Auflassung aus einer Rückauflassungsvormerkung

  • Nachdem ich hier unter diversen Schlagwörtern versucht habe etwas zu finden, stelle ich meinen Fall nun mal rein:

    E ist eingetragen. Dieser hat den Grundbesitz von V und M erhalten. Im Grundbuch ist eine Rückauflassungsvormerkung für V und M in § 428 BGB eingetragen. Das Recht auf Rückübertragung steht dem überlebenden Ehegatten in vollem Umfang zu.

    V ist 2020 verstorben. Er ist beerbt worden von M, T und E.

    E ist 2022 verstorben. Er ist beerbt worden von EF, K1 und K2. K1 und K2 sind minderjährig.

    Nun wird mir eine Urkunden vorgelegt, in welcher M sich den Grundbesitz von E aufgrund damaliger Vollmacht auflässt und die RückAV aufgrund Bewilligung von M und unter Vorlage der Sterbeurkunde nach V gelöscht werden soll.

    Im Vertrag wird erklärt, dass M aufgrund des Vorversterbens des E unter da M den Gegenstand nicht aufgrund der Erbfolge nach E allein erhält, welches Bedingung der RückAV war, das Rückgabeverlangen gegenüber EF, K1 und K2 schriftlich geltend gemacht hat. Aufgrund der Vollmacht: Im Falle des Vorversterbens des Erwerbers bevollmächtigt dieser den Veräußerer unwiderruflich, unter Befreiung von § 181 BGB, die Rückauflassung zu erklären.

    Nun frage ich mich, ob ich hier noch irgendetwas beachten muss, weil die Kinder ja minderjährig sind und V bereits auch verstorben ist oder ob ich Auflassung auf M und die Löschung der RückAV einfach vollziehen kann.

  • Entweder hatte E zu Lebzeiten dem V bereits wirksam postmortale Vollmacht erteilt (mit Befreiung von § 181 BGB? das wäre hilfreich.). Wenn diese Vollmacht in Form des § 29 GBO in Urschrift / Ausfertigung unwiderrufen bei Beurkundung der Auflassung vorlag, ist m.E. eine familiengerichtliche Genehmigung nicht erforderlich. Die Erben sind wirksam vertreten.

    Oder aber eine Vollmacht liegt nicht vor, muss erst noch aufgelassen werden - aus der Urkunde + Rücktrittserklärung ergibt sich nämlich nur ein Anspruch auf Auflassung (schuldrechtliches Grundgeschäft), aber noch nicht deren Erklärung (sachenrechtliches Vollzugsgeschäft). Dafür dann wie Cromwell: es braucht dann sehr wohl die Genehmigung, aber sie muss (Erfüllung einer Verbindlichkeit) erteilt werden.

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  • Also, dann ist keine familiengerichtliche Genehmigung erforderlich.

    Wie hier dargestellt,

    Löschung Testamentsvollstreckervermerk - Fach-Forum von, für und über Rechtspfleger
    Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe folgenden Sachverhalt: am 01.04.2016 wurde ein notarieller Kaufvertrag geschlossen.Die Veräußerin wurde aufgrund…
    www.rechtspflegerforum.de

    bedarf es bei der Verfügung des transmortal Bevollmächtigten und der Beteiligung minderjähriger Miterben nach h.M keiner familiengerichtlichen Genehmigung.

    Böttcher führt in der NJW 2013, 2805/2806 aus: „Während der Dauer der Vollmacht ist der Bevollmächtigte nach herrschender Meinung nach dem Tod des Vollmachtgebers berechtigt, im Namen der Erben (ohne diese zu nennen) eine Übertragung oder die Aufhebung eines zum Nachlass gehörenden Rechts vorzunehmen; die Voreintragung der Erben ist entbehrlich (§ 40 GBO) und der Nachweis des Erbrechts nach § 35 GBO sei nicht nötig17. Sind die Erben des Vollmachtgebers minderjährig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf der Vertreter nach herrschender Meinung für seine Handlungen trotzdem keiner Genehmigung durch das Familien- oder Betreuungsgericht18. ….“

    18 RGZ 88, 345; RGZ 106, 185; Staudinger/Schilken, BGB, Neubearb. 2009, § 168 Rdnr. 33; Staudinger/Reimann, BGB, Neubearb. 2012, Vorb. zu §§ 2197 Rdnr. 66; Schöner/Stöber, GrundbuchR, 15. Aufl. (2012), Rdnr. 3571; Schaub, in: Bauer/v. Oefele, GBO, 3. Aufl.

