BGH Zustellung der Vollmachtsurkunde an den Schuldner ist notwendig

  • So, nachdem ich die Entscheidung gelesen habe, meine ich, sehr formaler Standpunkt, aber es ist natürlich auch ein formales Verfahren, so daß ich kein Problem damit habe, mich zukünftig danach zu richten.


    Ein Problem werden wir sicher nicht haben, aber die Sinnfrage bleibt unbeantwortet.
    In der Diskussion vom März war sich die Praxis ja ziemlich einig.

    Zitat

    Bedeutet wohl aber auch, daß einige Titel in laufenden Verfahren zurückgehen, m. d. B. um Zustellung mit Vollmachtsnachweis.

    Was aber wenn es kurz vor dem Termin ist? Sollen jetzt reihenweise die Termine platzen.
    Ich kann nicht abschätzen, wieviele meiner Verfahren tangiert sein können,
    da mir die Vorlage bisher reichte.

    Zitat

    Die Begründung des BGH in der Sache leuchtet mir allerdings nur teilweise ein. Sofern der BGH von der "Bedrohlichkeit" der bevorstehenden Zwangsvollstreckung spricht, frage ich mich, was die Vollmachtszustellung damit zu tun hat.

    Eben! Der Vollmachtgeber wusste, was er unterschreibt. Da ändert auch eine zusätzliche Zustellung nichts daran.
    Ich kann das nur noch kopfschüttelnd zur Kenntnis nehmen.

  • Ich denke, wir sollten irgendwann einmal damit aufhören, die Entscheidungen des BGH verstehen zu wollen. Mittlerweile habe ich sogar den Eindruck, als wenn der BGH seine eigenen Entscheidungen nicht so recht verstünde.

  • @ bü: Wahrscheinlich ist der BGH wegen der massiven Kritik an seiner "Scheingebotsentscheidung" sauer, daß er jetzt in Bezug auf die Praxis ständig querschießt.:D

    Zitat

    Was aber wenn es kurz vor dem Termin ist? Sollen jetzt reihenweise die Termine platzen. Ich kann nicht abschätzen, wieviele meiner Verfahren tangiert sein können, da mir die Vorlage bisher reichte.


    Mir reichte die Vorlage der Vollmachtsurkunde bisher auch aus. Wir waren da ja in guter Gesellschaft mit Stöber und einigen LG-Entscheidungen. Wieviele Verfahren tangiert sind, weiß ich auch nicht. Termine aufheben::nixweiss:

  • @ bü: Wahrscheinlich ist der BGH wegen der massiven Kritik an seiner "Scheingebotsentscheidung" sauer, daß er jetzt in Bezug auf die Praxis ständig querschießt.

    Diesen lästerlichen Gedanken hatte ich auch schon.:wechlach:
    Ob die Herrschaften sich für unsere Belange aber tatsächlich interessieren???

  • @ Tommy:
    Grundsätzlich stimme ich Dir zu. Allerdings macht mir die Aussage des BGH "mit Beginn der Vollstreckung" Sorge. Wann beginnt denn die Vollstreckung? Doch mit der Anordnung des Verfahrens? Oder? Laß ich mich jetzt hier völlig verwirren?

    Ich glaube ja. Die Formulierung "oder mit Beginn zugestellt werden" passt meines Wissens nach nur für den Gerichtsvollzieher, wenn der gleichzeitig eine Vollstreckungsmaßnahme durchführt. Ich bin jetzt ohne ZPO-Kommentar, aber in der Sache ist es glaub ich klar: Du mußt das Verfahren nicht wieder von vorne aufrollen, sondern kannst es so weitermachen, wie du selbst geschrieben hast - sobald der Gläubiger dir die ZU der Vollmacht nachweist neuen Termin bestimmen.

    Ob die Herrschaften sich für unsere Belange aber tatsächlich interessieren???

    Naja, früher wars zumindest mal so ...

    Es stand alles in Büchern, die Alten lebten noch
    Wir haben nicht gelesen, nicht gesprochen, weggeschaut, uns verkrochen ...
    No!

  • Ich bin zwar kein ZVG-Profi...

    ...aber für die Eintragung einer Zwangssicherungshypothek hatte ich auch früher schon die Zustellung von Vollmachten verlangt. Dass ich im Hinblick auf zahlreiche Kleinigkeiten der einzige Rechtspfleger in Deutschland bin (behaupten zumindest einige Banken und Notare) - daran kann ich mich gewöhnen.

