BGH, Beschluss vom 28. April 2011 - VZB 194/10 - zum Erwerb durch bestehende GbR

  • Mich lässt das noch nicht los:

    Auch wenn ich den Aufsatz von Herrn/Frau Reymann noch nicht kenne, ich finde die Argumentation zum § 47 GBO in Ordnung. Schlau gemacht. Aber das trifft nur den bei uns seltenen Fall, dass wir nichts von der GbR wissen, der Notar auch kein Wort zuviel über die Gesellschaft verliert, also keine Familienromane in den Kaufvertrag schreibt, und wir uns nicht an die Namen der Gesellschafter aus anderen Akten erinnern oder in unserer Beteiligtenkartei forschen, was wir aber beim Anlegen des Vorgangs eigentlich machen müssen. So bleiben wir denn mal ahnungslos und tragen ein ohne wie bisher aufgrund unserer schlechten Erfahrung einfach den Zusatz:…gegründet am… mit einzutragen. So kriegen wir viele neue GbRs in die Grundbücher, aber das hatte hier sowieso nicht nachgelassen, trotz der Umwälzungen der letzten Jahre zum Thema GbR.

    Was nehmen wir aus dieser Entscheidungsbegründung sonst noch so mit für unsere anderen GbR-Fälle:

    Wir dürfen nicht am Gesellschafterbestand zweifeln, egal ob diese in einem Grundbuch eingetragen sind oder nicht, stimmt das (RN 25, letzter Satz)? Gibt es eine Bewilligung durch mehrere Personen, die behaupten bzw. bestätigen, dass sie die alleinigen Gesellschafter sind, so haben wir sie einzutragen, bzw. nur diese Personen als verfügungsberechtigte Gesellschafter anzusehen?

    Geben diese Gesellschafter mit der Behauptung nach wie vor die einzigen zu sein, irgendwelche Erklärungen ab, bewilligen oder bevollmächtigen sie vor Grundbucheintragung, so ist das auch in Ordnung? § 177 BGB und Nachgenehmigungen vergessen wir?

    Bevollmächtigen sie bzw. ihre GbR, braucht diese Vollmacht auch nicht mehr im Zusammenhang mit einer Grundstücksverfügung zu stehen?

    Sollte es Veränderungen im Gesellschafterbestand gegeben haben durch rechtsgeschäftliche Anteilsübertragung oder eine Übertragung infolge eines Todesfalls, wie auch immer durch erbrechtliche Nachfolge oder Anwachsung…., so brauchen wir dafür wieder Unrichtigkeitsnachweise oder Bewilligungen. Aber eine Lücke in den Nachweisen dürfen wir niemals vermuten. Gibt es dennoch einen geprellten Mitgesellschafter, den alle links liegen lassen, soll der doch klagen. Wir müssen davon ausgehen, dass die Gesellschaft immer ordnungsgemäß mitteilt, dass sich Veränderungen ergeben haben? Und das immer zügig, da ja auch mal jemand gegen sie vollstrecken könnte.

    Zu RN 13: Können wir aus dem letzten Satz dieses Absatzes den Umkehrschluss ziehen, dass jede gleichbezeichnete (mediatisierte) GbR in einem anderen Grundbuch nun immer identisch ist? Oder nicht? Normalerweise behaupten die Gesellschafter bei uns immer, sie hätten nur eine GbR und diese erwerbe hinzu. Reicht uns das nun? Oder meinte der BGH jede weitere GbR mit denselben Gesellschaftern ist eine andere GbR? So ähnlich hört sich doch auch der § 899a an.

    Und wenn es denn immer verschiedene GbRs sind, entweder, weil die Beteiligten das leichtsinnigerweise behaupten oder weil wir in jedem Kaufvertrag eine neue GbR-Gründung hatten, aber leider keine unterschiedliche „Namensgebung“, haben wir dann einen Anlass? Aber wofür? Einen Nachweis zu verlangen? Wohl eher eine Nachholung der Umbenennung.

    Nachweise…..?????????? Wann, wofür und wie??????

  • Ich habe alles nochmal durchgelesen. Diese Entscheidung, ist doch irgendwie merkwürdig. Sie gilt nur für den Fall, dass diese neblige GbR erstmals eingetragen werden soll. Zur Anwendung auf alle weiteren Verfügungen habe ich Zweifel.

