Prüfung der Wirksamkeit der Ausschlagung bei Einrichtung einer Nachlasspflegschaft

  • :gruebel::gruebel::gruebel: Ich sehe das mit der Prüfung der Wirksamkeit der Erbausschlagung vor Einleitung einer Nachlasspflegschaft etwas anders.

    Erst im Erbscheinsverfahren - oder in Zivilprozessen, falls er durch einen Gläubiger in Haftung genommen wird - wird die Frage der Wirksamkeit einer Erbausschlagung rechtsverbindlich geprüft.
    Es ist dann ja sogar die absurde Lösung denkbar, dass das Ergebnis eines Zivilrichters anders aussieht als das, zu dem man im Erbscheinsverfahren gelangt!

    Wenn der Erbe seine Ausschlagung erklärt hat oder sogar die Versäumung der Frist angefochten hat, dann wird er davon ausgehen, dass er nicht Erbe geworden ist.
    Wenn also der - möglicherweise aufgrund unwirksamer Erbausschlagung - mutmaßliche Erbe sich nicht als Erbe betätigt, dann besteht für mich zumindest berechtigter Zweifel an der Gewissheit der Erbschaftsannahme und damit ist - neben dem Sicherungsbedürfnis - die Voraussetzung zur Anordnung einer Nachlasspflegschaft gegeben!

  • :gruebel::gruebel::gruebel: Ich sehe das mit der Prüfung der Wirksamkeit der Erbausschlagung vor Einleitung einer Nachlasspflegschaft etwas anders.

    Erst im Erbscheinsverfahren - oder in Zivilprozessen, falls er durch einen Gläubiger in Haftung genommen wird - wird die Frage der Wirksamkeit einer Erbausschlagung rechtsverbindlich geprüft.
    Es ist dann ja sogar die absurde Lösung denkbar, dass das Ergebnis eines Zivilrichters anders aussieht als das, zu dem man im Erbscheinsverfahren gelangt!

    Ja und? Das ist doch nicht ungewöhnlich. Ich kann auch im Erbscheinsverfahren zu nem anderen Ergebnis kommen als bei einer Erbenfeststellungsklage. Im Rahmen der Einrichtung einer Nachlasspflegschaft habe ich meiner Meinung nach natürlich zu prüfen ob Erben vorhanden sind und in dem Rahmen daher auch die Wirksamkeit von Ausschlagungen zu werten.

  • :gruebel::gruebel: Ich sehe das mit der Prüfung der Wirksamkeit der Erbausschlagung vor Einleitung einer Nachlasspflegschaft etwas anders.

    Erst im Erbscheinsverfahren - oder in Zivilprozessen, falls er durch einen Gläubiger in Haftung genommen wird - wird die Frage der Wirksamkeit einer Erbausschlagung rechtsverbindlich geprüft.

    Ach Leute...das ist doch kalter Kaffee....und total falsch noch dazu....auch wenn es so verkürzt in Kommentaren steht.

    Zum 1.000.000sten Mal: Die Wirksamkeit einer Ausschlagung wird grundsätzlich durch das Nachlassgericht (das Zivilgericht interessiert uns nicht!) erst im Erbscheinsverfahren geprüft.
    Jedoch: Ist infolge von Ausschlagungen evtl. ein weiteres Handeln des Nachlassgerichts (z.B. die Bekanntgabe von letztwilligen Verfügungen an weiter entfernte Erben) oder aber eine Nachlasssicherung im Sinne von § 1960 BGB erforderlich, hat das Nachlassgericht SELBSTVERSTÄNDLICH SOFORT (und ohne Erbscheinsantrag!) die Wirksamkeit zu prüfen um im Anschluss daran ggf. ein weiteres dementsprechendes nachlassgerichtliches Handeln folgen zu lassen.