    Wenn die Zustellung fehlt, ist die begonnene Zwangsvollstreckungsmaßnahme offenbar wirksam, aber anfechtbar. Das heißt, wenn der Schuldner Erinnerung einlegt, dann war's das wohl für's Verfahren. Wenn nicht, dann nicht. Die anderen Fragen sind:
    - Kann das Vollstreckungsgericht die bereits durchgeführten Maßnahmen (Beschlagnahme) von Amts wegen aufheben? Ich meine nein. Da die Maßnahme wirksam, aber anfechtbar ist, bedarf es eben des Rechtsbehelfs. Da kann der Rechtspfleger dann abhelfen und das Verfahren neu beginnen.
    - Kann das Vollstreckungsgericht weitere Maßnahmen durchführen, wenn es weiß, dass die Vollstreckungsvoraussetzungen nicht/nicht mehr vorliegen? Das fände ich seltsam, meine also auch nein.

    Mithin wird die Zustellung der Vollmacht nunmehr nachzuweisen sein, damit das Verfahren fortgeführt werden kann. Je nach Titel kann noch eine Wartefrist abzuwarten sein.

    Wenn der Schuldner später Erinnerung einlegt, dürfte ihm das nicht mehr helfen, da die fehlerhafte Zwangsvollstreckungsmaßnahme dann ex tunc geheilt worden ist, wenn nunmehr alle Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen vorliegen. Stöber führt in Zöller/Stöber ZPO vor § 704 Rn. 35 u. a. RGZ 125, 286 und KG NJW-RR 88, 1406 an, was ich jetzt nicht überprüft habe.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Hallo, gehen wir die Sache doch erst einmal langsam an.
    Wieviele Verfahren sind denn überrhaupt von dieser Vollmachtsgeschichte betroffen? M. E. können das doch nur Einzelfälle sein. Bei unseren Notaren ist es üblich, dass bei den Beurkundungen die persönlichen Schuldner erscheinen und die evtl. abweichenden dinglichen Schuldner vertreten werden. Die Zustellung der Vollmacht wäre also nur bei dinglichen Vollstreckungen gegen die Bauträger, usw. nötig. Bei auswärtigen Notaren kommt das schon mal vor. Aber - wie gesagt - selten.

  • @alter Mann : da muss ich dir widersprechen. Das sind keine Einzelfälle. Ich möchte mal spontan behaupten mindesten in 50 % der Fälle - 70 % ist nicht zu hoch gegriffen- ein Vertreter oder die Notariatsangestellte gehandelt hat. Gerade hier in den neuen Bundesländern wo das Wohnungseigentum erst geschaffen wurde ist es gängige Praxis nur wegen des Kaufvertrages und der Auflassung zum Notar zu gehen. Alles andere macht das Notariatsbüro.

    Alles Gute im Leben ist entweder illegal, unmoralisch oder macht dick. (Murphys Gesetz)

  • @alter Mann : da muss ich dir widersprechen. Das sind keine Einzelfälle. Ich möchte mal spontan behaupten mindesten in 50 % der Fälle - 70 % ist nicht zu hoch gegriffen- ein Vertreter oder die Notariatsangestellte gehandelt hat. Gerade hier in den neuen Bundesländern wo das Wohnungseigentum erst geschaffen wurde ist es gängige Praxis nur wegen des Kaufvertrages und der Auflassung zum Notar zu gehen. Alles andere macht das Notariatsbüro.



    Gut das zu hören - also

    Warnung

    an alle vor den Ostnotaren. Aufpassen.:teufel:

  • Tut mir leid wieder falsch. :oops: Da die Käufer doch alle aus dem Westen waren sind das grundsätzlich Westnotare. :strecker

    Alles Gute im Leben ist entweder illegal, unmoralisch oder macht dick. (Murphys Gesetz)

  • Es hilft nichts. Nach dieser Entscheidung würde ich nicht mehr zuschlagen, wenn die Vollmachtsurkunde nicht mit zugestellt wurde: nicht heilbarer Vollstreckungsmangel und vom Beschwerdegericht von amtswegen zu prüfen. Auch wenn die Entscheidung wieder voll in die gängige und anerkannte Rechtspraxis reinhaut, werden wir wohl die Titel durchsehen müssen und gegebenenfalls zurückschicken.
    Bei Terminen, die bevorstehen, würde ich den Termin abhalten, Zuschlag aussetzen und Gl. auffordern, die Vollstreckungsvoraussetzungen gem. BGH-Beschluß zu schaffen. Habe ich heute morgen natürlich gleich entsprechend mit Kollegen besprochen. Vielleicht fällt uns ja auch noch was anderes ein, mal sehen.