    Da bewilligen die Beteiligten die Eintragung einer GbR. Grundlage dafür ist eine Auflassung. Normalerweise prüfen Grundbuchrechtspfleger dann doch die Verfügungsberechtigung. Volljährigkeit, Erbnachweise, das ganze Drumherum bei Betreuern, Vollmachten oder Vertretungsberechtigung bei einer Personengesellschaft..... Und nur bei der GbR entfällt diese Prüfung komplett? Nur dort soll die Aufzählung von Gesellschaftern reichen, weil wir nur eine Angabe brauchen? Die Behauptungen der Gesellschafter müssen dann ja auch immer richtig sein. Andere als die anwesenden Personen können ja keine Mitgesellschafter sein und die sagen immer die Wahrheit.

    Ist das überhaupt mit irgendetwas vergleichbar?

  • Ich tippe mal, dass derzeit ein sehr großer Beitrag des Herrn Cromwell in Arbeit ist, in dem er die Entscheidung des BGH zerreißt. Ganz ehrlich: ich freue mich drauf.:D

    Ich bin Weinkenner. Wenn ich Wein trinke, merke ich sofort: aah, Wein. (Han Twerker)

  • Ich wage mal meinen ersten Beitrag:
    Seit vergangenen Donnerstag grübele ich über den Beschluss und bleibe immer an Randnummer 25 hängen. Bis dahin konnte ich dem Argumentation-Parcours folgen. An Hindernis 25 scheute mein intelektueller Gaul. Über diese Hürde komme ich nur, wenn ich folgendes unterstelle:
    a) Der BGH sieht sich gezwungen, von seiner Entscheidung zur Grundbuchfähigkeit abzurücken.
    b) Die GbR ist nur mit Ihren Gesellschaftern grundbuchfähig.
    c) Weil die GbR letzlich nicht selbst im Grundbuch eingetragen wird, sondern nur ihre Gesellschafter, sind Identität, Existenz und Vertretungsberechtigung nicht nachzuweisen.
    d) Der Streit zwischen den OLG´s München und Saarbrücken um die Form des Nachweises muss nicht entschieden werden, weil die GbR letztlich gar nicht eingetragen wird.

    Die teil-rechtsfähige GbR ist nur ein wenig, in jedem Fall nicht alleine grundbuchfähig. So gelesen, komme ich über das Hindernis der Rn. 25. Ich bin mir jedoch nicht sicher, ob ich am Ziel des Verständnisses bin.

  • Die Ausführungen des BGH in RN 25 lassen sich am Besten verstehen, wenn Du die Abhandlung von Reymann:

    „Nachweismediatisierung durch § 47 Abs. 2 GBO beim Grundstückserwerb durch eine GbR"

    in der ZNotP 3/2011, 84 -109 durchgelesen hast. Da Du in B.-W. tätig bist ("nicht TBB") und Bad.Württ. mit lexis-nexis einen Vertrag hat, kannst Du die Abhandlung bei lexis-nexis online abrufen.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Gut, dann eben nicht vorsichtig und indirekt sondern kurpfälzisch direkt:
    Ich verstehe Reymann, den ich selbstverständlich gelesen habe, und den BGH genau so.
    Wenn ich Prinz´ Belehrung richtig verstanden habe, beschrieb ich mit meinem allzu vorsichtigen Hinweis wohl etwas Evidentes, dessen Erwähnung überflüssig und somit inhaltlich unzulässig ist.
    Ich hatte den Eindruck, dass sich lediglich micha7981 in diese Richtung äußerte. Damit liege ich aber wohl ebenfalls falsch.

  • Großartig. Die Druckerschwärze auf dem Beschluss ist noch nicht ganz trocken, da muss er schon als Begründung für eine Beschwerde gegen meinen Zurückweisungsbeschluss hinsichtlich einer Anteilsübertragung herhalten. Wie gut, dass ich nicht Übermorgen meinen ersten Urlaubstag habe, grumpf.
    Noch heute Mittag habe ich gesagt, dass ich mit GbR sooo selten zu tun habe, dass das Thema hoffentlich halbwegs ausdiskutiert ist, bis ich in die Verlegenheit komme. So kann man sich irren :wechlach:

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Wie bekommen die die Verbindung zwischen Anteilsübertragung und diesem Beschluss hin?

    Nur damit ich ahne, auf was wir uns hier noch einstellen können ...

