Geschwindigkeitsübertretung eine Angelegenheit

  • Hallo, da ich nunmehr seit kurzem auch ein bißchen Beratungshilfe machen darf, möchte ich hier mal um Hilfe bitten:

    Mandant ist 4 mal an verschiedenen Stellen geblitzt worden. Die Geschwindigkeitsübertretungen reichen von 5 km/h bis 100 km/h. Der RA beantragt 4 x BerH. Sind dies 4 verschiedene Angelegenheit, da ja auch 4 Verwarnungen bzw. Bußgeldbescheide ergangen sind, oder ist das eine Angelegenheit, da ja ein Lebenssachverhalt - Geschwindigkeitsübertretung - zugrunde liegt?

    Die Abgrenzung zwischen den Angelegenheiten fällt mir noch schwer. Würde mich daher über Hilfe sehr freuen.

  • Wenn 4 Bescheide ergangen sind, also eine "Tatmehrheit" und keine "Tateinheit" vorliegt, sollte es sich auch um 4 Angelegenheiten handeln. Bei jeder kann man ja schließlich auch zu einem anderen Ergebnis kommen. Ist dann vergleichbar mit den Fällen, wenn Leute aus dem Internet nahezu zur gleichen Zeit verschiedene urheberechtlich geschützte Werke in Tauschbörsen angeboten haben und nun mit anwaltlichen Mahnschreiben überschwemmt werden. Gern bewillige ich für derartige Leute ganz gewiss die Berhi auch nicht, aber es sind nun mal unterschiedliche Angelegenheiten.

    Ob hier bereits gerichtliche Verfahren vorliegen, geht wohl aus dem Sachverhalt nicht eindeutig hervor. Und selbst wenn sie vorlägen und der Anwalt in diesen nicht tätig wird, sondern nur außergerichtlich beratend, wie der Mandant sich verhalten soll, kann man schließlich Beratungshilfe nicht verwehren. Ist er zunächst außergerichtlich und dann gerichtlich tätig, muss er lediglich die Gebühren nach den einschlägigen Vorschriften entsprechend anrechnen.

  • Im SV steht, dass 4 Verwarnungen bzw. 4 Bußgeldbescheide ergangen sind.
    Damit haben wir ein Verfahren vor der Verwaltungsbehörde.
    Allein durch Beratung (die ja meist nach Akenteinsicht erfolgt), entstehen die Gebühren nach Teil 5 VV RVG, so dass ich hier keinen Spielraum für BerHi mehr sehe.

    Anders kann man das m. E. nur sehen, wenn noch das Stadium des Anhörungsverfahrens vorliegt, haben wir aber nicht.
    Allerdings stimem ich zu: Wenn es BerHi gäbe, dann auch 4 mal, weil verschiedene Angelegenheiten...



  • Mandant ist 4 mal an verschiedenen Stellen geblitzt worden. Die Geschwindigkeitsübertretungen reichen von 5 km/h bis 100 km/h.



    Gib mal etwas mehr Infos. Wann und zu welchem Zeitpunkt wurde der Mandant denn geblitzt. Wann erfolgte die jeweilige Beauftragung des RA und was schrieb der RA jeweils an wen? Und welche Strafe soll es denn bei 5 km/h Geschwindigkeitsüberschreitung geben?

  • Der Antragsteller wurde geblitzt am

    20.01.11 mit 7 km/h zuviel Geldbuße 15,00 €
    19.02.11 mit 6 km/h zuviel Geldbuße 15,00 €
    21.02.11 mit 29 km/h zuviel Geldbuße 100,00 €
    28.02.11 mit 27 km/h zuviel Geldbuße 150,00 €

    Der Anwalt hat nur beraten, und möchte nunmehr 4 x 35,70 € aus der Staatskasse

  • Das sehe ich auch so. :daumenrau Zu berücksichtigen ist weiterhin, dass niemand wegen 15,00 EUR Geldbuße zum RA geht, es sei denn, er würde grundsätzlich gegen das Blitzen vorgehen wollen.