  • @ Anke:
    Das mit dem "Beginn" in § 750 ZPO kann nur für den GV gelten, da diese die einzigen sind, die bei Beginn der Zwangsvollstreckung zustellen können. ein anderes Vollstreckungsorgan kann das nicht. Also bevor der Gerichtsvollzieher den Schuldner zur Zahlung auffordert (hier beginnt beim GV die Zwangsvollstreckung), kann er den Titel persönlich zustellen. Sie bringt keine Rechtsmittelfristen in Lauf o.ä., aber für die Vollstreckung genügt es. Bei uns ist das also unerheblich mit dem Beginn.
    Es müssen alle Vollstreckungsvoraussetzung zu jeder Zeit des Verfahrens vorliegen, so dass ich denke, dass eine fehlerhafte Zustellung bis vor Zuschlag geheilt werden kann.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki



  • ....ich habe in vorgenannten Fällen den Anordnungsantrag wie folgt beanstandet:

    ....Infolgedessen ist für den Beginn der Zwangsvollstreckung, die beurkundete Vollmachtserklärung UR. Nr. des beurkundenden Notars vom , mit der jeweiligen Hypothekenbestellungsurkunde fest zu verbinden und gleichfalls neben der Vollstreckungsklausel erneut an die Schuldner / Eigentümerin zuzustellen. ( siehe insoweit Zeller/Stöber, ZVG,17. Auflg.Rd Nr. 40.18 zu § 15 und Zöller, ZPO, 22.Auflg., Rd.Nr.31 a zu § 794 ZPO.)


    Bei bereits angeordneten Verfahren ist das Verfahren gem. § 28 Abs.1 und 2 ZVG unter Fristsetzung einstweilen einzustellen.

    Jahreslosung 2024: Alles was ihr tut, geschehe in Liebe

    1. Korinther 16,14


  • Ich möchte mal spontan behaupten mindesten in 50 % der Fälle - 70 % ist nicht zu hoch gegriffen- ein Vertreter oder die Notariatsangestellte gehandelt hat. Gerade hier in den neuen Bundesländern wo das Wohnungseigentum erst geschaffen wurde ist es gängige Praxis nur wegen des Kaufvertrages und der Auflassung zum Notar zu gehen. Alles andere macht das Notariatsbüro.


    Das ist auch bei uns häufig zu beobachten.
    Ich wage keine Schätzung, wie viele Verfahren es bei uns sind, aber ich werde jede Akte darauf überprüfen (und eine Strichliste führen).
    Sehenden Auges einen Beschwerdegrund durch das Verfahren mitzuziehen geht nach dieser Entscheidung nicht mehr, obwohl ich persönlich immer noch die Vorlage für ausreichend halte.
    @AlterMann:
    Müsste Deine Warnung nicht lauten:
    Fürchte den Schuldner von vorne, den Notar von hinten und den BGH von allen Seiten?:gruebel:

  • @AlterMann:
    Müsste Deine Warnung nicht lauten:
    Fürchte den Schuldner von vorne, den Notar von hinten und den BGH von allen Seiten?:gruebel:



    :wechlach:
    Einer der besten Sprüche, die ich hier jemals gelesen habe!

    Es stand alles in Büchern, die Alten lebten noch
    Wir haben nicht gelesen, nicht gesprochen, weggeschaut, uns verkrochen ...
    No!

  • Bei Vollmacht ist der BGH ja eindeutig.
    Was ist aber, wenn sich der Geschäftsführer einer GmbH für die GmbH unterworfen hat und die Urkunde keine Notarbescheinigung gem. BNotO enthält?
    Muss dann ein Registerauszug zugestellt werden ?
    Ich finde das alles übertrieben formalistisch und eigentlich falsch.
    Hier geht es doch eigentlich um Legitimationsurkunden, die der Notar bei der Urkundenerstellung beachten muss.
    Bin immer davon ausgegangen, dass mit 750 II ZPO Abtretungserklärungen u.ä. gemeint sind.
    Muss demnächst noch der Perso des beim Notar Erschienenen zugestellt werden ?

  • Was der BGH auch immer mit dem Verweis auf § 750 II ZPO gemeint hat (es wird sich uns wohl nie erschließen), aber ich denke es sind die Vollmachten für Dritte gemeint und nicht gesetzliche Vertreter oder ähnliches.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
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