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Wie bekommen die die Verbindung zwischen Anteilsübertragung und diesem Beschluss hin?

    Nur damit ich ahne, auf was wir uns hier noch einstellen können ...



    Ich glaube, es wurde weiter oben schon irgendwo angedeutet: die Entscheidung wird jetzt wohl erstmal als Begründung für alles herhalten müssen, in dem das Wort GbR vorkommt.
    Vorliegend wird zwar zugestanden, dass es sich um einen anderen Fall handelt, aber ausgeführt, dass wenn der BGH im Fall einer noch einzutragenden GbR davon ausgeht, dass das Grundbuchamt von der Richtigkeit der von den Beteiligten gemachten Angaben zum Gesellschafterbestand auszugehen habe, müsse dies erst recht für eine bereits eingetragene GbR gelten.
    Ich muss da natürlich noch tiefer einsteigen, aber nach dem ersten Eindruck wird es wohl darauf hinauslaufen, dass sich das OLG Köln mit der Sache zu befassen haben wird. Wäre ja im Interesse einer sich hoffentlich eines Tages einstellenden Rechtssicherheit nicht das Schlechteste.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Ich würde jetzt vor allem nicht in Hektik verfallen, weil die Grundbuchämter die Entscheidung des BGH -wie jeder andere auch- erst zu prüfen und ggf. zu entscheiden haben, ob sie an ihrer bisherigen Verfahrensweise etwas ändern oder nicht. Es sind dabei folgende Szenarien denkbar:

    Die Vertreter der "strengen Linie" müssen überlegen, ob sie ihre bisherige Ansicht aufrecht erhalten. Dies gilt auch für alle, die bisher die Vorlage des Gesellschaftsvertrags und/oder eine eidesstattliche Versicherung verlangt haben. Die Aufrechterhaltung der bisherigen Verfahrensweise ist jedenfalls dann sinnvoll, wenn diese Verfahrensweise bereits vom zuständigen OLG gebilligt wurde, weil man sich als Grundbuchamt natürlich vergewissern sollte, ob das eigene OLG dem BGH auch tatsächlich folgt.

    Dagegen kann die bisherige Verfahrensweise von denjenigen Kollegen beibehalten werden, die schon bisher die bloße Behauptung der angeblichen Gesellschafter im notariellen Erwerbsvertrag über die angeblichen Rechts- und Vertretungsverhältnisse der GbR akzeptiert haben.

    Die Entscheidung des BGH enthält bezüglich der Identitätsfrage übrigens eine zweite "Baustelle", weil der BGH entgegen der gesamten obergerichtlichen Rechtsprechung meint, es würde auch insoweit genügen, lediglich den Gesellschafterbestand in der Erwerbsurkunde zu behaupten.

    Die dritte Baustelle ist die Vollmachtsfrage. Der BGH hat eine ausdrücklich der GbR erteilte Finanzierungsvollmacht dahin ausgelegt, dass die Vollmacht auch an die Gesellschafter persönlich erteilt sei, und zwar ungeachtet der Tatsache, dass die Gesellschafter bei der Bestellung des Finanzierungsrechts überhaupt nicht für sich persönlich (als angebliche Vollmachtnehmer), sondern ausschließlich als Vertreter der bevollmächtigten GbR gehandelt haben. Beides erscheint mir einigermaßen abwegig.

    Ein praktischer Rat:

    Man sollte sich genügend Zeit für die eigene Meinungsbildung nehmen. Der BGH hat zehn Monate gebraucht, um über die Rechtsbeschwerde zu entscheiden. Dann kann man es aber auch den Grundbuchämtern nicht verübeln, sich die erforderliche Zeit für die rechtliche Beurteilung der BGH-Entscheidung im Hinblick auf die einzuschlagende künftige Verfahrensweise zu nehmen. Einen Zeitraum von mindestens drei Monaten hielte ich insoweit ohne weiteres für angemessen, mag dies den Beteiligten (insbesondere den Notaren) gefallen oder auch nicht. In dieser Zeit liegen dann vielleicht schon die ersten literarischen Äußerungen vor.

    Nachbemerkung:

    Das OLG Köln hat sich nach meiner Kenntnis noch nicht mit den Anteilsübertragungen oder mit Anteilserbfolgen befasst. Mit der Erwerbsfrage dürfte diese Problematik auch nichts zu tun haben und nach übereinstimmender Ansicht der bisher vorliegenden OLG-Entscheidungen wird der Vollzug von Anteilsübertragungen ohnehin für möglich gehalten.



