§ 18 IV RPflG und Berufsanfänger

  • Ich denke, § 18 IV RPflG macht eine klare Ansage, und finde es peinlich bis beschämend, dass die Justiz bereits bei klaren und erkannten Ansagen des Gesetzes zu überlegen beginnt, wie man das umgehen könnte. Es ist ja schon peinlich genug, was leitende Justizbeamte gelegentlich selbst alles nicht wissen und wo sie unwissentlich gegen das eine oder andere Gesetze verstoßen, auf deren Einhaltung die Justiz sonst gegenüber jedermann pocht. Überlegt bitte, was Ihr Eurem Publikum etc. bei Gesetzesverstößen zu sagen pflegt.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Ich find es echt unmöglich eine Null-Bock-Einstellung als "interne Unmöglichkeit" zu bezeichnen. Für die Rechtspfleger, die gerade von der Schule kommen, ist der Umstieg auf die Praxis ohnehin schwierig genung, vorallem im einer solchen Abteilung. Und besonders viel Hilfe kann man von den erfahrenen Kollegen dann wohl auch nicht erwarten, da diese sich ja nur sehr ungern mit dem Rechtsgebiet beschäftigen. Super, ich würde den Neulingen den Einstieg noch schwerer machen!

    Im übrigen ist der Wortlaut des § 18 IV wohl ziemlich eindeutig.

  • Erstmal vielen Dank für die vielen Antworten.

    Um mal ein Feedback zu geben.

    Die berufsanfangende Kollegin würde ein Sahnedezernat übernehmen. Keine Rückstände, PC-gestütze Schreibauftragstechnik mit einem Vordruck für jeden Verfahrensabschnitt. Tagesglatt und Verwalterkanzleien, mit denen ein freundschaftliches Verhältnis gepflegt wird.

    Ich würde ja gerne die Begründung der "internen Unmöglichkeit" lesen. Wäre dann etwa: "Wir ham kein Bock und deshalb ist uns egal, was im Gesetz steht..."

    Grund der Überlegung ist es, dem jetzigen Kollegen sein Veränderungswunsch zu ermöglichen bei gleichzeitiger Neubesetzung durch einen willigen Berufsanfänger unter "Missachtung" des § 18 IV RpflG.


    Das gilt wohl auch für die Leitung größerer Gläubigerversammlungen - wobei das bei Versteigerungen nicht anders wäre...

    Das war auch meine Überlegung. K-Sachen sind schwieriger zu händeln als Insotermine mit Berufsgläubigern.


    Der Kollege, der an diesem Gericht ab nächstem Monat Dienst tun darf, tut mir jetzt schon irgendwie leid. ...

    Wir sind ein nettes Gericht. Keine Sorge, hier wird auch die Berufsanfängerin nicht über den Leisten gezogen.


    Wir wissen zwar, dass es keinen gesetzlichen Rechtspfleger gibt. Indes wäre es für den Amtsgerichtsdirektor eine hochnotpeinliche Angelegenheit, würden sämtliche Beschlüsse des "verbotenen" Rechtspflegers anfechtbar.

    Dieses Argument finde ich nachdenkenswert. Keine Verletzung des gesetzlichen Rechtspflegers, also wäre § 18 IV RpflG zu vernachlässigen.

    Ich werde berichten, wie es ausgegangen ist.

    @ Asteroth: Wir sind 2 Insorechtspfleger mit einem Anteil von ca. 0,8 Pensen.

  • Dieses Argument finde ich nachdenkenswert. Keine Verletzung des gesetzlichen Rechtspflegers, also wäre § 18 IV RpflG zu vernachlässigen.


    Das sehe ich aber massiv anders - bei einem vorsätzlichen Verstoß gegen Verfahrensrechte der Beteiligten produziert man anfechtbare Entscheidungen und ist dafür voll regresspflichtig. § 18 Abs. 4 RpflG ist zwingendes Recht! Wollt Ihr das Recht brechen? Wegen des Versetzungswunsches eines Einzelnen? Kann der nicht noch ein Jährchen warten?
    Ich bin ziemlich fassungslos.

  • .....
    Um mal ein Feedback zu geben.