    Daran hat sich zwischenzeitlich nichts geändert (siehe Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Auflage 2020, RN 3571 mwN in Fußn. 1668)

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  • Danke für die Antworten.

    Die Löschung II/2 für V aufgrund der Sterbeurkunde müsste doch dann auch möglich sein, weil das recht dem überlebenden Ehegatten in vollem Umfang zusteht. Kann mich dunkel erinnern, dass hierin eine Abtretung zu sehen ist und dann ein Löschungsbewilligung der Erben des V nicht erforderlich ist

  • Mit herrschenden Ansichten ist das immer so eine Sache. Manche kommen zustande, weil einmal etwas vertreten wurde, was dann alle anderen "nacherzählen" und wieder andere kommen - wie vorliegend - dadurch zustande, dass sich niemand die Mühe macht, die für die besagte herrschende Meinung maßgeblichen Grundlagen daraufhin zu überprüfen, ob sie aus heutiger Sicht noch zutreffen.

    Ich habe mir in notar 2013, 147, 162 f. der Mühe unterzogen, eine solche Prüfung - mit folgendem Ergebnis - vorzunehmen:

    Da die Vertretung eines Verstorbenen aus naheliegenden Gründen nicht möglich ist,152 kam auch das Reichsgericht nicht umhin, das Handeln eines post- oder transmortal Bevollmächtigten im Rechtssinne als eine alleine in Betracht kommende Vertretung der Erben des Vollmachtgebers zu qualifizieren.153 Damit ergab sich bei vorhandenen minderjährigen Erben zwangsläufig die Frage nach dem Eingreifen der familiengerichtlichen (damals noch: vormundschaftsgerichtlichen) Genehmigungstatbestände, so dass es einer Begründung bedurfte, aufgrund welcher diese Genehmigungen für entbehrlich gehalten werden konnten. Diese Begründung fand sich nach Ansicht des Reichsgerichts in der Überlegung, dass das für den minderjährigen Erben des Erblassers erfolgende Handeln des post- oder transmortal Bevollmächtigten in rechtlicher Hinsicht kein anderes sei, als wenn er von vornherein vom gesetzlichen Vertreter des Minderjährigen bevollmächtigt und diese Vollmachtserteilung vom Vormundschaftsgericht genehmigt worden wäre, dass das Handeln des Bevollmächtigten in jenem Fall aber ebenfalls keiner gerichtlichen Genehmigung bedarf, wenn bereits die vom gesetzlichen Vertreter erteilte Vollmacht vormundschaftsgerichtlich genehmigt wurde.154

    Auf den vorgenannten und seitdem nicht mehr hinterfragten Ausführungen des Reichsgerichts beruht die absolut herrschende Ansicht bis heute. Das Problem ist nur, dass sich die Rechtsauffassung zur Genehmigungsbedürftigkeit des Handelns des Bevollmächtigten im Fall einer vom gesetzlichen Vertreter mit gerichtlicher Genehmigung erteilten Vollmacht mittlerweile völlig gewandelt hat und dass man daher heute zutreffend und praktisch einhellig davon ausgeht, dass das Vertreterhandeln des Bevollmächtigten auch in diesem Fall der gesonderten gerichtlichen Genehmigung bedarf.155 Damit ist die aus den Jahren 1916 und 1923 stammende Rechtsprechung des Reichsgerichts aber in ihrem zentralen und entscheidungserheblichen Punkt überholt und die bislang herrschende Ansicht stellt sich demzufolge lediglich als das Ergebnis einer unreflektierten und sich seit Jahrzehnten beständig vermehrenden Zitatenkette dar, deren sachliche und rechtliche Grundlage in Wahrheit schon längst „unbemerkt“ entfallen ist.156