  • Die dritte Baustelle ist die Vollmachtsfrage. Der BGH hat eine ausdrücklich der GbR erteilte Finanzierungsvollmacht dahin ausgelegt, dass die Vollmacht auch an die Gesellschafter persönlich erteilt sei, und zwar ungeachtet der Tatsache, dass die Gesellschafter bei der Bestellung des Finanzierungsrechts überhaupt nicht für sich persönlich (als angebliche Vollmachtnehmer), sondern ausschließlich als Vertreter der bevollmächtigten GbR gehandelt haben. Beides erscheint mir einigermaßen abwegig.

    Hierzu BGH in DNotZ 2011, 361

    20. 1. 2011 - V ZB 266/10: Handeln aufgrund Vollmachten aller Gesellschafter einer GbR (mit AnmerkungBöttcher)

    Aus dem nicht amtlichen Leitsatz:

    Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts selbst kann keine Vollmacht erteilen. Für sie handeln die Gesellschafter.

  • Im vom BGH vom 28.04.2011 entschiedenen Fall war die GbR nicht Vollmachtgeberin, sondern Vollmachtnehmerin.

    Und wenn die GbR Vollmachtnehmerin sein kann, kann sie natürlich auch Vollmachtgeberin sein. Die diesbezüglichen Ausführungen des BGH im Beschluss vom 20.01.2011 sind somit eklatant unrichtig.

    Vgl. nur Reymann ZNotP 2011, 84, 89 (Anm. zum besseren Verständnis von mir eingeschoben):

    '"Bei Geburtsvollmachten wird diese Frage (Anm.: der "Untereinanderbevollmächtigung" der Gesellschafter) regelmäßig nicht erheblich. Denn unabhängig von der Ausgestaltung der organschaftlichen Vertretung ist es hier die GbR, die (Einzelvertretungs-)Vollmacht erteilt. Tritt die GbR aber selbst als Vollmachtgeber auf, verzichtet sie eigenmächtig auf den Schutz einer etwaigen Gesamtvertretung."

    Das die GbR als solche Vollmachtgeber sein kann, war demnach schon immer anerkannt. Die gegenteiligen Ausführungen des BGH sind somit mehr als rätselhaft.

  • Was Du geschrieben hattest, war ja nicht falsch, sondern nur das Zitierte, das vom BGH stammt.

    Bis sich herausstellt, ob die Grundbuchämter und die Oberlandesgerichte dem BGH folgen, werden die GbR's wahrscheinlich frohlocken:

    Macht hoch die Tür, die Tor macht weit
    Für nachweislose Herrlichkeit!

    Man ist fast geneigt, den BGH in sein (juristisches) Nachtgebet einzuschließen:

    Hab ich Unrecht heut getan
    Sieh es lieb' Gesetz nicht an
    Die OLG's und Grundbuch Blut
    Machen allen Schaden gut

    Hoffen wir es jedenfalls.

  • Demharter (noch vor der BGH-Entscheidung) in EWiR 2011, 277 (zum Beschluss des OLG Köln vom 13.12.2010, Az. 2 Wx 137/10):

    "Der BGH hat die Rechtspraxis mit seiner Rechtsprechung in beispielloser Weise in eine Sackgasse geführt. Aus dieser hat der unzulängliche Rettungsversuch des zu Hilfe gerufenen Gesetzgebers nicht herausgeführt. Ohne dessen erneutes Eingreifen kann ein Ausweg nur um den Preis einer Beschädigung des Grundbuchrechts gefunden werden."

  • Hallo, ich bin neu hier. Verstehe aber die ganze Aufregung nicht. Kein Mensch verlangt mehr die Zustimmung des Ehegatten wegen § 1365 BGB. Solange das GBA keine Anhaltspunkte dafür hat, dass über das Vermögen insgesamt verfügt wird, ist das unproblematisch. Warum soll das jetzt bei der GbR anders sein? Wenn die Gesellschafter weitere Sicherheit haben wollen, werden sie Sicherungsmaßnahmen selbst ergreifen müssen.

    Wenn die GbR rechtsfähig sein soll, wird man auch akzeptieren müssen, dass sie am Rechtsverkehr und damit auch in Grundbuchangelegenheiten beteiligt ist.

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