BMJ: Rechtsbehelf gegen überlange Verfahrensdauer geplant

  • Ich finde allerdings schon, dass man dem Bürger eine Möglichkeit geben muss, etwas gegen eine lange Verfahrensdauer zu unternehmen. Es gibt doch genügend Beispiele, bei denen durch Verzögerungen, Androhung von Gutachten usw. die Vergleichsbereitschaft der Parteien gefördert werden soll. Für den Bürger haben die Prozesse bzw. deren Dauer ja teilweise existenzbedrohende Wirkungen.
    Ein Beispiel aus dem Bekanntenkreis. Jemand finanziert eine teure Maschine, ohne die er seinen Betrieb nicht führen kann. Diese Maschine funktioniert nicht, der Lieferant beruft sich auf einen Bedienungsfehler. Der Unternehmer kann nun nicht mit der Maschine arbeiten; für eine zweite kriegt er natürlich keine Finanzierung. Der Prozess dauert nun in der ersten Instanz schon weit über 2 Jahre; während der Zeit muss der Unternehmer natürlich Zinsen für die Maschine zahlen, die er aber nicht nutzen kann - völlig klar, dass hier die Zeit gegen ihn spielt und dass der Betrieb die Zeit bis zu einem Urteil irgendwann nicht überleben wird. Der Schadenersatz ist dann auch nur ein geringes Trostpflaster.

  • Die Frage ist doch aber auch, ob die angesprochene Reform nur für "Prozesse" vorm Richter gilt oder für jedwedes "Verfahren".

    Wird sich jemand beschweren ( können ? ) , wenn eine zu prüfende Rechnungslegung in Betreuungssachen z.B. ein halbes Jahr auf Halde liegt ?:gruebel:

  • Naja , wenn das KFV mehrere Monate dauert, hat bereits jetzt der eine oder andere Anwalt ( richtigerweise ) gemosert.:D
    Bei Betreuungen habe ich aber noch nie erlebt, dass Beschwerden wegen der Handhabung des Überwachungsverfahrens ( hier Prüfung der RL ) vom Betreuer oder Betreuten erhoben wurden.
    Ob sich das mit der Reform ändert ?:confused:

  • Diese neue Beschwerde ist doch als Gelddruckmaschine für die Anwälte gedacht, oder irre ich mich da? Da wird doch sicher ein Gebührentatbestand eingeführt?
    Wenn das Ministerium das Gehirnschmalz für diesen Gesetzesentwurd mal dafür gebraucht hätte, rauszufinden, wie man Verfahren zügiger gestalten kann bzw. den "Schadenersatz" in Richter und Personal investiert hätte, wäre es mir lieber gewesen.

    Es macht mir nichts aus, ein Vorurteil aufzugeben. Ich habe noch genügend andere.
    Fraue machet au Fähler, abber firs richtige Kaos braucha mer scho no d'Menner..

  • Bei uns in der Lokalpresse wurde auf der Ratgeberseite die Ideen der Justizministerin vorgestellt. Dabei wurde auf Entscheidungen der EuGMR verwiesen. Die Ministerin will danach die Länder zwingen mehr Personal in die Justiz zu stecken und auch teilweise die europ. Rechtsprechung umsetzten.

    Zum einen dürften 100 € pro Monat nicht gerade sehr ziehen, wenn man sich allein dass Jahresbrutto eines Richters ansieht. Der allein ja auch nichts ausrichtet. Dazu kommen noch weitere Personalkosten für den mD. Dafür kann man viele Verfahren jahrelang "zu lange" führen.

    Ferner kann sie das Gesetz nicht ohnen den Bundesrat beschließen. Dort dürfte dann diesem Vorstoß ein schnelles Ende bereitet werden.:wechlach:

    How can I sleep with Your voice in my head?

  • Nachdem das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 18. Senat, im Beschluss 01.06.2011, 18 E 577/11 (juris) über eine Untätigkeitsbeschwerde wegen Nichtentscheidung über PKH-Antrag zu entscheiden hatte und dort ausführt, dass es derzeit noch keine gesetzliche Grundlage gibt (…“2. Dabei kann dahinstehen, ob sie bereits unstatthaft ist, weil keine beschwerdefähige Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Sinne von § 146 Abs. 1 VwGO vorliegt und eine ohne gesetzliche Grundlage erhobene Untätigkeitsbeschwerde ungeachtet der Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland, einen Rechtsbehelf gegen überlange Gerichtsverfahren einzuführen,
    3. vgl. EGMR, Urteil vom 2. September 2010 - 46344/06 -, NJW 2010, 3355…“), dürfte wohl noch kein Gesetz ergangen sein.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • jegliche Äußerung dazu würde von meinen Seiten nur zu abneigenden Äußerungen über Intellekt und Begabung der beteiligten Personen und Parteien führen...von daher spar ich es mir und verabscheue beteiligte Personen und Parteien still vor mich hin.

  • "Der Schutz vor überlangen Verfahren wird positive Effekte für die Justiz insgesamt bringen. Wo viele berechtigte Klagen wegen der Verfahrensdauer erfolgen, werden die Verantwortlichen über Verbesserung bei Ausstattung, Geschäftsverteilung und Organisation nachdenken müssen."

    Wer's glaubt....

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Toll, was die da gestern alles gebastelt haben. Richtig dicke Bretter gebohrt.
    Euro-Rettungs-Dingens, neues und ehrlich verfassungskonformes Wahlrecht und jetzt auch noch so ein Beschleuniger.
    Dann ist ja jetzt wieder alles gut.

  • "Der Schutz vor überlangen Verfahren wird positive Effekte für die Justiz insgesamt bringen. Wo viele berechtigte Klagen wegen der Verfahrensdauer erfolgen, werden die Verantwortlichen über Verbesserung bei **** Ausstattung, Geschäftsverteilung und Organisation nachdenken müssen."

    Wer's glaubt....


    Ich hätte es passend gefunden, wenn hier: **** zusätzlich das Wort "Gesetzgebung" gestanden hätte ...

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • "Der Schutz vor überlangen Verfahren wird positive Effekte für die Justiz insgesamt bringen. Wo viele berechtigte Klagen wegen der Verfahrensdauer erfolgen, werden die Verantwortlichen über Verbesserung bei Ausstattung, Geschäftsverteilung und Organisation nachdenken müssen."

    Wer's glaubt....

    Doch, ich glaub schon dran.

    Das Ergebnis des Nachdenkens dürfte aber sein, dass es immer noch billiger ist, alles im bisherigen miserablen Zustand zu belassen. :teufel:

  • Doch, ich glaub schon dran.

    Ich auch. Wenn ich sehe, dass hier annähernd täglich noch Verfahren aus 2009 terminiert werden...

    Sicher kommt erstmal ein Streit, ab wann bei uns eine "überlange" Verfahrensdauer anzunehmen ist und dann wird es sicher Streit über die Anrechnung der Entschädigung auf SGB-Leistungen geben.

  • Doch, ich glaub schon dran.

    Ich auch. Wenn ich sehe, dass hier annähernd täglich noch Verfahren aus 2009 terminiert werden...

    Macht in etwa 2.400 Euro. Wie viel kostet die angemessene personelle Ausstattung um zu beheben, dass ein Verfahren so lange liegt? Zumal es ja nur mit der Richterstelle nicht getan ist. Außerdem kommt ja neben der Besoldung noch die Einrichtung und Ausstattung der jeweiligen Arbeitsplätze.

    Von daher...Zumal Personal ja nun auch nicht von den Bäumen fällt.

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