    Die berufsanfangende Kollegin würde ein Sahnedezernat übernehmen. Keine Rückstände, PC-gestütze Schreibauftragstechnik mit einem Vordruck für jeden Verfahrensabschnitt. Tagesglatt und Verwalterkanzleien, mit denen ein freundschaftliches Verhältnis gepflegt wird.

    ...

    Das sind aber alles subjektive Einschätzungen Deinerseits. Nun sind aber nicht alle Menschen kleine "Träumer71" Vielleicht hatte der Absolvent ja ausgerechnet im Insolvenzrecht einen Unterkurs, da nützt ihm oder ihr auch ein aufgeräumtes Referat nix. Ich finde es auch nicht gerade eine tolle Amtseinführung für eine Anfängerin oder Anfänger, wenn sie/er als erstes lernt, an Gesetze halten wir uns nur so lange wie es uns selbst passt :daumenrun

  • Dito !
    Und ich kann mir nicht vorstellen, dass ein ( verständiger ) Direktor sehenden Auges den angestrebten GVP der Rpfl. unterschreiben würde .

  • Wissentlich und willentlich komplett am Gesetz vorbei :gruebel: Auch ich kann 15. Meridian nur zustimmen.

    Versetzungswünsche gibt es immer und überall. Am Besten alle in eine Abteilung, der Nähe wegen. Es spricht ja nichts dagegen, dem Kollegen die Umsetzung zu ermöglichen. Aber eben nicht jetzt. Muss er noch ein Jahr in den sauren Apfel beißen. Wie viele, die aus der TAST wegwollen ... oder dem Betreuungsgericht ... oder ... oder ... oder

  • Sahne hin, Sahne her...

    Zwei Fragen sind hier m.E. noch nicht gestellt worden:

    Was genau ist die Folge eines Verstoßes gegen § 18 Abs. 4 RPflG: Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit? Die Frage stelle ich nicht etwa, um die angedachte Verfahrensweise zu beschönigen/relativieren, wenn es sich "nur" um Anfechtbarkeit handelt. Es geht mir nur darum, wie groß der Super-GAU ist, wenn das auffliegen würde.

    Was ist, wenn die berufsanfangende Kollegin das nicht mitmacht? Oder wird hier etwa darauf gesetzt, daß sie schon schweigen wird als Jüngste/Neueste und es sich auch mit niemandem verscherzen wollen wird?

  • Zwei Fragen sind hier m.E. noch nicht gestellt worden:

    Was genau ist die Folge eines Verstoßes gegen § 18 Abs. 4 RPflG: Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit? Die Frage stelle ich nicht etwa, um die angedachte Verfahrensweise zu beschönigen/relativieren, wenn es sich "nur" um Anfechtbarkeit handelt. Es geht mir nur darum, wie groß der Super-GAU ist, wenn das auffliegen würde.

    Was ist, wenn die berufsanfangende Kollegin das nicht mitmacht? Oder wird hier etwa darauf gesetzt, daß sie schon schweigen wird als Jüngste/Neueste und es sich auch mit niemandem verscherzen wollen wird?


    Dass meiner Meinung nach das Handeln des kraft Gesetzes inkomptetenten Rechtspflegers nicht nichtig, sondern nur anfechtbar ist, hatte ich m.E. schon geschrieben.
    Wenn ein Berufsanfänger mit solchen linken Maschen konfrontiert wird, kann man nur hoffen, dass er sich beizeiten zur Wehr setzt.
    Ich hätte vielleicht Verständnis für die Absichten, widerrechtlich einen Berufsanfänger einzusetzen, wenn es um eine wirkliche Notsituation gegangen wäre. Andererseits - wenn ein Berufsanfänger nicht einmal als ersuchter Richter in Familien- oder Betreuungssachen tätig werden darf, auch nicht vertretungshalber oder irgendwie, dann wäre nicht einmal dann ein Grund für ein "Ein-Auge-Zudrücken" gegeben.

  • Auf Grund des eindeutigen Gesetzeswortlauts finde ich es unglaublich , das überhaupt in Erwägung zu ziehen. Der arme Neue der den Tisch dann nicht mehr tagesglatt hat oder vllt mit einem Berufsverwalter nicht klar kommt

    Geht gar nicht :daumenrun:daumenrun:daumenrun

    gruß

    wulfgerd

  • Will sagen, ist die Vorschrift zwingend JA oder im konkreten begründeten Einzelfall abänderbar NEIN?