    152 Oertmann, Bankarchiv Bd. 13 (1913/1914), S. 5: Unhaltbare Absonderlichkeit.

    153 RG, Beschl. v. 28.6.1916 – V.B. 1/16, RGZ 88, 345; RG, Urt. v. 10.1.1923 – V 385/22RGZ 106, 185.

    154 RG, Beschl. v. 28.6.1916 – V.B. 1/16, RGZ 88, 345, 350; RG, Urt. v. 10.1.1923 – V 385/22RGZ 106, 185, 186. Der vom Reichsgericht erwähnte Sonderfall der nach § 1822 Nr. 12 BGB genehmigten Prokura, der mangels Verweisung in § 1643 Abs. 1 BGB für Eltern ohnehin nicht einschlägig ist, vermag insoweit schon deshalb nicht als Begründung herzuhalten, weil diese Fallgestaltung explizit gesetzlich geregelt ist und sich hieraus im Umkehrschluss ergibt, dass es bei allen anderen vom gesetzlichen Vertreter erteilten Vollmachten bei der Genehmigungsbedürftigkeit der vom Bevollmächtigten vorgenommenen Rechtsgeschäfte verbleibt (statt vieler vgl. BGB-RGRK/Dickescheid, 12. Aufl., § 1822 Rn 53 m. w. N.).

    155 BayObLG, Beschl. v. 17.5.1976 – 1 Z 37/76, Rpfleger 1976, 304; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 22.12.2004, 3 W 130/04, Rpfleger 2005, 193 = FGPrax 2005, 59 = DNotZ 2005, 634; LG Berlin, Beschl. v. 12.4.1994 – 85 T 78/94, Rpfleger 1994, 355; Palandt/Götz, BGB, 72. Aufl., § 1821 Rn 10; MünchKomm/Wagenitz, BGB, 6. Aufl., § 1821 Rn 12; Klüsener, Rpfleger 1981, 461; Maurer, Rpfleger 1982, 26; Schreiber, NotBZ 2002, 128, 132; Braun, DNotZ 2005, 730; Schöner/Stöber, GBR, 15. Aufl., Rn 3688; Gutachten DNotI-Report 2003, 129 und DNotI-Report 1997, 171; a. A. nur LG Schwerin, Beschl. v. 29.2.1996 – 5 T 350/95, MittBayNot 1997, 297.

    156 Dies erkennen im Ansatz auch Schöner/Stöber, GBR, 15. Aufl., Rn 3571 Fn 13.

  • Nun ja, die hM ist aber auch in Ansehung Deiner Ausführungen in notar 2013, 147/162 ff. unverändert geblieben (siehe das Gutachten des DNotI vom 10.10.2016, Gutachten/Abruf-Nr: 141610

    Details - DNotI

    Das dort zitierte OLG Karlsruhe führt im Beschluss vom 01.06.2015, 11 Wx 29/15 = FGPrax 2015, 158, aus: „Es liegt insoweit keine andere Situation vor als diejenige, in der ein vom Erblasser über den Tod hinaus Bevollmächtigter handelt; für diesen hat bereits das RG entschieden (RGZ 106, 185), dass er auch für solche Geschäfte der gerichtlichen Genehmigung nicht bedürfe, die ein Vormund für den Mündel nicht ohne diese hätte abschließen können. Auch der BGH hat bereits ausgesprochen (ZEV 2006, 262), dass ein Testamentsvollstrecker grundsätzlich unbeschränkt verfügungsbefugt sei und keiner vormundschaftsrichterlichen Genehmigung auch im Hinblick auf einen in seiner Geschäftsfähigkeit beschränkten Erben bedürfe. Der Vollzug des Vertrages ist auch nicht unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des § 2206 BGB von einer familiengerichtlichen Genehmigung abhängig“.

    Und die Kommentierung von Dutta im Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2021, Vorbemerkungen zu §§ 2197 ff, RN 71 geht speziell auf Deine abweichende Meinung ein, indem dort ausgeführt ist (Hervorhebung durch mich):

