VV 4142 gegen Staatskasse (notwendige Auslagen)

  • KGE : Die Kosten des Verfahrens trägt die LK, ebenso die notwendigen Auslagen des Angeklagten.

    1. Verteidiger beantragt die Festsetzung notwendiger Auslagen gegen die Staatskasse unter anderem mit der Gebühr VV 4142 RVG

    2. Bezirksrevisor sagt, dass die Gebühr nicht entstanden ist, weil keine dahingehende Tätigkeit stattfand bzw. kein Antrag dahingehend gestellt wurde.

    3. Es wird antragsgemäß festgesetzt, da Einziehung naheliegend war und somit die Gebühr entstanden ist.

    4. Bezirksrevisor legt sofortige Beschwerde ein und sagt, dass die Gebühr zwar entstanden ist aber nach der Kostenentscheidung die LK nur die notwendigen Auslagen zu erstatten hat und diese Gebühr nicht zu den notwendigen Auslagen gem. § 464a StPO gehört, weil zu keinem Zeitpunkt eine Einziehung im Raume stand und kein Wert festgesetzt wurde. Diese Gebühr könne der RA gegen den Mandanten geltend machen kann.

    Ich kenne mich in Strafsachen nicht aus aber habe das hier gefunden:

    "Muss die Staatskasse die Gebühren erstatten, kann auch die Erstattung der VV 4142 verlangt werden" Burhoff/Volpert RVG Straf- und Bußgeldsachen 6. Auflage VV 4142 RVG Rn. 39

    Vielleicht kann mir jemand helfen

  • Die Argumentation des Bezirksrevisors ist abenteuerlich. Wenn die Gebühr entstanden ist, gehört sie auch zu den notwendigen Auslagen.

    Ob die Einziehung nun naheliegend war (Ziff.3) oder zu keinem Zeitpunkt im Raume stand (Ziff.4), kann man von hier aus schwer bewerten. Da sie allerdings im Gesetz zwingend vorgeschrieben ist, sehe ich nicht, wie man vernünftig verteidigen soll, ohne wenigstens mit dem Mandanten darüber zu erörtern. Deshalb bin ich bei Burhoff. Der hat auch ein paar Entscheidungen dazu veröffentlicht, meine ich, aus denen sich die niedrige Schwelle für die Entstehung und/oder Erstattungsfähigkeit der Gebühr erlesen lässt.

  • Die Argumentation des Bezirksrevisors ist abenteuerlich. Wenn die Gebühr entstanden ist, gehört sie auch zu den notwendigen Auslagen.

    Ob die Einziehung nun naheliegend war (Ziff.3) oder zu keinem Zeitpunkt im Raume stand (Ziff.4), kann man von hier aus schwer bewerten. Da sie allerdings im Gesetz zwingend vorgeschrieben ist, sehe ich nicht, wie man vernünftig verteidigen soll, ohne wenigstens mit dem Mandanten darüber zu erörtern. Deshalb bin ich bei Burhoff. Der hat auch ein paar Entscheidungen dazu veröffentlicht, meine ich, aus denen sich die niedrige Schwelle für die Entstehung und/oder Erstattungsfähigkeit der Gebühr erlesen lässt.

    Ich denke er stützt sich darauf, dass weder in der Anklage die Rede von einer Einziehung war noch überhaupt in die Richtung quasi ermittelt wirde o.ä. Aber in dem Fall hätte man damit rechnen können. Der Bezirksrevisor ist wohl der Meinung, dass durch die Beratung des Mandanten aufgrund einer möglichen Einziehung die Gebühr entstanden ist diese aber nicht notwendig war und deshalb nicht gegen die Staatskasse festzusetzen ist.

    Aber ich sehe es auch als notwendig. Werde wohl gegen den Bezi entscheiden.

  • Die Argumentation des Bezirksrevisors ist abenteuerlich. Wenn die Gebühr entstanden ist, gehört sie auch zu den notwendigen Auslagen.