    ...


    Sag ich doch.

    Er darf nicht. Ende.

    Damit ist alles gesagt. Weiteres "Rumgerede" bringt nichts. Die Kolleg(inn)en müssen halt ein Jahr warten, bis sie ihrem Neuzugang das Sahnereferat aufdrücken können.

    Ich hab's i. Ü. selbst erlebt, dass man manchmal Referate oder Arbeitsgebiete beackern muss, die einem nicht so ganz passen, sehe es aber als persönlichen Zugewinn. Man weiß dann, wovon man spricht, wenn es das nächste Mal um die Geschäftsverteilung geht ...

  • ... zumal man, wenn man sich in eines dieser ungeliebten Dezernate eingearbeitet hat, eine Routine erarbeitet hat und sogar Spass daran finden kann.
    :cool:
    Ich spreche aus eigener Erfahrung, wobei mir die Wahl gelassen wurde, ob ich dem neuen Kollegen nach meiner Rückkehr in den Beruf das gerade angelernte Dezernat wieder wegnehmen will oder ob ich meine Flexibilität einsetze und Butter bei die Fische gebe.

    Ich mache keine Fehler ... ich erschaffe kleine Katastrophen.

  • Ich kann den Kollegen verstehen, der mal ein anderes Dezernat haben möchte. Aber an der Behörde wird es sicherlich noch andere Kollegen geben, die länger als ein Jahr dabei sind. Und wenn das Dezernat so toll ist, warum nehem die anderen Kollegen das Aufgabengebiet nicht mit Kusshand?

    Die Regelung des § 18 IV RPflG finde ich gar nicht schlecht. Sie sollte nur auch auf andere Aufgabengebiete ausgeweitet werden, wie Zwangsversteigerungssachen, Handelsregister und Betreuungssachen.

    Für manche Aufgabengebiete braucht man eben Lebenserfahrung und auch ein bestimmtes Durchsetzungsvermögen und das ist m. E. frisch nach der Ausbildung noch nicht da.
    Und bei einigen Mitbürgern ist das Vorurteil da, wenn ein Berufsanfänger vor einem sitzt, dass der keine Ahnung haben kann.

    Außerdem ist man als Berufsanfänger vielfach noch unsicher. Und dann in eine Gläubigerversammlung geworfen zu werden oder einen Zwangsversteigerungstermin abhalten zu müssen, stelle ich mir für alle Beteiligten Horror vor. Da nützt es auch nichts, wenn andere Kollegen Fragen beantworten.
    Das Auftreten in der Öffentlichkeit muss stimmen und das muss man auch erstmal lernen.

    Da ich Aufstiegsbeamtin bin, war ich ca. 10 Jahre Älter als meine Mitstudenten. Ich habe nach meinem Studium das Gericht gewechselt. In den ersten Jahren in meinem jetzgigen Gericht bin ich trotzdem öfters gefragt worden, ob ich vorher woanders gearbeitet hätte oder ob ich neu im Geschäft wäre.
    Ein leichtes Mißtrauen in meine Fähigkeiten habe ich dann immer heraus gehört.
    Ich habe dann immer gesagt, dass ich vorher beim AG X gearbeitet hätte und mich nun an meinem Wohnort hätte versetzten lassen können und schon war eine ganz andere Komunikationsebene vorhanden. (Aufgrund meines Alters hätte das ja sein können.) Aber ein 23järiger Kollege wird immer als Berufsanfänger aussehen.

  • Frag mal eine 23jährige Kollegin ... die werden gelegentlich mit ihrer eigenen (nicht vorhandenen) Vorzimmerdame verwechselt ... ("Äh ... ich wollte eigentlich zum Sachbearbeiter ..."). Wobei das Problem nicht rechtspflegerspezifisch ist. Auch einer älteren Lehrerin traut man sofort mehr zu als ihrer 30 Jahre jüngeren Kollegin, wie ich gestern bei Schulbeginn hören durfte.

