BerH Schuldnerberatung

  • Hallo zusammen,

    in meinem AG-Bezirk gibt es nur eine Schuldnerberatungsstelle. Dies ist kommerziell organisiert (Rechtsanwälte und Bankkaufleute). Für Grundsicherungs- und ALG II-Empfänger übernimmt der Landkreis die Kosten, sonst nicht.
    Diese Schuldnerberatung wirbt mit Kostenübernahmemöglichkeiten, die sich dann als Beratungshilfeanträge der Mandantschaft herausstellen. Beraten werden die Leute tatsächlich erst, wenn sie den Schein bringen.

    Kann ich die Antragsteller, die von dieser Schuldnerberatung geschickt werden, darauf verweisen, sich zunächst an tatsächlich gemeinnützige Schuldnerberatungsstellen zu wenden und mir eine Ablehnung vorzulegen?

    Danke schön und liebe Grüße
    Nefili

  • Du musst prüfen, ob es Schuldnerberatungsstellen für diese Antragsteller gibt, die das kostenlos ohne Beratungshilfeschein machen ( bei Schuldnerberatungsstelle nachfragen ). Wenn es für diese Antragsteller keine Schuldnerberatungsstelle gibt, die kostenlos ohne Beratungshilfeschein arbeitet, dann bleibt für diese Antragsteller nur die Möglichkeit, einen Beratungshilfeschein zu erteilen.

  • Eine Schuldnerberatungsstelle muss nicht kostenlos sein, um eine andere zumutbare Möglichkeit der Hilfe darzustellen. Die außergerichtliche Tätigkeit der Schuldnerberatungsstelle darf nur nicht teurer sein als die Gebühr Nr. 2500 VV RVG (vgl. Poller/Härtl/Köpf, Gesamtes Kostenhilferecht, 3. Auflage, 2018, § 1 BerHG, Rn. 74 - beck-online).

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • Ist in meinem Bezirk genauso.

    Die SGB II / SGB XII Bezieher können zu einer Schuldnerberatungsstelle des Landkreises, der Rest nicht. In unserem Bezirk gibt es keine andere gemeinnützige Schuldnerberatungsstelle und die im Nachbarbezirk nimmt nur Schuldner, die dort auch leben. Daher bleibt meist nur die Bewilligung.

    Ich wünschte es wäre anders, ich kann da aber nicht viel machen.

    Zum einen ist es so, dass die Schuldenbereinigungspläne bei mir in 95% der bewilligten Fälle scheitern. Daher wäre es in meinen Augen eine Überlegung, den § 305 InsO mal auf den Prüfstand zu stellen und die außergerichtliche Schuldenbereinigung als Voraussetzung für die Verbraucherinsolvenz abzuschaffen (mir ist klar, dass mit der Schuldenbereinigung Insolvenzen vermieden werden sollen, aber zumindest bei mir im Bezirk klappt das quasi nie. Die wenigen erfolgreichen Schuldenbereinigungspläne stehen in keinem Verhältnis zu unseren BerH Ausgaben).

    Zum anderen haben auch die Antragsteller ein großes Problem: Die gemeinnützige Schuldnerberatungsstelle macht alles was ansteht um den Antragsteller in die InsO zu bringen. Die kommerziellen Anbieter machen nur den Schuldenbereinigungsplan als solches und verlangen für das Stellen des Insolvenzantrags noch eine Extragebühr vom Antragsteller, die oft recht heftig ausfällt. Teilweise wurden mir da schon von Geschäftspraktiken berichtet die ich, nennen wir es mal bedenklich, fand.

  • Daher wäre es in meinen Augen eine Überlegung, den § 305 InsO mal auf den Prüfstand zu stellen und die außergerichtliche Schuldenbereinigung als Voraussetzung für die Verbraucherinsolvenz abzuschaffen

    Dies ist aber eine Aufgabe des Gesetzgebers, für uns Rechtsanwender sind die geltenden Gesetze maßgeblich.

    Zum anderen haben auch die Antragsteller ein großes Problem: Die gemeinnützige Schuldnerberatungsstelle macht alles was ansteht um den Antragsteller in die InsO zu bringen.

    Den Unterschied musst Du mir mal noch ein bisschen näher erklären. Ich kenne viele kommerzielle Anbieter, wo der Service um vieles besser ist.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Schwierig.
    Hier kommts halt auf die tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten bei einem an, insbesondere auch die Kenntnis darüber.

    In deinem Fall müsstest du aktiv eine anderweitige Hilfsmöglichkeit aufzeigen (da der ASt. ja angegeben hat (im Formular) eine solche existiere nicht).

    Es kommt daher darauf an, ob du zu vertretbaren Kosten (siehe burkinafaso) und auch vertretbarem Aufwand anderweitige Hilfe kennst.
    Und da ist Fingerspitzengefühl gefragt.

