Pfleger gemäß § 1913 BGB für den verstorbenen Ehegatten im Verfahren nach VersAusglG?

  • Hallo,

    Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Durchführung des VA aufgrund einer Wiederaufnahme nach § 50 VersAuglG. Vor dem 01.09.2009 war der VA vom Scheidungsverfahren abgetrennt worden und nach § 2 VAÜG ausgesetzt. Der Antragsgegner ist zwischenzeitlich verstorben. Der Prozessbevollmächtigte aus dem Scheidungsverfahren hatte das Mandat niedergelegt. Alle bekannten Erben des Antragsgegners haben die Erbschaft ausgeschlagen.
    Für die Durchführung des VA hatte der Richter zunächst bei unserem Nachlassgericht die Einrichtung einer Nachlasspflegschaft beantragt. Dies hat die Kollegin jedoch mit Hinweis auf das fehlende Sicherungsbedürfnis abgelehnt. Nun hat er mir die Sache zugeschrieben (ich bin bei uns Familie und Betreuung in einer Person) zur Bestellung eines Pflegers für die unbekannten Beteiligten nach § 1913 BGB.
    Bevor ich hier einen Präzidenzfall schaffe (der Richter hat angekündigt, er hätte von solchen Fällen noch ein paar in der Schublade), hätte ich gern Eure Meinung, ob Ihr einen Fall von § 1913 BGB seht.:gruebel::gruebel:

  • Machen bei uns alle Familienrichter inzwischen so. Nachlaßpflegschaft scheidet wohl von vornherein aus. Die Begründung habe ich zuhause nicht parat; es beruht aber nach meiner Erinnerung auf obergerichtlicher Rechtsprechung. Müßte ich morgen mal nachfragen.

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    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Den Streit über die Einrichtung einer Pflegschaft nach § 1913 BGB oder nach §§ 1961, 1960 BGB habe ich am hiesigen Gericht auch geführt:

    Die Voraussetzungen des § 1913 BGB sind, dass der Beteiligte entweder unbekannt oder unbekannten Aufenthalts ist. Unbekannt ist der Beteiligte im VA-Verfahren nicht, es ist der verstorbene Ehegatte. Unbekannten Aufenthalts ist er ganz bestimmt auch nicht (es sei denn seine Asche ist weit verstreut, was aber juristisch gesehen nicht den unbekannten Aufenthalt definiert), sodass § 1913 BGB m.E. ausscheidet. Auf das Unbekanntsein der Erben kommt es jedenfalls nicht an, denn es geht um die am Verfahren beteiligte Person und das ist nun mal der Ehegatte und nicht sein Erbe, und selbst bei dieser Annahme ist lex specialis §§ 1960, 1962 BGB anzuwenden.
    Selbst wenn diejenigen meinen, § 1960 BGB wäre mangels Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses nicht anwendbar, so ist die Anregung des Familiengerichts an das Nachlassgericht als Antrag gemäß § 1961 BGB zu werten, der das fehlende Sicherungsbedürfnis ersetzt, sodass Nachlasspflegschaft durch das Nachlassgericht einzurichten ist.

    Denkbar wäre auch, soweit alle Erben ausgeschlagen haben, dass Verfahren zur Feststellung des Fiskalerbrechts in Betracht zu ziehen. Dies würde m.E. aber die Prüfung zur Einrichtung der Nachlasspflegschaft nicht verhindern.

    Einmal editiert, zuletzt von Sersch (7. Januar 2015 um 10:20) aus folgendem Grund: Ergänzung um letzten Absatz

  • Genau diese Entscheidung ist auch die Grundlage unserer Familienrichter. Ich habe mich heute extra schlau gemacht.

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  • AG Ludwigslust, Beschluss vom 25. Oktober 2011 – 5 F 284/10 – auch in FamRZ 2012, 816-818.


    Der Link zur FamRZ führt bei mir zu einer Entscheidung des AG Düsseldorf, die mit dieser Problematik nichts zu tun hat :confused:. Die Entscheidung AG Ludwigslust steht in der FamRZ direkt dahinter, auf der gleichen Seite, falls jemand direkt in der FamRZ suchen will.

    Es macht mir nichts aus, ein Vorurteil aufzugeben. Ich habe noch genügend andere.
    Fraue machet au Fähler, abber firs richtige Kaos braucha mer scho no d'Menner..

  • Das ist aber auch nur eine Meinung. Stellt man wörtlich nur auf den Zeitpunkt der Feststellung des Versorgungsausgleiches ab, nämlich auf die Ehezeit zu Lebzeiten der Eheleute, sieht das schon wieder anders aus. Dass der festzustellende Anspruch unvererblich ist, kann nicht die Frage zur Einrichtung der Nachlasspflegschaft für das Verfahren sein. Sonst könnte man ja auch auf die Idee kommen, der Erbe könne ebenso nicht in dieses Verfahren eintreten.

  • vgl. auch OLG Karlsruhe, 2 WF 140/09, die den NLP für passivleg. halten und festhalten, dass erstmal das NLG die Erben zu ermitteln hat, ggf. Fiscus.

    In jedem Fall darf erstmal der FamG-Ri. ermitteln. Es ist sein! Amtsverfahren, er muss die Erben und zustellfähigen Anschriften finden. Einfach an den Betr.-Rpfl. schieben, weil Ehegatte tot, ist nicht.