    Ob die Einziehung nun naheliegend war (Ziff.3) oder zu keinem Zeitpunkt im Raume stand (Ziff.4), kann man von hier aus schwer bewerten. Da sie allerdings im Gesetz zwingend vorgeschrieben ist, sehe ich nicht, wie man vernünftig verteidigen soll, ohne wenigstens mit dem Mandanten darüber zu erörtern. Deshalb bin ich bei Burhoff. Der hat auch ein paar Entscheidungen dazu veröffentlicht, meine ich, aus denen sich die niedrige Schwelle für die Entstehung und/oder Erstattungsfähigkeit der Gebühr erlesen lässt.

    Ich denke er stützt sich darauf, dass weder in der Anklage die Rede von einer Einziehung war noch überhaupt in die Richtung quasi ermittelt wirde o.ä. Aber in dem Fall hätte man damit rechnen können. Der Bezirksrevisor ist wohl der Meinung, dass durch die Beratung des Mandanten aufgrund einer möglichen Einziehung die Gebühr entstanden ist diese aber nicht notwendig war und deshalb nicht gegen die Staatskasse festzusetzen ist.

    Das halte ich grundsätzlich für gut nachvollziehbar, wenn sich aus der Akte nichts zu einer eventuell im Raum stehenden Einziehung ergibt.

  • "Werde wohl gegen den Bezi entscheiden." Wieso wirst du als Rechtspfleger entscheiden?

    § 311 Abs. 2 StPO untersagt dem Gericht die Abänderung seiner durch sofortige Beschwerde angefochtenen Entscheidung und damit auch den Erlass eines entsprechenden Entscheidung. Über die Beschwerde entscheidet das Beschwerdegericht, also Landgericht.

  • Das halte ich grundsätzlich für gut nachvollziehbar, wenn sich aus der Akte nichts zu einer eventuell im Raum stehenden Einziehung ergibt.

    Dem Angeklagten wurde folgendes vorgeworfen:

    Die durch Rechtsgeschäftsgeschäft eigeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen missbraucht zu haben und dadurch dem, dessen Interessen sie zu betreuen hatten, Nachteil zugefügt zu haben, wobei sie gewerbsmäßig handelten.

    Insofern kann man von einer etwaigen Einziehung ausgehen. Die Frage ist halt, ob die Beratung des Angeklagten dahingehend eine "notwendige" Auslage war und von der Staatskasse zu tragen ist.

  • Das halte ich grundsätzlich für gut nachvollziehbar, wenn sich aus der Akte nichts zu einer eventuell im Raum stehenden Einziehung ergibt.

    Dem Angeklagten wurde folgendes vorgeworfen:

    Die durch Rechtsgeschäftsgeschäft eigeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen missbraucht zu haben und dadurch dem, dessen Interessen sie zu betreuen hatten, Nachteil zugefügt zu haben, wobei sie gewerbsmäßig handelten.

    Insofern kann man von einer etwaigen Einziehung ausgehen.

    M. E. auch in diesen Fällen nicht, außer es wäre in der Anklageschrift die Einziehung beantragt worden.

    Ansonsten könnte man auch argumentieren, dass bei jeder Anklage wegen Diebstahls eine Einziehung grundsätzlich möglich ist. Das halte ich dann doch für zu weitgehend. Mag der Verteidiger auch dazu beraten haben, ist die Gebühr dann jedenfalls nicht von der Staatskasse zu tragen.

  • Wobder  Frog  Adora Belle

    LG hat die sofortige Beschwerde des Bezirksrevisors als unbegründet verworfen

    Gründe (kurz):

    - Gem. § 464a Abs. 2 Nr. StPO gehört zu den notwendigen und somit zu erstattenden Gebühren grds. auch die VV 4142 RVG

    - Nach h.M. genügt für die Gebührenentscheidung jede Tätigkeit des RA, die diese im Zusammenhang mit der Einziehung erbringt. Danach wird die Gebühr bereits durch die außergerichtliche nur beratende Tätigkeit des RA ausgelöst. Die Gebühr VV 4142 RVG setzt keine gerichtliche Tätigkeit voraus.