    „Der Bevollmächtigte handelt nicht für den abstrakten Nachlass, dieser hat keine rechtsfähige oder teilrechtsfähige Struktur. Der Bevollmächtigte kann dabei alle Rechtsgeschäfte so vornehmen, wie der Erblasser dies selbst hätte tun können (OLG Hamburg 27.5.1966 - 2 W 14/66, DNotZ 1967, 30, 31). Dies hat zur Folge, dass sich familienrechtliche Beschränkungen auf Seiten der Erben nicht auf die Handlungsfähigkeit des Bevollmächtigten auswirken. Zwar handelt der Bevollmächtigte für diese, müsste also insoweit den familienrechtlichen Beschränkungen unterliegen, da er aber in Bezug auf den Nachlass als vom Erblasser bevollmächtigt gilt, unterliegt er diesen Beschränkungen nicht. Sind die Erben minderjährig, so bedarf es weder einer Zustimmung der gesetzlichen Vertreter noch einer Genehmigung durch das Familiengericht (RGZ 88, 345; RGZ 106, 185; OLG Karlsruhe 1.6.2015 - 11 Wx 29/15, FamRZ 2015, 2086 = ZEV 2015, 703, 704; KG 22.10.2020 - 1 W 1357/20, BWNotZ 2020, 357, 359; Merkel WM 1987, 1001, 1002; Weidlich ZEV 2016, 57, 61 f; aA Bestelmeyer notar 2013, 147, 160 f unter Berufung auf OLG Köln 31.3.2000 - 19 U 128/99, NJW-RR 2001, 652 = FamRZ 2000, 1525). Insoweit zeigt sich bei allen derartigen Vollmachten - ähnlich wie bei der Testamentsvollstreckung selbst - eine hybride Struktur, also ihre zweifache Ortung beim Erblasser und bei den Erben“.

    Und das zitierte KG führt in Rz. 13 des Beschlusses vom 22.10.2020, 1 W 1357/20, aus:

    Berliner Vorschriften- und Rechtsprechungsdatenbank

    „Die Person des Erben muss bei Verwendung einer transmortalen Vollmacht auch nicht deshalb ermittelt werden, weil ausgeschlossen werden müsste, dass der Erbe minderjährig ist und zu der Verfügung über das Grundstück eine Genehmigung nach §§ 1821, 1822 BGB erforderlich ist. Die familiengerichtliche Genehmigung ist in diesen Fällen nicht erforderlich (RGZ 106, 185, 186). Der Schutz des minderjährigen Erben vor den vom Erblasser ermöglichten Verfügungen über das ererbte Grundvermögen ist auch nicht geboten. Die Vertretungsmacht aus der transmortalen Vollmacht beschränkt sich auf den Nachlass. Dieser ist dem Erben von vornherein nur mit der Beschränkung angefallen, dass der Bevollmächtigte darüber bis zu einem etwaigen Widerruf der Vollmacht noch verfügen kann. Für den Erben verhält es sich nicht anders, als wenn der Erblasser selbst noch zu Lebzeiten die Eintragung einer Verfügung über das Grundstück bewilligt hätte…“

    Das entspricht den Ausführungen von Wilsch im BeckOK GBO, Hrsg. Hügel, Stand: 30.09.2022, § 35 RN 80: „Der Vollmachtsnachweis reicht aus, der Bevollmächtigte unterliegt auch keinerlei familien- oder betreuungsgerichtlichen Genehmigungserfordernissen“.

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  • Das Problem ist nur, dass sich die Rechtsauffassung zur Genehmigungsbedürftigkeit des Handelns des Bevollmächtigten im Fall einer vom gesetzlichen Vertreter mit gerichtlicher Genehmigung erteilten Vollmacht mittlerweile völlig gewandelt hat und dass man daher heute zutreffend und praktisch einhellig davon ausgeht, dass das Vertreterhandeln des Bevollmächtigten auch in diesem Fall der gesonderten gerichtlichen Genehmigung bedarf.

    Es hat hier aber nicht der Minderjährige, vertreten duch den gesetzliche Vertreter mit gerichtlicher Genehmigung, Vollmacht erteilt, sondern der nachmalig Verstorbene zu (volljährigen) Lebzeiten selbst.

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  • Das mag ja alles sein, aber gleichwohl trifft die dogmatische Begründung des Reichsgerichts aus heutiger Sicht - und zwar eindeutig - nicht mehr zu. Insoweit sind die von Dir zitierten Fundstellen nur ein Beleg dafür, dass sich niemand mit dieser Frage auseinandersetzt. Der Grund hierfür dürfte leicht zu erkennen sein, denn wenn sich die Ansicht des Reichsgerichts nicht mehr halten lässt, würde dies die Verwendbarkeit transmortaler Vollmachten in Frage stellen. Und dies möchte man auf keinen Fall und aus diesem Grund wird ja auch bei der Frage der Konfusion endlos "herumgeeiert", nur damit dieses lieb gewonnene Konstrukt erhalten bleibt. Dass man sich dabei in dogmatische Untiefen verirrt, spielt dabei keine Rolle.