    Oder er bestellt halt den besonderen Pfl. selbst, vgl. AG Ludwigslust. Die Unterscheidung des AG, dass die NLP einen Anspruch gg. den NL voraussetzt, hier aber kein solcher, sondern einer gg. die Erben (als Verfahrensstandschafter) gegeben ist, "hat schon was". Daher nie NLP, sondern es bleibt nur 1913.

    Den Sinn verstehe ich aber nicht. Ob NL oder nicht, beides rührt allein aus der Erbenstellung und der Gesamtrechtsnachfolge. Ich würde mich daher ganz stumpf auf KG, 1 W 3322/80 beziehen, wonach auch bei einem Auseinandersetzungsanspruch gg. Miterben, der selbst verstorben ist, ein NLP bestellt werden.

    (Das Ganze ist eh sinnlos, weil die Erben weder Vor- noch Nachteile haben, egal was am Ende raus kommt.)

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Hier werden in diesem Fall auch Pflegschaften nach § 1913 BGB eingerichtet.
    Man wird wohl für jede Variante pro- und contra-Argumente finden, Zeit, die fast zu schade ist - denn im Ergebnis kommt alles auf das gleiche raus.

    M.E. macht es schon einen Unterschied allein in der sachlichen Zuständigkeit, ob das Nachlassgericht oder das Betreuungsgericht wirkt. Ich wollte in meinem Gerichtsbezirk ja noch ein Stück weitergehen, dass sich sowohl Nachlass-, als auch Betreuungsgericht für zuständig erklären, damit ein Obergericht (endlich) mal die Sache klärt. Allerdings war das andere Gericht leider nicht so "mutig" bzw. froh, dass ein Pfleger in der Sache bereits bestellt war, schade eigentlich.

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    M.E. macht es schon einen Unterschied allein in der sachlichen Zuständigkeit, ob das Nachlassgericht oder das Betreuungsgericht wirkt. Ich wollte in meinem Gerichtsbezirk ja noch ein Stück weitergehen, dass sich sowohl Nachlass-, als auch Betreuungsgericht für zuständig erklären, damit ein Obergericht (endlich) mal die Sache klärt. Allerdings war das andere Gericht leider nicht so "mutig" bzw. froh, dass ein Pfleger in der Sache bereits bestellt war, schade eigentlich.

    Ich fürchte, bei einem positiven Kompetenzkonflikt würdest Du nie zum Obergericht kommen. Wer sich für kompetent einschätzt, muss auch handeln. Nur wer sich nicht für kompetent hält, darf eine Handlung verweigern und dieser Konflikt muss dann ggf. geklärt werden. Die Handlungsverweigerung bei angenommer eigener Kompetenz wäre dagegen Rechtsbeugung u.a.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Jupp, in der Theorie hast Du völlig und uneingeschränkt recht - allerdings lässt sich m.E. der § 5 Abs. 1 Nr. 3 FamFG nicht durch einen Streit zwischen Nachlassgericht und Betreuungsgericht des gleichen Amtsgerichts erzwingen, denn beide sind organisatorischer Teil des gleichen Amtsgerichts. Das wäre Sache des Präsidiums. § 5 Abs. 1 Nr. 3 FamFG setzt m.E. unterschiedliche Gerichte im Sinne eines organisatorischen Gerichts (Amtsgericht, Landgericht ...) voraus.

    Ich meinte das praktische Problem. Es müsste doch zu folgender Konstellation kommen: Der Richter/Rechtspfleger des Gerichts A erhält Kenntnis, z.B. durch einen "Antrag" eines Beteiligten, prüft seine Zuständigkeit und stellt fest, ja ich bin zuständig. Dann tut er nichts. Daraufhin stellt der "Antragsteller" einen weiteren Antrag bei einem anderen Gericht. Auch der dortige Richter/Rechtspfleger prüft und stellt fest, dass er zuständig ist, tut aber gleichfalls nichts (wenn einer der beiden etwas in der Sache veranlasst, gilt § 5 Abs. 1 Nr. 3 FamFG nicht mehr, siehe MüKo/Pabst, Rz. 10 zu § 5 FamFG). Aus irgendeinem weiteren Grund erfährt nun der eine Richter/Rechtspfleger davon, dass der andere sich ebenfalls für zuständig erachtet - und meint: Na, da könnte ja jeder kommen, mir meinen schönen Fall zu entziehen. Den will ich weiter behalten, aber weiterhin nichts tun (sonst könnte er den Konflikt ja bereits dadurch zu seinen Gunsten lösen, dass er einfach eine Sachentscheidung trifft). Also legt der Richter/Rechtspfleger, der den Fall behalten aber weiterhin nichts tun will, die Sache dem Obergericht zur Klärung vor.

    Man lernt ja nie aus, aber ich halte diese Konstellation für wenig praxisrelevant.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • ... § 5 Abs. 1 Nr. 3 FamFG setzt m.E. unterschiedliche Gerichte im Sinne eines organisatorischen Gerichts (Amtsgericht, Landgericht ...) voraus.

    ...

    :gruebel: "Verschiedene Gerichte" sind auch 2 verschied. Abt. im FGG am gleichen AG (BetrG und NLG), vgl. BGH, I ARZ 388/88. (oder bin ich so WE-reif. :oops:)

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Ich danke euch für die zahlreichen Beiträge.

    Steht etwas entgegen den ehemaligen Prozessbevollmächtigten des verstorbenen Antragsgegners zum Pfleger zu bestellen oder seht ihr irgendwo eine Interessenkollision? Es wäre soo schön praktisch und im Grundsatz wäre er dazu bereit.:)

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