    Um es dir deutlich zu machen, was deine Rechtsauffassung bedeuten würde:

    Nehmen wir an, der alleinige Erbe schlägt die Erbschaft aus. Es gibt umfangreiche Nachlassaktiva und sogar einen Antrag eines Gläubigers nach § 1961 BGB. Wenn das was du sagst richtig wäre, dann könntest du ohne einen Erbscheinsantrag (von wem überhaupt, wenn die Erben unbekannt sind?) keine Nachlasspflegschaft anordnen, weil du ja die Wirksamkeit der Ausschlagung erst im Erbscheinsverfahren prüfen willst.

    Und du könntest einen Erbschein im Testamentsfall generell immer erst dann erteilen, wenn ein Zivilgericht rechtskräftig über die Erbfolge entschieden hätte, denn es besteht sonst immer die Möglichkeit, dass das Zivilgericht die Vfg. anders auslegt als du.

    Dass das nicht richtig sein kann, dürfte offensichtlich sein.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • TL, hast du meinen Post zuende gelesen?
    Dann hättest du gesehen, dass ich eben nicht auf diese Prüfung warte ... sondern stattdessen eine Pflegschaft anordne, wenn ich sehe, dass der ausschlagende Erbe sich auf seine Ausschlagung beruft und nicht tätig wird.

  • Ich habe es schon gelesen. In einer Matheklausur würde jedoch stehen: Ergebnis richtig; Rechenweg falsch.

    Du entscheidest als Nachlassgericht bereits rechtsmittelfähig über die Ausschlagung, wenn du durch begründeten Beschluss eine Nachlasspflegschaft anordnest oder (wenn diese über § 1961 BGB beantragt wurde) ablehnst. Das ist die Entscheidung über die Wirksamkeit der Ausschlagung.

    Es gibt keinen gesonderten Beschluss des Nachlassgerichts, in dem über die Wirksamkeit einer Ausschlagung entschieden wird. Niemals....und dass diese quasi Entscheidung regelmäßig die Entscheidung über den Erbscheinsantrag ist, führte zu der in der Kommentierung aufgeführten verkürzten Darstellung, dass über eine Ausschlagung (oder Anfechtung) erst im Erbscheinsverfahren entschieden wird....eben durch die Erteilung des Erbscheins oder die Zurückweisung des Antrages. Dass es daneben aber auch noch andere nachlassgerichtliche Verfahren gibt, bei denen ebenso (nebenbei) über die Wirksamkeit der Ausschlagung entschieden wird, hat man vergessen zu erwähnen.

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  • [quote='TL','RE: Prüfung der Wirksamkeit der Ausschlagung bei Einrichtung einer Nachlasspflegschaft habe es schon gelesen. In einer Matheklausur würde jedoch stehen: Ergebnis richtig; Rechenweg falsch.

    Du entscheidest als Nachlassgericht bereits rechtsmittelfähig über die Ausschlagung, wenn du durch begründeten Beschluss eine Nachlasspflegschaft anordnest oder (wenn diese über § 1961 BGB beantragt wurde) ablehnst. Das ist die Entscheidung über die Wirksamkeit der Ausschlagung.
    [QUOTE]

    Nein, denn eine wirksame Erbausschlagung ist nicht Voraussetzung für die Anordnung der Pflegschaft! Ausreichend ist die Ungewissheit. siehe Kommtierung im Palandt Rn 6 zu § 1960 BGB.


  • Nein, denn eine wirksame Erbausschlagung ist nicht Voraussetzung für die Anordnung der Pflegschaft! Ausreichend ist die Ungewissheit. siehe Kommtierung im Palandt Rn 6 zu § 1960 BGB.

    Leider verstehst du da offenbar etwas gewaltig falsch oder bringst hier verschiedene Dinge durcheinander.

    Die Voraussetzung für die Anordnung der NLP ist entweder, dass die Erben unbekannt sind, oder dass die Annahme ungewiss ist. Richtig, denn das steht so sogar im Gesetz.

    Die Annahme ist aber regelmäßig dann ungewiss, wenn die Ausschlagungsfrist noch läuft oder man nicht sicher sagen kann, ob diese überhaupt in Gang gesetzt wurde.