    Der Vergleich mit dem - aus eigenem Recht handelnden - Testamentsvollstrecker ist ohnehin abwegig, aber es wird eben alles hervorgekramt, was man glaubt, irgendwie in dem genannten Sinne verwenden zu können. Wenn der Bevollmächtigte Miterbe ist, wird es noch toller. Dann tut man so, als wenn die Erbengemeinschaft rechtsfähig wäre, nur damit die Vollmacht nicht - beschränkt auf die Person dieses Miterben - teilerlischt.

    Ähnliches gilt beim Verzicht auf die Eintragung des Nacherbenvermerks oder für dessen isolierte Löschung aufgrund Bewilligung der Nacherben. Alles hängt an uralten unzutreffenden Entscheidungen des Kammergerichts, die seitdem fleißig abgeschrieben werden und wie man die rechtliche Absurdität dabei zur Tugend erhebt, hat das OLG Hamm eindrucksvoll vorexerziert, indem es allen Ernstes entschied, dass nach dem Eintritt des Nacherbfalls die falschen Erben (nämlich die Erben des Vorerben) eingetragen werden müssen, weil der Nacherbenvermerk ja bereits vor dem Eintritt des Nacherbfalls (isoliert) gelöscht worden war.

    Wenn man in solche Wespennester sticht, schwärmen deren Bewohner in einem Abwehrreflex natürlich sofort aus.

    Zu Gutachten des DNotI äußere ich mich schon seit einiger Zeit nicht mehr. Sie lassen mitunter eine gründliche Auswertung von Rechtsprechung und Literatur vermissen und singen nicht selten - wenn wundert es - das Lied der Notare.

  • Gut, das sind jetzt aber zwei Paar Stiefel. Es ist auch nicht so, dass sich mit Deiner Ansicht niemand auseinandergesetzt hätte. Dazu brauchst Du nur die Abhandlung von Weidlich, „Grundstücksverfügungen mittels Vollmachten über den Tod hinaus“, ZEV 2016, 57/62 unter Punkt 4 (Minderjähriger Erbe)

    ZEV 2016, 57 - beck-online

    nachlesen.

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  • Mit dem überholten dogmatischen Denkansatz des Reichsgerichts hat sich Weidlich nicht auseinandergesetzt.

    Er gesteht zwar zu, dass die hM im Hinblick auf die Konfusionsproblematik beim Miterben-Bevollmächtigten nicht schlüssig ist, hebelt dann aber alles wieder mit dem angeblich zulässigen Entweder/Oder-Nachweis aus, den das OLG München bereits zu Recht verworfen hat.

    Richtig ist natürlich, dass es einfacher ist, sich einer hM anzuschließen als ihr zu widersprechen.

  • Mit dem überholten dogmatischen Denkansatz des Reichsgerichts hat sich Weidlich nicht auseinandergesetzt.

    Der Denkansatz ist nicht überholt. Und es ist auch nicht dogmatisch korrekt, eine Äquivalenz zwischen der Vollmachtserteilung durch einen gesetzlichen Vertreter einerseits und durch den nachmaligen Erblasser andererseits zu ziehen. Letzterer handelt aus eigenem Recht, ersterer ist durch die gesetzlichen Bestimmungen in dem, was er machen kann, beschränkt. Beides setzt sich in der jeweils erteilten Vollmacht fort.

    "De janze Rischtung passt mer net" ist ein Motto für Adenauer, aber kein juristisches Argument.

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  • Die These der "Ableitung vom Erblasser" ist ein rechtlicher Trugschluss. Der Erblasser ist im Hinblick auf die Reichweite der von ihm erteilten Vollmacht an die hierfür geltenden gesetzlichen Schranken gebunden, weil er dem Bevollmächtigten nicht mehr Rechte verleihen kann, als dieser sie aus eigenem Recht hätte. Im Ergebnis läuft das Ganze darauf hinaus, die gesetzlichen Genehmigungsvorschriften dauerhaft umgehen zu können, indem der Erblasser dem gesetzlichen Vertreter des minderjährigen Erben transmortal eine Generalvollmacht erteilt. Erbt das minderjährige Kind dann zehn Häuser und fünfzig Eigentumswohnungen, kann man also munter und ohne jede gerichtliche Kontrolle wirtschaften. An dieser Sachlage zeigt sich exemplarisch, was man sich einhandelt, wenn man an den überholten Vorstellungen zur transmortalen Vollmacht festhält. Andererseits werden aber krampfhafte Bemühungen unternommen, um die Grundstücksverfügung einer GbR den gerichtlichen Genehmigungstatbeständen zu unterwerfen, wenn die GbR einen minderjährigen Gesellschafter hat, weil man erkannt hat, welche rechtlichen Wunden die Anerkennung der Rechtsfähigkeit der GbR insoweit geschlagen hat. Natürlich ist dies alles nicht schlüssig und lässt keinerlei stringente Linie erkennen.