    (mal ein Beispiel abseits von der Schuldenberatung: Bei uns gibts im Bezirk keine Verbraucherzentrale. Diese sitzt "1,5" Gerichtsbezirke weiter. Dort allerdings direkt am Bahnhof. Bei halbwegs normalem Publikum kann ich daher darauf verweisen. Die Zuganbindung ist einigermaßen in Ordnung. Kommt jedoch die 70 jährige Oma Erna gebrechlich auf die RASt, wäre das für mich anders zu beurteilen.)

    Wir haben den Vorteil, dass im kompletten Gerichtsbezirk die Caritas zuständig ist.
    Den Rest des Kreises, der nicht mehr zum Gerichtsbezirk gehört, macht die AWO.
    Das ist eine Wohltat, muss ich an der Stelle wirklich mal so sagen.
    Fachlich gebildetes Personal (ehem. Bankkaufleute z.B.) und hoher Einsatz.
    Das nimmt auch den Gerichten viel Arbeit ab.

    "Jemand hat mir mal gesagt, die Zeit würde uns wie ein Raubtier ein Leben lang verfolgen. Ich möchte viel lieber glauben, dass die Zeit unser Gefährte ist, der uns auf unserer Reise begleitet und uns daran erinnert jeden Moment zu genießen, denn er wird nicht wiederkommen."

    Hier geht Ihre Spende nicht unter. Rette mit, wer kann.

    -Die Seenotretter, DGzRS-

  • Daher wäre es in meinen Augen eine Überlegung, den § 305 InsO mal auf den Prüfstand zu stellen und die außergerichtliche Schuldenbereinigung als Voraussetzung für die Verbraucherinsolvenz abzuschaffen

    Dies ist aber eine Aufgabe des Gesetzgebers, für uns Rechtsanwender sind die geltenden Gesetze maßgeblich.

    Keine Frage, war eher eine etwas verzweifelte Randbemerkung (die Verfahren häufen sich aktuell).

    Zum anderen haben auch die Antragsteller ein großes Problem: Die gemeinnützige Schuldnerberatungsstelle macht alles was ansteht um den Antragsteller in die InsO zu bringen.

    Den Unterschied musst Du mir mal noch ein bisschen näher erklären. Ich kenne viele kommerzielle Anbieter, wo der Service um vieles besser ist.

    Die gemeinnützigen Schuldnerberatungsstellen bei mir und im Nachbarbezirk machen sowohl den Insolvenzantrag als auch das vorgeschaltete Schuldenbereinigungsverfahren. Der ohnehin schon zahlungsunfähige Schuldner kommt daher kostenneutral in die InsO. Bei den kommerziellen Anbietern läuft es meistens so, dass diese die Schuldenbereinigung auf Grundlage eines Berechtigungsscheins machen und für die Stellung des Insolvenzantrags 500-1000 € aufgrund einer Vergütungsvereinbarung verlangen. Der Insolvenzantrag wird erst gestellt, wenn die vereinbarte Vergütung (im voraus) ratenweise abgestottert wurde. Da die Bescheinigung über das Scheitern des Plans nur 6 Monate gültig ist, müssen die Schuldner den Vorschuss in nicht unerheblichen Raten zahlen.

    Ich finde dieses Vorgehen recht fragwürdig und habe schon überlegt, ob die Zahlung nicht nach Insolvenzeröffnung sogar angefochten werden kann (§ 130 InsO).

  • @ Corypheus:

    Insolvenzanfechtung des Honorars habe ich, wenn es mir zu bunt wurde, schon versucht. Ist aber oft nicht einfach und meist lohnen die Summen eine Klage auch nicht.

    Wenn man bedenkt, dass eine "normale" Anwaltskanzlei ab einem Stundensatz von 150,00 € - 180,00 € kostendeckend arbeitet, dann sind die Honorare keinesfalls zu hoch. Denn meist hängt daran nicht nur die Einreichung des Antrags, sondern der ganze weitere Schriftwechsel im Insolvenzeröffnungsverfahren (Abwicklung mit Banken etc. inklusive) bzw. der Erstkontakt mit dem Insolvenzverwalter. Dies leisten die Schuldnerberatungsstellen nur rudimentär. Es gibt sicherlich schwarze Schafe, aber die meisten Kollegen sind das Geld, was der Schuldner in ihre Arbeit investieren muss, schon wert.

    Das Problem Ratenzahlung kann man derart lösen, dass die Schuldner schon zu einem relativ frühen Zeitpunkt (d.h. mit Beginn des Schuldenbereinigungsverfahrens) damit beginnen. Für den Anwalt ist es aber unbedingt notwendig, dass der Schuldner das Honorar bei Antragstellung vollständig gezahlt hat. Wenn der Leidensdruck erstmal weg ist, wird Dir ein Schuldner auch freiwillig keinerlei Honorar mehr bezahlen. Man kann dann die Restforderung getrost zur Insolvenztabelle anmelden oder gleich ausbuchen.

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