    Die Annahme ist aber dann regelmäßig nicht mehr ungewiss, wenn dem Nachlassgericht eine Ausschlagungserklärung vorliegt und die Prüfung dieser Erklärung ergibt, dass die Ausschlagung wirksam erfolgte.

    Oder anders gesagt: Es ist doch nicht die Tatsache alleine, dass eine Ausschlagung in der Akte liegt, die dich dazu bewegt, die NLP anzuordnen. Vielmehr (und so würde man das im Bestellungsbeschluss auch begründen), hast du dir als NLG die Ausschlagung doch angesehen und festgestellt, dass diese wirksam ist und dann die NLP wegen unbekannten Erben angeordnet.

    Du ordnest doch nicht regelmäßig in solchen Fällen mit der Begründung die NLP an, dass es unklar ist, ob die Ausschlagung wirksam ist...oder doch? Das wäre dann wohl falsch, denn wenn du von vorne herein siehst, dass die Ausschlagung z.B. wegen Formmängeln unwirksam oder verspätet ist, dann würdest du doch nicht einen Pfleger bestellen nur weil eine Ausschlagung zur Akte gereicht wurde. Verstehst du, was ich meine? Du prüfst doch, ob die die vorliegende Ausschlagung dazu führt, dass die Erben unbekannt sind oder eben nicht und dementsprechend ist ein NLP zu bestellen oder nicht.

    Ohne wirksame Erbausschlagung ist der Erbe nicht unbekannt und dann gibt es auch keinen Pfleger. Genau das musst du prüfen, bevor du einen Pfleger bestellst und kannst im Normalfall doch nicht sagen, dass du einen Pfleger bestellst, weil vielleicht die Ausschlagung wirksam ist, oder nicht. Es mag Fälle geben (wenn es z.B. Streit über die wirksame Ausschlagung gibt), in denen man dann einen Pfleger bestellt, aber in allen anderen Fällen hat das NLG die Wirksamkeit der Ausschlagung zu prüfen und dann dementsprechend erst einen Pfleger zu bestellen oder eben nicht.

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  • Wäre denn evtl. einer der lieben Kollegen hier mal bereit, in die Diskussion einzusteigen und mich bitte nicht alleine "kämpfen" zu lassen?

    Ich fühle mich so einsam, wenn ich die für mich offensichtlich völlig richtige Position vertrete und keiner was dazu sagt. Das Forum lebt vom Mitmachen und da ist manchmal schon ein einfaches "*zustimm*" hilfreich.....

    Danke!

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  • Ich fühle mich so einsam

    Du bist nicht allein...

    Ich bin sicher, das Thema ist hier auch schon gelegentlich diskutiert worden, vielleicht können die früheren Threads Cidane überzeugen.


    Siehe hier #10 + #11:

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ng+ausschlagung

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  • Bei der Anordnung einer NLP prüfe ich nicht bis zur letzten Konsequenz, ob die EAS tatsächlich wirklich wirksam ist.
    Klar gucke ich drüber und wenn offensichtlich ist, dass sie verspätet oder formunwirksam ist, werde ich so schnell keine NLP anordnen.
    Es gibt aber auch kompliziertere Fälle mit Genehmigungen, Vertretungsbefugnis etc. Das würde ich wirklich erst dann bis zum Schluss prüfen, wenn mir ein ESA vorliegt.

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • Beispiel:

    Eltern eines nichtehelichen Kindes schlagen für das mdj. Kind aus und geben an, dass sie das gemeinsame Sorgerecht haben. Das nehme ich so hin und lasse es mir nicht nachweisen.
    Ich weise lediglich darauf hin, dass die Ausschlagung nicht wirksam ist, falls doch keine Sorgerechtserklärung beurkundet wurde.
    Da würde ich mir bei der Prüfung, ob ich NLP anordne, keine Sorgerechtserklärung vorlegen lassen. Kann also gar nicht 100% wissen, ob die EAS für das mdj. Kind wirksam ist.