  • Nur dass es hier eben nicht um eine Generalvollmacht geht, mit der Genehmigungserfordernisse umgangen werden könnten (oder umgangen werden sollen), sondern um die Vollmacht zur Abgabe der zur Erfüllung eines bestehenden Anspruchs erforderlichen verfahrensrechtlichen Erklärungen. Wie selbst vorgetragen, muss die Genehmigung erteilt werden. Da sehe ich ehrlich gesagt keinen Umgehungstatbestand.

    Und es ist auch nicht richtig, dass der Vollmachtgeber "dem Bevollmächtigten nicht mehr Rechte verleihen kann, als dieser sie aus eigenem Recht hätte". Im Gegenteil ist es bei einer Vollmacht immer so, dass der Bevollmächtigte aufgund der Vollmacht nunmehr Dinge machen kann, die er ohne die Vollmacht nicht machen könnte, sonst wären Vollmachten immer zweckfrei. Dass der Erblasser zu Lebzeiten wirksam Vollmacht erteilen durfte, steht außer Frage. Er selber hätte das Rechtsgeschäft, für dessen Durchführung er Vollmacht erteilt hat, ohne weiteres selbst durchführen können. Dass die Vollmacht weitergilt, folgt aus dem Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge. Die minderjährigen (oder unter Betreuung stehenden) Erben sind daher auch dann gebunden, wenn sie selbst (d.h. ihre gesetzlichen Vertreter) zum Abschluß des Rechtsgeschäfts eine Genehmigung benötigt hätten. Daher bleiben ja auch z.B. vom Erblasser geschlossene Kaufverträge wirksam, auch wenn der Erblasser nach Vertragsschluss stirbt, sogar dann, wenn der Vertrag bei Versterben noch nicht rechtswirksam war (z.B. weil Genehmigungen fehlten). Weder muss dann die erklärte Auflassung wiederholt (und genehmigt) werden, noch fallen Vollzugsvollmachten weg.

    Anders ist es nach heutiger Ansicht (anders als zu Zeiten des Reichsgerichts), wenn der Minderjährige/Betreute selbst, vertreten durch den gesetzlichen Vertreter, Vollmachten erteilt, z.B. eine Belastungsvollmacht im Kaufvertrag. Hier hat der (gesetzlich vertretene) Vollmachtgeber eben nicht die Rechtsmacht, Vollmachten mit der Wirkung zu erteilen, dass ein Rechtsgeschäft für das der Minderjährige/Betreute eine Genehmigung benötigen würde, nunmehr durch einen Bevollmächtigten genehmigungsfrei abgeschlossen werden kann.

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  • Erbt das minderjährige Kind dann zehn Häuser und fünfzig Eigentumswohnungen, kann man also munter und ohne jede gerichtliche Kontrolle wirtschaften. An dieser Sachlage zeigt sich exemplarisch, was man sich einhandelt, wenn man an den überholten Vorstellungen zur transmortalen Vollmacht festhält.

    Diese Überlegung hat mich auch dazu gebracht, hier mal nachzulesen. Hab den Fall einer mit Vorsorge-, Generalvollmacht Grundstücke veräußernden Witwe, die zusammen mit ihrem minderjährigen Kind Miterbin nach dem Vollmachtgeber ist. Wir wohl nichts bringen, das mal ans OLG zu geben...

    Und was bring es dem Kind wirtschaftlich, wenn die Genehmigung dann ohnehin erteilt werden muss.

    Das wäre es doch besser, das vom Nachlassgericht informierte Familiengericht wird irgendwie tätig... fragt sich nur wie....

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