  • Hab Definitionsschwierigkeiten zur "einen Angelegenheit".

    Bei gleichzeitiger Auftrag und gleichartiges Verfahren gehe ich mit.

    Wo aber ist da der innere Lebenssachzusammenhang?

    Ich meine: er ist zu schnell gefahren.

    Das ständige erhöhte Geschwindigkeit ergibt für mich noch keinen inneren Lebenssachzusammenhang. Zumal dies an mehreren Tagen geschehen sein soll.

    Bei ständiger erhöhter Geschwindigkeit an einem Tag könnte ich das so sehen (z.B. Fahrer ist werdender Vater und rast mit Vollgas ins Krankenhaus und holt sich dabei 10 Blitzer ab). Ist für mich ein innerer Lebenssachzusammenhang.

  • Was gibt es denn da zu beraten? Es handelt sich scheinbar um einen notorischen Raser. Er weiß doch, dass man das nicht darf und dafür Bußgelder kassiert.
    Ich würde da eine Mutwilligkeit sehen, wenn hierfür 4 Scheine beantragt werden bzw. 4x die Gebühr.

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • Was gibt es denn da zu beraten? Es handelt sich scheinbar um einen notorischen Raser. Er weiß doch, dass man das nicht darf und dafür Bußgelder kassiert.
    Ich würde da eine Mutwilligkeit sehen, wenn hierfür 4 Scheine beantragt werden bzw. 4x die Gebühr.



    Eben nicht.
    Bei Musikdownloads oder anderen Straftaten kannst ja auch nicht sagen: "Das war verboten, das wusste er doch, daher gibt es auch keine BerHi...
    Im Übrigen sind die Rechtsfolgen bei der Höhe der Buß- bzw. Verwarngelder unterschiedlich (Punkte/Fahrverbot oder auch nicht).
    Außerdem muss es sich auch nicht nur wegen des Blitzens an sich beraten lassen, sondern auch wegen z.B. der Angemessenheit irgendwelcher Sanktionen.
    Bei mehreren Einträgen bzw. kurz hintereinander liegenden "Blitzerfotos" wird nämlich regelmäßig das Bußgeld erhöht usw. Auch darauf kann man seine Einwände beschränken...

    Trotzdem gehe ich nach wie vor davon aus, dass wir uns hier schon im Verfahren vor der Bußgeldbehörde befinden und deswegen keine BerHi gewährt werden kann.

  • Trotzdem gehe ich nach wie vor davon aus, dass wir uns hier schon im Verfahren vor der Bußgeldbehörde befinden und deswegen keine BerHi gewährt werden kann.


    Ich bin schon eine Weile aus der Beratungshilfe raus. Woraus ergibt sich, dass im Verfahren vor der Behörde keine BerH gewährt werden kann?

  • Ich bin schon eine Weile aus der Beratungshilfe raus. Woraus ergibt sich, dass im Verfahren vor der Behörde keine BerH gewährt werden kann?



    Es gibt eigene Gebührentatbestände unter Abschnitt 5 VV RVG für das Verfahren vor der Verwaltungsbehörde.
    Allein die Grundgebühr, in vielen Fällen auch die Verfahrensgebühr, entsteht dort bereits mit der Legitimation (Vorlage der Vollmacht) und Akteneinsicht.
    Kein Anwalt berät (ob gerichtlich oder außergerichtlich), wenn eine Akte vor irgendeiner Behörde existiert, und erst recht nicht, wenn Verwarnungsgeld- bzw. Bußgeldbescheide erlassen sind.

    Daher gibt es hier m.E. keine Möglichkeit für den RA, außergerichtlich tätig zu werden, weil direkt die Gebühren nach Abschnitt 5 VV RVG entstehen.

  • Zugegebenermaßen habe ich mich mit dieser Argumentationslinie noch nicht beschäftigt und kann mich dazu noch nicht äußern.