    Wenn mir dann jedoch ein ESA vorliegt zum Bsp. vom Gläubiger (zwei Mal passiert in meinen 15 NL-Jahren), dann lasse ich mir das sehr wohl noch nachweisen, um die Wirksamkeit konsequent prüfen zu können.

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • Wie kann ich bei einer Ausschlagungserklärung sicher sein, dass sie unwirksam ist? Bei den "weichen" Komponenten "Kenntnis vom Erbfall" und "Kenntnis des Rechtsgrundes" und dann der Formulierung "Ausschlagung aus jedem Rechtsgrund".

    Im Zweifel muss ich von der Wirksamkeit der Ausschlagung ausgehen u d somit ist der Weg zur Nachlasspflegschaft frei.

    Dasselbe gilt m.E. bei der Anfechtung der Annahme bzw. bei der Anfechtung der Ausschlagungserklärung.

  • Ob der Erbe unbekannt oder lediglich ungewiss ist, ob der bekannte Erbe die Erbschaft angenommen hat, macht im Hinblick auf die in § 1960 Abs. 1 S. 2 BGB erfolgte Gleichstellung beider Sachverhalte für die Anordnung einer Nachlasspflegschaft keinen Unterschied.[1] Von einer Ungewissheit der Erbschaftsannahme durch den bekannten Erben ist insbesondere auszugehen,

    ● wenn der Erbprätendent die Erbschaft zwar ausgeschlagen hat, aber rechtliche Ungewissheit über den Lauf der Ausschlagungsfrist und die Rechtzeitigkeit der Erbausschlagung besteht,
    ● wenn Ungewissheit über die Rechtzeitigkeit oder die Begründetheit einer vom Erbprätendenten erklärten Anfechtung der Erbschaftsannahme oder der Versäumung der Ausschlagungsfrist,[2] der Erbausschlagung oder der Versäumung der Anfechtungsfrist besteht, oder
    ● wenn ungewiss ist, ob im Hinblick auf den Nachlass vorgenommene Handlungen des vorläufigen Erben lediglich als Sicherungsmaßnahme (§ 1959 BGB) oder schon als Erbschaftsannahme zu werten sind, so dass eine zeitlich nach diesen Handlungen erklärte Erbausschlagung ggf. ins Leere läuft.

    In all diesen Fällen ist bis zur Klärung der genannten rechtlichen Fragen ungewiss, ob der bekannte Erbe die Erbschaft angenommen hat. Es hängt von den Umständen des Einzelfalls und dem in Betracht kommenden Personenkreis der Erbprätendenten ab, ob diese Ungewissheit zur Anordnung einer Pflegschaft für den gesamten Nachlass oder nur zur Anordnung einer Erbteilspflegschaft führt. Ungeachtet dessen sind Nachlasspflegschaften bei diesen Fallgestaltungen eher selten, weil die genannten Rechtsfragen in der Regel relativ rasch in einem Erbscheinsverfahren abschließend geklärt werden können, weil keine eilbedürfigen Maßnahmen der Nachlassverwaltung anstehen oder weil wegen des Vorhandenseins anderer Erbprätendenten, welche die Erbschaft zweifelsfrei angenommen haben, kein Sicherungsbedürfnis im Hinblick auf den Nachlass besteht.


    [1] Die Fallgestaltungen, bei welchen der bekannte Erbe die Erbschaft (zweifelsfrei) noch nicht angenommen hat, werden bereits von § 1960 Abs. 1 S. 2 BGB erfasst.
    [2] BGH FamRZ 2011, 1292 = WM 2011, 1340.

    Wenn die Wirksamkeit der Erbausschlagung inzident als Vorfrage für eine anderweitige Entscheidung des Nachlassgerichts von Bedeutung ist, dann ist die Wirksamkeit der Ausschlagung selbstverständlich zu prüfen.

