht zulässig ist. Die NTV kann erst angeordnet werden, wenn der Betrag zur Auszahlung fällig ist. Fällig ist er, wenn der "Bescheid" vom Finanzamt rechtskräftig ist.

    Bei uns gibt es Finanzämter, die der Vorbehalt einer NTV einen feuchten Kehrricht interessiert bzw. wenn die NTV angeordnet wird, bevor die Steuererstattung fällig wird.

    Lieber Rainer,
    da muss ich doch vehement widersprechen. NTV in's Blaue hinnein mach ich auch nicht. ABER: auf die Fälligkeit i.m.E. nicht abzustellen. Es kommt entscheidend darauf an, ob der Anspruch zur Entstehung gelangen wird. Bei überwiegender Wahrscheinlichkeit ist die NTV anzuordnen. Bei den Steuererstattungsansrpüchen hab ich dies schon bei den ersten Aufhebungen von Insolvenzverfahren so gemacht. Meine Beschwerdekammer hat dies gestützt; der BGH scheint dies auch für zulässig zu halten.
    Umgekehrt gewendet (auch ein Grund der zu meiner Überzeugung seinerzeit beigetragen hat): als Schuldner würde ich auf dem nach AO geforderten Formblatt die Abtretungserklärung kurz nach dem ersten Sylvesterknall beim FA in den Nachtbriefkasten werfen und danach den Veuve Cliquot öffnen (oki, sind beim FA verrechenbare Ansprüche da, hindert das zwar nicht am öffnen, aber am feiern)
    :D

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Also zumindest in den Verfahren, in denen in der Vergangenheit immer Einkommensteuererstattungen geflossen sind und wo der Schuldner weiterhin arbeitet, ordne ich für die noch nicht abgerechneten Jahre bis zum jetzt akuellen die NTV mit Aufhebung an.



    Dito.
    Ich machs aber im Schlusstermin.

  • Also zumindest in den Verfahren, in denen in der Vergangenheit immer Einkommensteuererstattungen geflossen sind und wo der Schuldner weiterhin arbeitet, ordne ich für die noch nicht abgerechneten Jahre bis zum jetzt akuellen die NTV mit Aufhebung an.



    Dito.
    Ich machs aber im Schlusstermin.



    Wir machen's auch im Schlusstermin. Allerdings nur, wenn der Insoverwalter dieses anregt.

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • [quote='Dollinger','RE: Nachtragsverteilung in RSB-Phase: Wann und unter welchen Voraussetzungen anordnen?']
    Wir machen's auch im Schlusstermin. Allerdings nur, wenn der Insoverwalter dieses anregt.



    Ich mach das auch ohne Anregung.
    Sonst frag ich nach, könnte man nicht? Ja, könnte man.
    Und das erspar ich mir.

    Andersherum: Antrag auf Vorbehalt, obwohl Schuldner seit Jahren arbeitslos. Nachfrage von mir, warum? Ja, sie haben Recht, macht keinen Sinn. :strecker

  • also die Anordnung "im Schlusstermin" versteh ich nicht.
    M.E. gehört die Anordnung der NTV in den Aufhebungsbeschluss. Bin da aber für weitere Erkenntnis (wie immer :D ) offen

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  • ein Versuch, die Sache zu entwirren:

    was wird den unter "Vorbehalt" verstanden und in welchem Zusammenhang ?

    Gerade in Verbindung mit ST und Beendigung des Verfahrens sehe ich den "V" als:

    Das Insolvenzverfahren ist beendet (der Schuldner erhält das Recht zurück, über sein Vermögen zu verfügen, § 215, II InsO) vorbehaltlich (davon ausgenommen) sind die der NTV unterliegenden Steuererstattungsansprüche für das Kalenderjahr 2010.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • ... aber auch der BGH geht im Beschluss immer von einer Anordnung der NTV aus, nie vom Vorbehalt einer solchen.