    Irgendwo muss man letztlich immer anfangen. Auch in Grundbuchsachen kommen unangenehme Situationen vor, z. B. mit unangenehm werdenden Anwälten oder Notaren, die einen gelegentlich bis an die Grenze des guten Anstands unter Druck setzen ("kündigen bereits heute die Geltendmachung des entstehenden Schadens an ..."). Ebenso Nachlass, Familie, RAST usw. usf. Die Regelung des § 18 IV mag man gut oder ungut oder vollkommen oder unvollkommen halten - sie ist halt nun mal da. Es steht der Justiz gut an, sich selbst an die bestehenden Gesetze zu halten, wie sie es von allen anderen auch einfordert. Eine Änderung des § 18 IV RPflG - in welche Richtung auch immer - ist Sache des Gesetzgebers.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Für manche Aufgabengebiete braucht man eben Lebenserfahrung und auch ein bestimmtes Durchsetzungsvermögen und das ist m. E. frisch nach der Ausbildung noch nicht da.

    Lebenserfahrung ist in jeder Abteilung von Vorteil.

    Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich von der Vorschrift nichts halte. In welcher Abteilung soll man denn arbeiten, damit man nach einem Jahr rechtlich und menschlich fit für die Inso ist? In der RAST? Da hilft Menschenkenntnis / Lebenserfahrung / Fingerspitzengefühl oft mehr als juristisches Detailwissen.

    Ich würde nichts davon halten, wenn man einen Berufsanfänger in so eine Abteilung steckt und er dann dort Einzelkämpfer ist. So ging es mir. Frisch vom Studium und rein in KO / GesO. Und dann alleine, kein Kollege, den man fragen kann. Die Kollegen kamen dann die Jahre danach - und waren Berufsanfänger wie ich selbst. War eine anstrengende und schwierige, aber auch sehr schöne Zeit.
    Dennoch wünsche ich es keinem Kollegen, dort alleine durch zu müssen. Aber die Vorschrift ist Quark - da bliebe sonst außer Mahngericht und Verwaltung :teufel: nicht viel übrig ...

  • Ich habe mich gerade gefragt, wie sich das eigentlich in der Personalakte des Neulings macht: "im ersten Jahr arbeitete er (sie) in der Insoabteilung". Da fliegt doch die ganze Sache dann auch dem OLG gegenüber auf, und ist für die gesamte berufliche Laufbahn des jungen Kollegen festgezurrt.

    OT Andreas: Habe ich auch schon anders vernommen. Da haben sich die Eltern der Erstklässler beschwert, dass an der Schule ja fast nur alte Lehrer sind. Die seien doch alle über 30.

  • Sahne hin, Sahne her...

    Zwei Fragen sind hier m.E. noch nicht gestellt worden:

    Was genau ist die Folge eines Verstoßes gegen § 18 Abs. 4 RPflG: Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit? Die Frage stelle ich nicht etwa, um die angedachte Verfahrensweise zu beschönigen/relativieren, wenn es sich "nur" um Anfechtbarkeit handelt. Es geht mir nur darum, wie groß der Super-GAU ist, wenn das auffliegen würde.

    Was ist, wenn die berufsanfangende Kollegin das nicht mitmacht? Oder wird hier etwa darauf gesetzt, daß sie schon schweigen wird als Jüngste/Neueste und es sich auch mit niemandem verscherzen wollen wird?


    Eine schon, siehe #13. Nur geantwortet hat keiner. :nixweiss:

  • Es gibt m. E. ohnehin bereits ziemlich wenig gute Gründe dafür, dass ältere Kollegen über andere Dienstgrade erheblich mehr Geld für identische Verantwortungen erhalten.
    Ich finde es deswegen absolut zumutbar, wenn man für das Mehr an Geld zur Not ein Jahr in den sauren Apfel beißt.
    Wenn ich gelegentlich höre, dass sich einzelne manierierte Kollegen z. B. per Attest gegen ein Pensum mit muffigen Akten erfolgreich wehren dürfen, dann könnt ich echt kotzen. Aber so ist der öffentliche Dienst manchmal halt. Wer sich engagiert und die Drecksarbeit macht, wird bestraft. Wie bei den Paralympics. Dabei sein ist alles und dafür wird noch tosender Applaus verlangt.

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