    Gibt sogar eine Fundstelle dafür: Bestelmeyer Rpfleger 2010, 635, 637, Fn. 14:

    "Dies schließt aber natürlich nicht aus, dass die Wirksamkeit einer Erbausschlagung bei anderen nachlassgerichtlichen Verrichtungen als Vorfrage zu prüfen ist, etwa wenn es im Anwendungsbereich des § 1960 BGB darum geht, ob die Erben als "unbekannt" anzusehen sind."

  • Wie kann ich bei einer Ausschlagungserklärung sicher sein, dass sie unwirksam ist? Bei den "weichen" Komponenten "Kenntnis vom Erbfall" und "Kenntnis des Rechtsgrundes" und dann der Formulierung "Ausschlagung aus jedem Rechtsgrund".

    Hier gehört es ganz einfach zum diskutierten Sachverhalt (s. #10). Ich kann spontan einen Praxisfall nennen, in dem es offensichtlich war. Die betreffende Person hat nach Erhalt der Benachrichtigung mit der zuständigen Rechtspflegerin telefoniert, sich die Sache erklären lassen und einen Termin für die Ausschlagung vereinbart. Diesen hat sie nicht eingehalten, als sie tatsächlich die Ausschlagung erklärt hat, waren Monate vergangen.

    Im Zweifel muss ich von der Wirksamkeit der Ausschlagung ausgehen u d somit ist der Weg zur Nachlasspflegschaft frei.

    Richtig, aber manchmal bestehen einfach keine Zweifel.

    Dasselbe gilt m.E. bei der Anfechtung der Annahme bzw. bei der Anfechtung der Ausschlagungserklärung.

    Für eine Anfechtung braucht es einen Grund. Und wenn der vorgetragene Anfechtungsgrund eben nicht geeignet ist, muss ich nicht von der Wirksamkeit ausgehen.

  • Kalter Kaffee ist gut. Ich muss euch beiden zustimmen.

    Fakt ist: Wenn ein Sicherungsbedürfnis gegeben ist und Ausschlagungserklärungen vorliegen, prüfe ich, ob die Ausschlagungserklärung nach Aktenlage form- und fristgerecht vorliegt. Eine weitere Prüfung ist ohne Weiteres oft nicht möglich, es müsste tiefer eingestiegen werden. Als Beispiel dient unter anderem die Kenntnis vom Anfall der Erbschaft und dem Grund der Berufung. Was da (zunächst) geschummelt werden kann...

    Schon deshalb ist in diesem Stadium nur eine äußerst zurückhaltende, summarische Prüfung der Ausschlagungserklärungen möglich. Von rechtsverbindlich würde ich eher nicht sprechen wollen.

    Ergo ordne ich Nachlasspflegschaft an. Denn Rechtsunsicherheit, wie Cromwell bereits erwähnt hat, besteht ja so oder so (Erbschaftsannahme ungewiss). Die Voraussetzungen für die Anordnung der Nachlasspflegschaft liegen meiner Meinung nach im Zweifel vor.