    Was ist denn deiner Meinung nach die Rechtsfolge, wenn die NTV nur "vorbehalten", aber nicht mit einem weiteren Beschluss formal mit dem Wort "Anordnung" versehen (so meinst Du das wahrscheinlich, oder?) angeordnet wird?

    Und woraus ziehst Du die obige Ansicht des BGH?

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  • Ich sehe das wie Queen: Vorbehalt ist nicht gleich Anordnung sondern eine Anordnung müsste dann erst später noch folgen.

    Wenn ich jemandem 5 € schenke, mir aber vorbehalte, davon unter Umständen 3 € zurück zu fordern, muss ich die Rückforderung erst noch vornehmen, nachdem die Umstände entsprechend eingetreten sind.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • ... aber auch der BGH geht im Beschluss immer von einer Anordnung der NTV aus, nie vom Vorbehalt einer solchen.



    Was ist denn deiner Meinung nach die Rechtsfolge, wenn die NTV nur "vorbehalten", aber nicht mit einem weiteren Beschluss formal mit dem Wort "Anordnung" versehen (so meinst Du das wahrscheinlich, oder?) angeordnet wird?

    Und woraus ziehst Du die obige Ansicht des BGH?



    Die Ansicht des BGH ziehe ich aus der Tatsache, dass der im ganzen verlinkten Beschluss immer von Anordnung spricht, nie von Vorbehalt.

    i.Ü. wie Ulf: Wenn ich mir etwas vorbehalte, habe ich später vor etwas zu tun. Ich kündige also an, irgendwann einmal eine NTV anordnen zu wollen. Rechtlich kann das noch keine Auswirkungen haben. Und in der InsO finde ich auch nirgendwo dass es einen solchen Vorbehalt gäbe.

    Den Vorbehalt einer NTV kann ich mir also sparen, da er sowieso ohne rechtliche Folgen ist.

  • Naja, in Ziffer 11 des Beschlusses steht:" Gleiches muss gelten, wenn Gegenstände während der Verfahrensdauer tatsächlich (noch) nicht verwertbar waren. Für solche Gegenstände kann die Nachtragsverteilung bereits im Schlusstermin vorbehalten werden (FK-InsO/Kießner, 5. Aufl. § 203 Rn. 4).". Aber nun gut,eine ausführliche Diskussion über Vorbehalt NTV hatten wir ja bereits an anderer Stelle.

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  • oki, ich bin jetzt genug verwirrt :D
    In der angesprochenen BGH-Entscheidung ist nach Aufhebung eine NTV angeordnet worden.
    Oki, mir ist aber klar, wo das mit der NTV im Schlusstermin herkommt. Nach der konkursrechtlichen Literatur war eine nach Genehmigung der Schlussverteilung auftauchende Masse über die NTV in die Genehmigung miteinzubeziehen.
    Dies ist m.E. dogmatisch nun "umzulesen". Mit Aufhebung des Verfahrens endet der Insolvenzbeschlag. Taucht nach Aufhebung was auf -> NTV. Wird in Ansehung noch verwertendes Vermögen die Schlussverteilung genehmigt (darf an sich nicht, geht aber manchmal nicht anders....) muss ich im Schlusstermin nix vorbehalten, sondern bei Aufhebung zum Zwecke der Aufrechterhaltung des Insolvenzbeschlags die NTV anordnen.
    Der bloße Vorbehalt ist ne "Null-Aussage". Der schafft weder ein Verfügungsverbot an den Schuldner nach Aufhebung noch ein Leistungsgebot des (vermeintlichen) Drittschuldners an den vormaligen Verwalter.

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
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  • ...
    Der bloße Vorbehalt ist ne "Null-Aussage". Der schafft weder ein Verfügungsverbot an den Schuldner nach Aufhebung noch ein Leistungsgebot des (vermeintlichen) Drittschuldners an den vormaligen Verwalter.

    Sehe ich genauso und habe ich mal hier vertreten.