  • Ein Verfahren vor der Verwaltungsbehörde ist noch kein gerichtliches Verfahren. Daher geht grundsätzlich Beratungshilfe. Man kann 4x geben oder 1-2 mal geben und dann auf ähnlichen Sachverhalt verweisen. ebenso wie man sagen kann, dass ein verständiger DRitter wegen dem Wert der Buße nicht unbedingt zum RA gehen würde. Ist ehrlich gesagt alles drin!

  • § 2 Abs. 2 BerHG: "In Angelegenheiten des Strafrechts und des Ordnungswidrigkeitenrechts wird nur Beratung gewährt."

    Da hier ja nun vier Ordnungswidrigkeitsverfahren vorliegen, kann grundsätzlich schon Beratungshilfe gewährt werden. Ich würde auch von vier Angelegenheiten ausgehen, da kein innerer Zusammenhang gegeben ist.

    Gewähren würde ich persönlich hier wohl nur einmal Beratungshilfe, da die Inanspruchnahme von 3 weiteren Beratungen mutwillig erscheint. Worüber wurde denn beim zweiten, dritten und viertenmal gesprochen, was beim ersten Verfahren nicht besprochen wurde??? :confused:


  • Worüber wurde denn beim zweiten, dritten und viertenmal gesprochen, was beim ersten Verfahren nicht besprochen wurde??? :confused:


    Die Situation kann ja unterschiedlich gewesen sein. Möglichweise ist der ASt. der Ansicht, einmal nicht so schnell gefahren zu sein, geht also von fehlerhafter Einstellung des Blitzers aus. Beim nächsten Mal hält er die Geschwindigkeitsübertretung ausnahmsweise für gerechtfertigt ( § 16 OWiG) und für die beiden anderen Fälle könnte man sicher auch noch etwas finden (oder er sieht in jedem Fall einen anderen Rechtfertigungsgrund).

  • Den inneren Zusammenhang sehe ich darin, dass es in jedem der vier Fälle um eine Geschwindigkeitsüberschreitung ging. Anders sähe es aus, wenn ein Bußgeldbescheid wegen Rotlichtverstoßes, einer wegen ungesicherter Ladung, einer wegen Handybenutzung und einer wegen Nichtangeschnalltsein ergangen wäre.

  • Wenn jemand von 4 verschiedenen Mahnanwälten Abmahnschreiben bekommt wegen Urheberrechtsverstößen, muss man auch 4x gewähren, obwohl man auch da sagen könnte: Es ging ja praktisch immer um dasselbe, nämlich das illegale Anbieten urheberrechtlich geschützter Werke im Internet. Es mag zwar der Art nach dasselbe sein, trotzdem sind es 4 verschiedene Angelegenheiten. Und wenn jemand 4x bei Geschwindigkeitsverstößen erwischt wird und dazu 4 verschiedene Bußgeldbescheide erhält, ist jeder einzelne auch eine Angelegenheit für sich. Die Abgrenzung bildet hier der jeweilige Bescheid, gegen den vorgegangen werden soll, und nicht die Art des Verstoßes.

  • @ Andy.K.:
    Komischerweise sehe ich das bei der Urheberrechtsverletzung anders als bei der Geschwindigkeitsüberschreitung.

    Bei mehrmaligen Uploads wird hier am Gericht insgesamt eine Angelegenheit angenommen. Wir formulieren absichtlich das im BerH-Schein so:"Beratung über die Rechtsverteidigungsaussichten wegen Abmahnungen zum Telefonanschluss des A'ers in der Wohnung xyz" dann sagen wir dem A'er, dass sein Anwalt, wenn er meint, es lägen mehrere Angelegenheiten vor, sich bei uns melden soll. Tut er das, kriegt er nen Zurückweisungsbeschluss.

    Hab grad so eine Akte auf dem Tisch gehabt und die liegt dem Richter vor. Das Ergebnis kann ich später nach Rückkehr der Akte in juris veröffentlichen, wenn ihr wollt.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!