  • Guten Morgen, ich möchte meine Konstellation hier mal ranhängen...... und wäre für Hinweise maga dankbar :-))
    Meine Erblasserin ist beerbt worden von ihrem Ehemann und ihrem Sohn, Erbschein aufgrund gesetzlicher Erbfolge ist erteilt.
    Der Ehemann ist 8 Wochen nach seiner Frau nachverstorben, dessen Alleinerbe ist sein Sohn ( der nicht Sohn der vorverstorbenen Ehefrau ist), ein diebezüglicher Erbschein ist gleichfalls erteilt.
    Der Alleinerbe des nachverstorbenen Ehemannes versucht, die Erbschaftsannahme des nachverstorbenen Ehemannes zum Nachlass seiner Frau anzufechten, die Beschwerde gegen den Zurückweisungsbeschluss liegt der Instanz zur Entscheidung vor. Anfechtungsgrund sei eine Überschuldung des Nachlasses der Ehefrau, die dem Erben des nachverstorbenen Ehemannes erst jetzt (42 Monate nach dem Tod der Ehefrau ) bekannt geworden ist. So weit so gut.
    Nun wird für den Erbanteil des nachvestorbenen Ehemannes NL Pflegschaft zum Nachlass der Ehefrau beantragt mit dem Hinweis, dass ungewiß ist, ob der Ehemann Erbe ist (bzw. bleibt). Der Erbeserbe muss einen Antrag auf NL Insolvenz zum Nachlass der Ehefrau stellen und die Erbenstellung des antragsberechtigten Miterben und Ehemann sei ungewiß, da noch nicht klar sei, wie die Instanz die Beschwerde entscheiden wird.
    So weit, so gut.....
    Zitiert wird die BGH Entscheidung vom 19.05.2011 in der es heißt, dass nicht antragsberechtigt ist, wer die Versäumnis der Ausschlagungsfrist angefochten hat und noch nicht klar ist , ob diese Anfechtung wirksam ist.
    Hier habe ich aber einen Erbschein, der den Erben ausweist, auch wenn nicht klar ist, ob er Erbe bleibt...... Nach Antrag und ggf Eröffnung bleibt der Eröffnungsbeschluss doch wirksam, auch wenn der Antragsteller nach Eröffnung wegfällt... somit wäre die Sicherung des Nachlasses gegeben......oder ist das zu einfach gedacht....
    ich sehe das Anordnungsbedürfnis zur begehrte NL Pflegschaft mit dieser Begründung nicht...:-(

  • Nach erfolgter Erbscheinserteilung spricht bereits die gesetzliche Vermutung des § 2365 BGB für ein Bekanntsein der Erben.[1] Diese Vermutung kommt aber mit der Einziehung des Erbscheins in Wegfall, so dass der Erbe wieder als "unbekannt" angesehen werden und je nach Sachlage auch schon vor der Einziehung des Erbscheins die Anordnung einer Nachlasspflegschaft angezeigt sein kann.[2]


    [1] BayObLG FamRZ 2003, 561 = NJW-RR 2002, 1518. Es erscheint allerdings zweifelhaft, ob dies auch (noch) gilt, wenn nach erfolgter Erbscheinserteilung eine Zivilklage mit dem Ziel erhoben wurde, eine andere als die im Erbschein ausgewiesene Erbfolge feststellen zu lassen (Bestelmeyer Rpfleger 2004, 604, 612).
    [2] BayObLGZ 1960, 407; BayObLGZ 1962, 307.

    Gleichwohl ist die Frage, ob der Erbe (hier: eines Erbteils) "unbekannt" oder die Erbschaftsannahme ungewiss ist, stets aus der Sicht des Nachlassgerichts zu beurteilen, so dass die Anordnung einer Erbteilspflegschaft wohl nicht in Betracht kommt, wenn das Nachlassgericht bereits ablehnend über die Anregung auf Einziehung des erteilten Erbscheins entschieden hat.

  • Hallo Cromwell, vielen Dank für deinen Hinweis.
    Ich gehe auch davon aus, dass der Erbe bei Vorlage eines Erbscheins bekannt und damit in der Lage versetzt ist, das begehrte Nachlassinsolvenzverfahren zu beantragen, auch wenn eventuell später in der Rechtsmittelinstanz entschieden werden sollte, dass die Anfechtung durchgreift und der Erbschein unrichtig und einzuziehen ist, somit die Voraussetzungen für die AO der NLP nicht vorliegen.
    Na mal sehen, ob gegen den ablehnenden Beschluss RM eingelegt wird...

  • Möchte hier noch kurz über den Ausgang des Ursprungsfalls berichten.
    Die Tochter hat inzwischen nach beiden Elternteilen Erbscheine beantragt und erhalten.
    Nachlasspflegschaften waren daher nicht mehr einzurichten.

    Nunmehr habe ich allerdings folgenden Fall, in dem im Hinblick auf die mögliche Einrichtung einer Nachlasspflegschaft wieder die Wirksamkeit von Erbausschlagungserklärungen zu prüfen ist.