    Da wurden mir ja gleich irgendwelche Kommentarstellen entgegen gehalten. :D

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Sehr schön. Wieder ein Schisma im Insolvenzrecht.
    Es gibt also zwei Fraktionen: Die Schlussterminsvorbehalter und die Aufhebungsanordner.
    Wenn man sich an den Gesetzestext hält, müsste man beides ablehnen, aber das wäre ja langweilig.
    Ich tendiere zum Schlussterminsvorbehalten und zwar aus folgenden Gründen:
    Zunächst ist festzuhalten dass § 203 InsO auf beides nicht passt. Ein Vorbehalt ist gesetzlich nicht geregelt; eine Anordnung käme nach § 203 InsO auch nicht in Betracht, da das Anwartschaftsrecht lt. BGH schon mit Abführung entsteht und es sich somit nicht um Masse handelt, die nach dem ST ermittelt wurde (Der BGH widerspricht sich da etwas in IX ZB 239/04). Auch wird gerne übersehen, dass nicht verwertete Gegenstände als freigegeben gelten, wenn die Gläubigerversammlung im ST nichts anderes bestimmt. Wenn nun das Anwartschaftsrecht in die Masse fällt, würde es als freigegeben gelten, und man könnte es mit der Anordnung einer NTV bei Aufhebung auch nicht wieder in die Masse bringen. Also muss man m.E. spätestens im ST tätig werden. Insofern ist dieser Vorbehalt keine "Nullaussage", sondern man schafft damit die Möglichkeit den Insolvenzbeschlag aufrechtzuerhalten. Die Aufrechterhaltung des Insolvenzbeschlages schreibe ich auch immer so in die Beschlüsse rein. Ob das so richtig sein kann lassen wir mal dahingestellt - jedenfalls wird der Vorbehalt vom BGH und der Literatur (z.B. FK) anerkannt.
    Das Insolvenzrecht war ja schon immer für kreative Rechtsfortbildung bekannt...:D

  • ...Auch wird gerne übersehen, dass nicht verwertete Gegenstände als freigegeben gelten, wenn die Gläubigerversammlung im ST nichts anderes bestimmt. ...:D




    Davon ist aber der BGH wohl selbst nicht so ganz überzeugt:

    § 203 InsO ist anwendbar, da hierunter nicht nur das Vermögen erfasst wird, das nach dem Schlusstermin frei oder ermittelt, sondern auch solches, welches zwar bekannt ist, jedoch keinem Wert beigemessen wird, IX ZB 17/04.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Astaroth hat wie so oft den Finger in die Wunde gelegt; unterliegt jedoch einem Irrtum ! (sorry Asta).
    die Vorschrift des § 203 passt null auf die Fälle, in denen es etwas zur Masse zu realisieren gilt. Erst nach Verwertung der Masse darf die Schlussverteilung genehmigt werden wie wir ja alle wissen.
    Den Steuererstattungskram hab ich vor zig Jahren angefangen und die Verfahren aufgehoben und die NTV im Aufhebungsbeschluss angeordnet und gut war.
    Geh ich als Gericht davon aus, dass die Masse verwertet ist, darf die Schlussverteilung genehmigt werden. Ist nach Genehmigung der Schlussverteilung noch Masse ersichtlich, ist die NTV angesagt.
    Ein "Vorbehalt" (also, äh, voll geil, da könnnte was mass sein, ich behalte mal vor, schreib das auch in einen beschluss rein und so, hey schuldner, ich weiß wo dein haus wohnt) ganz toll....
    Verfahren wird aufgehoben, Vorbehalt interessiert nicht mehr und gut ist.
    Also entweder Aufhebung ohne punkt und komma oder NTV und dem Drittschuldner mitteilen.
    Die NTV bedeutet Aufrechterhaltung des Insolvenzbeschlags.
    Ein Vorbehalten der Anordnung der Aufrechterhaltung des Insolvenzbeschlags - der ja ohnehin über 35 bis zur Aufhebung gegeben ist - ist und bleibt unfug !

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
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