    - Allerdings kommt nach der h.M. der Gebührenfall nur dann in Betracht, wenn im Zeitpunkt der Beratung eine Einziehung "in Betracht kam", bzw. "nach Aktenlage geboten war, "ernsthaft in Betracht kam". Hiervon ist immer dann auszugehen, wenn aufgrund der Aktenlage mit einem Einziehungsantrag in der Hauptverhandlung zu rechnen war oder weil in der Anklage die Einziehung beantragt worden ist.

    - Für die Bewertung der Notwendigkeit einer betreffen eine Einziehung gerichteten Beratung kommt es nach der Auffassung der Kammer nicht darauf an, ob die Einziehung in der Anklageschrift durch die StA nicht beantragt wurde, die Anklage unverändert zur Hauptverhandlung zugelassen wurde und das Gericht den Anklagten zu keinem Zeitpunkt darauf hingewiesen hat, dass er seine Verteidigung darauf einzurichten habe, dass die Einziehung in Betracht kommt.

    -Es ist aus Sicht des Verteidigers damit zu rechnen, dass ein zunächst unterbliebener Antrag zur Einziehung in der Anklageschrift sowie bei Eröffnung des Hauptverfahrens in der Hauptverhandlung erfolgen kann, sodass ein hierauf entsprechende Verteidigung und Beratung nicht erst im Falle des gerichtlichen Hinweises, sondern schon vor Eröffnung des Hauptverfahrens erforderlich ist.

    - Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass eine Einziehung in Betracht kam (Untreue).

    - Der Gegenstandswert richtet sich nach § 2 Abs. 1 RVG. Für die Wertgebühr maßgebende Höhe richtet sich nach den zum Zeitpunkt der Beratung erkennbaren Anhaltspunkten. Für die Bestimmung des Gegenstandswertes ist darauf abzustellen, in welcher Höhe dem Angeklagten die Einziehung drohte.

  • Jello

    Interessant finde ich diesen Passus in den Gründen:

    Hiervon ist immer dann auszugehen, wenn aufgrund der Aktenlage mit einem Einziehungsantrag in der Hauptverhandlung zu rechnen war...

    Also ist bei entsprechenden Delikten (Untreue, BtM-Handel, Diebstahl) immer davon auszugehen, dass ein Einziehungsantrag noch in der Hauptverhandlung gestellt werden könnte, auch wenn nicht in der Anklage keiner enthalten ist?

    Folglich würde die Gebühr nach VV 4142 RVG bei diesen Delikten stets entstehen? :/

  • Aus meiner Sicht ist das so. Schließlich ist die Einziehung der gesetzliche Regelfall.

    Vorausgesetzt natürlich, der Verteidiger ist entsprechend tätig geworden. Aber davon kann man wohl ausgehen, wenn er später auch dran denkt, die entsprechende Gebührenziffer mit aufzurufen.

  • Also ist bei entsprechenden Delikten (Untreue, BtM-Handel, Diebstahl) immer davon auszugehen, dass ein Einziehungsantrag noch in der Hauptverhandlung gestellt werden könnte, auch wenn nicht in der Anklage keiner enthalten ist?


    Folglich würde die Gebühr nach VV 4142 RVG bei diesen Delikten stets entstehen? :/

    Ja das sagt aber auch schon Burhoff "Die Gebühr entsteht für alle gerichtlichen und außergerichtlichen Tätigkeiten des RA im Hinblick auf die Einziehung oder verwandte Maßnahmen. Von solchen Tätigkeiten wird man immer ausgehen können, wenn die Fragen der Einziehung naheliegen, weil aufgrund der Aktenlage mit einem Einziehungsantrag in der Hauptverhandlung zu rechnen ist."

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