    Der Erblasser stirbt im Sommer 2016.
    Zuerst schlagen sein Sohn und seine Eltern die Erbschaft nach dem Erblasser fristgerecht aus.
    Sodann fällt die Erbschaft an seine drei Brüder.
    Der erste Bruder schlägt die Erbschaft für sich und, zusammen mit seiner Ehefrau, für seine minderjährigen Kinder fristgerecht aus.
    Der zweite Bruder und zwei seiner drei Kinder schlagen die Erbschaft ebenfalls fristgerecht aus.
    Das dritte Kind C dieses Bruders wird durch das hiesige Schreiben vom 06.01.2017 vom Anfall der Erbschaft sowie von der Form und der Frist einer Erbausschlagungserklärung unterrichtet.
    Dieses Schreiben ging am 08.01.2017 bei C ein, so dass C eine fristgerechte Erbausschlagungserklärung bis zum 20.02.2017 abgeben konnte.
    C hat sich daraufhin am 06.02.2017 an das für seinen Wohnsitz zuständige Notariat -Nachlassgericht- in Baden-Württemberg gewandt, wo man mit ihm einen Beurkundungstermin für den 16.02.2017 vereinbart hat.
    Dieser Beurkundungstermin ist laut Urkunde vom 13.04.2017 durch das zuständige Notariat abgesagt worden.
    C hat daraufhin mehrmals versucht, das zuständige Notariat telefonisch zu erreichen.
    Erst am 13.04.2017 ist sodann von dem zuständigen Notariat eine Erbausschlagungserklärung beurkundet worden, in der neben der Erbausschlagungserklärung und der vorgenannten Sachverhaltsschilderung lediglich noch der Satz "Hilfsweise fechte ich ein eventuelles Versäumung der Ausschlagungsfrist und eine damit verbundene Annahme an" enthalten ist.

    Da hier kein Fall des Stillstands der Rechtspflege vorgelegen haben dürfte, ist diese Anfechtung der Annahme der Erbschaft meines Erachtens nach unwirksam, oder sehe ich das etwa falsch?

    Aber die Sache geht ja noch weiter...

    Der dritte Bruder D des Erblassers ist durch das hiesige Schreiben vom 08.11.2016, welches er am 25.11.2016 erhalten hat, vom Anfall der Erbschaft sowie von der Form und der Frist einer Erbausschlagungserklärung unterrichtet worden, so dass D eine fristgerechte Erbausschlagungserklärung bis zum 06.01.2017 abgeben konnte.
    Er hat allerdings erst am 16.03.2017 zu Protokoll des Amtsgerichts seines Wohnsitzes in S (Nordrhein-Westfalen) eine Erbausschlagungserklärung abgegeben und die Annahme der Erbschaft mit der Begründung angefochten, dass er sich bereits am 30.11.2016 an das Amtsgericht S gewandt habe und dort einen "Anmeldezettel" für einen Termin zur Erbausschlagung erhalten habe.
    Aufgrund dieser Anmeldung habe das Amtsgericht S ihn mit Schreiben vom 02.12.2016 per einfacher Post zu einem Beurkundungstermin auf den 09.12.2016 geladen.
    Dieses Schreiben habe er nie erhalten.
    Außerdem habe er sich in der Zeit vom 07.12.2016 bis zum 16.12.2016 sowie in der Zeit vom 26.12.2016 bis zum 03.01.2017 in einer Klinik in S sowie in der Zeit vom 04.01.2017 bis zum 04.02.2017 in einer Klinik in B (Niedersachsen) befunden und sei nicht in der Lage gewesen, seine Angelegenheiten zu regeln.
    D ist der Meinung, dass er die Fristversäumung nicht zu vertreten habe, weil die Fristversäumung nicht von ihm zu verantworten sei.

    Meines Erachtens nach greift dieser Einwand nicht, zumal er nach der Entlassung aus der Klinik noch mehr als fünf Wochen mit der Beurkundung der Erbausschlagungserklärung gewartet hat, so dass auch diese Erklärung nicht fristgerecht abgegeben wurde, oder sehe ich das hier auch falsch?

    Bin für jeden Hinweis dankbar.

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